2. Die Kirchenhistorie
Beschäftiget sich mit dem, was in der Kirche merkwürdiges vorgegangen ist. Ich werde hier etwas vorzutragen haben von den mancherley hier recipirten Religionen und Religions Verwandten, von ihrem öffentlichen und Privat-Gottesdienst nebst denen dazu gewidmeten Orten, Zeiten, Personen und dabey vorfallenden Gottesdienstlichen Handlungen.
2.1. Von denen mancherley hier recipirten Religionen und Religions-Verwandten.
Es ist nicht leicht ein Volk, das nicht einen Gott glauben sollte, und wer kann einen Gott glauben, der nicht zugleich auf die Gedanken kommen sollte, derselbe müste von ihm auch göttlich, das ist über alles hoch verehret werden. Die Menschen sind aber in dem Begriff von Gott nicht alle einig, wir dürfen uns also auch nicht wundern, weil der eine den rechten, der andere einen unrechten Begriff von Gott hat, daß sie auch in der Religion und in der Art Gott zu dienen, sehr von einander unterschieden sind. Die ersten Einwohner hiesiger Gegend und insonderheit unserer Stadt waren Heiden, aus den Heiden wurden Christen, aus den Christen man-cherley Christen und unter diese kamen nach und nach auch Juden, bis-weilen Türken, und ich weiß nicht, ob nicht Leute zu wohnen, die gantz und gar keine Religion hatten. Von dem Christenthum überhaupt hat man in den ersten 7 Jahrhunderten nach der Geburth Christi in hiesigen Gegenden wohl wenig gewußt. Erst um das Jahr 680 sind einige Christliche Priester aus dem Orient hieher geschickt worden, wie aus dem Kirchenschluß des sechsten Constantinopolitanischen Concilii erhellet. Die ältesten hier noch wohnenden Völker, die Sennonen sowohl als die nach ihnen hier einkehrende Wenden waren Heiden, und das Christenthum hat unter ihnen nicht eher als nach vielen vergeblichen Versuchen erst im 13ten seculo festen Fuß faßen können. Der Kaiser Otto der Große hatte zwar schon …. das Bisthum Brandenburg gestifftet, auch die benachbarte Gegenden durch seine Kriege, auf seine babey geführte Absichten ziemlich aufmerksam gemacht. Otto II. und III. hatten ein gleiches gethan. Einer von ihnen hatte von den Wenden auch so gar unsere Stadt an sich gebracht und Otto III. hatte sie wieder seines Vaters Schwester der Äbtissin Mathildis II. in Qued-linburg geschenkt. Wird er und die Äbtissin wohl unterlaßen haben, den hiesigen Wenden die Christliche Religion mit Nachdruck zu empfehlen? Ich glaube es, ja ich glaube, daß seit der Errichtung des Brandenburgischen Bischofthums, unter welchem auch Potsdam stand, der eine oder der andere von unseren Potsdammern die Taufe angenommen haben mag, aber wieviel werden davon gewesen seyn? und können wir wohl glauben, daß sie bey ihrem wetterwendischen Betragen länger werden Christen geblieben seyn als sie nicht durch Furcht und warten der Dinge, die da kommen sollten, sich dazu gezwungen sahen. Ich glaube daß sie in diesem Stück von andern Wenden nicht werden unterschieden gewesen seyn. Jn dem 12ten seculo ward alles was Wende hieß und dem Marggraffen von Saltz-wedel Albrecht, nicht gutwillig unterthänig sein wollte aus dem Lande vertrieben. Bis dahin halte ich dafür, hat sich das Heidenthum in unseren Landen noch immer aufrecht erhalten, gerieth aber in abnehmen da von allen Orten Christen herbey geruffen wurden und die Wenden großen Theils über die Oder gejaget waren. Ich könnte hier viel von dem heidnischen Unwesen und Abgötterei der Wenden sagen, wenn ich, was davon andere geschrieben, hier wiederholen wolte, es mag aber genug sein nur des zugedenken, eines Götzenbildes, welche bis 1523 in Brandenburg verwahret wurde und überhaupt bei der ganzen Nation seine viele Anbeter hatte. Es stellte einen menschlichen Cörper mit 3 Köpfe vor und fast wollte ich glauben, daß dieses Götzenbild ursprünglich nicht eine Erfindung der Wenden, sondern der damaligen Christen selbst gewesen sey, die ihnen dudurch das Geheimniß der heiligen Dreyeinigkeit sinnlich vorstellen und begreiflich machen wollen, dadurch aber Gelegenheit gegeben haben, daß diese Leute einen Abgott mehr bekamen. Der König Christian II. in Dännemark, der sich damals bei unserem Churfürsten Joachim I. aufhielt, nahm mit dessen Erlaubniß dasselbe als eine besondere Rarität mit sich nach Dänne-mark. Von Albrechts Zeiten an hat das Christenthum wenigstens in dem Bisthum Brandenburg angefangen tiefere Wurzel zu schlagen. Helmoldus schreibt: et confortotus est vehementer ad introitum ad venarum Episcopatus Brandenburgensis – eoquod multiplicarentur occlesiae et decimarum ingens possessio. Zu beklagen ist nur daß die Einführung des Christenthums in den hiesigen Landen zu einer Zeit angefangen wurde, da die päpstlichen Irr-thümer in der Kirche schon überhand genommen hatten.
Die Götzentempel wurden zwar zerstört, der Antichrist aber bauete, wie Herr Schmidt sehr nachdrücklich spricht, einen anderen auf, darinnen er sich selbst anbeten ließ. Die abgöttischen Bilder von Heiden wurden zwar umgeworffen aber es wurden viel Bilder der Heiligen aufgerichtet, daß eine neue Abgötterei getrieben ward. Man brachte den Heiden etliche göttliche Wahrheiten bey, aber es wurden ihnen auch so viel Römische Irrthümer eingebildet, daß sie dadurch in neue Irrthümer geriethen, die armen Heiden wurden zwar getauft aber in der Christlichen Lehre mogten sie glauben, was die Kirche glaubt, weiter kamen sie nicht. Es finden sich in Potsdam noch einige alte Documente, die der Bischof von Brandenburg für unsere Stadt von sich gestellet hat, z. E. ein Ablaßbrief von dem Bischof Arnold d. d. Segesor 1476, ingleichen einer von dem Bischof Joachim von 1499, aus welchem deutlich erhellet, daß man die Lehre von der Rechtfertigung des Sünders vor Gott schlecht verstanden und das blinde Volck von eben so blinden Leitern geführet wurde, die ihrer Heerde nicht beßer vorgestanden als andere damalige Bischöfe, von welchen Albertus Magnus schreibt: illi qui modo praesunt ecclesiis, plurinum sunt fures et latimes, plus exatores quam postores, plus perversores quam doctores, plus seductores quam ductores. Isti sunt nuntii Antichristi sed seductores oriam Christi. Es wurde dem Ansehen nach ein Christlicher Gottesdienst eingeführt, aber was wahr es mehr als ein antichristliches Christenthum oder Religion, die mit der Lehre Christi nicht übereinstimmte, vielmehr derselben in vielen Stücken gantz entgegen war. Was wurde gepredigt? Christus oder der Pabst? Gott oder die Heiligen? und welchen Weg, dem ewigen Verderben zu entgehen wieß man den Leuten? Ein Glaube, der von dem, was er lehrte nichts glaubte, nichts wußte, nur ein blinder Gehorsam gegen alle auf des Pabstes Ehre und Nutzen abzielende menschliche Gesetze waren alles, was zu damaligen Zeiten zum Christenthum erfordert wurde.
Es mögen hier so wohl als anderswo viele eingesehen haben, daß sie nicht recht geführet wurden, wie denn der Landgraf Philipp von Hessen, selbst unserm Churfürsten Joachim II. nach dem Tode deßen Herrn Vaters unter die Augen sagte: Er der Churfürst wiße es und habe es ihm selbst gestanden, daß in der Römischen Kirche wieder Gottes Wort gelehrt werde, aber es währete nach der Reformation des sel. Luthers gleich wohl noch lange genug ehe er sich zu deßen Lehre öffentlich bekannte und sie in seine Lande einführte, und vor dem Jahr 1541 haben wir hier keine Nachricht, daß Potsdam einen ordentlichen lutherischen Prediger gehabt habe. (Herr Dr. Büsching hat in seinem Magazin Tom. XII. 139. aus einem H.. 1629 aufgesetzten Bericht angemerket, daß Potsdam 1541 visitiret worden, und einen evangelischen Prediger gehabt habe.) Von da an hat die Lehre Lutheri hieselbst noch immer den mehresten Anhang gehabt, wie denn auch der Churfürst Joachim II., Johann Georg und Joachim Friedrich alles mögliche gethan ihren Unterthanen bei der einmahl erkannten Wahrheit unbeweglich zu erhalten und sie darin immer mehr und mehr zu befestigen. Denn wozu dieneten sonst alle die Lehrbücher, Kirchenordnungen und Visitations-Recesse, die auf ihren Befehl bekannt gemacht wurden, als eben hiezu. Die nachfolgende Churfürsten und Könige von Preußen haben ihren lutherischen Unterthanen, ebenfalls wie anderswo, also auch hier allen Schutz und Gnade angedeihen laßen, insonderheit aber hier ihre Kirchen selbst prächtig erbauet und für den Unterhalt ihrer Prediger und Schulbedienten die gnädigste Sorge getragen. Und ob ich gleich nicht leugnen will, daß des Predigers Martin Frankens Rückfall zur katholischen Religion, manchen auch zum Abfall bewogen haben mag, da man sonderlich sahe, daß es den Apostaten vorzüglich glücklich gieng; so haben die ihm folgenden Prediger über die von Luther wieder hervor gebrachte Wahrheit desto fester gehalten und mit den päbstlich gesinnten oder Catholiken weiter nichts zu thun haben wollen; auch der Churfürst Friedrich Wilhelm selbst war ihnen dergestalt zu wieder, daß er ihnen durch ein Edict d.d. Potsdam den 24. October 1685 das freye religions exercitium völlig versagte, vielleicht auch darum weil man damals in Frankreich mit seinen Glaubensgenossen nicht besser umgieng.
In der Schweitz war zu der Zeit, als Dr. Luther in Sachsen zu reformiren anfieng, auch ein neuer Reformator Zwingly aufgestanden, der mit den Papisten ebenso wenig als Luther zufrieden war. Man hieß seine Anhänger anfangs Zwinglyaner, nach einiger Zeit aber, nach einem ihrer vornehmsten Lehrer Calvinianer, zuletzt aber Reformirte. Sie kamen in der Lehre mit den Lutheranern mehrentheils überein, nur in der Lehre von dem Gnadenmahl wollten sie nicht zusammen kommen und wegen den bey den Lutheranern aus dem Papstthum noch beybehaltenen Ceremonien gab es ebenfalls viel Disputirens, weil die Reformirten sie gänzlich abgeschafft wissen wollten. In Sachsen wurden letztere durch den Cantzler Nicolaus Crell sehr unterstützt und es entstanden daraus in Sachsen viel Unruhen. Unser Churfürst Johann George war Vormund für den jungen Churfürsten in Sachsen, Christian den Andern, und es konnte nicht fehlen, er mußte über ihre Händel sehr verdrießlich werden. Weil nun in der Mark hin und wieder verschiedene Geistliche, auch selbsten hier in Potsdam in Verdacht geriethen, daß sie es mit den Reformirten hielten; so fiel er nebst andere Lutherische Fürsten, um ihre Lande in Ruhe zu erhalten, auf die Gedanken, daß sie durch ihre vornehmste Geistlichen in dem Kloster Berge bey Magdeburg eine Schrift aufsetzen laßen wollten, die der Lehre des Dr. Luther völlig angemessen wäre und die alle diejenige Prediger und Schul-Collegen unterschreiben sollten, die für echte Lutheraner angesehen und bey ihrem Amte erhalten seyn wollten. Es ward diese Schrift formular concordiae genennet und unsere hiesigen Prediger und Schul-Collegen so wohl als andere in den Brandenburgischen Landen mußten sich auf Churfürstlichen Befehl am 22. Juli 1577 entschliessen nach Berlin zukommen und durch ihre Unterschrift als echte Lutheraner zu erklären. Sein Eifer wider die sogenannten Calvinianer gieng so weit, daß er wünschete, seine schöne Universität Frankfurth mögte in Feuer untergehen, wenn sich die Calvinisten daselbst einschleichen sollten. Wiewohl diese Leute fingen unter dem Nahmen der Reformirten an friedfertiger zu leben und sie nahmen nach gerade den Churfürstlichen Hoff dadurch dergestalt ein, daß schon der Churfürst Joachim Friedrich ihnen zu gefallen verschiedene lutherische Ceremonien bey dem Gottesdienste in Berlin abschaffete, sein Sohn Joachim Sigismund aber gar öffentlich sich zu ihrer Kirche gesellete und endlich die Universität Frankfurth den Reformirten eingeräumet wurde. Es war im Jahre 1614 als Johann Sigismund zu den Reformirten übertrat und seit der Zeit haben viele seiner Unterthanen sich bereit finden laßen seinem Exempel zu folgen. Es kann sein, daß damals auch hier schon einige der Reformirten Lehre beigetreten, ich kann aber keine gewiße Nachricht davon geben. Der große Churfürst Friedrich Wilhelm bauete von dem Jahre 1660 an das vortreffliche Schloß hieselbst, welches sich bis ietzo erhalten und nach und nach immer größer und schöner ausgebauet worden ist. Weil er sich hier oft und lange aufzuhalten pflegte, so ließ er, sobald einige geräumige Zimmer fertig worden waren, bald diesen bald jenen von seinen reformirten Hoff-Predigern von Berlin herüber kommen, die ihm allhier predigen mußten, erlaubte aber auch den Leuten in der Stadt den Gottesdienst auf dem Schloß mit beyzuwohnen. Unter diesen waren einige die schon vorhin den Reformirten ihren Beyfall gegeben hatten, und andere ließen sich durch ihr Exempel und andere Gründe dazu ebenfalls bewegen. Weil die Herren Hoff-Prediger, ohne ihre Gemeinde in Berlin zu versäumen, nicht immer wohl ab und herüber kommen konnten, die ihre Stelle vertreten sollende Candidaten nicht immer zu haben waren; so resolvirte der Churfürst hier einen eigenen reformirten Prediger anzustellen, der nicht allein im Schloß predigen sondern auch die curam specialem über die sich immer mehr sammelnde reformirten Einwohner haben sollte. Und hierzu berief er unter dem 2. März 1662 einen Anhaltiner nahmens Friedebert Flemming. Dies ist also der erste reformirte ordentliche Prediger gewesen, den wir in Potsdam gehabt haben; eine eigene reformirte Kirche bekamen aber damals die Refomirten noch nicht. Dazu ward erst im Jahre 1678 und 79 Anstalt gemacht, als in welchem Jahre der Churfürst auf der einen Ecke des Schlosses die Hoff-Capelle anlegte, daß daselbst die reformirte Gemeine zugleich mit dem Hoff ihr Kirchen-Versammlungen haben sollten. Der Reformirten sind von der Zeit an immer mehrere und die bis dahin nur schlechtweg sogenannte Prediger, Hofsprediger geheißen worden und man muß gestehen, daß sie allesammt den Ruhm trefflichster Lehrer hinter sich gelaßen haben. Die Capelle ist zwar von dem jetzigen König zum Schloß gezogen, und vortreffliche Zimmer für fremde Herrschaften darin angeleget worden, dagegen sind aber ihnen andere, theils für sie allein erbaute, theils solche Kirchen angewiesen worden, wo sie mit den Lutheranern einen alterir-enden Gottesdienst und sowohl als die Lutheraner bald einen reformirten bald einen lutherischen Geistlichen predigen zu hören Gelegenheit haben, die unter einander vollkommen harmonisch leben. Überhaupt sind hier ietzo 5 reformirte Prediger, die von Sr. Königl. Majestät angestelt, salerirt worden und unter das Ober-Consistorium stehen und bey ieder Kirche ihren Cantor, Küster und Schullehrer haben.
Die Römisch Catholischen haben vor der Zeit des Königs Friedrich Wilhelms hier nicht empor kommen können. Weil aber dieser Herr unter seinem Regiment große Grenadiere, viele Catholiken hatte, auch über dem zur Förderung der hier angelegten Gewehr-Fabrike viele von derselben Religion auß dem Bisthum Lüttich hierher zog; so war von der gnädigen Gesinnung desselben wohl nichts anderes zu vermuthen, als das er ihnen auch Gelegenheit machen machen würde, das exercitium religionis hier frey zu treiben. Dis war die Ursach warum er ihnen gleich anfangs 1722 hinter der Fabrik ein catholisches Bethaus erbauete, welches 1738, weil die Gemeinde größer geworden, wieder abgerißen und größer angeleget wurde. Es haben dabey von Anfang her bis ietzo ein Priester und ein Caplan Dominikaner Ordens gestanden, die sich aber hüten Glaubensgenoßen zu machen. Es waren unter den großen Grenadiers auch viele reformirte Ungarn die kein Teutsch verstanden. Ihnen zu gefallen ließ der hochselige König einen reformirten ungarischen Candidaten M. Johann Sartorius kommen, der 1735 am Sonntag Quasimodogeniti in Berlin ordiniret wurde, aber gewisser Ursachen wegen wieder seine demission erhielt, nach Ungarn zurückkehrte, und daselbst gestorben ist. Ebenfalls ließ er für die Ungarschen Lutheraner einen nahmens Paul Pintzinger verschreiben, der bisher in seiner Vaterstadt Aschau als Rector gestanden hatte. Er sowohl als Sartorius hatten ihre Kirchenversammlungen auf dem Waysenhause. Ersterer ward von hier nach Netzen versetzt und kam 1742 als Böhmischer Prediger nach Berlin, aber seine dasige Amtsverrichtungen dauerten daselbst kaum 2 Jahr, da er seiner untheologischen Aufführung wegen Berlin wieder verlaßen mußte (Küster 1. 654).
Der Kayser in Rußland Peter I. Alexiewitz, ingleichen die Kayserin Anna Iwanowna hatten dem hochseligen König einige Jahre nach einander große Leute aus ihren Landen als Recruten für deßen Regiment große Grenadiers geschickt. Sie mußten sich bis 1734 mit dem Zuspruch begnügen, der ihnen bisweilen von dem Russischen Gesandtschafts Popen von Berlin aus geschahe, aber in bemeltem Jahre ließ der König einen eigenen Popen kommen, der hier beständig residiren und ihnen nach Russischer Art und Gewohnheit den Gottesdienst halten und mit den Sacramenten an die Handt gehen sollte. Er hieß Basilius Schtserbatzky, lebte aber nicht lange sondern starb noch ehe der König starb 1746 und also auch das Regiment, wobey die Russen engagiret waren unter andere Regimenter vertheilet wurden. Es blieben hier nur wenige von den Russen und die Kirche, welche außer den Popen auch einen Küster und eine gantze Eingeschule hatte, wurde von den noch übrigen Russen so lange besucht, bis sie alle ausgestorben waren, stehet aber nunmehro da ohne weiteren Gebrauch.
In der Potzdamschen »Quint-Eßentz« wird auch einer Raitzen Versammlung gedacht, die auf dem Waysenhause zu des vorigen Königs Zeiten gehalten worden. Der Verfaßer derselben Otto Graben vom Stein sagt, der König habe einen Calazer oder Braisilianer Mönch von einer besonderen Grichischen Secte zum Dienste dieser Leute, aus dem berühmten Kloster Gomirien an der Türkischen Grenze von Croatien kommen laßen. Ich weiß davon aber weiter nichts zu melden. Zu den vorerwähnten unter den Christen üblichen Religions-Arten könnten wir auch noch zählen: die Inspicirten, welche, wie der selige Inspector des Paedagogii Regii in Halle, Herr Freyer mit angemerket hat, under Anführung des Marion und Allut 1766 aus England hierher gekommen und unter den Leuten viel Bewegung gemacht, auch einen Saamen hinter sich gelaßen haben. Von Separatisten hat es auch hier immer viele gegeben. Der im Jahre 1745 in Werder verstorbene, in Neu Töplitz aber begrabene so genannte Doctor Zink war einer ihrer vornehmsten Anführer, und von den Herrenhutern ist bekannt, daß sie hier ebenfalls noch bis ietzo einen starken Anhang haben. Ich würde mehrere Secten nennen können, die sich hier haben kennen lernen, ich will sie aber mit Fleiß übergehen und nur noch überhaupt anmerken, daß hier ein jeder Freyheit hat zu glauben, was er will, wenn er nur die Pflichten eines guten Bürgers und treuen Unterthanen nicht aus den Augen setzt. Die drei Hauptpartheien der occidentalischen Christenheit, die Catholiken, die Lutheraner und Reformirten stehen freylich vorzüglich mit ihren Versammlungen unter öffentlichen und obrigkeitlichen Schutz, doch weiß ich daß auch sonsten den Türken und Juden hier zu ihren Gottesdienst Gelegenheit gemachet worden ist. Den 22 großen Türken, welche dem in der Folge unglücklichen Herzog von Curland, in dem Kriege, welchen Rußland mit den Türken führte in die Hände gerathen waren und die dieser Herzog 1739 unserm Könige zum Präsent machte, ward, ihren Muhame-danischen Gottesdienst abzuwarten im Königlichen Waysenhause auch ein eigenes Zimmer angewiesen, und wer weiß, was der König mehr gethan hätte, wenn er sie hätte behalten wollen, sie wurden aber aus Königlicher Großmuth allesammt wieder auf freyem Fuß gestellet und mit Geschenken wieder in ihr Vaterland zurück geschickt.
Die Juden, dies in alten Zeiten so hoch gepriesene heilige Volck, dies in der Folge so unheilige und wegen vieler und großer Sünden und Abgöttereyen von Gott verworffene und aus seinen Landen so oft vertriebene Volck, dies durch Tödtung des Jesus von Nazareth, des ihnen und andern gegebenen Messias und einigen Erlösers und Seligmachers so beschriene Volck, dies an dem Blute des Sohnes Gottes so sehr verschuldete, dies nach der Zerstörung Jerusalems in alle Welt zerstreute und wegen seiner unseligen Schicksale bey allen Menschen verachtete, nirgend gelittene Volk suchte allenthalben Zuflucht und fand sie nirgendwo. Sie kamen auch nach der Mark Brandenburg, aber sie wurden hier nicht besser aufgenommen, als an anderen Orten, und wenn sie dem Landesherrn nicht mehr gefielen, wieder fortgejagt. Dreymahl, weiß ich, sind sie nur seit dem 14ten seculo aus der Mark vertrieben worden, daß erste mahl 1351 zu Ludovici Romani Zeiten, da sie Ursach an der Pest seyn sollten, zum zweyten mahl 1510 zu Joachim des ersten Zeiten vorgegebener großen Mißhandlungen wegen, die sie mit consecrirten Hostien, mit einer gestohlenen Monstranz und mit getödteten Christen Kindern begangen haben sollten; zum dritten mahl 1573 zu Anfang der Regierung Johann Georgens, deßen Vater ein Jude mit nahmens Lippold mit Gift vergeben haben solte. Es gieng ihnen hernach in anderen, insonderheit in den Österreichischen Ländern nicht beßer. Sie faßten sich endlich das Hertz und schrieben an den Großen Churfürsten: es wäre doch der Erdboden den Menschen gegeben worden, daß sie darauf wohnen sollten, man möchte sie doch als Menschen betrachten und insofern Wohnung unter den Menschen gönnen. Ihre demüthige Bitte ward angenommen. Der Churfürst ertheilte 50 Familien die aus den Österreichischen Erblanden verjagt waren unter gewißen Einschränkungen die Freyheit sich in Berlin und anderswo nieder zu laßen. Das Edict kam im Jahre 1671 heraus und ist datirt Potsdam, den 21. May. Es ward ihnen damals noch nicht erlaubt eigene Häuser anders als wiederkäuflich und nur auf gewisse Jahre zu benutzen und außer der Gewissensfreyheit und Privat Übung ihrer Religion in ihren Wohnungen war ihnen eine öffentliche Synagoge ausdrücklich verbothen. Nur von dem Leibzoll wurden sie aus ihren Reisen als einheimische befreyet, dem alle fremde Juden unterworffen blieben. Sie haben aber, so sehr sie auch durch Landesherrliche Verordnungen in ihrem Gottesdienst, in ihren Heyrathen, in ihren Nahungs- und Handlungs- Geschäften eingeschränkt wurden, es dennoch soweit gebracht, daß sie nicht nur im Lande und auch hier, wo noch im Anfang dieses Seculi nur noch eine Juden-Familie war, stark vermehret, sondern auch Gelegenheit gehabt, durch großen Verkehr, großes Geld an sich zu bringen. Hier in Potsdam wohnen ietzo . .. Familien die sich mehrentheils alle gut stehen. Sie hatten schon zu des hochseligen Königs Zeiten ihren Gottesdienst in einem Jüdischen Privathause auf der faulen See, welches sie sich selbst zu ihrem Zweck eingerichtet hatten, nachdem solches ihnen der König zu thun erlaubt hatte. Der jetzt regierende König hat dieses Haus, welche nur 2 Stock hoch mit Fachwerk gebauet war, abreißen und gantz massiv drey Etagen hoch aufführen aus dem 2ten und 3ten Stockwerk aber denenselben eine nach ihrer Art ordentlichen Synagoge einrichten laßen. Außerdem haben sie auch in ihren Privathäusern ihre kleinen Schulen und seit 17.. auch ihren eigenen Kirchhof, da sie sonst ihre Todten nach Berlin zu begraben bringen mußten. Ich muß noch hinzu thun, daß die Christen mit den Juden sowohl als unter einander gantz verträglich umgehen.
So ungern die Papisten in Catholischen Landen, die Protestanten unter sich sehen, so wenig laßen sie hier einen Unwillen gegen sie merken und die Protestanten sind eben so gegen sie gesinnet. Man verketzert hier keinen und die Ehen unter Catholiken und Protestanten sind hier gar nichts seltenes. Doch werden die Kinder alle, die aus solchen Ehen erzeuget werden, von Protestantischen Predigern getauffet, wie denn auch die Copulationes von Protestantischen Predigern verrichtet worden; den einigen Fall ausgenommen, da der Catholische Bürger Osten mit seiner ebenfalls Catholischen Braut den 3. Februar 1785 von dem Catholischen Pater auf der besonderen Erlaubniß des Königs getrauet worden ist. Die von Catholischen Eltern erzeugten Kinder, können, wenn sie erwachsen, sich erklären, welcher Religion sie beytreten wollen, und werden hierin von keinem gehindert. Anders gehet es noch bis jetzo den Protestanten in vielen Catholischen Ländern, wo sie bisher auf alle Weise verfolget und unterdrückt, ja endlich aus dem Lande zu gehen genöthiget worden sind. Unsere Könige und Churfürsten haben sich derselben als ihre Glaubensgenossen, jederzeit rühmlichst angenommen und was sie nicht durch gnädigste Vorsprache zu ihrem Bestell ausrichten konnten, zum Theil durch das Recht der Wiedervergeltung effectuirt, und wo das nicht stattgefunden, ihnen die Retirade in dero Lande freygestellet, wo die unschuldig verfolgten mit offenen Armen aufgenommen und vorzüglich gut versorget worden find. Es wird mir vergönnt seyn hier etwas zu gedenken.
Von den aus Frankreich geflüchteten Reformirten
Der König Ludwig XIV. in Frankreich hatte seinen reformirten Unterthanen vermittelst herausgegebenen Edickts vom 5. October 1685, seines Herrn Großvaters, Vaters und seinem eigenen Versprechen zuwieder, die freye Übung ihrer Religion gäntzlich genommen, alle ihre Kirchen niederreißen lassen, ihre Prediger aus dem Lande getrieben und sie selbst mit vielen grausamen Martern zu der Römisch-Catholischen Religion zu zwingen gesucht, er hatte keinem von ihnen verstatten wollen, aus dem Lande zu ziehen, dennoch hatten verschiedene derselben Wege gefunden, diesen Grausamkeiten zu entgehen und aus dem Lande zu kommen. Unser Gottliebender Churfürst verwendete alle seine Vorsprache bey dem Könige ver-gebens. Aus Churfürstlichem Mitleiden ließ er noch in eben dem Monath October sowohl durch verschiedene Handbrieffe in Holland, als durch ein öffentliches Edict dieselbe aufs freundlichste in seine Lande einladen, öffnete ihnen über Holland und Hamburg, über Cölln am Rhein, über Franck-furth am Mayn den Weg in die Brandenburgische Lande zu kommen und that ihnen dazu durch seine Residenten und Räthe allen nur möglichen Vorschub, stellte ihnen frey, sich an welchen Ort sie wollten nieder zu laßen und ihr Gewerbe fortzusetzen, verordnete Commissarien, an welche sie sich bey ihrer Ankunft und künftigem Dasein halten sollten und ihres Rathes sich bedienen mögten, befahl sie überall in gleiche jura civitas gleich anderen Unterthanen ohne Entgelt zu setzen, verstattete ihnen ihre eigene Prediger und Richter und ertheilte ihnen viele ansehnliche Freiheiten, sowohl für ihre mitgebrachte bewegliche Güter und Kaufmanns-Waaren als von allen in den Churfürstlichen Landen üblichen Abgaben. Das Edict, welches dieser französischen Flüchtlinge wegen der Gottselige Churfürst ergehen ließ, ist datirt Potsdam den 29. October 1685 und werth, daß es zum Andenken des frommen Churfürsten der Nachwelt unvergeßlich bleibe. Ich habe es, so wie die vor ertheilte Nachricht von den aus Frankreich geflüch-teten Reformirten aus des sel. Prof. Beckmanns Beschreibung der Chur- und Mark Brandenburg hier abdrucken laßen und es lautet seinen Worten und Inhalt nach also:
»Wir Friedrich von Gottes Gnaden thun kund und geben männiglich hiemit zu wißen, nachdem die harte Verfolgung und rigoureuse proceduren, womit man zeither im Königreich Frankreich wieder unsere der evangelisch Reformirten Religion zugethane Glaubens-Genoßen verfahren, viele Familien veranlaßet, ihren Staat zu versetzen und aus selbigem Königreich hinweg in andere Lande sich zu begeben, daß wir dannenher aus gerechtem Mitleiden, welches wir mit solchen unsern wegen des heiligen Evangelii und deßen reiner Lehre angefochten und bedrängte Glaubens-Genoßen billig haben müßen, bewogen werden, vermittelst dieses von Uns eigenhändig unterschriebenen Edicts denenselben eine sichere und freye Retraite in alle Unsre Lande und Provintzen in Gnaden zu offeriren und ihnen daneben kund zu thun, was für Gerechtigkeiten, Freyheiten und praerogativen wir ihnen zu concediren gnädigst gesonnen seyn, um dadurch die große Noth und Trübsal, womit es dem allerhöchsten nach seinem allein weisen unerforschlichen Rath gefallen, einen so ansehnlichen Theil seiner Kirche heimzusuchen, auf einige Weise zu subleviren und erträglicher zu machen.
1) Damit alle diejenige, welche sich in unsern Landen niederzulaßen resolviren werden, desto mehrere Bequemlichkeiten haben mögen, um dahin zu gelangen und zu überkommen, so haben wir unsere Envoye extraordinaire bey den Herren General-Staaten der vereinigten Niederlanden, dem v. Diest und unseren Commissario Romswinckel in Amsterdam befohlen, allen denen französischen Leuten von der Religion, welche sich bey ihnen angeben werden, Schiffe und andere Nothwendigkeiten zu verschaffen, um sie und die ihrigen aus Holland bis nach Hamburg zu trans-portiren, allwo unser Hoffrath und Resident im Nieder-Sächsischen Krayße der v. Gericke ihnen ferner alle facilität und gute Gelegenheit an Hand geben wird, deren sie werden benöthiget seyn, um an Ort und Stelle, welche sie in Unsern Landen zu ihrem ètablissement erwählen werden, zu gelangen. — 2) Soviel diejenige anbetrift, welche über Sedan, aus Champagne, Lothringen, Burgundien und aus denen nach Mittag gelegenen französischen Provinzen, ohne durch Holland zu gehen, nach unseren Landen sich werden begeben wollen, selbige haben ihren Weg auf Franckfurt am Mayn zu nehmen und sich daselbst bey unserm Rath und Residenten Merian oder auch zu Cölln am Rhein bey unseren Agenten Lely anzugeben, gestalt wir denenselbigen beyden anbefehlen, ihnen mit Gelde, Paßeporten und Schiffen beförderlich zu seyn, und sie den Rhein hinunter bis in unser Hert-zogthum Cleve fortzuschaffen, woselbst unsere Regierung Sorge tragen wird, damit sie entweder in unsere Clev. und Marckischen Lande etabliret, oder, da sie weiter in andere unsere Provintzien zu gehen willens, mit aller deßhalb erforderlichen Nothturft versehen werden mögen. — 3) Weilen unsere Lande nicht allein mit allen zu des Lebens-Unterhalt erforderten Nothwendig-keiten wohl und reichlich versehen, sonderlich zu etablirung allerhand manufacturen, Handels und Wandels zu Waßer und Lande sehr bequem: Also stellen wir denen, die darin sich werden setzen wollen, allerdings frey, denjenigen Ort, welchen sie in unserm Herzogthum Cleve, den Grafschaften der Mark und Ravensberg, Fürstenthümern Halberstadt und Minden oder auch in dem Herzogthum Magdeburg, Churmark-Brandenburg und Herzogthümern Pommern und Preußen zu ihrer Profeßion und Lebensart am bequemsten finden werden, zu erwählen. Und gleich wie wir dafür halten, daß in gedachter unserer Churmark Brandenburg die Städte Stendal, Werben, Ratenow, Brandenburg und Frankfurt, und in dem Herzogthum Magdeburg die Städte Magdeburg, Halle und Kalbe, wie auch in Preußen die Städte Königsberg rc. so wohl deshalb, weil daselbst sehr wohlfeil zu leben, als auch wegen der alda sich befindenden facilität zur Nahrung und Gewerk für sie am bequemsten sein werden: als haben wir die Anstalten machen laßen, befehlen auch hiemit und Kraft dieses, so bald einige von erwehnten Evangelisch-Reformirten französischen Leuten daselbst ankommen werden, daß alsdann dieselben wohl aufgenommen werden und zu alle dem, so zu ihrem etablissement nöthig, ihnen aller Möglichkeit verhol-ffen werden solle. Wobey wir gleichwohl ihrer freyen Wahl anheim geben, auch sonsten außer oben erwähnten Städten alle und jede Örter in unseren Provintzen zu ihrem etablissemnt zu erwählen, welche sie in Ansehung ihrer Profession und Handthirung für sich am bequemsten erachten werden. — 4) Diejenige Mobilien, auch Kaufmanns- und andere Waaren, welche sie bey ihrer Ankunft mit sich bringen werden, sollen von allen Auflagen, Zoll, licenten und anderen dergleichen imposten, sie mögen Namen haben, so wie wollen, gäntzlich befreyet seyn und damit in keinerley Weise beleget werden. — 5) Dafern in den Städten, Flecken und Dörffern, wo mehr gedachte Leute von der Religion sich niederlaßen und ihr Domicilium constituiren werden, einige verfallene, wüste und ruinirte Häuser vorhanden, deren Poprietarii nicht des Vermögens wären, dieselbige wieder anzurichten und in gutem erbaulichen Stande zu setzen: so wollen wir selbige gedachten unseren französischen Glaubens-Genoßen für sie, ihre Erben und Erbenserben eigenthümlich anweisen und eingeben, dabey auch dahin sehen laßen, daß die vorige Proprietarii wegen des Werthes sothaner Häuser befriediget, und selbige von allen oneribus, hypothequen, contributions-resten und allen anderen dergleichen Schulden, welche vorhin darauf gehafftet, gäntzlich liberiret und frey gemachet werden sollen. Gestalt wir ihnen denn auch Holz, Kalk und andere Materialien, deren sie zur reparirung dergleichen wüsten Häusern benöthiget, unentgeltlich anschaffen laßen, und ihnen eine sechsjährige Immunität von allen Auflagen, Einquartierungen und anderen oneribus publicis, wie selbige Namen haben mögen, verstatten, auch die Verfügung machen wollen, daß deren Einwohner nichts als die bloße Consumbtions-Accise währender solcher sechsjährigen Freyheit davon abzutragen haben sollen. — 6) In denjenigen Städten und anderen Orten, woselbst sich einige wüste Plätze und Stellen befinden, wollen wir gleicher Gestalt die Vorsehung thuen, daß dieselben sammt allen dazu gehörigen Gärten, Wiesen, Äckern und Weiden, gedachten unsern Evangelisch-Reformirten Glaubens-Genossen französischer Nation nicht allein erb und eigenthümlich eingeräumet, sondern auch das dieselben von allen Oneribus und Beschwerden, welche sonst darauf gehafftet, gäntzlich libe-rirert und losgemachet werden sollen, gestalt wir denn auch diejenige Materialien, deren gedachte Leute zu Bebauung dieser Plätze bedürfen werden, ihnen ohnentgeltlich anschaffen und die von ihnen neuerbauten Häuser sammt denen Einwohnern in den ersten zehn Jahren mit keinen Oneribus außer der obangeregten consumbtions-Acise belegen laßen wollen. Und weil wir auch gnädigst gemeinet seyn, alle mögliche facilität beyzutragen, damit gedachte unsere Glaubensgenossen in unseren Landen untergebracht und etabliret werden mögen: Als haben wir den Magistraten und anderen Bedienten in erwähnten unseren Provinzen gnädigst Befehl ertheilen laßen, in einer jeden Stadt gewiße Häußer zu miethen, worin gedachte französische Leute, bey ihrer Ankunft aufgenommen, auch die Hausmiethe davon für ihre Familien 4 Jahre lang bezahlet werden soll, jedoch mit der Bedingung, daß sie diejenigen Plätze, welche ihnen auf obberührte conditiones werden, mit der Zeit zu bebauen ihnen angelegen seyn laßen. — 7) Sobald sich obgedachte unsere Evangelisch-Reformirte Glaubensgenoßen französischer Nation in einiger Stadt oder Flecken niedergelaßen, sollen ihnen die daselbst hergebrachte juro civitatis etopificioram ohnentgeltlich und ohne Erlegung einiger Angelder concidiret und eben die beneficia, Rechte und Gerechtigkeiten verstattet und eingeräumet werden, deren andere unsere, an solchen Orten wohnende und gebohrne Unterthanen, genießen und fehig sind. Allermaßen wir sie denn auch von dem sogenanten Droit d’Aubeine und anderen dergleichen Beschwerden, womit die fremde in anderen Königreichen, Landen und Republiquen, belegt zu werden pflegen, gäntzlich befreyet und durchgehends auf gleiche Art und Weise wie unsere eigene ungehörige Unterthanen, gehalten und tractiret wißen wollen. — 8) Diejenige, welche einige manufacturen von Tuch, Stoffen, Hüten oder was sonsten ihre Profession mit sich bringet, anzurichten willens seyn, wollen wir nicht allein deßfalls mit allen verlangten Freyheiten, privilegiis und Begnadigungen versehen, sondern auch dahin bedacht seyn und die Anstalt machen, daß ihnen auch mit Gelde und andere Nothwendigkeiten, deren sie zu Fortsetzung ihres Vorhabens bedürfen werden, so viel möglich, assistiret und an Handt gegangen werden soll. — 9) Denen so sich auf dem Lande setzen und den Ackerbau werden treiben wollen, soll ein gewißes Stück Land uhrbar zu machen angewiesen, und ihnen alles dasjenige, so sie im Anfang ihrer Einrichtung werden benöthigt haben gereichet, auch sonsten überall ebener Gestalt begegnet und fortgeholffen werden, wie es mit verschiedenen Familien, so sich aus der Schweitz in unsere Lande begeben und darinen niedergelaßen, bishero gehalten worden. — 10) So viel die Jurisdiction und Entscheidung der zwischen abgedachten französischen Familien sich ereignenden Irrungen und Streitigkeiten betrift, da sind wir gnädigst zufrieden, und bewilligen hiemit, daß in denen Städten, woselbst verschiedene französische Familien wohnen, dieselbe iemand ihres Mittels erwählen mögen, welcher bemächtiget seyn soll, dergleichen differentien ohne einige Weitläufftigkeit in der Güte zu vergleichen und abzuthun. Dafern aber solche Irrungen unter teutschen an einer und französischen Leuten anderer Seits sich ereugen, so sollen selbige durch den Magistrat eines ieden Ortes und diejenigen, welche durch die französische Nation zu ihrem Schiedsrichter erwählen wird, zugleich und gesammter Handt untersuchet und summarites zu recht entschieden und erhöhret werden, welches den auch alsdann statt haben soll, wenn die unter Franzosen allein vorfallenden differentien, dergestallt, wie oben erwehnet, in der Güte nicht beygeleget und verglichen werden können. — 11) In einer ieden Stadt wollen wir gedachten unseren französischen Glaubens-Genossen einen besonderen Prediger halten, auch einen bequemen Ort anweisen laßen, woselbst das exercitium religionis Reformatae in französischer Sprache und der Gottesdienst mit eben den Gebräuchen und ceremonien gehalten werden soll, wie es bis anhero bey den französischen Evangelisch Reformirten Kirchen in Frankreich bräuchlich gewesen. — 12) Gleich wie auch diejenige von der französischen Noblesse, welche sich bis daher unter unsere Protection und in unsere Dienste begeben, eben der Ehre, dignitaten, prorogativen und andere unserer adelichen Unterthanen genießen, wir auch deren verschiedene zu den vornehmsten Chargen und Ehrenämtern an unsern Hofe wie auch bey unsrer Militz würklich emploiret, also sind wir auch gnädigst geneiget, ebenmäßige Gnade und Beförderung den französischen vom Adel, so sich ins künftige in unseren Landen werden setzen wollen, zu erweisen, und sie zu allen Chargen und Bedienungen und dignitaten, wozu sie capable werden befunden werden, zu admitiren gestalt denn auch dieselbe wenn sie Lehen und andere adeliche Güter in unsern Landen erkauffen und an sich bringen, dabey eben die Rechte, Gerechtigkeiten, Freyheiten und im-munitaeten, deren andere unserer angebohrner Unterthanen genießen, sich gleichergestalt in alle Wege zu erfreuen haben sollen. — 13) Alle Rechte, privilegia und andere Wohlthaten, deren in obstehenden Puncten und articuln erwähnt worden, sollen nicht allein denen, so von nun an inskünftige in diesen Landen anlangen werden, sondern auch diejenigen zu Gute kommen, welche vor Publication dieses Edictes des bis anherigen Religionsverfolgung halber aus Frankreich entwichen und in gedachte unsere Lande sich retiriret haben; die aber, so der Römisch Katholischen Religion zugethan, haben sich deren in keinerlei Weise anzumaaßen. — 14) In allen und ieden unsern Landen und Provintzen wollen wir gewisse Commisarien bestellen laßen, zu welchen oftgedachte französische Leute so wohl bey ihrer Ankunft, als auch nachgehends, ihre Zuflucht nehmen und bey denenselben raths und Beistandts sich erhohlen sollen. Zumaßen wir denn auch allen unseren Stadthaltern, Regierungen und anderen Bedienten und Befehlshabern, in Städten und auf dem Lande, in allen unseren Provintzen, sowohl vermittelst dieses unsers offenen Edicts als auch durch absonderliche Verordnungen Gnädigst und ernstlichst anbefehlen wollen, daß sie ofterwehnte unsere Evangelisch Reformirte Glaubens-Genossen französischer Nation, soviel sich derer in unseren Landen einfinden werden, sammt und sonders, unter ihren absonderlichen Schutz und Protection nehmen, bey allen oberwähnten ihnen gnädigst concedirten Privilegiis sie nachdrücklich mainte-niren und handhaben, auch keines Wegs zugeben sollen, daß ihnen das geringste Übel, Unrecht oder Verdruß zugefüget, sondern vielmehr im Gegentheil alle Hülffe, Freundschaft und Gutes erweisen werden. Urkundlich haben wir dieses Edict eigenhändig unterschrieben und mit unserm Gnadensiegel bedrucken laßen. So geschehen zu Potsdam den 29. October 1685.«
Diesem neuen Evangelii oder Evangile nouveau gemäß, wie es in des Herrn Ancillons Histoire de l’etablissement des Francais Refugies genennet wird, fanden sich nun nach und nach zu diesen Churfürstens sowohl als seines ihm in der Regierung folgenden Sohnes viele Hunderte und tausende refugirte französische Reformirte in die Valice de Benediction in das von Ancillon aus 2 Chron. XX. 26. also genannte Lobethal (in die Märkischen Länder) ein, und nun erhielten sie alles was ihnen in dem Edict versprochen worden war, insonderheit, welches hier besonders anzumerken, ihre Kirchen, ihre Prediger und die völlige Freyheit ihren Gottesdienst nach den Gewohnheiten und Gebräuchen, so wie sie ihn in Frankreich gehalten, ungehindert zu treiben und fortzusetzen. Sie bekamen auch ihr eigenes Ober-Consistorium, in welchen auch zu unsern Zeiten unser hiesiger französischer Prediger Herr Thomas le lante als Rath einen Platz erhielt. Und das französische Collegium, welches schon der große Churfürst zu Berlin errichtete und mit einem Prof. Philosophiae und einigen Regents und Lectoribus versäahe, hatte insonderheit darauf zu sehen, daß die anwachsende Jugend, wie in humanoribus und philosophicis, also auch insonderheit in den Grundsätzen der Religion die nöthige Anweisung zu geben. So wie der Churfürst die zu ihm ihre Zuflucht nehmende Reformirte Franzosen als seine Glaubensgenossen in dero Lande willig aufnahm, so unterließ er auch nicht denenselben bey anderen Potentaten durch seine gnädige Vorspräche zum wenigsten einige Vortheile zu Wege zu bringen. Ich will hier nicht gedenken, wie er sich für sie bey dem Czaaren in Rußland, bey dem König von Dännemark und Schweden rc. interessirte, unterlassen kann ich aber nicht hier ein Schreiben mitzutheilen, welches er zu Anfang des Jahres 1686 an den Herzog von Savoyen, der die zu ihm sich retirirende verfolgte französische Reformirte nicht in seine Lande dulden wollte, von Potsdam aus ergehen ließ. Es lautete also:
Serenissimi! Quamvis gravia sint plerumque ex diversitate religionum adia, antiquior tamen et sanctior est naturae lex, qua homo hominem ferre pati imo et adflictum absque merito suo juvare tenetur. Nec enim commercium imter gentes ullum esse aut subsistere posset absque hoc humano societas vinculo, quo tantum moratiores sed et barbarae gentes omni aevo inter se ecaluerunt. Pervenit ad nis rumor, multos ex vicina Gallia, qui eandem nobiscum profitentur religionem gravissimis adversus ipsos ibidem promulgatis edictis perculsos et conscientiae simulis, quo nullus gravior, actos in ditiones Regiae Vestrae Celsnis se recipere, non alia mente quam ut tutum per eosdem quaerant aufugium, quo alio transire possint, sint ibidem subsistant et commorentur, Celde V. Regia pati forte nollet: quod ut iis concedatur, nec miseri ad certa et atrocia supplicia iis, qui in hunc finem eosdem persequuntur, et quod relatum nobis, contagio persecutionem suarum etiam Celnis V. Regiae subditos Reformatae Religioni addictos, quamvis fedelissimos nec ulla labe inobedientae adspersos involvere satagunt, set ut protectionis jure, quo hactenus gavisi sunt et in posterum fruantur, extradantur, hoc est, quod lex naturae, quod humanitas, quod misericordia et clementia, cognitae magnorum principium virtutes, Reg. Celni. Vae. suadent, suggerunt et ad quod tantum non eadem cogunt, quod nos vero eo, quo par et, effectu immo et precibus summopere ab eodem contendimus. Sane si miseri isti vel minimum perpetrassent, quod eos poena et odio dignos redderet, tantum abest ut pro iisdem intercedere induceremur, ut potius ipsi absque ullo religionis nobiscum communis intuitu, promeritas ab iisdem exigeremus poenas. At nunc nullius criminis rei et ipsa innocemtia tuti, miseri tamen extorres exules inopes, tametsi omnia bona, quibus sors humana pretium fecit, immo et carissima vitae et sanguinis reliquerint et quasi a se ipsis divulsi fuerint, saltem ut conscientiis suis, quae nulla vi humana cogi possunt, et in quos solus sibi Deus imperium reservavit, consulerent, quis non misericordia, ope auxilio dignos eos judicaret. Equidem tantam in bonitate Celsesi Vre. Regia reponimus fiduciam, ut non veriti simus pias has ad eandem deferre commendationes nostras, quamvis diversitas religionum, quas profitemur, et caus, pro qua oramus. scrupulum nobis movere potuissent. Sedentes in ditionibus nostris in primis Westphalicis pluremus habemus Romae Catholicos, eos protegimus, fobemus, amamus, ad honores, dignitates et munia promovemus, non secus ac caeteros, qui ejusdem nobiscum fidei sunt, qua re igitur persuaderi nobis patiamur, hujus etiam exempli rationem Celsuam. Vam, Regam. habituram. Sane nullum eadem nobis gratias praestare poterit beneficium, quod non tantum grata semper recolere mente sed et omni officiorum genere demereri firmum nobis fixumque stat. Deus Celsnam. Vam. Regam. quam diutissime servet incolumen. Dabantur ex Arce nostra Postdammensi die 19. Jan. 1686
Was in Ansehung der den französischen Colonien schon vorhin überhaupt zugestandenen herrlichen Privilegien, sonderlich in puncto des Gottesdienstes nach den bisher in Frankreich beobachteten Gewohnheiten und Gebräuchen gemeldet worden ist, von Potsdam insonderheit mit zu verstehen und dem Königlich Preussischen Patent, welches zu Berlin unter dem 19. October 1731 herausgekommen, betreffend die Privilegien, welche Sr. Königliche Majestät Friedrich Wilhelm denen französischen Colo-nisten zu Potsdam zu verleyhen gesonnen, sub num. 11 mit inferiret worden: Gleich wie auch Sr. Königl. Majestät bey denen andern französischen Colonie Prediger und Schulbedienten bestellen und selbige mit denen erforderlichen Solarien versehen laßen, also haben allerhöchst gedachte Seine Königliche Majestät solches ebenfalls dergestalt zu Potsdam veranlaßet, und wollen also, daß wie überall in dero Landen, also auch in Potsdam keiner der Colonisten zu Unterhaltung der Kirchen und Schulbedienten etwas beytrage. Ferner wollen Sr. Königl. Maj. daß in ecclesiasticis diese Colonie nach Vorschrift der Discipline des Eglisis de France, jedoch ohne Derogirung Sr. Königl. Majestät Oberbischöfflichen Gewalt dirigiret werde. Die grausame Verfolgung, welche über die Reformirten in Frankreich ergieng, war, wie bishero gezeiget worden, die Ursach, warum viele tausend derselben in den Churfürstlich Brandenburgischen Landen ihre Zuflucht suchten und auch fanden. Eben dieses geschahe auch von anderen Protestanten in anderen Ländern, die eben so, wie die reformirten Franzosen, ohne daß sie sich eines Verbrechens schuldig gemacht hatten, bloß darum, weil sie Protestanten waren, außerordentlich verfolget wurden, ich werde mich aber begnügen, nur eine kleine Nachricht zu geben.
Von den aus dem Erzbisthum Salzburg emigrirten unschuldigen Protestanten.
Die Lehre Lutheri breitete sich nach der im Jahre 1517 angegangenen Reformation bald überall, insonderheit in Deutschland aus. Auch in dem Erzbisthum Salzburg fanden sich Leuthe, die durch die lutherischen Schriften, welche ihnen in die Hände kamen, die Wahrheit des Evan-gelii, welche Lutherus wieder an das Licht gebracht, einzusehen anfiengen. Sie unterließen nicht, sich, ihre Kinder und Freunde so gut als ihnen möglich war, heimlich in den Häusern und oft nächtlicher Weile weiter zu unterrichten, wurden aber verrathen und mußten bis zu unseren Zeiten unter ihrem Erzbischof viel ausstehen. Man verbrannte ihnen ihre Bücher, man nahm ihnen ihre Kinder, man steckte sie in die Gefängnisse und ließ sie lange als Übertreter der Römisch-Catholischen Kirche bei Wasser und Brod die härtesten Arbeiten thuen. Man hatte sie nebst ihre Weiber, da sie durch nichts auf andere Gedanken zu bringen waren, zum Theil aus dem Lande gejagt, und ihre Kinder und Güter zurückbehalten, zuletzt aber keinen mehr fortlaßen wollen und sie durch Gewalt zu zwingen gesucht, daß sie wider ihr Gewissen sich zur katholischen Religion bekennen und die Lehre Lutheri als Ketzerey verdammen sollten. Viele ließen sich durch die Furcht dahin reißen, zu thuen, was sie hinterher bald wieder gereuete, und die Zahl derjenigen, die sich von der Wahrheit des Evangelii überzeugt funden und mit dem päbstlichen Unwesen weiter nichts zu thun haben wollten, nahm von Tag zu Tag mehr zu als ab. Einige derselben, die den Händen ihrer Verfolger entgangen, ließen sich den Gedanken einfallen, bey einem und dem andern Fürsten des Reichs um Hülfe und Vorsprache anzusuchen. Doch ehe dieses noch bey unserm großen Churfürsten geschahe, hatte derselbe schon unterm dato Potsdam, den 12. Februar 1685 ihretwegen an den Ertzbischof geschrieben, daß man ihnen, wenn man sie im Lande nicht länger dulden wolte, dem Religionsfrieden gemäs vergönnen möchte, daß sie frey herausziehen, über ihre Güter frey disponiren und ihre Kinder ungehindert mitnehmen könnten. Eben eine solche Vorschrift geschahe von den sämmtlichen Evangelischen Ständen unter dem 9. Juli 1685 von Regensburg aus. Der Ertzbischof antwortete unserem Churfürsten unterm 14. April, es befremde ihn, daß der Churfürst sich seiner Unter-thanen annehmen wolle, da sie doch nicht, wie der Churfürst, der Reformir-ten Religion, sondern der Augspurgischen Confeßion anhiengen, auch es in einigen Punkten mit den Römisch-Catholischen hielten, und in dem Schreiben an die Evangelischen Stände hieß es, daß sie keiner in dem Römischen Reiche zugelaßenen Religionen gäntzlich beypflichteten, sondern daß sie verschiedene neue und bisher unerhörte falsche Lehrsätze hatten, selbst auch in Hauptsachen unter einander nicht einerley Meynung wären, daher diesen ärgerlichen Sectirern und Neulingen der Religionsfrieden nichts angienge. Summa, es ward, daß ich es kurtz sage, mit allen Vorstellungen bey dem Ertzbischof nichts ausgerichtet und die Bedrückungen nahmen immer mehr und mehr überhand. Im Jahre l731 wollte der Ertzbischof die Anzahl derjenigen, die es mit seinem Glauben nicht hielten, genau wissen, und schickte zu dem Ende gewisse Commissarien durchs Land, welche die Einwohner mit Güte fragen sollten, ob sie Catholisch, Lutherisch oder Reformirt wären. Man fand über 20000 Seelen, die sich zu der Evangelisch-Lutherischen Religion bekannten und aufschreiben ließen. Man nahm daher Gelegenheit, bey dem kayserlichen Hofe Gedanken zu erregen, daß ein wirklicher Aufruhr im Lande sey, und vermogte dadurch den Kayser, einige Truppen aus Böhmen ins Salzburgische einrücken zu laßen und alle Päße auf das genaueste besetzen zu laßen, daß nicht ein einiger über die Grenze kommen sollte. Ob nun wohl in diesen Beschuldigungen nichts war, so fiel doch endlich die Resulotion des Ertzbischofs dahin, lieber weniger als uncatholische Unterthanen zu haben, und gab deßwegen unter dem 31. October 1731 ein Patent heraus des Inhalts, daß alle, die sich zur Augspurgischen oder Reformirten Confession geschlagen und nicht seiner Religion seyn wollten, aus dem Lande ziehen sollten. Unser hochseliger König hörte nicht sobald von der wirklichen Austreibung der Salzburgischen Bekenner, als er sub dato Berlin, den 2. Februar 1732 ein Patent herausgab, in welchem er sich erklärte, die Emigranten in seine Lande aufzunehmen, sie in dem Königreich Preußen unterzubringen und zu versorgen und einem jeden auf der Reise tägliche Diäten, und zwar einem Mann 4 Gr., einer Frau oder Magd 3 Gr. und einem Kinde 2 Gr. reichen zu laßen. Es ließen sich auf diese Weise viele Tausend anwerben, sich als Königlich Preußische Unterthanen in Preußen nieder zu laßen, wo ihnen der König die nöthigen Wohnungen und gantze Dörffer und Kirchen erbauete und ihnen überflüssige Gelegenheit machte, so wohl ihre Religion frey und öffentlich zu treiben, als durch ihren Fleiß sich und ihre Angehörige mit allem leiblichen Unterhalt reichlich zu versorgen. Sie kamen zum Theil auch durch Potsdam durch. Was hier mit ihnen vorgegangen und wie gnädig ihnen insonderheit von Sr. Königlichen Majestät zugeredet worden, davon schreibt M. P. I. Fuchart in dem Martirologio Christianorum oder Christlichen Märtirern Buch p. 291 folgendes : »Zu Potsdam erwarteten Sr. Königl. Majestät in Preussen in allerhöchster Gegenwart selbige (29. April 1732) und ließen sie bey der Ankunft ihres Glaubens wegen examiniren. Selbst S. K. M. fragten einen Knaben von 14 Jahren, der um der Religion Vater und Mutter verlaßen, wie er das verantworten könne, daß er Vater und Mutter zurück gelassen? der zur Antwort gab: Wer Vater oder Mutter mehr liebet denn mich, der ist mein nicht werth. Ihre Maj. fragten weiter, wer sich nun seiner annehmen wolte, weil er keinen Vater oder Mutter mehr hätte? er antwortete: Mein Vater und Mutter verlaßen mich, aber der Herr nimmt mich auf; daß sich Ihre Majestät höchst verwundert und ein gnädiges Wohlgefallen darüber bezeiget haben. Hernach wurden die Emigranten alle mit Geld beschenkt und setzten sich an die auf Königlichen Befehl gedeckten und mit Speise und Trank reichlich erfüllten Tische nieder, sich zu erquicken, dabey Ihre Königliche Majestät die Königin unter sie höchst Christ-mildest Geschenke austheilete. Vornehme Standes-Personen haben ihnen ziemliche Summen Geldes daselbst gegeben und bey ihrem Abzug von dar sind einige Offiziers mit den Salzburgern auf die Knie gefallen, mit ihnen zu beten, da Ihre Königl. Majestät der König öfters gegen die Emigrirten diese höchst gnädige Zuruffung hören lassen: Ihr solt es gut haben, Kinder, ihr solt es gut haben bey mir.« Ich setze hinzu noch folgendes. Als Ihre Majestät den 25. Juni ein Trupp unterweges von Potsdam nach Berlin begegnete, so wurden sie, da sie seitwärts fuhren, selbige ohngefähr gewahr und kamen sogleich querfeld auf selbige zugefahren. Ihre Majestät redeten verschiedenes mit ihnen und verlangte endlich, daß sie das Lied anstimmen sollten: »Auf meinen Lieben Gott« rc. Als sie hierauf der Commissarius vorstellete, daß die Fremden das Lied nicht anzufangen und nach der bekannten Melodie zu singen wüßten: so fiengen dieselbige zur höchsten Verwunderung und Rührung dieser Leute das Lied selbst an, da dann das Volck fortsang und unter solchem Singen vorbey marschirte. Nachdem der gantze Zug sich geendiget, verließen sie Ihre Majestät noch mit dem Segenswunsch: reiset mit Gott! — Als am 14. Juli abermals eine starke Anzahl zu Potsdam ankam, erwartete sie Ihre Majestät vor einem Walde und sahen sie vorbeymarschiren. Sie fragten sie nicht allein, wie es ihnen unter-weges gegangen? ob nicht vielleicht auch liederliche Leute unter ihnen wären? sondern ertheilte endlich auch dem Commissario den Befehl: Versichert den Leuten meiner Gnade, meiner ferneren Vorsorge und einer vollkommenen Freyheit, die sie genießen sollen.—Wie buchstäblich dieses alles erfüllet und diese Leute nach ihrer Ankunft in Preußen reichlich an Seele und Leib versorget worden, leidet der Raum nicht ferner auszuführen. Man kann aber, was hier geschrieben, weiter nachlesen in des Herrn J. G. Steinbecks hiervon ertheileten historischen Nachricht und in des J. P. v. Ludewig Hallischen gelehrten Anzeigen ersten Theils.
2.2. Von den unter ihnen eingeführten öffentlichen Gottesdienst
Wir werden hier etwas zu sagen haben 1) von den zum öffentlichen Gottesdienst gewidmeten Orten, 2) Zeiten, 3) Personen, 4) dabey vorfallenden öffentlichen Handlungen.
1. Von den zum öffentlichen Gottesdienst gewidmeten Orten
So viel wir von den alten heidnischen Sueven und Senonen Nachricht haben, hielten sie ihre gottesdienstliche Zusammenkünfte ordentlicher Weise in dicken wohlbelaubten, heylig geachteten Wäldern oder Hay-nen, wo ihnen die höchsten und am meisten ausgebreiteten Bäume zu ihrem Zweck die besten zu seyn schienen. Wer zufälliger Weise so unglücklich war, an dieser Stelle zu fallen, der mußte sich so lange auf der Erde herumwältzen, bis er wieder aus dem Walde heraus war. Ebenfalls versammelten sie sich an ihren heyligen Seen, wo sie sowohl als in ihren heyligen Wäldern ihren Göttern, ohne erst daselbst Tempel aufzubauen, nach ihrer Art zu dienen pflegten. Wir finden hier bey Potsdam noch den sogenannten Heyneberg, ietzo Ruinen-Berg und eine heylige See und glauben daher, daß dieses auch die Gewohnheit der hier herum wohnhaft gewesenen Senonen gewesen sey. Als die Wenden nach ihnen zu ihrem Gottesdienst schon Tempel erbauet, will ich mit Gewißheit nicht behaupten, obgleich einige der Meynung sind, daß der nachmals so genannte Marientempel zu Bran-denburg und das auf einem Berge im Walde hinter der Nedlitzer Fähre gestandene Gebäuude, auf dem sogenannten Kirchberg, ein Götzentempel gewesen seyn soll. In den ersten dreyhundert Jahren nach Christi Geburt haben die Christen überhaupt zu ihrem Gottesdienst noch keine eigenst dazu bestimmte Häuser gehabt, sie kamen vielmehr in unterirdischen Klüften und verborgenen wüsten Einöden zusammen, wo sie bey damaligen großen Verfolgungen so leicht keiner suchte. Als aber die Kayser, Könige und Fürsten selbst zum Christenthum übertraten, wurden ihnen zur Bequemlichkeit des öffentlichen Gottesdienstes auch Kirchen, und zwar an manchen Orten recht prächtige Tempel und Kirchen erbauet und damit bis auf unsere Zeit fortgefahren. In den nachfolgenden Catholischen Zeiten wurden sie größten Theils gewissen Heiligen gewidmet und auch von ihnen benennet. Die Päbste zu Rom, die Bischöfe und Geistliche überhaupt verstanden die Kunst, die Erbauung der Kirchen durch allerhand erdichtete Wunder und Erscheinungen zu befördern, und wir müßen gestehen, daß in den protestantischen Ländern die mehrsten der alten Kirchen noch ihren Ursprung aus diesen Catholischen Zeiten herhaben, und so gebauet sind, daß sie viele neue an Schönheit und Festigkeit übertreffen. Die Kirchen, welche wir ietzund in Potsdam haben, sind allesamt erst in neueren Zeiten erbauet worden.
Die alte Katharinen-Kirche. Ist nicht mehr vorhanden. Sie stand, wo ietzo die Nicolai-Kirche stehet, und hatte ihren Nahmen von der heiligen Katharina von Siena, die der Legende nach von Christo selbst das Lesen gelernet haben soll, der zum öfftern zu ihr gekommen, ihr das Feuer auf dem Heerd angeblasen und auch ihre Stube ausgekehret hat. (Le Passe par tout de l’Eglise Romaine Tom. 4 p. 264.) Unsere Vorfahren haben sich mit dieser einzigen kleinen Kirche so lange beholfen, bis der hochselige König bey Vergrößerung der Stadt mehrere und größere Kirchen zu erbauen angefangen hat. Rings um ihr her war der Kirchhof in einem Viereck, woran auf zwey Seiten Bürgerhäuser anstießen, auf der Mitternachts-Seite aber hinter der Mauer eine Straße vorbeygieng, dergleichen auch auf der Morgenseite zwischen dem Kirchhof und der Schule frey gelaßen war. Auf den 4 Ecken war der Eingang über eiserne Schranken und nach dem Markte zu der Thorweg, durch welchen die Leichen eingelaßen wurden. Ich weiß nicht, von wem und wann diese Kirche erbauet worden, sie muß aber, weil sie von gehauenen Steinen erbauet war, vermuthlich ein sehr altes Werk gewesen seyn. So leicht es ist zu glauben, daß das Verlangen Ablaß zu erlangen und mit guten Werken den Himmel zu verdienen, den Aufbau der Kirche befördert hat, so gewiß ist es auch wohl, daß selbe in baulichem Stande zu erhalten und ihr Einkommen zu verbessern, die Leute um ihrer Seelen Seligkeit willen wohl nicht werden unterlaßen haben, von ihren so wohl beweglichen als unbeweglichen Gütern ansehenliche Vermächtnisse an dieselbe zu thuen. Ich finde wenigstens, daß aus diesem Grunde ein hiesiger Einwohner Nahmens Klinkebeil 1452 seinen Hof und 1476 ein anderer Nahmens Hanß Hoyaß seinen Garten der Kirche vermacht, und daß die Bischöfe von Brandenburg diese Geschenke gern angenommen und confirmiret haben. Die in der Kirche errichteten und vom Rath und der Bürgerschaft dotirte Altäre hatten ebenfalls das Absehen, die Kirche so wohl als die Kirchen-Bedienten mit mehreren Einkommen zu versorgen, wie es denn wohl ausgemacht ist, daß, jemehr Altäre bey den Catholiken eine Kirche hat, desto größer pfleget ordentlicher Weise auch ihr Einkommen zu seyn, und die Herren Patres verdienen mit ihren Seelenmeßen, wodurch den Seelen eine baldige Erlösung aus dem Fegfeuer verschaffen werden soll, oft ein ansehnliches. Unsere alte Kirche hatte, wo nicht mehr, doch wenigstens folgende 4 Altäre: 1) Der Altar corporis Christi, dem im Jahre 1452 von dem Rath und Bürgerschaft mit 29 Scheffel Waitzen jährlich Einkommens beschenkt wurde, so von einigen aus der Bürgerschaft gehoben werden sollte. — 2) Der Altar sancti Spiritus. Hierzu schenkte der Rath und Bürgerschaft in eben demselbigen Jahre eine Wiese, wovon jährlich 24 Groschen und von Peter Schlölzkens Hause, so auf derselben gelegen war, 7 Groschen gegeben werden sollten. Die Rectores besagter Altäre mußten dafür wechselweise alle Morgen Meße halten und die Donation wurde von dem Bischof Stephano bestätiget. — 3) Der Altar sanctae crucis, omnium apostolorum und sanctae Margarethae. Er ward 1465 gestiftet und mit 5 Schock jährlicher Rente Brandenburgischer Währung, 8 Pfennige auf einen Groschen gerechnet, begütiget. Die 5 Schock fielen jährlich auf Ostern und waren das Interesse von 60 Schock Brandenburgischer Währung, welche vor ihrem letzten Abschiede um ihrer Seelen Seligkeit willen von ihrem redesten Gute gegeben hatten Clawes Schmidt, Jacob Berlin, Andreaß Schulte und Hans Ridder. Für solche 5 Schock jährlicher Rente sollte der Priester desselbigen Altars alle Woche 3 früh Metten, sonderlich aber Montags eine Seelen-Mette zum Trost derjenigen, die das Vermächtniß gethan hatten, Mittwochs von unserer lieben Frauen und Freytags von dem heyligen Creutze lesen. Der Rath, damit dieser Altar desto besser gehalten und mit Lichtern und übrigen Zubehör hinlänglich versehen werden mögte, legte dazu eine Schützengilde und versprach in einem Schreiben an den Bischof Dietrich dem Priester, dem dieser Altar geliehen werden mögte, in Potsdam freye Wohnung zu geben, welches alles von dem Bischof apxrodiret wurde, doch so, daß Rector deßelbigen Altars die Geräthe deßelbigen und was dazu geschenckt würde (oblationes et effectoria) dem Rector der Kirche oder seinem Caplan zu liefern oder zu berechnen schuldig seyn sollte, es wäre denn Sache, daß Rector der Kirche ihm solche zu verwahren aus gewißen Ursachen überlaßen wolte. Der Bestätigungsbrief des Bischofs ist noch vorhanden, und ertheilet ausserdem, was dem Altar angehet, auch eine Verschreibung für den Caplan und für die Schule. — 4) Den Altar der Elenden. Von dem Altaristen dieses Altars liehe 1480 Otto v. Hacke auf Bornimb 12 Schock märkischer Groschen und versprach alle Jahr auf Martini den Zins zu Erhaltung der Elenden zu entrichten. Auch diese Obligation ist noch vorhanden. Von eben diesen Altaristen kaufte A. 1450 Clawes Schmidt eine Praebende für XI Schock und 18 Groschen. Von diesen Altären sind noch bis 1720, da die Kirche abgebrochen wurde, zwey zu sehen gewesen, wovon der eine in einer Nebenkapelle, zur Rechten des Haupteinganges der Kirche stand, aber nicht gebrauchet wurde. Ich weiß aber nicht, unter welche Zahl ich denselben bringen soll. Der zweyte scheinet derjenige gewesen zu seyn, der sub Nr. 3 unter dem Titel sanctae crucis rc. angeführet worden ist, obgleich nach der Reformation eins oder das andere daran verändert seyn mag. Er hatte zum Hauptbilde die heilige Jungfrau Maria, die ihr Jesus Kind neben sich stehen hatte. Unter demselben standen die vier großen Propheten und unter diesen die Haltung des heiligen Abendmahls abgemahlet mit den Worten: hoc accipitur in pare quod pependit in cuce und zu Linken: hoc accipitur ex celice, quod effunditur ex latere. Auf den Flügeln sahe man der 12 Apostel Bilder und zur rechten des Altars an der Mauer die 7 freyen Künste. Was es mit den Altargeräthen zu den Cathol-ischen Zeiten für eine Beschaffenheit gehabt, weiß ich nicht. A. 1643 schenkte der Bürgermeister Jacob Güldenhaupt der Kirche einen silbernen Kelch, welcher so lange bey der Kommunion gebrauchet wurde, als die alte Kirche stundt, ietzo aber nur zu den Kranken mitgenommen wird. Der Taufstein, welcher bey Abbrechung der alten Kirche darin gefunden wurde, war gantz von Stein, er war aber auch erst 1682 laut Kirchenbuchs hinein gesetzet worden. Den 12ten Sonntag nach Trinitatis als den 3. September war er damit eingeweihet worden, daß Andreas Beckers, eines Schweden Kind daraus zuerst getauffet worden. Wo er geblieben, und ob er nicht bey Niederreißung der Kirche mit zerbrochen worden ist, weiß ich nicht. Die gantze innere Einrichtung der alten Kirche, so wie wir sie noch gesehen haben, scheinet erst nach dem Brande 1562 bey Wiederaufbauung derselben und der damit 1621 und 1690 vorgenommenen Reparatur gemacht zu seyn. Die Seite der Kirche, wo die zwei vorgedachte Altäre stunden, nebst der Sacristei waren im Brande großen Theils erhalten worden. Gleich bey der Sacristey war die Kanzel angebracht, sie stand auf einer starken steinernen Säule und der Stuhl war mit des Salvatoris und der Apostel Bildern umgeben, auf der Cantzeldecke sah man ebenfalls des Salvatoris Bildniß auf einer Tafel. Die Sitze für die Männer waren gegen der Cantzel über in 3fach über einander gebaueten Chören, die Sitze der Frauenspersonen aber unten. Zur rechten auf dem ersten Chor war eine Orgel. Man hatte dergleichen schon im vorigen Jahrhundert gehabt, diese aber war 1714 erbauet und den 17. Januar 1715 eingeweihet worden. Sie hatte 300 Thaler gekostet und der Meister hatte die alte Orgel noch obenein bekommen, sie stand aber nicht lange; denn da die Kirche nach wenigen Jahren abgebrochen wurde, sie aber in ein nahe dabey gelegenes Bürgerhaus gebracht worden war, kam unversehens Feuer aus und die Orgel mußte mit verbrennen. Die Kirchen mit Thürmen auszuzieren ist schon vor alten Zeiten her mode gewesen. Sie geben einer Stadt von Ferne ein Ansehen und dienen insonderheit dazu, die Stadtuhren auf denselbigen anzubringen, nebst den Glocken, durch deren Anziehung die Gemeine zum Kirchengehen eingeladen wird. Der Thurm unserer alten Katharinen-Kirche stund auf der Abendseite und also der gemeinen Meynung nach an seinem rechten Ort. Die Kirche selbst war also keine verkehrte Kirche, dergleichen man in der alten Mark 7 zählen will, obgleich viele, die die Kirche besuchten, verkehrte Leute gewesen seyn mögen. Eine ziemliche Ecke von unten auf war er von massiven Steinen, aber oben von Holtz und mit so viel Glocken als nöthig, auch mit einer Schlag-Uhr und auswärts mit einem Stundenzeiger versehen. In der Kirche und unter dem Thurm waren verschiedene Grabmahle von mehreren Cavaliers und andere angesehene Personen, unter andern auch des Obristen v. Perband, der von dem Churfürsten Friedrich Wilhelm vorzüglich hoch geachtet wurde. Schade nur, daß sich keiner die Zeit genommen hat, Abschriften von ihren Epitaphien zu nehmen. In dem Thurmknopf fand man, als der Thurm abgebrochen worden war, folgende Nachricht beygelegt:
In diesem Jahr nach Christi Geburt 1690 den 31. October rc.
Die neuerbauete Kirchen, deren überhaupt . . . sind, haben zum Theil Thürme, zum Theil keine Thürme. Die Lutheraner haben eine, welche ihnen allein zugehöret, die reformirten Franzosen und Catholiken haben auch je eine, woran andere Religions-Verwandte keinen Antheil haben, in der Heiligen-Geist-, Garnison- und Waysenhaus-Kirche altorniren die Lutheraner und Reformirten Prediger der Art, daß derjenige so heute Vormittags geprediget hat, den folgenden Sonntag Nachmittags das Amt zu verwalten hat. Die erste schon zu des großen Churfürsten Zeiten erbauete Kirche, war die Churfürstliche Schloß-Capelle.
Die Schloß-Capelle. Der Churfürst Friedrich Wilhelm hat nebst dem Schloße auf der einen Ecke deßelben auch für den Churfürstlichen Hof und für die sich hieselbst sammelnde reformirte Glaubensgenossen, eine ziemlich räumliche Capelle angelegt, ich weiß aber nicht gewiß zu bestimmen ob er damit schon 1679 oder 1680 fertig geworden ist, wie wohl mir das letztere deswegen glaubwürdiger scheint, weil man vorhin von keinem hiesigen Churfürstlichen Hofprediger gehöret hat. Die seit dem 2. März 1662 hierher berufenen Pastores reformati haben bis dahin mit dem Titel der Pastorum zufrieden seyn und nebst andern von Berlin und anders woher verschriebenen Churfürstlich. Hofpredigern in dem einen oder andern räumlichen Schloßzimmer predigen müßen, im letztbenannten Jahr aber kam Herr Brunsenius als beständig hier bleiben sollender Hofprediger bey dem Churfürstlichen Hof hieher nach Potsdam, und predigte wie vor den Hof also auch vor die zur Hof-Capelle sich haltende reformirte Einwohner unserer Stadt. Als der König Friedrich Wilhelm gleich im Anfang seiner Regierung auf die Gedanken kam, sein Regiment große Grenadiers, woran er schon als Kronprinz zu sammeln angefangen hatte, an einen Ort zusammen zu haben, und insonderheit vors erste das Leib-Bataillon in Potsdam, welcher Ort ihm vorzüglich wohl gefiel, bey sich zu sehen; so ward diese Capelle mit doppelten Chören auf beyden Seiten samt einer Cantzel und den nöthigen Stühlen versehen und der bisher in Brandenburg bey dem Grenadier Regiement gestandene Feldprediger Herr Friedrich Roloff 1713 hierher berufen, nebst dem reformirten Hofprediger hier vor dem König und seinem Leib-Bataillon zu predigen. Als hernach die alte Katharienen Kirche abgebrochen werden mußte, erlaubte der König der lutherischen Bürgerschaft ihren Gottesdienst hier mit der Garnison abwechselnd zu hallen. Als 1722 die erste Garnison Kirche fertig worden war, behielt die Bürgerschaft eine Zeitlang die Capelle allein und es wurde unterdessen an der ietzt so genannten Nicolai Kirche unablässig fortgebauet. Die Bürger zogen sich endlich in diese Kirche zurück und die Schloß-Capelle ward den refor-mirten Franzosen eingeräumt. Man bemerkte aber in der neuerbauten Garnison Kirche, daß es damit im Grunde versehen war. Man fand sich genöthigt sie wieder abzutragen, und nun mußten die Bürger, weil die Schloß-Kirche für die so sehr vermehrte Garnison zu klein war, wieder aus ihrer Kirche heraus und ihnen ward zu ihrem Gottesdienste das Orangerie Hauß im Lustgarten eingegeben, bis sie endlich nachdem die zwote Garnison Kirche fertig worden war, dieselbe wieder erhielten. Die französische Colonie erhielt inzwischen die Schloß Capelle, bis endlich Sr. ietzt regierenden Königlichen Majestät gefiel, aus dieser Capelle königliche Zimmer für fremde zu machen und ihr eine eigene Kirche aufzubauen welche 1755 fertig wurde. Für eine so große und ansehnliche Stadt als nach der Intention des hochseligen Königs Potsdam werden sollte, wo allerhand Nationen, Leute von allerhand Religionen, Bürger und Soldaten frey und ungehindert beysammen wohnen sollten, schien die Erbauung mehrerer nach dem Unterschied der Nationen und Religionen eingerichteter Kirchen eine noth-wendige Sache zu seyn. Die alte Katharinen Kirche war seit der Reformation der Versammlungsort hiesiger Lutheraner gewesen, ward aber bey dem jährlichen Anwuchs derselben viel zu klein, als daß sie alle die dazu gehöreten, hätte begreifen mögen. Die reformirte Teutsche sowohl als Franzosen, welche sich, weil keine andere Gelegenheit für sie da war, zur Schloß Capelle hielten, wünschten sich, so wohl als die Chatholiken die in Potsdam gantz vergessen waren, eine eigene Kirche angewiesen zu bekommen, welches auch die Soldaten thaten, denen weder in der alten Kirche noch in der Schloß-Capelle hinlänglich Platz noch nach Unterschied ihrer Religion Gelegenheit zu dem ihnen besonders eigenen öffentlichen Gottesdienst, bis dahin gemachet worden war. Der hochselige König und Sr. ietzt regierende Königliche Majestät, sind in diesem Stück allen und jeden aus landesväterlicher höchster Gnade zu Hülffe gekommen.
Der hochselige König bauete hier nach einander verschiedene Kirchen, die Nicolai Kirche an den Ort der alten Katharinen Kirche, welche den Lutheranern eingeräumet wurde; die Catholische Kirche welche den Catholiken zu Theil wurde; die Garnison Kirche für die protestantischen Soldaten und die Kirche im Waysenhause für die daselbst aus der gantzen Armee zusammen gebrachten armen Soldaten Kinder. Alle diese Kirchen wurden fast zu gleicher Zeit zu bauen angefangen und eine nach der andern zu Stande gebracht.
Die Garnison Kirche war die erste, welche seit 1722 fertig wurde, man hatte aber den Grund auf welchen sie gebauet war nicht genug untersuchet, das Gebäude bekam daher bald gefährliche Risse und man sahe sich daher genöthiget dasselbe abzubrechen und das Fundament tiefer zu suchen. In den gräulichen Abgrund wurden Millionen Steine von abschäulicher Größe herabgestürzet. Nachdem man endlich einen festen Boden erhalten, ward der Kirchenbau von neuem vorgenommen. Sr. Majestät maureten mit den eigenen hohen Händen den ersten Grundstein dazu ein, und verschlossen darin verschiedene goldene und silberne Medaillen, worin ihnen von den Officieren, dem Magistrat und den Vornehmsten der Stadt, welche auf ausdrücklichem Befehl des Königs dabey seyn mußten, gefolget wurde. Die Kirche wurde nun ein gut Theil größer als die erstere angelegt und 1732 den 17. August von dem Herrn Hofprediger Christian Johann Cochius und dem Herrn Garnison Prediger Johann Gottfried Hornejus eingeweyhet (1).
Wenn man im Pabstthum eine Kirche hat einweihen wollen so schreibt der Churfürstl. Hofprediger Simon Gedickus in der Einweyhungs Predigt der Kirche zu neuen Joachimsthal, haben die Bischoffe erstlich zu fragen pflegen ob auch die Kirche mit Einkommen genugsam versehen. Denn wo das nicht befunden worden, haben die Bischoffe keine Kirche einweyhen wollen, wie im Braccarischen Concilii ausdrücklich gesetzet wird: ne ecclesia prius conscontur, puam consripta fuerit coutio, qua de dote ac proventibus caveatur quebus et minister et Diaconus qubent sustentori ne templum exstructam desertum jacent. Dergleichen wird auch im Wormsischen Coneilio fast mit einerley Worte befohlen. Nach dem Einkommen hat man fleißig gefraget und des Bauches wegen ist man sorgfältig gewesen, aber ob auch die Kirche mit reiner Lehre heilsamen und rechtem Verstände und Gebrauch der heiligen hochwürdigen Sacramente und ganzem wahren Gottesdienst versorget were, darum hat man kein Wort verlohren. Wenn man nun fürs andere gesehen hat, daß genug zur Kirche gestifftet gewesen, hat man die Dedikation der Einweihung für die Hand genommen und ist der Bischof mit der Clerisei und Menge des Volks für die Kirchthüre, so verschlossen gewesen, kommen, daselbst auf seine Knie gefallen und hat etliche abergläubische Gebetlein gesprochen. Darauf ist die Clerisey dreymahl um die Kirche gegangen und hat 3 Responsoria gesungen. Und hat dieser Bischof die Mauren auswendig mit einem Büchel Jsopen in Weihwasser getaucht, dreymahl an dreyen Orthen, als unten am Grunde, in der Mitten und am oberen Theile besprenget. Darnach ist er wieder für die verschlossene Kirchthüre gegangen und hat mit seinem Bischofstabe an die Kirchthüre geklopfet und hat gesaget:tollits portas, principes, restras et clevamini portae aternales et introibit Rex gloria. Da hat ein Diaconus der in der Kirche hinter der verschloßenen Thür gestanden, gefraget: Quis est iste Rex gloriae. Darauf der Bischof geantwortet: Dominus fortis et potens in prelio. Diese Worte wurden 3mahl wiederhohlet. Darauf wird die Thüre aufgemacht. Alsdann tritt der Bischof in die Kirche und spricht 3mahl: salus huic domin et omnibus habitantibus in eo. Nimmt aber noch nicht das gantze Volck hinein sondern nur 2 oder 3 Diener. Unterdessen singt man auf dem Kirchhof die Litany, da man die verstorbene heilige wieder Gottes Gebot anrüstet. Der Bischof aber liegt vor dem Altar und betet. Darnach so schreibt er etwas an die Wände und besprenget dieselbe mit Weihwasser, Saltz, Asche und Wein, tunket mit dem Daumen ins Weihwasser, machet damit viele Creutze auf dem Altar, an die Wände und auf das Plaster und in alle Winkel und spricht: sanctificetur hoc templum in nomine patris, filii et spiritus sancti. Amen. Da kommt dann das Volck für die Kirchthür und thuet der Bischof eine Predigt und vermahnet die ganze Gemeine, daß sie der Kirche treulich geben ihren Zehendt, mildiglich opfern und jährlich die Kirchweih oder Kirchmeß halten sollen. Darauf läufft iedermann hauffig in die Kirche und fähet an mit hoher Stimme abgöttische Gesänge zu singen. Wenn das geschehen giebt der Bischof der Kirche einen Nahmen, welchen Heiligen sie soll geweihet seyn, nicht dem Herrn Christo, sondern etwa einem Engel, der Jungfrau Maria, einem Apostel oder Märtyrer und offt solchen Heiligen die wohl nie in rerum natura gewesen oder ja so bald in der Hölle als in dem Himmel seyn.
Bey der Einweihung unserer Garnison-Kirche ward die Soldatesque um die Kirche herum postiret und so bald das Lied: »Herr Gott dich loben wir«, intoniret wurde, gab dieselbe eine Salve, continuirte damit auch bey ieder Strophe so lange, bis das Lied zu Ende war. Worauf der Prediger die Cantzel bestieg, die Einweihungs-Rede hielt, Gott und dem Könige für die der Garnison verschaffte Gelegenheit, Gott und sein Wort zu hören und sich daraus zu erbauen, dankte und den Allerhöchsten um seinen Segen zur ferneren Ausbreitung seines Reiches demüthigst anrieff, den König, die Herren Officiers und das gantze Königliche Regiment, auch die ietzige und künftige Zuhörer und Lehrer zu allen Gnaden empfahl und dann nach gesprochenem öffentlichen Segen die Cantzel wieder verließ, welches alles Nachmittags von dem Lutherischen Garnison-Prediger nochmals wieder-hohlet wurde. Es wurden bey dieser Gelegenheit 8 Kinder und auch ein Mohr getauffet und 13 Paar getrauet. Es stellet diese Kirche ein ziemlich großes und breites Oblongum vor; sie hat 4 gemeine Eingänge und zu dem Sitz der Königl. Frauenzimmer noch einen besonderen, rings umher doppelte sehr geräumige Chöre, und hat der König nebst den Herren Officiers einen Sitz auf dem ersten Chor, die Königl. Frauenzimmer aber unter demselben gegen der Cantzel und der Orgel über, und ist an beyden Orten ein Camin angebracht, wo man allenfalls Feuer im Winter anmachen kann, um sich zu erwärmen. Die Fenster dieser Kirche sind breit und theils an das Dach geführt, das Dach ist mit Schindeln gedecket und der bey der Kirche aufgeführte Thurm ist der höchste und schönste unter allen. Es sind dabey alle Arten von Säulenordnungen angebracht und auf das beste geordnet. Wider die Gewohnheit der Alten stehet dieser Thurm nach Mittag und auf allen Absätzen mit den vortrefflichsten Decorationen von Statuen rc. ausgezieret, wie man denn auf den Seiten des Thurmes schöne Gallerien antrifft. Die oberste Spitze des Thurmes ist eine goldene Crone, durch welche die große eiserne Helmstange gehet, auf welcher gantz zu oberst eine goldene Sonne befestiget ist, gegen welche der preussische Adler auf einer Seite mit unverwandten Augen fliehend zu sehen ist, der sich mit dem Winde drehet, auf der Gegenseite aber den geschlagenen Königlichen Nahmen mit sich umher führet. Es befindet sich auf diesem Thurm außer der schönen Glockenuhr, die alle vierthel, halbe und gantze Stunden schlaget und nebst dem Stundenzeiger, der sich auf allen Seiten sehen läßt, auch ein gantz unvergleichliches Glockenspiel, welches der jedesmahlige Organist der Kirche zu spielen und selbst spielen zu laßen verstehen muß, weil es in seinem Amte mit gehöret. Es bestehet aus vielen großen und kleinen Glocken, welche durch starken Draht an einer unterwärts verschloßenen Wal-tze in solcher Ordnung befestiget werden können, daß, wenn die Waltzen im umdrehen die gehörige Stellung bekommen, die verlangten Töne in schönen Liedern und Motetten sich auf eine angenehme und tacktmäßige Weise hören laßen, welches alle Stunde, halbe und viertheil Stunde geschiehet, bey jeder Zeitveränderung, nachdem es fröhliche oder traurige Begebenheiten sind, ein neues Stückchen mit Vergnügen hören läßt. Es ist außerdem, um allerhand zu aller Zeit spielen zu können, auch eine Claviatur von gedrechselten runden und starken Stäben, welche ihre Verbindung mit den Glocken haben, angelegt, auf welchem der Director des Glockenspiels, wenn er Lust dazu hat, oder der König es befiehlt, mit voller Faust, wie auf dem Clavir und Orgel mit den Fingern und Füßen spielen kann, was er will. Über der Thurm-Thüre stehet mit goldenen Buchstaben geschrieben: Friderich Wilhelm Koenig in Preussen hat diesen Thurm nebst der Garnison-Kirche zur Ehre Gottes erbauen lassen anno MDCCXXXV. Und eine Etage darüber stehet der Königliche Nahmenszug. Die Sacristey ist in der einen Ecke der Kirche sehr geräumig angeleget und hat einen doppelten Eingang. Die Cantzel sowohl als der Cantzel-Deckel ist von dem feinsten Marmor und Alabaster sehr künstlich von dem Bildhauer Herrn Blume angefertiget. Die Orgel, welche sehr groß und ansehnlich, ist vornehmlich deßwegen sehenswürdig, weil außer einer Menge der ausgesuchtesten Stimmen auch ein Glockenspiel sich darin befindet, welches durch die claves so wohl als die übrige Stimmen tractiret wird. Es schlagen auch an dieser Orgel die Engel Pauken und blasen die Trompeten und zwey schwache Adler schlagen währender solcher Musik mit den Flügeln zusammen, als wenn sie davon fliegen wollten. Von Altären und Taufsteinen weiß man in dieser Kirche nichts. Das Abendmahl wird hier an einem marmornen Tisch, der auf einer marmornen Erhöhung stehet, gehalten und das Taufwaßer wird hier auf vergüteten großen silbernen Schüsseln zum Gebrauch aufgesetzet. Das merkwürdigste in dieser Kirche ist das Königliche Mausolaeum oder Grabmahl des Königs Friedrich Wilhelms hinter der Cantzel.
Die Waysenhaus-Kirche. Ist der Ordnung der Zeit nach, wie die Kirchen hier erbauet worden, die dritte. Sie ward mit dem Waysenhause 1722 zugleich fertig, wo sie auf der Mitternachts-Seite über dem Speisesaal angeleget worden. Die dazu erforderliche Kirchen-Geräthe gab der König ebenfalls selbst her. Sie ist zwar, wie das gantze Waysenhaus, welches der hochselige König nur aus Holtz mit ausgemauertem Fachwerck hatte aufbauen laßen, in des ietzigen Königs Zeiten wieder abgerißen, und die sonst im Waysenhause gehaltenen Versammlungen werden ietzo Vormittags und Nachmittags vor und nach dem Garnison-Gottesdienst gehalten, man hoffet aber, daß S. K. M. dem Waysenhause wieder eine eigene Kirche vermuth-lich auf dem großen und weitläuftigen Hofe und zwar so massiv wie das gantze Waysenhaus selbst bauen werde. Unterdessen predigen die zum Waysenhause verordnete reformirte und lutherische Prediger in der Garnison- und anderen Simultan-Kirchen wechselweise vor und nachmittags.
Die Catholische Kirche. Ist der vorangezeichneten Zeit-Ordnung nach die vierte Kirche in Potsdam, die zu des hochseligen Königs Zeiten fertig geworden. Der König bauete sie 1722 den Catholischen Fabricanten und Soldaten zu gute in dem Bezirk der Gewehr-Fabrique. Weil sich aber die catholische Gemeine so wohl an Fabrique als Soldaten, item Bürgern, die ihr Glück zu machen aus catholischen Ländern hieher gezogen waren, sehr vermehrete, so ward diese Kirche nicht nur 1730 in etwas vergrößert, sondern auch 1738 gar wieder abgebrochen, aber auch noch im selbigen Jahre größer und weitläufftiger wieder, jedoch nur mit ausgemauertem Fachwerk aufgebauet; da unterdessen die catholische Gemeine ihren Gottesdienst vom 16. Martii bis den 21. September in dem großen Reitstall halten mußte. Den 21. September ward die neue Kirche durch den ehrwürdigen Pater Raymundus Bruns nach Catholischer Art eingeweyhet, und weil eben das Evangelium von der Auferweckung des Jünglings zu Nain zu erklären war, so gab ihm dieses Gelegenheit, die Catholische Religion mit dem Jüngling zu Nain in Vergleichung zu ziehen und des Königs Gnade zu rühmen, der den Catholiken hiesigen Orts so wie Jesus dem Jüngling zugeruffen: Jüngling, ich sage dir, stehe auf! Es ist in dieser Kirche ein Chor für ungefähr 80 Personen und eine Orgel, die übrigen Kirchenstände sind alle unten. Als der hochselige König 1732 in Prag war, erhandelte er eine Monstranz von großem Werth, welche er der hiesigen Catholischen Kirche schenkte, er gab ihr auch eine große silberne Lampe, einen kostbaren Kelch samt anderem Altar-Geräthe und 2 sehr pretieuse Meßgewandte von Drap d’or und Drap d’Argent. Der Konig Augustus von Polen schenkte ihr, da er sich 1728 hier aufhielt, zwei silberne Kannen und eine silberne Schüssel, der König Stanislaus, der 1735 hier war, schenkte derselben nichts, der Herzog von Lothringen aber und nachmaliger Kayser Franciscus I. verehrte ihr bey seinem hiesigen Aufenthalt A. 1732 eine silberne Lampe. An Altäre hat diese Kirche drey. Der große Altar stellt Christum betend vor in dem Garten Gethsemane, der zweyte die Mutter Gottes und der dritte der Kinder Schutzengel. Einen Taufstein hat diese Kirche nicht, weil die Catholischen Kinder nach dem Rechte der Wiedervergeltung von lutherischen oder reformirten Geistlichen getauffet werden. Thürme und Glockengeläute hat diese Kirche auch nicht.
Die Nicolai-Kirche. Stehet auf dem Platz der vormahligen alten abgebrochenen Catharinen-Kirche und wird mehrentheils die Stadtkirche genen-net. Nachdem die den Kirchhoff einschließende Mauer und kleine Bürgerhäuser weggerißen, die auf demselben befindlichen Leichensteine weggebracht und überhaupt Platz genug zur Erbauung einer weit größeren Kirche gemacht worden war, wurde nach der Zeichnung das Fundament gegraben und in Abwesenheit des Königs und aus deßen Befehl der Grundstein von dem damahligen Obristen Herrn v. Kleist geleget. Es pfleget sonsten im Grundsteine ein und anderes beygelegt zu werden, dieses ist aber bey der Nicolai-Kirche nicht geschehen, sondern nur der Königliche Nahme daraus ausgehauen worden zur Erinnerung, daß der auch diese in der Ordnung der Zeit die fünfte Kirche erbauet hat, die 1724 völlig fertig und von dem damaligen Pastor loci Herrn Christian Zacharias Schultze den 22. p. Tr. im Beysein des Königs, des Fürsten von Dessau, des Generals v. Gersdorff, Löben und Dockum feyerlich eingeweihet wurde. Sie praesentirt sich von außen in Creutzform, deren 4 Ecken nach allen 4 Gegenden des Himmels vorstehen, hat sehr hohe massive Mauern und breite, von unten bis an das Dach gehende Fenster, 4 Eingänge und ein Ziegeldach. Das auf der Mittagsseite gegen dem Schloß über befindliche Portal ist von des jetzigen Königs Majestät im Jahre 17 . . auf das prächtigste mit allerhand vortrefflichen Figuren und Sinnbildern ausgezieret. 1) Die zum höchsten stehenden Figuren. Die erste stellet vor die Hoffnung zu Gott, mit der rechten Hand haltend einen Anker und in der linken Hand ein brennendes Herz. Die zweyte stellet vor die Freyheit, weil der Glaube kein gezwungen Werk, in der rechten Hand haltend einen Scepter und in der linken einen Hut und bey den Füßen ist eine wilde Katze, welche die Freyheit liebet. Die dritte stellet vor die Toleranz, und sie trägt auf den Achseln einen großen Stein, der in seinem Tragen ihr nicht zu schwer vorkommt. Zeigt, daß die Bürden der christlichen Religion leicht zu tragen sind. Die vierte stellet vor die Geduld, in der rechten Hand haltend eine brennende Wachs-Fackel, wovon ihr die Tropfen auf die Hand fallen, welches sie mit Geduld anstehet und mit dem rechten Fuß an einen Felsen geschmiedet ist. Die fünfte stellet vor die Liebe zu Gott, hält ein Kind auf den Armen, so an der Brust säugt und mit einer Hand nach dem Himmel weiset, item ein Kind so den Mantel hält. — 2) Die mittelsten auf beyden Seiten stehenden Figuren. Die erste zur rechten stellet vor das Verlangen nach Gott: eine junge Manns-Person, die nach dem Himmel siehet, mit der linken Hand nach dem Himmel weiset und die rechte Hand auf das Hertze hält. Die zweyte zur linken stellet vor die Beständigkeit. Eine Frauens-Person hält die rechte Hand und den vordersten Finger in die Höhe, stehet auf einem viereckigten Stein und in der linken Hand hält sie einen Spieß. — 3) Die sechs Figuren, die auf den Frontispiceu sitzen. Die erste stellet vor den christlichen Glauben, in der rechten Hand haltend das Zeichen des Creutzes. Die zweyte stellet vor die Freygebigkeit gegen die Armen, in der linken Hand haltend einen Beutel, mit der rechten Hand ein Stück Geld darreichend. Die dritte stellet vor das Gebet, die linke Hand hält ein Buch und die rechte Hand hält ein Creutz auf die Brust. Die vierte stellet vor die christliche Liebe, so mit beyden Händen ein Kind hertzet. Die fünfte stellet vor die Andacht, welche ein Rauchfaß in den Händen hält. Die sechste stellet vor die Hochachtung gegen Gott, in der linken Hand haltend die Sonne der Gerechtigkeit. — 4) Die drey Bas-Reliefs in der unteren Etage. Das erste zur rechten stellet vor, wie Jesus die Kinder zu sich ruffet und hertzet. Das zweyte in der Mitte stellet vor, wie Christus die Käuffer und Verkäuffer aus dem Tempel jaget. Das dritte stellet vor, wie Christus den Zachäus vom Maulbeerbaum ruffet und bey ihm einkehret. — 5) Das Gemählde mitten im Portal stellet vor die Religion und den Glauben. 1) Stehen auf der Seite zwey Cherubimsköpfe aus den Wolken sehend und verkündigen die Befehle von oben herab, welche sollen geschrieben werden. 2) Unter denenselben ist ein großer fliegender Engel, welcher die Befehle weiter herab meldet. 3) Ist eine von 11 Schuhen große, hoch seitwärts stehende Figur eines Frauenzimmers, welche mit der rechten Hand einen Kelch in die Höhe hält. 4) Unter dieser Figur ist ein kleiner Engel, siehet in die Höhe und hält mit beyden Händen ein aufgeschlagenes Buch, worin die Worte stehen: regnum meum non est de hoc mundo. Wenn man von außen unter den doppelten Chor bis in die Mitte der Kirche kommt, siehet man die Chöre auf 8 starken hölzernen und übergipsten Pfeilern ruhend, ein vollkommenes Achteck formiren, welches bis nach der äußersten Seite der Kirche mehrere dergleichen hölzerne Pfeiler tragen helffen. Hier sitzen die Mannspersonen, so wie im parterre die Sitze der Frauenzimmer angeordnet, sind. Nahe am Thurm ist die Sacristey, welche mit eisernen Thüren und solchen Gittern-Fenstern wohl verwahret, und gegen derselben über ein Cabinet, welches dem Diaconus zum Beichtstuhl dienet. Die Prediger können an einen von beyden Orten abtreten, und ist der eine mit einem Camine, der andere mit einem eisernen Ofen zum einheitzen versehen. Zwischen beyden ist der Gang nach der Cantzel, welche sehr hoch und geräumig aus eichenem Holtze verfertiget ist, auch einen von eben solchem Holtze verfertigten Cantzel-Deckel erhalten hat, der eine dreyfache Päpstliche Crone vorstellen kann und so wohl vom Boden her als auf den Seiten am Chor durch lange von daher abgehende Eisen befestiget ist. Gleich unten vor der Cantzel stehet der eichene Tisch, an welchem die Kommunion gehalten wird. Um denselben her ist ein freyer offener Platz, wo sich die Communicaten zu versammeln pflegen. Altäre und Taufsteine findet man hier nicht, wohl aber sehr große silberne und übergüldete Tauff- und Communion-Geräthe, 2 große vergüldete Kannen, 2 große vergüldete Kelche, dergleichen 2 Patenchens, eine dergleichen Oblaten-Schachtel und zur Tauffe ein großes silbernes und vergütetes Tauffbecken, welches alles der hochselige König zu dieser Kirche geschenket, so wie dessen Gemahlin die Königin die rothe sammetne mit Gold vortrefflich ausgeflickte und scharlachene Tischdecken aus königlicher Milde verehret hat. Die Orgel in dieser Kirche ist aus den Ruinen der 1720 abgebrannten berlinischen Garnison-Kirche gerettet und hieher geschenket worden. Die äußerliche Structur und angebrachte Zierrathen derselben sind sehenswerth. Gantz oben finden sich 2 mit allerhand Waffen umgebene Engel, welche die Pauken schlagen, die den Schweden in der berühmten Schlacht bey Fehrbellin abgenommen worden. Hiernächst sind noch andere 4 Engel in diversen Gegenden, welche Cymbeln in den Händen haben und sie schlagen. Noch andere zwey siehet man, die in der einen Hand den Stern, in der andern aber die Ordenskette des Schwartzen Adlers halten, welche ein anderer Adler in einer anderen Stelle im Schnabel hält. Dieser Adler stehet unter einem rothen gekrönten Thron und ist von lauter kleinen Orgel-Pfeiffen zusammengesetzet, führet auch in seinen Klauen Donner und Blitz. Innerhalb der Orgel ist ein Getriebe, welches, wenn es angelaßen wird, verursachet, daß benannte Engel die Cymbeln schlagen und die in Händen habenden Sterne umzudrehen scheinen. Überhaupt wollen wir hiermit anmerken, daß die Orgeln von dem Pabst Vitaliano im siebenten seculo sonderlich zu dem Ende in die Kirchen eingeführet worden, damit bey dem Gesange der Gemeine dieselbe um so vielmehr im Ton erhalten werde. Sie sind nach gerade zu immer mehrerer Vollkommenheit gebracht worden. Der Thurm bey dieser Kirche, welcher nach Mitternacht zu stehet, ist 300 Fuß hoch und wohl gebauet, die oberste Kuppel ist ganz mit Bley gedecket, die eiserne Helmstange, worauf sich der Knopf befindet, hat etliche und viertzig Centner gewogen. Der Knopf ist nebst der Fahne von Kupfer, aber stark vergüldet, anbey aber von so ungeheurer Größe und Weite, daß er 41 Scheffel Korn halten kann, wie denn die Probe davon in Gegenwart des Königs mit so viel Scheffeln Maltz gemachet worden ist. Über den Knopf hangen 4 Windfahnen, welche unbeweglich stehen und die Gegenden der 4 Hauptwinde nachweisen, welche an ihnen durch die Buchstaben O. S. W. N. bezeichnet sind. Weiter herauf stehet die große Fahne, welche sich mit dem Winde drehet und die Jahreszahl 1724 in sich hat. Gantz zu oberst ist ein vierfacher vergüldeter Stern, welches alles von unten her sich wohl sehen läßt. Noch ist anzumerken, daß gantz oben im Thurm ein klein Cabinet für den Nachtwächter angeleget worden, welcher bey wahrgenommenem Feuer mit Heraushängung einer Laterne und seinem Blasrohr ein Zeichen zu geben pflegt. Weiter herunter ist auf allen 4 Seiten eine Gallerie für die Stadtmusicanten, welche an den Sonn- und hohen Festtagen nach geendigter Vormittags-Predigt sich allda mit einer schönen Instrumental-Musik hören laßen. Noch weiter herunter zeiget sich der Stundenzeiger auf allen 4 Seiten auf einer großen blauen Scheibe mit stark vergüldeten Ziffern und schläget die Uhr nach dessen Anweisung gantze und viertel Stunden mit unterschiedenen Glockenschlägen. Unter der Uhr ist das Geläute. Selbiges bestehet aus großen und kleinen Glocken, mit welchen Mittwochs zur Anhörung der Wochen-Predigt, Sonnabends zur Vorbereitung und Sonntags Vor- und Nachmittags zur Anhörung der gewöhnlichen Predigt geläutet wird. Bey sich ereignenden Feuersbrünsten werden dieselben auch um die Bürger zum Löschen zusammen zu rufen angezogen. Die Leichen werden hier bey Anwesenheit des Königs niemals beläutet, welches bey dessen Abwesenheit auch mehrentheils vergessen wird. Nach den auf den Thürmen angebrachten Uhren pfleget man seine Arbeiten einzutheilen und abzumeßen. Die Gewohnheit, auf das Glockengeläute sich zum öffentlichen Gottesdienst einzufinden, hat der Pabst Sebastianus im . . . seculo eingeführet. Vorher ging es mit Zusammenberuffung der Gemeine viel schwerer her. Bey den noch anhaltenden großen Verfolgungen der Christen unter den heydnischen Kaysern mußte ein Mann Haus für Haus herum gehen und den Ort und Zeit melden, da die Christen ihre Zusammenkunft halten wollten. Nachdem zu Constantin des Großen Zeiten die Gemeine Ruhe bekommen, erfand man zwar ein bequemer Mittel die Leute an den zum Gottesdienst bestimmten Ort zusammen zu bringen, indem man einem ein aus dichten, festen und klingenden Holtz gemachtes Brett über die Schultern hieng, auf welches er in seinen beyden Händen habenden Klöppeln heftig zusammen schlug und damit nichts anderes als heutiges Tages unsere Tambours die Soldaten zur Kirche oder die Leute auf den adelichen Höfen und Ämtern die Leute zum Eßen ruffen, einen großen Lärm verursachten. Doch diese Erfindung, so gut sie auch zu der Zeit war, da man noch von keine Glocken in den Kirchen wußte, ist dadurch sehr verbeßert, daß man Glocken auf die Kirchthürme gebracht, wodurch nun-mehr die Gemeine zusammen geruffen wird. Man hatte nicht allein weniger Mühe, sondern auch ein viel lauteres Getöse, auch überdem den Vortheil, daß man nach dem Unterschied der angezogenen Glocken bald dies, bald jenes bekannt machen konnte. Es ist bey den Catholiken wegen der Glocken zwar mancher Mißbrauch eingeschlichen, doch davon wissen die Protestanten nichts und wir unseres Ortes am allerwenigsten. Der Knopf auf den Kirchthürmen ist vermuthlich von jeher zu keinem anderen Zweck aufgesetzet worden, als daß er sowohl dem Thurm selbst zur Zierde dienen, als auch ein Mittel seyn sollte, allerhand historische Nachrichten für die Nachwelt darin verwahrlich aufzubehalten. Es ist dieses auch hier geschehen und hat der Baron v. Gundling zu den goldenen und silbernen Medaillen, welche hinein gethan wurden, laut eines Schreibens von Potsdam nach Berlin folgende auf ein großes Pergament-Blatt geschriebene Inscription herein geleget:
»Als der allerdurchlauchtigste und Großmächtigste Fürst und Herr, Herr Friedrich Wilhelm, König in Preussen, Marggraff zu Brandenburg, des heil. Römischen Reiches Ertzkämmerer und Churfürst diese uralte Stadt Potsdam mit einer neuen großen Auslage erweitert, vergrößert, mithin dieselbe in erwünschten Stand und Aufnahme gebracht und hierin dem Exempel Friedrich Wilhelms des Großen gefolget, welcher hier am ersten das Churfürstliche Schloß erbauet, so König Friedrich I. erneuert und mit ansehnlichen Gebäuden gezieret hat; Auch die Anzahl der Einwohner um ein großes angewachsen, haben höchstgedachte Sr. Königliche Majestät die an hiesiger Stelle gewesene alte Kirche abbrechen und an statt derselben gegenwärtige schöne Kirche samt dem hohen und großen Thurm erbauen und solche in diesem Jahre Ao. M.D.CCXXIV. in völligen Stand bringen laßen. Es segne denn Gott den König. Gott segne die allerdurchlauchtigste Fürstin und Frau, Frau Sophia Dorothea, Königin in Preußen und Chur-fürstin zu Brandenburg, geborne Fürstin aus dem Königl. Stamm von Groß-Britannien aus dem Churfürstlichen Hause Braunschweig-Lüneburg, deß-gleichen den Cronprintzen Friedrich Königl. Hoheit, wie auch des zweyten August Wilhelm Königl. Hoheit, die Königl. Printzeßinnen Friderica Sophia Wilhelmina, Catharina Sophia, Louisa Ulrica und Anna Amalia der gantzen Königlichen Familie! Er erhalte die Königl. Hohe Anverwandten Marggraff Friedrich Wilhelm und Marggraff Heinrich Friedrichen, Marggraff Albert Friedrich und dero Herren Söhne, Marggraff Carln und Friederich Wilhelm Hoheiten, wie auch des Herrn Marggraffen Christian Ludwigs Königl. Hoheit und das gantze Königl. Haus Preußen! Das gegenwärtige Jahr ist das 36ste dero Alters und das 12te dero Königl. Regierung, binnen welcher Zeit S. K. Maj. dero Etat mit zweyen anderen Provincien, Geldern und Stettin vermehret; große Vestungen erbauet, dieser Stadt dero Königl. Bataillons in Carnison geleget, der Aufnahme dieses Orts aber mit dero schönen Gewehr-Fabrique und anderen herrlichen Gebäuden versehen und durch Stifftung des Waysenhauses dero Andenken alhier verewiget.«
Noch ist anzumerken, daß auf ieder Etage des Thurmes Thienen mit Wasser gesetzet sind, welches im Fall, wenn Feuer auskommen sollte, seinen guten Nutzen hat, welche Vorsorge man auch mit den übrigen Thürmen beobachtet hat.
Die Heilige-Geist-Kirche, ist diejenige Kirche, welche der hochselige König Friedrich Wilhelm auf dem Grunde des sogenannten Schloßes, welches der Churfürst Joachim I. auf dem Mühlenwall angeleget hatte und welches nachher zur Churfürstlichen Kellerey gebrauchet wurde, im Jahre 1726 erbauet und als eine simultan Kirche den Lutheranern und Reformirten eingeräumet hat. Die Einweyhung derselben geschahe im Beysein Sr. K. M. und des Fürsten von Anhalt Deßau, den 21. Sonntag nach Trinitatis, von dem Pastor Lipten reformirter und dem Pastor Schubert lutherischer Seits. Sie bestehet aus starken massiven Mauern, hat eine die Breite weit übersteigende Länge, einen hohen und zierlichen Thurm, ein schönes Geläute, Uhr und auf allen Seiten einen Stundenzeiger, inwendig 2 Chöre übereinander, eine Sacristey, Orgel, hölzerne Kantzel und Kantzeldeckel, anstatt des Altars einen Tisch, und die schönen Tauff und Communion-Geräthe hat der König, sowie die zum Tisch gehörige scharlachene kostbare gestickte Decke die hochselige Königin verehret. Die Chöre ruhen auf starken hölzernen Säulen und sind den Mannspersonen ihre Sitze hier, sowie den Frauenspersonen unten angewiesen. Als einem gewißen reformirten Prediger in Brandenburg Herrn Jacob Schwartz der Nahme dieser Kirche bekannnt geworden, schrieb er ein kleines Buch, welches zwar nicht zum Druck befördert wurde, doch aber von dem seligen Rector Küster (Biblioth. Brand: II. x. 155) angeführet wird, unter dem Titel: Problema von den sogenannten heiligen Geist Kirchen oder unparteyisch orthodox Catholische Auslegung des Rätzels, warum die zuletzt gebauete Potzdamsche Kirche von Sr. Königl. Majestät in Preußen mit dem Nahmen des heiligen Geistes bezeichnet und gezieret seyn möge, womit denn vermittelst des Schlüssels meiner Catholischen Wahrheits Philosophie unterschiedliche unter allen Christen, nöthig zu wißende und sehr nützliche Geheimniße eröffnet und diejenige rechte argumenta angeführet werden, welche die Evangelisch Reformirte und Lutherische kräftigst nöthigen können, entweder der heiligen Geist Kirche abzusagen oder sich in derselben büderlich zu vereinigen.
Die Moskowitische Kirche. Diese 1734 zu erbauen ward der hochselige König bewogen, durch die Menge großer Leute, welche ihm von Rußland aus schon seit geraumer Zeit als Rekruten zu seinem großen Grenadier Regiment von Seiten des Russischen Hofes waren zugeschickt worden. Sie kamen anfangs nur eintzeln an, und der Russische Legations Pope kam bisweilen aus Berlin herüber ihnen das Abendmahl auszutheilen und was zu seinem Amte gehörte, sonst zu verrichten, da sie sich dann auf dem Rathhause zu versammeln pflegten. Da aber von Jahr zu Jahr immer mehr wurden, resolvirte sich der König ihnen 1734 eine eigene, obwohl nur hölzerne mit Fachwerk ausgemauerte Kirche, ohne Thurm und Glockengeläute hinter dem sogenannten Reitstall am Canal zu bauen, wo nach Griechischer Art eine Sacristey mit zwey Kammern, eine Kantzel, Altar, in der Mitte einen Brunnen, den die Lateiner Piscinam, die Griechen aber bcbcbcbcbcbcb nennen zum Tauffen, auch ein Chor für die Sänger angeleget wurde. Der aus Rußland verschriebene in Königliche Salaire genommene Pope kam nebst der Singeschule in benanntem Jahre hier an, weihete den 11. April in Gegenwart des Königs, der Königin, der Königlichen Printzen und Prinzessinnen, wie auch des alten Fürsten von Deßau die Kirche ein und nahm mit seinem eigenen neugebornen Kinde die erste Tauffhandlung vor und S. K. Majestät huben es selbst aus der Taufe. Es lebte aber dieser Pope nur bis 1740, da er durch den Todt zum großen Leid-wesen seiner Gemeine entrißen wurde. Hiernach ward der Russische Gottesdienst so gut als es thuen ließ durch die Gemeine und Singeschule bestellet, der Legations Pope kam wenn es nöthig war wieder von Berlin her-über, und dabey blieb es bis nach und nach die kleine Russische Gemeine gantz ausgestorben ist, nach welcher Zeit denn auch die Kirche gantz ver-laßen gestanden und fast ganß verfallen ist. In Teutschland ist meines Wissens nirgend eine öffentliche Griechische Kirche und Gemeine jemahls wie hier geschehen worden, folglich die Sache nicht unwerth hier angemerket zu werden.
Die Kirche der Französisch-Reformirten. Sie gehöret den reformirten Franzosen gantz allein, ist von des jetzt regierenden Königs Majestät sehr massiv, selbst mit einem massiven Dache 1751 erbauet worden, da er sich resolvirte aus der Schloß-Capelle neue Zimmer für fremde hohe Herrschafften einrichten zu laßen. Sie stehet nahe bey dem Bassain, und ist nach dem Modell der Maria retunda in Rom erbauet und auf starken Mauren mit lauter gehauenen Steinen gewölbet. Sie hat nur ein Chor für die Männer und unten Sitze für die Frauenzimmer. Zur Austheilung des Abendmahls hat sie einen Tisch, und die Communion und Tauffgeräthe von Silber, sind von S. K. Majestät dahin verehret worden. Die hölzerne Cantzel und Sacris-tey ist gerade der einzigen Thür gegenüber angeleget, die nach der Friedrichs Straße herausgehet. Thurm und Glocken sind bey dieser Kirche weggelaßen worden, und im Kirchegehen richtet man sich nach der Garnison, die dazu durch den Trommelschlag eingeladen wird.
Die Kirchen Versammlung des Hospitals oder Armenhauses. Ist in dem für die Hospitaliten und Armen vor dem Berliner Thor von Sr. ietz-regierenden Königl. Majestät erbauten großen Armenhause in einem eigens dazu angelegten großen Saal.
Addenda
Um nichts zu vergehen, was ich sonst noch von unseren hiesigen Kirchen angemerket gefunden, will ich hier noch melden:
1) daß nach dem Befehl des Königs keine Conventicula sogenannte Erbauungsstunden oder Privatzusammenkünfte vermeintlicher frommer Gesellschaften außer den Kirchen gehalten werden sollen. Alsdann aber dennoch der Prediger Schubert hieselbst dergleichen in seinem Hause hielt, ergieng dawieder folgende Verordnung. (So wohl der Cantzler von Ludewig in den Hallischen Anzeigen Theil 3. p. 690, als die Noca Acte ecclesiastica VII. p. 26 haben diese Verordnungen abgedruckt.)
»Nachdem Sr. Königl. Majestät in Preußen rc. rc. unser allergnädigster Herr, in Erfahrung gekommen, wie daß der Prediger Schubert allhier zeithero, in seinem Hause, wöchentlich gewisse Versammlungen unter dem Nahmen von Erbauungsstunden gehalten, Seine Königliche Majestät aber, aus bewegenden Ursachen, dergleichen Privat-Versammlungen in parti-culier Häusern, um so weniger gestattet wollen, als wodurch nicht nur allerhand Trennungen und Uneinigkeiten unter denen Gemeinen zu besorgen, sondern auch dergleichen bereits, zu Zeiten, dero Herrn Vaters, des hochseligen Königs Majestät gäntzlich verboten worden, wie die Exempel davon, mit dem Prediger Schienmeyer zu Stettin, und mit dem Prediger Fuhrmann zu Berlin noch im frischen Andenken seyn, als befehlen höchstgedachte Seine Königliche Majestät ermeldeten Prediger Schubert hierdurch, oberwehnte Privat-Versammlungen in seinem Hause nicht weiter zu continuiren, sondern sofort ab und einzustellen, auch sich deren hinführo gäntzlich zu enthalten, vielmehr diejenigen, so solche bishero frequentiret haben, anzuweisen, statt selbiger ihre Erbauung und Gottesdienst in denen öffentlichen Kirchen zu halten, allermaßen denn auch Seine Königliche Majestät concediren und geschehen laßen wollen, daß wofern die beiden Tage, in welchen der Gottesdienst in den Kirchen, bey welcher der Prediger Schubert bestellet ist, wöchentlich gehalten wird, zur Erbauung der Gemeine nicht zugänglich wäre, so dann ermelter Kirche noch einen Tag zum öffentlichen Gottesdienst an- und ausgesetzet werden mögen. Wornach mehr ermeldter Schubert sich allerunterthänigst und eigentlich zu achten hat.«
Potsdam, den 23. November 1742. Friedrich.
Notification an das Departement geistlicher Affairen.
»Seine Königl. Majestät in Preußen rc. rc. unser allergnädigster Herr laßen dem Departement der geistlichen Affairen hierbey abschriftlich zufertigen, was dieselbe wegen Einstellung der Privat-Versammlungen, welche der Prediger Schubert zu Potsdam bishero in seinem Hause gehalten, an demselben ergehen laßen, mit allergnädigstem Befehl daß gedachtes Departement, so wohl in diesen als anderen Fällen, darauf halten soll, damit dero hierüber habende Willens-Meynung ein schuldiges Genüge geleistet werde.«
Potsdam, den 23. November 1742. Friedrich.
Befehl an die Magdeburgische Landes-Regierung und Consistorium.
»Unser rc. Ihr ersehet aus dem Abschriftlichen Beyschluß vom 31. hujus was für eine Cabinets Ordre an den Prediger zu Potsdam Schubert wegen Einstellung der sogenannten Erbauungsstunden oder Privat-Versammlungen, in Particulier-Häusern ergangen, wenn nun auch derselben in unseren sämmtlichen Landen und Provintzien nachgelebt werden soll, als habt ihr solches unverzüglich, gehöriger Orten überall bekannt zu machen«
Sind. rc. Geben. Berlin, den 28. November 1742. v. Cocceji. v. Marsell., v. Armin.
2) Daß die vormahlige Catharinen-jetzt Nicolai Kirche, so wohl in vorigen als auch zu unseren Zeiten verschiedenes vermacht bekommen. Ich will so viel davon anmerken als mir davon bekannt geworden. Man hat zu unseren Zeiten nicht mehr so viel wichtige Beweggründe den Kirchen etwas zu vermachen als wohl zu den Catholischen Zeiten, da man durch solche Vermächtnisse den Himmel und die Seligkeit zu verdienen hoffte, und man bedenkt sich heutiges Tagen wohl zehn mahl etwas für die Kirche herzugeben, wer es nicht thut honoris caussa um sich bey den Nachkommen ein Andenken zu erhalten. Man befürchtet jetzo mehr als vormahls zu guten Absichten legirte Gelder rc. nach kurtzer Zeit zu gantz anderen Zwecken gebraucht werden mögten, als wozu sie bestimmt sind, und das ist die Ursache, warum mancher, der wohl sonsten etwas für das Beste der Kirche und Schulen thun könnte und wollte, lieber nichts thut. Ich habe schon anderswo angemerket, was in den catholischen Zeiten geschehen ist, ich will anietzo etwas hinzu thuen, von dem was nach der Reformation, im vorigen und diesem seculo unserer Nicolai Kirche von Kirchenfreunden vermachet worden. Außerdem was der Churfürst Sigismund gethan, der dieser Kirche eine Tonne Weine zum Gebrauch des heiligen Abendmahls verschrieben und außerdem was der hochselige König Friedrich Wilhelm gethan, der sie mit den kostbaren Tauff und Altargeräthen auch mit den 2000 Thalern die von den Baugeldern der Kirche übrig waren, beschenkete, will ich auch die Gaben einiger hier angesehener Bürger nahmhafft machen, zum Beweiß daß der Nahme und Ruhm solcher Wohlthäter in unseren Kirchenbüchern angemerket worden, und bey der Nachwelt unvergeßen erhalten werden soll; wenn es auch nur Kleinigkeiten gewesen, die sie zum Nutzen der Kirche hergegeben. So schenkte zum Exempel der Bürgermeister Güldenhaupt der Kirche einen silbernen Becher zum Gebrauch des heiligen Abendmahls. Hans Güldenhaupt vermachte derselben 18 Thaler. Jacob Gerckow 6 Thaler. Catharine Rühlen des Bürgermeisters Saats Ehefrau 10 Fl. Catharine Gierin 10 Thaler. Judith Senffs 4 Thaler. Catharine Zietemannt 6 Thaler. Otto Hofschneider 25 Thaler. Jacob Baltz ein Taglöhner 2 Fl. Christian Bornickel gab seit 1642 jährlich so lange er lebte 12 Groschen. Der Amtschreiber Reyher vermachte der Kirche 40 Thaler, den beyden Predigern jeden 25 Thaler und den beyden Schul-Collegen jeden 10 Thaler. David Frantzens eines Weinmeisters Wittwe schenkte 10 Thlr. Hans Krahmer ein Mühlenmeister gab seit 1639 so lange er lebte jährlich ein Wachslicht von 2 Pfund. Der Bürgermeister Matthias Sacke und seine Frau jeder 10 Thaler. Diese gegen Kirche und Schule wohlgesinnte Personen, habe hier aus dem vorigen seculo mit Fleiß nahmhaft machen wollen, damit man sehen möge, daß das Andenken ihrer Wohlthaten nicht verloschen sey, ob vielleicht andere zu unseren Zeiten ihrem Exempel nachkommen wollen und der Ermahnung Christi gedenken: gehe hin und thue desgleichen. Es sind gewiß mehrere, die in vorigen Zeiten gegen Schule und Kirche sich mildthätig erwiesen haben. Weil mir aber nichts schriftliches von ihnen vorgekommen, so übergehe ich sie.
3) Daß ich das Einkommen der Kirche so genau nicht bestimmen. Aus dem Kirchen Buche ist mir davon folgendes bekannt geworden. Sie bekommt: das Geld von den Grabstätten in der Kirche. Das Quartal Opfer. Das Geld welches an Fest-, Sonn- und Bußtagen in den Vormittags-Predigten durch den Klingebeutel eingesammelt wird. Was für das Leichentuch gegeben wird. Imgleichen für die Braupfanne jährlich 6 Scheffel Roggen aus dem Königl. Amt, jährlich 2 Scheffel von Enderleins Gute. Was von Manns- und Frauenstühlen gelöset wird. Alle Lehrjungens in den Gilden und Gewerken geben etliche Pfund Wachs. An Wasserzinsen von der Heiligen See, imgleichen von der Nicolai See werden an die Kirche gegeben 4 Thlr. 5 Gr. 4 Pf. Martin Güldenhaupt giebt jährlich von seinem Theil Garn 1 Thlr. 2 Gr. welches Martin und Barthold Geriete wegen ihrer seligen Mutter Getraut Fritzen der Kirche legirt und abgetreten haben. Vermuthlich hat die Kirche noch mehr Einkünffte gehabt und hat sie auch noch. Ich rechne dahin, was sie zu fordern hat von ausstehenden Geldern z. E. (Franke hat davon folgendes Verzeichniß gehabt). An Hans Heinrich v. d. Gröben zu Bornstädt sind 1634 ausgethan 25 Thaler, welche 1635 daselbst noch stunden. Die Vosteher des Hospitals haben zu dessen Auferbauung 1636 ausgenommen 25 Thaler. 12 Thaler sind der Gemeine zu Potsdam zur Contri-bution vorgeschoßen, wofür die Kirche 1636 eine Wiese hinter der Pfarre eingeräumet worden, wovon sie jährlich 18 Gr. Zinsen erhebt, oder wenn sie das Capital nöthig hat, die Wiese verkauffen soll. 12 Thaler hat die Kirche ausgeleget zur Rectificirung der Pfarrgebäude 1635, welche der Rath der Kirche zu restituiren schuldig ist. 20 Thaler sind 1623 den Neuendorffern vorgeschossen, zur Erbauung der Pfarrscheune, worüber ein Churfürstl. Rescript wieder sie herausgebracht und wäre es billig daß sie das Geld von daher verzinseten. 50 Thaler ist der Rath der Kirche zu restituiren schuldig, welche von der Kirche 1620 zur Pfarrscheune sind ausgeleget worden. 40 Thaler stehen auf dem Rathhause, so die Hauptische der Kirche Testamento vermachet. Rath wendet vor, er habe zur Rectification der Orgel 20 Thaler vorgeschoßen, welche er aber nicht rerectificiren kann. Nenn es auch wahr wäre, müßte er doch 20 Thaler verzinsen. 20 Thaler ist der Hauptmann schuldig für Wein und das Begräbniß seines Sohnes Christian der 1633 in der Kirche beygesetzet worden. 10 Thaler sind dem Schulmeister Burghard Seehausen auf Zins geliehen worden. 20 Thlr. hat Martin Grabow Pfarrer in Werder 1637 den 9. Jan. geliehen bekommen.
Kirchen-Kasten. Die nicht ausstehende Gelder werden in den Kirchen- oder Gottes- Kasten verwahret, welcher in der Sacristey stehet, und mit 3 Schlößern versehen ist, der Amtsschreiber soll nach der Verordnung vom 7. October 1688 kein Schloß daran legen, sondern solches dem Rath überlaßen, behält indeß das Recht, vermöge Visitations Abschied vom Jahre 1590 bey den Kirchen und Kirchenkassen Rechnungen mit zugegen zu seyn.
2.3. Von den zum öffentlichen Gottesdienst gewidmeten Zeiten
Der Sonntag ist derjenige Tag, welcher unter den Christen, statt des Sonnabends, auf welchen die Juden halten, überall gefeyert wird. Auch in Potsdam ist der Sonntag ein zum öffentlichen Gottesdienst von uralten Zeiten her festgesetzter Tag. Wir feyern aber außer den Sonntag auch gewiße Feste zum Andenken der Geburth, Todt, Auferstehung und Himmelfahrt Christi, das Pfingstfest zum Andenken der Ausgießung des Heiligen Geistes, das neue Jahr, gewiße Bußtage, seit 17 .. ein Erndtefest zur Erinnerung an die Vorsorge Gottes, der uns vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten geschenkt und unsere Hertzen mit Speise und Freude erfüllet hat. In den Catholischen Zeiten hat man hier auch die Marien Feste, die Feste der Apostel und der Heiligen, auch Virilen mit gehalten, von welchen verschiedene auch noch nach der Reformation beybehalten, ietzo aber bey den Protestanten hieselbst gantz, bey der hier neu eingeführten Catholischen Gemeine aber wenigstens großen Theils ebenfalls abgeschaffet worden sind. Es ist also von den sonst hier gefeyerten Festtagen wenig übrig geblieben, auch selbsten von den sogenannten hohen Festen, Weihnachten, Ostern und Pfingsten, ist seit einigen Jahren der dritte Tag eingezogen worden, auch die sonst gewöhnlichen 4 Bußtage sind auf einen reduciret worden, der allemahl Mittwochs nach Jubilate fällt, dagegen aber das Erndtefest angeordnet worden, welches den Sonntag vor oder nach Michaelis zu fallen pfleget, das Michaelis Fest aber auch nicht mehr besonders gefeyert wird. Nebst den Sonn- und Feyertagen sind hieselbst auch einige Tage in der Woche, an welchen ein öffentlicher Gottesdienst gehalten wird, nemlich Dienstags in der heil. Geist-, Mittwochs in der Nicolai- und Donnerstags in der Garnison-Kirche. Hierzu kommen noch die Vorbereitungs Stunden, zur Beichte und heiligen Abendmahl, welche Sonnabends Nachmittags von 1—2 Uhr in der heil. Geist-, Nicolai- und Garnison-Kirche gehalten werden. An Gelegenheit Gotteswort zu hören und zu lernen fehlet es also hier in Potsdam nicht. Hierzu kommen noch die außerordentlichen Feste, die Dank-, Sieges- und Friedens-Feste, welche insonderheit zu unseren Zeiten, da sich Gott durch die Waffen des Königes so sehr verherrlichte, mehren-theils Sonntages gehalten worden sind. Das erste Dankfest wegen eingeführter Verbeßerung der Märkischen Kirchen wurde von dem Churfürsten Joachim zu Berlin im Jahre 1563 den 5. October am Tage Mauritii und hernach alle Jahr, am prächtigsten aber im Jahre 1569 begangen, da er die ge-sambte Hand und erblichen Succession von dem Herzogthum Preussen erhalten hatte. Es scheinet daß dieses Fest auch mit zu celebriren unsere hiesige Prediger damals mit in Berlin haben gegenwärtig seyn müssen. Denn so schreibet Herr Heinrich Schmidt in seiner Einleitung zur Brandend. Kirchen und Reformations Historie p. 228. »Es mußten damals alle Prediger von denjenigen Dörfern, die um Berlin und Cölln herum lagen, in öffentlicher Procession gehen und ein jeder in seinem Priesterlichen Ornate einen Kelch und Patene in Händen haben.«
Im Jahre 1617 gönnete der Churfürst Johann Sigismund den Unter-thanen aller seiner Staaten das gegründete Vergnügen wegen der vor 100 Jahren angefangenen Kirchenverbeßerung Lutheri die erste Jubelfeier festlich zu begehen, welches ihnen im Jahre 1717 von dem hochseligen König Frieddrich Wilhelm gern erlaubet wurde. Johann Sigismund freuete sich unter andern auch darüber, daß die Jahreszahl dieser Jubelfeier in seinem Nahmen Iohann SIegMVnD ChVrfVrft enthalten war und beide nahmen um so viel mehr Antheil an den Jubel der Lutheraner, weil das weltliche Jubeljahr wegen der 1417 geschehenen Investitur Friedrichs I. mit der ILHur- und Mark Brandenburg zugleich mit einfiel. A. 1630 hätten wir hier auch ein Jubiläum wegen der 1530 übergebenden Augsburgischen Confession feyern sollen, aber die damaligen Kriegs Umstände wollten es nicht zulassen. Es ist aber hundert Jahre darnach A. 1730 desto solenner und zwar auf Befehl S. K. M. sowohl von den Reformirten als Lutheranern begangen worden. A. 1739 halten wir hier das dritte Lutherische Jubelfest wegen Einführung der Lehre Lutheri in der Mark Brandenburg, woran vorgebuchter Ursachen wegen vor 100 Jahren auch nicht gedacht worden war. Ob das Jubiläum wegen der 1613 von dem Hofe und in die Mark Brandenburg eingeführte reformirte Religion auch hier gefeyert worden, kann ich mit Gewißheit nicht sagen. Wohl aber, daß der Churfürst Joachim I. wegen der A. 1415 erhaltenen Chur- und Mark Brandenburg 1515 Johann Sigismund aber erst 200 Jahre darnach, da Friedrich I. mit diesem Churfürstenthum würklich inveftirt worden A. 1617, und eben so auch der König Friedrich Wilhelm zugleich mit dem Kirchen Jubilaes A. 1717 zu feyern gut befunden hat. Der Gottesdienst rc. pflegt an den verordneten Sonn-, Fest- und Bußtagen so wohl Vor- als Nachmittags gehalten und der Anfang desselben bey der Nicolai und heil. Geist Gemeine nach dreymaliger Läutung mit den Glocken, bey der Garnison-französisch Reformirten, ingleichen Catholischen Gemeine, nach dem Trommelschlag gemacht zu werden. Die Gemeine des Waysenhauses versammelt sich, da sie jetzt keine eigene Kirche hat Vormittags um 8 Uhr und Nachmittags um 3 Uhr in der Garnison-Kirche. Weil viele die Zeit, da sie die Wohnung des Höchsten besuchen sollten, lieber in der Stadt und den benachbarten Dörffern, in den Bier und Brant-wein-Häusern mit Sauffen, Spielen, Tanzen und anderen ungeziemenden Wesen zubringen, so habe ihnen zur Warnung nur noch überhaupt mit anzeigen wollen, daß in dem Kirchenbuch verschiedene Exempel aufgezeichnet stehen, die an solchen heiligen Tagen, ihres unheyligen Lebenswegen von Gott sonderlich bestraftet und unglücklich gemachet worden sind.
2.4. Von den Gottesdienstlichen Handlungen
Die öffentliche Gottesdienstliche Verrichtungen waren vor der Reformation, so wie in allen Catholischen Landen völlig nach dem Sinn des Pabstes eingerichtet und mit vielen abgöttischen und abergläubischen Ceremonien vergesellschaftet. Predigen und Predigen hören war damals das Wenigste so in den Kirchen vorgieng, konnte auch überhaupt wenig nutzen, weil alles in lateinischer Sprache geschehen mußte, Beichten, Beichtesitzen und die Leute bis auf das Hemde ausfragen, Meßen halten und Meßen beywohnen, ave Maria und Pater noster beten, Antiphonas rc. singen, Proces-siones sowohl in als außerhalb der Kirche anstellen, das venerabile ausstellen und anbeten, räuchern, Lichter brennen, Bilder und Reliquien anbeten rc. war das, was in öffentlichen Gotteshäusern vornemlich betrieben wurde und zu der Menschen Heyl und Seligkeit erfordert wurde. Ich will zur Probe nur einen Ablaß-Brieff mittheilen, welcher denjenigen zu gute kommen sollte, welche hier dieAntiphonam salve regina aus dem Englischen Gruß 10 mahl zur Ehre der Mutter Gottes in der hiesigen Catharinen-Kirche mitsingen würden, aus welchem genugsam erhellen wird, wie wenig ein selbst erwählter Gottesdienst mit dem Worte Gottes übereinstimme.
Ablaß-Brieff
Arnoldus Dei et Apostolicae sedis gracia Episcopus Brandeburgensis universis et singulis Christi fidelibus utriusque sexus hominibus per nostram civitatem et diocesim Brandeburgensem ubilibet constitutis salutem in Domino sempiternam! Sancta et venerabilis omnium virtutum mater, Virgo sine ruga mater, Dei genetrix gloriosa, omni laude dignissima pulchritudinis admirandae, cujus precibus juvatur Christianus tanto amplius ab omnibus humiliter est imploranda piisqua extollenda preconiis, quanto sperant se suis suffragiis benignius relevari. Sane cum nuper discretus vir senior Hans Heyns, civis oppidi Potsdamp, prout fidedigna relatione accepimus zelo devotionis accensus ob reverentia met honorem ejusdem beatissimae Virginis Mariae et animae suae salutem laudabilem antiphonam Salve regina nex in ecclesia parochiali dicti oppidi Potsdamp nostrae diocesis singulis diebus solemniter decantari disposuerit et certum ortulum foris saepe dictum opidum situm, quem modo civis ejus nomine possidet et colit quidam Lewes Ghyre dictus, pleno jure dedit et appropriavit, sic tamen ut possessor dicti ortuli plebano in una sexagena Marchiae et Rectori scholarum in media sexagena ejusdem — annuatim in perpetuum respondebit pro mercede et stipendio decantatoris antiphonae ante dictae. Nos vero laudes et preconia ejusdem virginis Marie genitricis Dei pro viribus nostris extollere ecclesiamque parochialem dicti opidi donis specialibus decorare. Ac fidelium omnium animabus et saluti earundem succurrere cupientes, studiosis etiam ac devotis dicti senioris Hans Heyns coram nobis propositis instantiis et supplicationibus favorosius inclinati, volentes etiam Christi fideles ad devotionis opera et cionum salutarium studia quaedam possumus incitare; omnibus et singules Christi fidelibus vere confessis poenitentibus et contritis, qui ante memoratam antiphonam salve regina nex (?) in ecclesia parochiali dicti opidi Potsdamp devote cantaverit sive qui ibidem presentes fuerint et decies salutationem angelicam in honorem intemerate virginis Marie oraverint, de omnipotentis misericordia Dei et beatorum Petri et Pauli apostolorum ejus autoritate confisi quadraginta dies indulgentiarum de injunctis sibi poenitentiis misericorditer in domino relavamus perpetue durataris. Datum in castro nostro Segeser anno Domini millesimo quadringentesimo septuagesimo sexto. Feria secunda post exaltationis sancte crucis nostro sub sigillo presentibus sub appenso.
Eben so wurde 1499 durch Upbringunge des andächtigen Herrn Jacob Heynß, Altaristen des hilligen Leichnams Altars, ok mit sondernlichen Unholden Martin Schraders eine solche Procession in der Kirche angefangen, wobey der Bischoff Joachim einen 40tägigen Ablaß allen denen versprach, die der Procession beywohnen oder zu den Lichtern und anderen dabey nöthigen Sachen etwas beytragen oder andere beyzutragen überreden wür-den. Mit der Lehre Lutheri ist ein vernünftiger Gottesdienst eingeführet worden. Es sind zwar anfangs verschiedene indifferente bis dahin übliche Ceremonien beybehalten worden, man hat aber darüber so strenge niemals gehalten, daß man nicht geglaubt hätte, man könne dieselbe entweder als zum eigentlichen Gottesdienst nicht gehörig gantz oder zum Theil abschaffen. Von diejenigen Lehren, die weiter nichts als Menschensatzungen und dem Worte Gottes zuwider waren, hat man bey den Protestanten weiter nichts wißen und eben so wenig mit dem bloß äußerlichen Beten und Singen zufrieden seyn wollen, sondern den äußerlichen Gottesdienst bloß zur Ermunterung des Hertzens Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten brauchen wollen. Und darauf ist es auch mit allen Predigten, mit dem Gebrauch der Sacramente, mit dem Beten und Singen in den Gottesdienstlichen Versammlungen der Protestanten und auch hier bis ietzo angesehen gewesen ist. Man predigt den Leuten das reine und lautere Wort Gottes und zwar in einer Sprache, die sie verstehen, und weil ihnen die Biebel wieder in Händen gegeben worden, die ihnen in Catholischen Zeiten in die Hände zu nehmen nicht erlaubt wurde: so kann nun ein jeder, was geprediget wird, prüfen und das Gute behalten. Am Predigen und erbaulichen Predigten fehlet es in Potsdam nicht, wenn man nur nicht klagen müßte, daß vie-le noch wie Jeremiä Zuhörer gesinnet wären, die da sagten: nach dem Wort, das du uns im Nahmen des Herrn sagest, wollen wir nicht thuen. Es sind oft auch schlechte Ursachen, wodurch die Leute sich von der Anhörung des Wortes Gottes zurück halten laßen. Es ist gleichwohl ein vornehm Stück des äußerlichen Gottesdienstes, daß die Leute fleißig zur Kirche kommen, und demjenigen, was ihnen geprediget wird, mit Andacht zuhören. Ob aber A. 1600 die verordnete Visitatores dadurch, daß sie die Leute zu Stolpe, die hierin ihre Pflicht verabsäumten, für jedesmaliges Außenbleiben aus der Kirche zu einer im Amte zu erlegenden Strafe von 3 Groschen ver-urtheilet, wovon die Hälffte zum vertrinken, die andere Hälffte aber zum Nutzen der Kirche angewendet werden sollte, will ich gern anderen zur Beurtheilung üherlassen. Die Tauffe wird hier bey uns in der protestantischen Kirche durchgehend durch eine dreymalige starcke Besprengung mit Waßer aus einem dazu von Sr. Königl. Majestät geschenktem Taufbecken aus Silber verrichtet und dabey die Worte gebrauchet: »Ich tauffe dich im Nahmen Gottes des Vater, Gottes des Sohnes und Gottes des heiligen Geistes.« Ob dabey das Kind mit dem Gesichte zur Erde oder zum Himmel gerichtet, ist eine ganz indifferente Sache, doch beobachtet man in Potsdam das letztere. In einer benachbarten Inspection war die Gewohnheit anders und ein gewißer Bauer, der sein Kind mit dem Gesichte gen Himmel sehend von dem neuangehenden Prediger getauffet sahe, auf den Prediger schrecklich böse, hinterher aber froh, daß das Kind bald nach erlangter Tauffe starb, weil seinem Befürchten nach doch nur ein Lattenkrüper daraus würde geworden seyn. Man siehet daraus, daß man sich in Ansehung äusserlichen Betragens bey den Gottesdienstlichen Handlungen nach jedes Ortes Gewohnheit billig richten muß. Der Exorcismus wird bey uns, weil er bey den hiesigen Protestanten nicht eingeführet ist, billig weggelaßen und kein Vater will deswegen, wie jener Schlächter in Sachsen, dem Prediger den Kopf zerhauen. Als etwas besonderes ist im Jahre 1609 in unserem Kirchenbuche angemerket worden, daß der Prediger einen Bastard auf den Knieen getauffet. In der Garnison-Kirche wollte der König Friedrich Wil-helm keine Huren-Kinder getauffet wissen und die Wehmutter wurde mit demselben zur Nicolai-Kirche gewiesen. Die Kinder Catholischer Eltern werden hier nicht von ihren Pfaffen, sondern von den Protestantischen Pre-digern getauft, halten sich aber, wenn sie erwachsen sind, zu derjenigen Religion, die ihnen die beste zu seyn düncket. In Ansehung der Tauffzeugen ist schon 1675 eine Churfürstliche Verordnung ergangen, daß nicht mehr als 5 Gevatter genommen werden, für jeden übrigen aber 6 Groschen an die Kirche bezahlet werden sollte. Diese Straffe ward 1685 auf einen Thaler erhöhet und zur Kirchenbibliothek bestimmet. Zu des hochseligen Königs Zeiten erhielten die Herren Prediger die Erlaubniß, dieses Geld, welches auf 16 Groschen herunter gesetzet worden, zur Stadt-Wittwen-Casse sich zahlen zu lassen, wobey es bis ietzo belassen worden. In dem heil. Abendmahl wird bey den Catholiken bekanntermaßen allein Brod, von den Lutheranern und Reformirten sowohl Brod als Wein, und zwar jedes besonders, bey der vormahls hier sich aufgehaltenen Russischen Gemeine das in Wein eingebrockte Brod genoßen. Auch bedienen sich die Reformirten des gesäuerten, die übrigen Religions-Verwandten aber des ungesäuerten Brodtes, welches zum bequemen Gebrauch und weil sie das Brod brechen nicht de essentia sacramenti zu seyn erachten, zu dünnen runden kleinen Scheiben oder Oblaten gebacken und davon einem jeden Communicanten eins gereichet wird. Der Wein wird wie bekannt bey den Catholiken gar nicht, bey den übrigen Religions-Verwandten so wohl als Brodt ausgetheilet, nur daß sich die Protestanten von den Russen dadurch unterscheiden, daß jene den Wein besonders, die Russen aber mit dem eingebrockten Brodte zugleich empfangen. In Ansehung des Weins, ob er weiß oder roth, inländisch oder ausländisch, ist man hier gleichgültig. Zur Garnison-Kirche gab vormals der König Friedrich Wilhelm den Wein aus seinem Keller, welches mehren-theils guter alter Rheinwein war, ietzo ist man da sowohl, als in allen übrigen Kirchen mit dem Landwein zufrieden; dennoch nimmt man wegen der Ähnlichkeit mit dem Blute lieber rothen als blanken Wein. Der Churfürst Johann Sigismund hat sich 1610 in einem an die Kirchen-Vorsteher ab-gelaßenen eigenhändigen Schreiben gnädigst erkläret, daß ihnen jährlich aus den hiesigen Churfürstlichen Weinbergen ein Viertheil Wein zum Behufs des heil. Abendmahls für die Stadtkirche unentgeltlich verabfolget werden solle, wofür ihnen aber ietzo, weil die Churfürstlichen Weinberge im harten Winter eingegangen, das Geld bezahlet wird. Der Prediger soll Kraft des Edicts d. d. Berlin, den 26. September 1737 bey Leib- und Le-bensstraffe den zur Austheilung des Abendmahls nöthigen Wein selbst anschaffen, auch insonderheit selbst in den Kelch gießen vid. des Kantzlers v. Ludewig Hallische Anzeigen 11. 497. Die Cattechumenen, die vorher von den Predigern im Christlichen Glauben besonders unterrichtet worden, werden, wenn sie zum Abendmahl zugelaßen werden sollen, vorher in der Kirche öffentlich examiniret. Sie versichern mit Hand und Mund, daß sie bey der erkannten Wahrheit leben und sterben wollen, werden sodann eingesegnet und communiciren an einem folgenden Sonntage, nachdem sie sich vorher bey dem Prediger dazu gemeldet haben. Ob die Communicanten vorher beichten oder nicht beichten wollen, ist ihrem Gutbefinden überlasten, doch sind sie Sonnabends bey der Vorbereitung mit zugegen. Es ist nicht ungewöhnlich, daß die Vornehmeren vor den Geringeren etwas besonderes voraus haben wollen. Das geschahe 1623 auch, da der Magistrat nicht gern mit anderen gemeinen Leuten zugleich conimuniciren wollte. Der Caplan fand sich bereit, ihm hierin sich gefällig zu erweisen und theilte ihnen schon Morgens um 4 Uhr das Sacrament aus, der Pastor aber wußte bald Mittel, die Sache wieder auf einen anderen Fuß zu bringen, wie hernach, wenn ich von den Predigern zu reden Gelegenheit haben werde, weiter gemeldet werden wird. Man hat übrigens nie unterlassen, die Leute zum fleißigen Gebrauch des heil. Abendmahls ernstlich zu ermuntern und zu ermähnen. Einen gewißen Peter Sperling, der in 23 Jahren nicht zum Abendmahl gewesen war, zwang man 1637 dadurch, daß man sein Kind nicht eher tauffen wollte. Von einem anderen Verächter des Abendmahls ward 1617 angemerket, daß er in 4 Jahre nicht hingegangen, zuletzt aber krank geworden und nun das Abendmahl verlangt habe; der Prediger sei auch bereit gewesen, es ihm zu geben, da er aber den ersten Tag gekommen, sey kein Wein da gewesen, und da er des anderen Tages wieder hingehen wollen, sey ihm schon der Bothe entgegen gekommen, der ihn berichtet, daß dieser Verächter schon todt sey. Ein anderer, der in 20 Jahren nicht zum Abendmahl gewesen, sey 1617 auf dem Boden todt gefunden worden. Beten ist das Erste, so ein ieder, der in die Kirche kömmt, für sich in der Stille zu thuen pfleget. Der Prediger fängt seine Predigt ebenfalls und zwar mit einem lauten Gebete an. Mit Beten und Danck verläßt der Prediger und Zuhörer die Cantzel und die Kirche.—Das Singen ist auch ein Stück des öffentlichen Gottesdienstes. Hier wird sowohl vor, als unter, als nach der Predigt gesungen. Fast eine jede Kirche in Potsdam hat ihr eigenes Gesangbuch. Damit beim Singen die Gemeine in Ordnung erhalten werde, wird mehrentheils die Orgel mitgespielet; wie denn auch 1665 für 5 Rthlr. neue Stimmen gekauffet worden sind; eine Anzeige, daß man doch auch auf Kirchenmusik gehalten hat. Im Jahre 1634, schreibt Franke, wollte eine große Unordnung im Singen bey dem Gottesdienst einreißen, sodaß die Collegen der Schulen nicht nur zur Unzeit lateinische, sondern auch ungebührliche Motetten in der Kirche sungen, des sich der Herr Hauptmann W. D. v. Hacke und andere christliche Zuhörer ärgerten, weßwegen eine Ordnung aufgesetzet wurde, wie es darin künftig gehalten werden sollte. Man berief sich darin auf einen Churfürstlichen Abschied von 1617 und 1623 und der Herr Hauptmann unterschrieb sie. Es ward den Schul-Collegen darin befohlen, daß sie Sonnabends in der Vesper lateinische Choral und Figural singen üben, und die Psalmes, responsoria, Antiphonas, hymnos, wie sie sich in den Kirchenbüchern befänden und sonsten bräuchlich gewesen, aber eine Zeitlang unterlassen worden, singen sollten, Sonntags aber in der Amtspredigt im Anfang allemahl den introitum de tempore rc., in der Vesper aber, ehe die Gemeine zusammen käme, ein Responsorium und Antiphonam. Es wurde dies den Collegen den 27. Mai zugeschickt, ich weiß aber nicht, wie lange man sich nach dieser Ordre gerichtet hat. Zu des Großen Churfürstens Zeiten wurde bey hiesiger Schule ein Chorus sym-phoniam errichtet und ist kein Zweiffel, daß auch die Kirchen-Musik dadurch ein Ansehen bekommen haben wird, er ist aber nach der Zeit wieder eingegangen, bis 17 . . ein neuer zusammengebracht worden, der von der Bürgerschaft bisher gut unterstützt worden ist. Der Cantor Kolbe führet mit demselben in der Nicolai-Kirche zum öffteren sehr schöne Musiken auf. In den anderen Kirchen geschiehet dies nur selten und wenn die Königlichen Herren Musici sich vereinigen, in der Catholischen Kirche eine Musik zu machen, so ist dieses was außerordentliches.
2.5. Von den Kirchenbedienten
Wir finden hier in den alten Catholischen Kirchen außer dem Plebano oder Pfarrer und deßen Caplan auch noch Altaristen, von welchen uns im Jahre 1499 Jacob Heynß als Altarist des hilligen Lichnams-Altars genennet wird. Plebanos oder Pfarrer haben wir hier gewiß von der Zeit an gehabt, als hier eine Catholische Kirche gestanden hat, ich kann aber nicht sagen, wann hier die erste Catholische Kirche erbauet worden. Von den Plebanus, die bey der alten Catharinen-Kirche bedient gewesen, finde ich nur genauer nahmhaft gemacht Ern Johann Otterstedt, der in dem Jahre 1465 die Bitte des Magistrats mit unterschrieb, da er bey dem Bischof von Brandenburg um Mehrung des Dienstes durch Ansetzung eines Caplans Ansuchung that und Ern Matteum Brasche, der im Jahre 1499 eine Procession in der Kirche anordnete, welche mit Anhalten des Magistrats von dem Bischof Joachim auch confirmiret ward. Von catholischen Capellanen finde ich nahmentlich keinen aufgeführet, weiß aber nunmehro, daß wir den ersten 1465 bekommen haben. Daß diese Herren Geistliche im Coelibatu gelebet, werde ich denenjenigen nicht sagen dürffen, die da wißen, was unter den Catholiken Mode ist. Daß sie unter dem Bischof von Brandenburg gestanden und ad sedem Spandow gerechnet worden, lehret die Mations, welche Herr Gercken von dem Brandenburgischen Bischofthum bekannt gemacht hat. — Ehe zur Zeit des Großen Churfürsten ein reformirter, erst Pastor und hernach Hoffprediger, und zur Zeit des hochseligen Königes mehrere, sowohl reformirte als Lutherische Prediger und außer denselben auch 2 Catholische Patres und ein Russischer Pope hierher geruffen wurden, hatte unsere alte Catharinen-Kirche, als die hier nach der Reformation Lutheri nur allein bestehende Kirche, mithin unsere gantze Stadt nicht mehr als zwey, und zwar nur lutherische Prediger, da hernach unsere Stadt mehrere von allen in Europa privilegirten Religionen erhalten hat. Neben und unter den Predigern stehen als Unterbediente bey jeglicher Kirche die Cantores und Organisten, welchen das Directorium über den Gesang und Kirchen-Music anvertrauet ist. Die Küster, welche die Kirchen und Sacristeyen öffnen und schließen, und dafür sorgen, daß das Kirchengeräthe allemahl zur rechten Zeit und an dem rechten Ort gebrauchet und verwahret wird; die Kirchen-Vorsteher, welche mit Zuziehung des Magistrats und der Pastoris über die Einnahmen und Ausgaben der Kirche Rechnung führen und sorgen, daß die Kirchen selbst in gutem Stande erhalten werden. Da die Nicolai-Kirche auf dem Platz der alten Catharinen-Kirche erbauet worden: so können die bey beyden Kirchen gestandene Catholische und Reformirte Kirchenbediente als solche angesehen werden, die einander succedirt haben. Ich will nicht allein diese, sondern auch diejenige, welche bey den anderen Kirchen bis ietzo hier bedienet gewesen, auszeichnen und nenne also die Kirchen-Bediente bey der vormaligen Catharinen- ietzo Nicolai-Kirche.
Daß wir im Jahre 1465 hieselbst einen Catholischen Pfarrer gehabt und eben auch in dem Jahre einen Catholischen Capellan dazu bekommen haben, ist bereits gemeldet worden, auch daß uns von den Catholischen Pfarrern zwey, von den Catholischen Capellanen keiner den Namen nach bekannt geworden. In welchem Jahre wir und diese Kirche den ersten Lutherischen Prediger bekommen, kann ich mit Gewißheit nicht sagen, ob ich gleich nicht zweifele, daß sich unsere Stadt damit in Zeiten versorget haben wird. Nach einem im Jahre 1629 aufgesetzten gegründeten Bericht, daß alle Örter der Chur- und Mark Brandenburg lange vor dem Passauischen Vertrage reformiret und Evangelisch gewesen, welcher in des Herrn v. Büschings Magazin für die neue Historie und Geographie abgedruckt zu finden, ist Potsdam 1541 visitiret worden und damals einen evangelischen Prediger gehabt. Es kann wohl seyn, daß derselbe schon ein oder ein paar Jahre vorher, vielleicht selbst in dem Jahre 1539, da unser Churfürst Joachim II. sich zur lutherischen Lehre bekannt, angenommen worden. Es kann auch seyn, daß sich unsere Einwohner erst mit einem begnügen musten, ehe sie den anderen dazu bekamen, und daß sie erst den Pfarrer, bald hernach aber auch den Capellan angesetzet haben. Wer aber der erste Pfarrer und wer der erste lutherische Capellan gewesen, stehet noch zu untersuchen, weil uns die Kirchenbücher, welche uns hiervon Nachricht geben sollten, von dem 16ten seculo fast völlig fehlen. Weil von den Diaconis einige Pastores geworden, so will ich erstlich von den Diaconis, hernach von den Pastoribus, zuletzt aber von den übrigen Kirchen-Bedienten dasjenige beybringen, was mir davon bekannt geworden ist.
Von den Diaconis bey der Nicolai-Kirche
In einem Visitations-Abschiede vom Jahre 1541 Dienstags nach Jubilatewird verordnet: Weil Er Martin Lindemann zwey geistliche Lehen in Gemeß hat, soll er dieselbe behalten und dafür in der Kirche nebst dem Pfarrer aufwarten. Herr D. Becmann schließet daraus, daß er Diaconus gewesen. Gewiß ist, daß A. 1563 Johann Holtzendorff diese Stelle bekleidet hat, als welches von dem damaligen Notario der Stadt George Otto bey Gelegenheit, daß um diese Zeit der abgebrannte Kirchthurm wieder aufge-bauet worden, angemerkt worden ist. Wann dann Herr Beckmann Grund gehabt haben mag zu schreiben, daß Valentin Dahme des Michael Sprenglers Diacon gewesen, der also um das Jahr 1570 hier gestanden haben muß, so zweifle ich nicht, daß die Capelläne oder Diaconi bey dieser Kirche nach der Reformation sich in folgender Ordnung succediret haben: 1) Martin Lindemann, der erste Lutherische Capellan, der 1541 angenommen worden. 2) Joh. Holtzendorff, der im Jahre 1563 hier gestanden hat, da der alte Kirchthurm wieder aufgebauet worden. 3) Valentin Dahme, der nach Beckmanns Versicherung Michael Sprenglers Diaconus gewesen und circa 1570 hier gestanden haben muß. 4) Petrus Werder hat das Concordien-Buch A. 15 . . mit unterschrieben und ist der erste, dessen im Kirchenbuche gedacht und dessen Todt im Jahre 1593 gemeldet wird. 5) Petrus Ulricus heißt anfänglich noch immer Caplan, seit 1603 aber Diaconus. Er stand hieselbst bis 1616 und verheyrathete sich während dieser Zeit zweymahl, das erste mahl 1603 mit Regina Hyeronimi, das andere mahl mit Catharina Senftes Tochter. Sein Gehalt war nach dem, welches ihm bey Ansehung eines Caplans 1465 von Rathswegen versprochen worden war, freylich schlecht genug und seine Familie vermehrte sich von Jahr zu Jahr. Bey so bewandten Umständen konnte es nicht anders seyn, als daß er auf seine Verbesserung dachte. Es wollte sich aber nicht so nach seinem Sinne fügen. Er erlebte zwar zweymahl, daß die Pfarrstelle vacant wurde, ward aber beyde mahl übergangen. Darüber dankte er ab und nahm anfangs die Pfarre zu Sacro an, welche in vacans war. Weil er hier nicht viel zu thuen fand, gieng er dem hiesigen Pfarrer in Tauffen und Trauen zum öffteren zur Hand, und weil sein Einkommen in Sacro ebenfalls schlecht war, so übernahm er zuletzt die Pfarre in Gelto, wo er gewiß auch keine Reichthümer gesammelt haben wird, und hier starb er 1636. Ihm folgte 1616: 6) Martin Franke, der A. 1618 als Inspector nach Putlitz, von da aber A. 1622 als Pastor zurückkam. In seine Stelle kam A. 1618: 7) Laurentius Schmögel, welcher Anam Praetorianam 6 Jahr hier das Diaconat verwaltete und den 10. Februar 1624 an der Pest starb. 8) Andreas Schultze (Scultetus) heyrathete Schmögels Wittwe und starb ebenfalls an der Pest 1631. Nach ihm ward: 9) George Pfeiffer A. 1631 Diaconus und A. 1639 Pastor. 10) George Wehling verwaltete hierauf das Diaconat bis 1675 da er starb. Er muß schon vorher an einem anderen Orte gestanden haben, denn Herr Recktor Küster berichtet mir, daß er A. 1640 schon seine 4te Frau genommen, in unserm Kirchenbuche wird aber nicht von mehr als 2 Verheyrathungen gedacht, davon die erste 1641 mit Sybilla, Gallo Lutheri, Probstes zu Mittenwalde nachgelaßenen Tochter, die andere 1649 mit Dorothea, Johann Rößler, Diacoin zu Berlin an der Nicolai-Kirche, ehelichen Tochter vollzogen worden. Im Jahre 1663 hat er hieselbst seine Mutter begraben laßen.—Ein edler Rath schickte hierauf unterm 24. July 1675 die Vocation zum Diaconat einem Jüterbocker, der aber damals bey Herrn Joachim v. Thümen zu Blankensee in Condition stand, nahmens Peter Jahnen, der sie auch annahm. Weil er aber ein Sachse war und zu Wittenberg studiret hatte, auch den geforderten Revers nicht von sich stellen wollte, wurde ihm im Consistorio, sonderlich von Bartho-lomai Stosch viele Schwierigkeiten gemacht und er in die 6 Wochen und darüber mit der Ordination aufgehalten, bis er endlich der gantzen Sache überdrüßig wurde, seine Vocation bey dem Consistorium liegen und die ihm angebotene Stelle fahren ließ. Es folgte also ein anderer, nemlich: 11) N. Joachim Berchelmann, der A. 1688 Dastor wurde. Es wurden hierauf viele zu dieser Stelle in Vorschlag gebracht. Insbesondere bekam auch der selige David Solbrig, damaliger Diaconus zu Mittenwalde, nachmaliger Inspector zu Seehausen in der alten Mark einen Ruf nach Potsdam und den dazu gehörigen Filialen, er hatte auch schon die Churfürstliche Confirmation darüber erhalten und die Probe-Predigt abgelegt, sollte auch nunmehro auf Churfürstlichen deshalb an den Ober-Pfarrer hieselbst ergangenen Befehl am Sonntag Misericordias eingeführet werden. Es waren sogar schon die Wagen zur Abholung seiner Person und seines Geräthes abgegangen und seine Stelle in Mittenwalde wieder zu besetzen der hiesige Rector U. Andreas Neumann als Diaconus dahin vociret worden. Dem ohngeachtet gieng doch wieder alles zurück, und Herr Solbrig entschloß sich auf Bitte seiner Gemeine und mit Consens des neuen Churfürsten in Mittenwalde zu bleiben. (S. G. G. Paalzows rühmliches Andenken Herrn D. V. Solbrings.) Es folgte also 12) Herr Jotzann Buntebart, der A. 1702 Pastor wurde, und darauf 13) Herr Jacob Töpfer aus Spandau, der A. 1707 als Inspector nach Ratenau kam, wo er bis 1730 gelebt und den 16. April gestorben, welches beydes ich aus des dasigen Rectors N. Ernst Petri auf seinen Anzug und Todt gedruckten Andenken sehe. 14) Herr N. Johann Friedrich Werder, der ein Potsdamsches Stadtkind und 1678 den 6. August geboren war. Sein Vater Herr Carl Friedrich Werder war Churfürstlicher Lustgärtner hieselbst und seine Mutter hieß Marie Polixene Heusingers. Die hiesige Schule war damals in gutem Stande, daher ihn seine Eltern bis ins 15te Jahr darin unterrichten ließen, nachgehends aber in die Information des gelehrten Rector Bödickers zu Cölln an der Spree gaben, welche ihn mit Beyhülfe seines Collegen in kurtzer Zeit so weit brachte, daß er auf Zurathen des Probstes Lütkens und seiner bisherigen Lehrer, auch mit Consens seiner Eltern A. 1697 auf die Universität nach Halle ziehen konnte. Nachdem er alda unter Anführung des seligen Breithaupt, des sel. D. Antons und des sel. Prof. Frankens seine Zeit wohl angewendet, legte er 1700 die erste Probe seiner Geschicklichkeit daselbst ab und disputirte unter dem sel. Breithaupt de Bachanalibus veterum. Er nahm hierauf eine Reise nach Hause vor, gieng aber bald nach Halle wieder zurück in der Meynung, den Gradum eines Magistri anzunehmen, welches auch geschahe und ich sehe, daß er daselbst auch eine Disputation de consuetudine als Praeses gehalten hat. Er besaß insonderheit im Hebräischen eine große Fertigkeit. Allein seine Lectiones brachten ihm nicht so viel ein, daß er sich davon zu erhalten vermochte. Er begab sich daher A. 1704 wieder in sein Vaterland zurück. Als er sich hieselbst bey seinen Eltern einige Wochen aufgehalten, bekam er Vocation zum Diaconat und Rectorat nach dem ohnweit von hier gelegenen Städtchen Werder, welches ihm aber anzunehmen von vornehmen Männern widerrathen wurde, dagegen er bald zum Rector bey der hiesigen Stadtschule beruffen und den 6. August eingewiesen wurde. Diesem Amte hat er mehrentheils 3 Jahre vorgestanden, A. 1707 aber verwechselte er die Schule mit dem Diaconat, wozu er von dem Magistrat ordentlich beruffen und von seinem nachmaligen Collegen Herrn Buntebart am Sonntag Rogate den 29. März introduciret wurde. In diesem Amte, welches er bis 1721 verwaltete, hat er sich zweymahl verheyrathet, das erste mahl A. 1708 mit Ewa Eleonora des sel. Herrn Samuel Jacobi Rectoris in Spandau eintzige Jfr. Tochter, das andere mahl mit Christiane Susanna, des sel. Dr. Birnbaums, Inspectoris zu Neu-Nuppin ältesten Jfr. Tochter, einer Enkelin des sel. Dr. Speners, und sind aus beyden Ehen Kinder erzeuget worden. A. 1721 ertheilte ihn der hochsel. König aus eigener Bewegung die Vocation zur Inspection und Pastorat in Zedenik, wo er 1727 den 8. Februar gestorben und von dem Diacono J. C. Dieso über Ps. LXVIII. die Leichenpredigt bekommen hat, welche zu Ruppin bey Wendelin Müller gedruckt ist. Er hat selbst die vornehmsten Umstände in seinem Leben in unserem Kirchenbuche mitangemerket. 15) Herr Friederich Schartow, aus Linum bürtig, erhielt das Diaconat A. 1722, blieb aber in diesem Amte nur wenige Jahre und kam als Inspector Adjunctus nach Rosenburg im Herzogthum Mag-deburg, wo er als wirklicher Inspector vor vielen Jahren gestorben ist. 16) Herr Heinrich Jeremias Kretschmann, dessen ausführliche Lebensbeschreibung in den novis actis historico ecclesiasticis in deren 49sten Theil gedruckt stehet, war zu Saalfeld in Thüringen A. 1698 den 2. April gebohren, wo sein Herr Vater Hoff-Goldtschmidt war und zugleich eine ansehnliche Bedienung bey der Müntze und dem Bergwerke bekleidete. Er legte den Grund zu seinen Studien in seinem Vaterlande, besuchte hernach das Gymnasium zu Frankfurth am Mayn und von da die Universität zu Halle. Der sel. Pastor Ferglinghausen recommandirte ihn 1726 als Hoffmeister bey dem damaligen Hoff-Postmeisters Herrn Bergwardt Herrn Sohn. Bey Gelegenheit, daß in Potsdam die Diaconat-Stelle vacant wurde, war er dazu bey dem König Friedrich Wilhelm in Vorschlag gebracht. Er mußte hierauf vor dem Könige im Waysenhause predigen, und darauf ergieng die Ordre zur Vocation. Er trat sein Amt an den XII. p. Trin. 1728. Wie treu und fleissig er sich darin erwiesen, ist nicht nöthig weitläuftig anzugeben, weil jeder seiner Zuhörer ihn deshalb rechtfertigen wird. Man verlangte ihn einsmals als Inspector oder Decanus nach Mansfeld, wozu aber Sr. Majestät dero Consens nicht ertheilen wolten, weil sie sich vorbehalten hatte, ihn selbst anderweitig besser zu versorgen. Er blieb also bey uns bis an seinem seligen Todt, der den 10. Februar 1766 erfolgte. Mit. seiner geliebtesten Ehegattin Beata Theodora, des wohlverdienten Pastoris und Senioris auf der Friedrichs-stadt zu Berlin jüngsten Tochter erzeugte er seine A. 1765 an den Herrn Regiments-Feldscheer Leopold Fuchs verheyrathete einige Jfr. Tochter, die der Segen ihres gottseligen Herrn Vaters lebenslang begleitete. Die Weit-läuftigkeiten seines Amts, da er nicht nur eine Stadt, sondern auch verschiedene Land-Gemeinden zu bedienen hatte, und die gewissenhafte treue Abwartung seiner Amtspflichten ließen ihm keine Zeit übrig, viele schriftliche Arbeiten dem Druck zu übergeben. Es sind indessen außer einer Predigt, betitult die Danksagungen gegen Gott über Eph. V. 20 sqq. verschiedene wohl ausgearbeitete Standreden von ihm im Druck erschienen:1) Bey dem Sarge des sel. Rathmanns Jacob Gerlachs: Die gemäßigte Traurigkeit bey dem Ableben der Unsrigen 1731 über Thess. IV. 13. 14. 2) Bey Beerdigung Fr. Florentine Gottliebe Rosenauin geb. Janticoin: Das Verlangen der Gläubigen nach einer seligen Auflösung 1733 aus 1. Reg. XIX. 4. Joh. 11. 4. 3) Bey dem Begräbniß Herrn Johann Christian Heinrichs, Königl. Landjägers 1734, über 2. Tim. IV. 7. 8: Der Todestag als ein Krönungstag. 4) Bey dem Sarge des Königl. Preuß. Hoff- und Garnison-Predigers Joh. Friedrich Ösfeldt 1745, über Joh.. XLV. 15: Die unerforschlichen doch preiswürdigen Wege des verborgenen Gottes bey dem Absterben der Kinder und Knechte. 5) Bey der Beerdigung des Past. und Insp. Christian Zacharias Schultze 1755: a) die Standrede über Apoc XXI. 7; b) Die Leichenpredigt über Gen. XLVIII. 21. — 17) Herr Johann Albrecht Junge 18) Herr Büttner ein geborner Potsdamer. 19) Herr Christian Zacharias Schmidt wurde 1773 den 22. p. Trin. als dritter Prediger und Adjunctus eingeführt. 20) Herr Johann Friedrich Strunk ward von Herrn Jungen eingeführt am 1. Sonntag des Advents 1785.
Von den Pastoribus bey der Nicolai-Kirche
Da ich A. 1756 bey Gelegenheit, da Herr Johann Gottlieb Lieberkühn als Inspector und Ober-Prediger hieselbst eingeführet wurde, die von den in den vorigen Zeiten bey der alten Cathrinen und jetzigen Nicolai Kirche mit Mühe zusammen gebrachten Nachrichten drucken ließ, war ich völlig ungewiß, wem ich für den ersten Lutherischen Prediger in Potsdam angeben sollte. Ich nannte zween, die beyde Lutherum gehöret und diesem Amte hier vorgestanden hätten, wüßte mich aber nicht zu bestimmen, wen ich voran setzen sollte. Nachdem ich aber des Herrn Dr. Büschings Magazin für die neue Historie und Geographie den A. 1629 aufgesetzten gegründeten Bericht, daß allen Orten der Chur- und Mark Brandenburg lange vor dem Passauischen Vertrage reformiret und evangelisch gewesen, gelesen habe, bin ich geneigter den Andreas Sonstius als den Sebastian Faber für den ersten hiesigen Lutherischen Prediger anzunehmen, weil Faber erst A. 1543 hieher beruffen worden, Potsdam aber schon A. 1541 einen Evangelischen Prediger gehabt hat. Der erste sowohl als der andere würden uns völlig unbekannt geblieben seyn, wenn sie uns nicht durch ihre Kinder und Nachkommen bekannt geworden wären, weil unsere Kirchenbücher erst mit dem 16. saec. anfangen.—1) Andreas Sonstius mag also der erste Lutherische Pfarrer in Potsdam gewesen seyn. Seiner wird gedacht in dem Leben Johannis Sonstius, Predigers in Fürstenberg und hernach Archidia-conus in Rostock, welches der Disputation, die er A. 1704 sub Praesidio Grünebergs pro gradu Doctoris de vitanda communionis privatae separa-tissimo gehalten, beyfüget stehet. Es wird darin berichtet, daß er Lutherum gehöret und zu Potsdam Pfarrherr gewesen sey, daß sein Sohn Andreas Sonstius Prediger zu Brekenfelde im Meklenburgischen im Stargardschen District, sein Enkel aber Elias Prediger zu Heinrichshagen in demselben District gewesen sey, von dessen Sohn Christian, Prediger zu Werben im Meklenburgischen sey gedachter Johann Sonstius erzeuget worden. 2) Sebastian Faber ist allem Ansehen nach sein successor gewesen; Er war von Coblenz im Trierschen bürtig und hatte wie Sonstius zu Wittenberg unter dem Doctor Luther, Melanchthon und anderen gelehrten Leuten studiret. 1542 ward er als Diaconus nach Bernau und Jahres darauf als Pastor nach Potsdam beruffen, welchem Amte er in die 10 Jahre treulich vorgestanden und 1553 gestorben ist. Es hatte sich, ehe er noch zu Bernau sein Amt antrat, in Berlin mit Anton Belows Tochter Barbara copuliren lassen und aus dieser Ehe ward ihm zu Bernau ein Sohn nahmens Samuel und zu Potsdam 4 Töchter, Hedwig, Barbara, Anna und Maria gebohren, unter welchen der Sohn hier angemerket zu werden verdienet. Denn da seine Mutter 1554 sich zum zweyten mahle mit einem Fuhrmann hieselbst nahmens Buching in ein eheliches Bündniß eingelaßen bald darauf aber 1558 gestorben war und ihren Kindern wenig oder nichts hinterlassen hatte, wurde dieser Samuel genöthiget anderer Örter sein Brodt zu suchen. Er kam zu erst als Paedagogus bey einem Herrn v. Stechow vermuthlich zu Fahrland, von dannen er in die Schule nach Spandau und von da nach Schönburg kam, wo er seines Stiefvaters Bruders Sohn unterrichtete. Mittlerweile fügte es die sonderbahre Providentz Gottes, daß der Magister Paulus Prätorius welcher bis dahin Rector der Schule zu Bernau und ein vertrauter Freund seines Vaters gewesen war, zu hohen Ehrenstellen kam und ein Kayserlich, Churfürstl. Bran-denburgischer und Erzbischöfl. Magdeburgischer Rath wurde. Derselbe nahm ihn als einen jungen Knaben aus Liebe und Freundschaft, die er noch für dessen Vater hatte, A. 1555 zu sich nach Berlin. Er brauchte ihn anfangs als einen schlichten Hausjungen, dem er allerhand im Hause vorfallende kleine Verrichtungen auftrug, als er aber sahe daß er sich gut anließ, auch Treue, Aufrichtigkeit, Frömmigkeit und insonderheit Lust zum studiren bey ihm wahrnahm, schickte er ihn nebst seines zween Bruders Söhnen sowohl nach Magdeburg, Halle und anderen Orten in die Schicke, als auch nachgehends nach Wittenberg und Frankfurth auf die Universität, und seine Liebe zu ihm gieng so weit, daß er ihn 1562, da er selber keinen Sohn hatte, mit allergnädigster Bewilligung und Ratifikation des Kaysers Ferdi-nand I. adoptirte und ihn seines Nahmens, seines Wapens und eines guten Theils seines Vermögens theilhaftig machte. Nach der Zeit hat dieser Samuel Faber immer Samuel Prätorius geheißen und ist A 1572 Notarius bey der Juristen Facultät zu Frankfurth an der Oder, auch bald darauf Syndicus bey der Universität geworden, welchem Amte er bis 1589 mit großem Ruhme vorgestanden. In diesem Jahre aber hat er wegen einer an sich bemerkten Leibes Schwachheit freywillig abgedanket des Sinnes seine übrige Lebenszeit als eine Privat Person in Ruhe zuzubringen. Er konnte aber dennoch nicht 1592 eine Rathsherrn Stelle, 1593 das Stadtrichter Amt und A. 1594 das Bürgermeister Amt, welches ihm aufgetragen wurde von sich ablehnen. Er hatte bey diesen Ämtern bis 1605 gelebet und sowohl im Leben als im Tode viel Ehre genoßen. Wäre uns dieser Samuel Prätorius nicht aus der gedruckten Leichenpredigt Joachim Golzii und dem derselben anhangenden Programmate fenebri Jacobi Eberti ingleichen aus H. H. Küsteri litteratae sperimine IV bekannt geworden; so würden wir von seinem Vater und daß derselbe Pfarrherr in Potsdam gewesen, auch nichts erfahren haben. 3) Augustin Spiegelberg ist ohne Zweifel sein nächster Nachfolger gewesen. Denn Martin Franke hat nach der Anzeige, die er davon in dem alten Kirchen Catastro gethan, soviel vorgefunden, daß er schon 1555 Pfarrer hieselbst gewesen. Aus dem, was der Notarius George Otto bey Gelegenheit des wieder erbaueten Kirchthurmes angemerket hat, können wir mit Gewißheit hinzu thuen, daß er noch 1563 bey unserer alten Kirche bedient gewesen und den gedachten Johann Holtzendorff zum Diaconum gehabt. Vorbemelter Franke berichtet, daß er: 4) Michael Sprengler (Spren-kler oder Sprengeli) zum Nachfolger gehabt. Dieser hat, wie Beckmann schreibet A. 1566 hier gestanden und wie er aus der Stolpschen Kirchen-Agende anmerket sich A. 1572 mit den dasigen Bauern wegen einiger 9 Jahr zurück behaltenen Mispel Rocken vertragen. Seine Zuhörer beschuldigten ihm des Calvinisimi und baten ihn zur Verantwortung zu ziehen, er rechtfertigte sich aber genugsam dadurch, daß er nebst seinem Caplan Peter Werder die formulum Concordiae unterschrieb. Es kann vielleicht eben derselbige seyn, der A. 1566 zu Berlin als Diaconus gestanden hat und dessen des Herrn Küsters Berlinische Chronik p. 301 gedenket. Ihm folgte: 5) Jacob Gericke ein Potsdamer. Aus dem Testament, welches Andreas v. Grüben dem hiesigen Caplan zum Besten gemacht, dem er 200 Thlr. legieret, erhellet, daß er wenigstens schon A. 1581 diesem Amte vorgestanden, angesehen er darin als Krigischer Vormund für dessen Gemahlin mit ange-führet wird. Seiner gedenket auch A. 1592 ein Churfl. Abschied an die Stolpische Kirche. In diesem letzten Jahr ist nach einem ebenfalls Churfl. Abschied Martinus Conradi hier Pfarrer gewesen, daß er also ohngefähr A. 1592 gestorben sein mag. Seine Tochter war an einen hiesigen Rathsherrn Abraham Kunschoff verheyrathet und Franke beschuldiget letzteren, daß er alle Brieffe die zur Pfarre gehört, entwandt, und auf das Rathhaus gebracht habe, wie denn, setzt er hinzu, je und alle Wege der Rath der Kirchen und Schulen Verderb und Untergang gesuchet hat. Ich laße was er saget an seinen Ort gestellet sein, will aber von Gericken noch dieses anmerken, daß er ein guter Freund des bekannten Märkischen Historici Andr. Angeli gewesen und unter dem Nahmen Jacob Geritii Posthamensis auf deßen Hochzeit ein lateinisches Carmen gemacht hat, welches er mit dem sonderbahren Teutschen Disticho beschließet: »Stumm sey das Weib, taub sey der Mann, so wird der Hausfried wohl bestahn.« NB.. Hier fragt sich nun, wo ich den M. Nic. Kalbe hinbringen soll, welchen der Dr. Beckmann nach Sprenglern folgen läßt. Er soll hier die Stelle eines Pfarrers 1596 bekleidet haben. Dieses soll bey seinem und des Diaconi Peter Ulrichs Nahmen an einem Chor der alten Kirche angemerket gewesen seyn. Aber meines Dünkens kann die angegebene Folge mit dem Jahre 1596 unmöglich vereiniget werden. Ist er 1596 Besitzer der hiesigen Pfarre gewesen, so ist er dazu erst nach Gericken gekommen und dieses letztere kann auch nicht seyn, weil Gericke bis 1592 gelebet und noch in eben demselbigen Jahre, wie wir gleich vernehmen wollen, einen ganz anderen Mann zum Nachfolger bekommen hat. Er kann Gerickens Antecessor gewesen seyn, aber dann muß er dieses Amt vor 1581 geführet haben, welches ich, weil keine Nachrichten von ihm vorhanden sind, mich nicht zu behaupten getraue und ihn daher lieber aus der Reihe unserer Pfarrer ganz weglassen will. — 6) Martinus Conradi ist laut eines Churfl. Abschiedes 1592 angezogen. Herr Becmann schreibet: daß er den 11. Febr. 1598 gestorben, er irret aber auch hier und es sind gewiße Anzeigen da, daß er bis 1612 gelebet hat. Sein Leichenstein stand in der alten Kirchenmauer. Bey der Churfürstin Catharina, die sich hieselbst zum öfftern aufgehalten, muß er viel gegolten haben. Sie ließ wegen des ihm gebührenden Zehendtens 1600 einen ernstlichen Befehl d. d. Cölln an der Spree an den hiesigen Amtsschreiber ergehen. Bey dem Churfürsten Johann Sigismund muß er sich ebenfalls gut zu insinuiren gewußt haben; denn dieser ließ auf sein und der Kirchenvorsteher Ansuchen an den hiesigen Beambten den Befehl ergehen, daß seiner Kirche zum Behuf des hl. Abendmahls jährlich ein Vierteil Wein aus dem Churfürst. Weinberge verabfolget werden solle, wie ihm denn auch von dem Churfürsten Joachim Friedrich und Johann Sigismund das freye Lager und Brennholz so wohl für ihm als für seine Nachkommen im Amte, bestätiget wurde. Zwei seiner Töchter sind an seine nächstfolgende Succes-sores verheirathet worden. Einer derselben hat bey seinem Nahmen in dem Kirchenbuche beygeschrieben, daß er hier und anderer Orten 42 Jahre im Predigtamte gestanden habe. Er ist der erste von dem ich eine gedruckte Predigt zu sehen bekommen habe. Auf Frauen Anna v. d. Schulenburg, Herr Otto Flanßen, Erbherrn auf Wiebritz Ehegenoßin, die den 1. September 1605 in Kindesnöthen ihr Leben beschloßen, hat er eine Leichenpredigt über Phl. 3, 20 — 21. und überdem eine Predigt über die Historie von der Geburt und Menschwerdung Christi, zu Wittenberg zu Herrn Grundmann drucken laßen. 7) Thomas Horitius war in der Nachbarschaft aus Pheben bürtig wo sein Vater Paulus Horitius Pfarrer war. Dieser ist daselbst, wie sein Sohn im Kirchenbuche angemerket hat 1618 und zwar im 67. Jahre seines Alters und im 32. seines Amtes verstorben. Thomas Horitius heyra-thete seines Vorfahren Tochter Maria, welches im Kirchenbuche mit Fleiß notiret worden. Es heißt nemlich: Die Petri et Pauli in nomine sanctae et individuae Trinitatis celebrantur nuptiae solemni festivitate in Parochia Potstamiensi Reverendi Dni. Thomae Horitii hujus ecclesii vocati novi Pastoris cum pudicissima virgine Maria Conradina Rev. Dni. Martini olim Pastoris hujus ecclesiae dilectissimi relicta filia unb am Rande stehet: daß der Inspector in Spandow Joachim Freund copuliret habe. Er war ein munterer und beherzter Prediger und brachte es gleich anfangs so weit, daß der Rath und die Schul Collegen, die bisher vor anderen Leuten etwas besonderes hatten haben wollen, nicht mehr privatim sondern öffentlich zum Abendmahl giengen. Dazu ward der Anfang 1613 gemacht, und er selbst schreibet davon: Ein ehrbar Rath samt und sonders sein zugleich, quod laudandum, Consule novo Matthaeo Sant regente commuinicarunt. Er hat sie aber dabei doch nicht erhalten können vielmehr sich lauter Haß und Verdruß zugezogen, wie sie ihm denn auf mancherley Weise bey dem Hoff zu Berlin, der seit 1614 der reformirten Religion beygetreten, angaben, worüber 1622 von hier weg und als Inspector nach Putlitz kam, wo er den 22.q. Trin. induciret wurde und in den heiligen Weihnachts Tagen sein Amt zu verwalten anfieng. 8) M. Martin Franke, war schon vorher 2 Jahr, nemlich 1616 und 17 allhier Diaconus gewesen, von hier aber als Inspector nach Putlitz gekommen, von da er nachdem er vorher Horitiam in die von ihm verlaßene Stelle eingewiesen, wieder hierher als Pfarrer zurück kehrete. Er trat sein Amt Sonntags vor dem Christtag 1622 an und hat demselben bis 1638 vorgestanden, in welchem Jahre er seine lutherische Pfarrstelle verließ und zu der Römisch-Catholischen Kirche übergieng. Sein Vater war ein Schwartzfarber zu Hartenstein in Meißen, wo er auch gebohren war. Sein Bruder George Franke, Prediger in dem benachbarten Dorffe Clado hatte das Unglück, daß er 1632, da er sich bey Sacro nach Potsdam über die Havel setzen laßen wollte, weil der Kahn nicht gut verspundet war, nebst noch 2 andern Personen im Wasser jämmerlich umkam, und erst nach 12 Wochen wieder gefunden wurde. Er selbst war ein sehr unruhiger obgleich gelehrter Mann. Von Putlitz kam er deßwegen weg und in Potzdam hat er sich auch nicht viele Freunde gemacht. Über den Rath und Bürgerschaft beschwerte er sich bey aller Gelegenheit. Er hatte seit 1616 des vormahlgen Pfarrers Conradi Tochter Dorothea zur Ehefrau und aus dieser Ehe ist geboh-ren Johann Franke, den er mit zu der catholischen Religion erzogen sonst aber in Wissenschaften wohl hatte unterrichten laßen und der zuletzt unter dem Nahmen Macarii Vincentii regierender Abt auf dem Strachow zu Prag geworden und der Erzbischöflichen Würde sehr nahe gewesen ist, wie auch an einem anderen Orte umständlicher berichtet worden. Unter allen Predigern die bey der alten Kirche gestanden haben, hat sich keiner so viel Mühe gegeben als er die alten Abschiede zu sammeln, die Kirchenbücher im Stande zu erhalten und von Jahr zu Jahr anzumerken, was sich in der Welt und sonderlich in Potsdam zugetragen. Die große Unruhe, welche der dreißigjährige Krieg überall verbreitete, machte ihn verzagt und brachte ihn auf den Gedanken durch Veränderung der Religion sich und die seinigen fort zu helffen, wie er denn endlich würklich davon lief, und in Böhmen zu der catholischen Religion übertrat. Er hatte die Gewohnheit ein jedes Jahr durch ein besonderes Titelblatt zu unterscheiden, auf welches er ein ein Chronodistichon hinsetzte, welches das Andenken der damaligen Zeitläuffte erhalten sollte, und man siehet daraus deutlich genug, daß er zuletzt sich auf keine Weise zu rathen oder zu helffen gewußt. So stehet bey dem Jahre: 1627. 1627. EheV qVoD totas VeXat DIsCorDIa terras. 1628. EheV serpens Iste antIqYVs pIIs aLIqVID MonstrI aLIt. 1629. InfIDeLes arte et Marte VoLVnt eXstIrpare IVstos. 1630. En Contra ChrIstI eCClesIaM assVrgIt sangVInoLentVs reX ApoLLyon Apoc. 9 11. 1631. ECCe IesV ChrIstI CrVX Contra rebeLLes trIVMphabIt. 1632. En sanCta IesV ChrIstI CrVX oMnes rebeLLes IngentI potentia VInCet et Conteret. 1633. En OrthoDoXIae VICtorIa haeresIosqVe rVIna pIIs Sit ManIfesta. 1634. En anno seqVente paX atqVe ConCorDIa In Vna sanCta CathoLICa et apostoLICa eCCLesIa nobis reflorere IncIpIet. In sILentIo et spe sIt itaque fortItVDo Vestra, DIXI DeVs IsraeLItIs. Esa. 30. 1635. NVnC Deo honor et gLorIa, eCCLesIae paX et ConCorDIa haeresIosqVe rVIna. 1636. InopInata, praeCoX InfeLIXqVe saXonIae paX Vere fVIt eCCLesIae LVtheranae patriae atqVe MarChIae rVIna et InterItVs. 1637. 0 patrIa Ita pVnIta respICete et VIDesIs ne forte tIbI DeterIVs qVID eVenIat. 1638. 0 bone IesV haeresI tota eXtIrpata fIDeLIbVs Largire reqVIeM. 9) George Pfeiffer war zu großen Machenow gebohren, wo sein Vater Urbanus Pfarrer gewesen war. 1632 ward er Diaconus und 1639 übernahm er das Pastorat, verheyrathete sich hierauf mit Catharina Jankens, und da diese 1654 starb zum zweyten mahle mit des damaligen Heydereuthers Johann Meyers Tochter Sabina. Diese hat ihn überlebet und ist, da er 1662 im 71sten Jahre seines Alters gestorben, an seinen Nachfolger im Amte verheyrathet worden. Er hat bey der Kirche überhaupt 31 Jahre gestanden. 10) N. Gebhard Straube, dessen Brustbild zur linken Hand des Altars hieng, war ein gebohrner Potsdammer und vorher Pfarrer in Lochen gewesen. 1664 ward er als Pastor hierher beruffen und trat sein Amt am dritten Sonntag nach Trin. an. Er hatte seines Vorgängers Wittwe zur Ehe, welche, nachdem er X. 1676 im 42sten Jahre seines Alters verstorben ihren Wittwensitz in dem Predigerhause auff dem Kirchhofs genommen hat. Herr Küster führet von ihm folgende gedruckte Predigt an: Herrlicher Seelen-Palast der Gerechten, nach dem Absterben der Churfürstin Louise. Außerdem können noch 2 Leichenpredigten angezeiget werden, deren eine auf Peter Gutschmidten über Ps. XXV. 17. 18, die andere über den Raths-Cämmerer und Apotheker Johann Heinrich Beyern über Phil. I. 20. 21 gehalten worden ist. 11) Martin Plümicke, deßen Brustbild zur rechten des Altars hieng, war auch ein gebohrner Potsdammer aus einer der ältesten Familien. Er stand vorher als Pfarrer in Bornimb, trat hieselbst 1677 an und war bey allen seinen Zuhörern wohl angesehen. Es starb 1686 im Monath December in einem Alter von 66 Jahren. Von seinen Kindern, deren zusammen 12 waren, ist Andreas an seiner Statt Prediger in Bornimb, Martinus Kornschreiber und hernach Amtmann hieselbst geworden, Clemens gieng in Russische Dienste und ward Stückhauptmann. 1678 hat er zu Frankfurth drucken laßen eine Leichenpredigt über 2. Cor. XI I. 9 auf Christoph Schmeil, N.N.C. Churf. Brandenburgischen Amtsschreiber, auch Zoll- und Ziese-Verwalter und Saltzfactor zu Potsdam, der Kirche hat er eine Concordantz geschenket, Cantzel und Altar bekleidet, auch die Prediger, Schulen und Armen mit Legatis bedacht. Sein Eptaphium, welches vor der Kirchthüre war, lautete also: D.O. M. S. Siste viator et exspecta porumper, scito in domitorio sub terraneo recondi mortales reliquias viri admodum reverendi doctiss. Dn. Martini Plumickens Pastoris Potstamensis fidelissimi nec non ecclesiae scholaeque Inspectoris dignissis. Incunabula reverendo praebuit Potsdamia A. M.D.C.X.XI. Patre D. Johanne Plumicken senatore Potsdam bene merito, matre Maria Richert. Vitae adjutorium fuit Margaretha Elisabeth Lentzin, ex qua liberos suscepit XII. Quaeris vitae exitum? Inter brachia salvatoris animam exspiravit. A. D. MCCLXXXVII. abi nunc viator et vale. NB. Es hatte schon Herr Heinrich Trierberg, welcher aus Calis in der Neumark bürtig und seit 1682 als Pastor bey der Evangelischen Gemeine auf Christian Marselii Russischen Eisenwerken bey Olonitz auf der Grentze von Carelien, auch seit 1684 als Prediger bey der Teutschen Garnison in Belgarad, wie auch bey den benachbarten Haupt-Garnisons zu Wursky und Sowsky in der Ukraine bedienet gewesen war, aber 1686 abgedanket und am Sonntag Reminiscere 1687 in der Teutschen Slobodda vor Moskau die Abschieds-Predigt gehalten hatte, als er 1688 nach Teutschland zurück und nach Berlin gekommen war, die Vocation zum erledigten Pastorat in Potsdam erhalten. Weil ihm aber bey der Einhändigung die Worte Amos VII. 13 mit plötzlicher Bestürtzung eingefallen und er sich seiner vormaligen Streitigkeiten mit den Reformirten erinnert, hat er dieselbe ausgeschlagen und ist viel lieber nach Zöschen bey Merseburg gegangen. Und also folgte dem seligen Plümicke sein Schwiegersohn 12) N. Joachim Christian Berchel-mann. Der im Jahr 1755 verstorbene Ober-Hoffprediger am Darmstädter Hoffe Friedrich Wilhelm Berchelmann, der sich durch verschiedene Schriften hervor gethan, war sein Sohn. Daß der hiesige Pastor Berchelmann sein Vater gewesen, wußte er uns zu sagen, nicht aber, wo derselbe hergewesen, und wen er wieder zum Vater gehabt. Auch seine nahe bey Potsdam im Werder verheyrathete Tochter wußte uns von dem Herkommen ihres Vaters keinen Bescheid zu thuen. Eine Leichenpredigt des Probstes in Berlin N. Peter Vhers auf Johann Berchelmann, beyder Rechten Licentiaten und der löblichen Landschaft Syndicum und Rentmeister über Ps. XXX. 11—13 wird uns dieselbe hoffentlich entdecken. Der dritte Sohn desselben wird darin genannt Joachim Christian, welches eben die Nahmen sind, welche unser seliger Pastor geführet hat. Ist er also von Geburt wohl ein Berliner gewesen. Er hat in Potsdam bey seiner Gemeine viel Segen gehabt und viele alte Leute haben sich dessen immer mit vielem Vergnügen erinnert. Die Schule war zu seiner Zeit im besten Flor, fieng aber an merklich abzunehmen, als er 1702 mit Tode abgieng. Er hat verschiedenes drucken laßen als: Panogyricon und Glückwünschungs-Rede an des Churfürstens Geburtstage. Predigt, als die Stadt Potsdam durch einen doppelten Kindermord war verunreinigt worden, Parentation auf Herrn Christoph Schmeil, welche des sel. Herrn Plümikens Leichen-Predigt beygedruckt ist. Die rechte und wahre Herzensbekehrung der falschen und eingebildeten Heuchelbuße und Beichte nach dem klaren Worte Gottes entgegengesetzt und seinen an-vertrauten Seelen durch ein wohlmeinendes Schreiben zur innerlichen Christenthums-Übung vorgestellet. 13) Johann Buntebart, ein Sohn des berühmten Consistorial-Raths und Probstes in Berlin, hatte an dem bisherigen Collaborator des Herrn Berchelmann N. N. Rohts zwar einen starken Competenten, allein, weil die Bürgerschaft mehr auf ihn als aus jenen hielt, mußte dieser sich mit der Pfarre zu Fahrland abspeisen laßen, dagegen Herr Buntebart die Pfarre in Potsdam bekam. Er hat diesem Amte bis 1722 vorgestanden, in welchem Jahre ihm der König die Inspection zu Neu-Alvens-leben im Herzogthum Magdeburg gab, wo derselbe nun schon vor vielen Jahren gestorben ist, und seinen Sohn Herrn Ludwig Buntebart zum Nachfolger gehabt hat, der ihm nach wenigen Jahren im Tode gefolget. Von gedruckten Schriften ist mir sonst nichts vorgekommen als die höchstnöthigen und heilsamen Sterbens-Gedanken als Ps. XC. 13 in einer Gedächtniß-Predigt über den tödtlichen Hintritt Herrn Johann Heinrich Schmidt, Amtmanns zu Potsdam. 14) Herr Christian Zacharias Schultze, mein verehrenswürdiger Schwiegervater, war den 18. Januar 1692 zu Königs- oder Wendisch-Wusterhausen gebohren, wo sein Herr Vater Christian Schultze das Lehramt verwaltete, von da aber von dem König Friedrich I. nach Storkow als Inspector beruffen wurde. Er legte den Grund seiner Studien auf den Schulen zu Storkow, Berlin und Fürstenwalde, begab sich im Jahre 1712 nach Leipzig und von da 1716 nach Halle, wo er bald als ein gelehrter und geschickter Paedagogius bekannt und unter Praeceptores des Paedagigii regii mit angenommen wurde. Viele Herren von der hohen Generalität, die damals in dieser Anstalt erzogen wurden, erinnerten sich hernach oft mit Freuden der Liebe und Klugheit, welche er in seinem Umgänge mit ihnen bewiesen hatte. Im Jahre 1720 wurde er von dem Chef des adelichen Cadet-ten-Corps in Berlin Herrn Fink v. Finkenstein zum Prediger bey demselbigen beruffen und er stand diesem Amte mit möglichster Vorsichtigkeit und Treue bis 1722 vor. Des hochsel. Königs Majestät Friedrich Wilhelm hatten ihn selbst öfters in Berlin predigen gehört und sein Vortrag sowohl als sein exemplarisch erbauliches Wesen bewogen den König, im bemelten Jahr nach Potsdam als Ober-Prediger bey der St. Nicolai-Kirche zu beruffen. Er kam den 1. December an und hielt den 4ten Advent seine Anzugs-Predigt. Nachdem die alte Kirche war erweitert und zu der jetzigen Größe war gebracht worden, wurde sie 1725 den 22sten Sonntag nach Trinitatis in Gegenwart Sr. Königlichen Majestät und vieler hohen Generals-Personen von ihm eingeweyhet. Im Jahre 1724 ließ er sich mit Jungfer Catharina Barbara, Herrn Jacob Klerments, Predigers zu Seehausen im Herzogthum Magde-burg ältesten Jungfer Tochter in ein christliches Ehebündniß ein, und wurde ihm aus dieser Ehe ein Sohn und 3 Töchter gebohren. Sein Herr Sohn Friedrich Wilhelm, der eine Zeitlang in der Real-Schule zu Berlin informirte und hernach Feldprediger bey dem Regiment Gensd’armes wurde, auch den 3ten Feldzug in Schlesien mitgemachet, bekleidet ietzo mit vielem Ruhm die Stelle eines Ober-Predigers zu Freyenwalde an der Oder. Als der hochsel. König sich entschlossen hatte, hierselbst eine neue Inspection anzulegen, war dieser Herr Schultze derjenige, den er dazu vor anderen zu befördern werth hielt. Auf deßen allergnädigsten Befehl mußte ihn der Herr Probst und Consistorial-Rath Reinbeck im Jahre 1730 in Gegenwart aller unter dieser neuen Inspection gehören sollenden Pfarrer feyerlich einführen. Ich will mich als ein Schwiegersohn des sel. Mannes dabey nicht aufhalten, von seiner Gelehrsamkeit, von seiner Treue, Fleiß und Klugheit in seinem doppelten Amte und von seinem liebreichen, freundlichen, sanftmüthigen und gelaßenen Wesen in seinem Umgange viel Rühmens zu machen. An ihn wird noch immer in Hochachtung gedacht, und jedermann wünschet, daß es dergleichen Prediger und Inspectoren viel geben möge. Ich will nur noch hinzu thun, daß er sich lange Jahre vor seinem seligen Ende mit einem offenen Schaden am Fuße tragen müßen, der ihm viel Schmerzen verursachet, und da er endlich zuwuchs, seinen Todt verursachete, welcher den 18. März 1755 erfolgte und wie ich mit Wahrheit sagen kann, die gantze Stadt in Betrübniß setzte. Sein bisheriger College Herr H. Jeremias Kretsch-mann hielt ihm die Standrede über Apoc. XXI. 7 und auch die Gedächtniß-Predigt über Gen. XLVIII. 21. Es ist schade und er bedauerte es noch selbst auf seinem Todt-Bette, daß er von den Wegen, die Gott mit ihm gegangen, nicht bey gesunden Tagen etwas schriftliches aufgesetzet, welches, wie er sagte, viel Erbauung gestifftet hätte. Ietzo müßen wir also mit dem wenigen zufrieden seyn, was ich aus dem der Standrede beygedruckten Lebenslauf habe zusammenbringen können. Er war ein großer Liebhaber der Englischen Sprache und aus derselben hat er 1728 den tryumphirenden Christen und dritten Spira, und 1738 ein anderes unter der Aufschrift: ein Wort an die Sünder und ein Wort an die Heiligen übersetzet und zum Druck befördert. Von Predigten, die er drucken laßen, sind mir folgende vor Augen gekommen: 1) Der sterbende Jesus allein und bey seinem Vater aus M. XXVII. 45 — 50. A. 1735. 2) Das in der Welt annoch befindliche Gute an einem Jahrestage. A. 1737. 3) Die Zukunft Christi zum Gericht aus Ev. am 2ten Advent 1738. 4) Eine Gedächtniß-Predigt auf Joh. Ferd. Schönebeck, Amtmann zu Fahrland und Postmeister zu Potsdam, von Gotteströstungen für seine bekümmerten Kinder aus Ps. XCIV. 19 fol. — 15) Herr Johann Gottlieb Lieberkühn, ein Berliner von Geburt und ein Sohn des bekannten und berühmten Gold- und Silberarbeiters Herrn Lieberkühns, hatte schon vorher in Roßkau, einem Kattischen Gute, und zu Zossen als Inspector gestanden, verwechselte aber seine Inspection mit dem Pastorat an der heil. Geistkirche zu Potsdam, wo er am Sonntag Psalmarum introduciret wurde, sein Amt aber am Charfreitage antrat.
Bey der Schloß-, Hoff- und Garnison-Kirche
Ich bringe diese Prediger unter diesem Titel wieder billig zusammen, weil aus den Schloß-Predigern anfänglich Hoff-Prediger geworden und diese so wohl als die eigentliche sogenannte Garnison-Prediger, von der Hoff- und Garnison- erst in die Schloß- und hernach in die Garnison-Kirche zu predigen beruffen worden sind. Das Schloß welches der große Churfürst Friedrich Wilhelm im Jahre 1660 hier zu bauen angefangen hatte, war noch nicht fertig, als er sich auch schon von seinen Churfürstl, in Berlin und anderswo befindlichen Hoff-Predigern auf demselbigen in den zuerst fertig gewordenen Zimmern predigen zu laßen anfangen ließ. A. 1662 den 2. Märtz ward ein eigener reformirter Prediger hierher beruffen, der von dem Churfürsten und den seit Churfürst Johann Sigißmundts Zeiten her hier sich immer mehr sammelnden Reformirten Einwohnern predigen und ihnen die Sacramente reichen sollte. Der erste Schloß -und, wenn ich es wohl sagen soll, der erste in Potsdam fest angesetzte Reformirte Prediger, neben welchen jedoch der Churfürst dann und wann auch seine Hoffprediger anhero kommen ließ, war: 1) Friedebert Flemming, ein Anhaltiner. Er stand diesem Amte vor bey mehr als 16 Jahre, wurde aber von dem damaligen Castellan und dessen bösem Weibe, wie der Kantor Bergemann schreibet bey dem Churfürsten unaufhörlich als ein täglicher Säuffer und Spieler an-gegeben, und so wenig man ihm auch beweisen konnte, um nur den Klagen ein Ende zu machen, nach Joachimsthal abgegeben, wo er eine meist lutherische Gemeine bekam und lutherische Ceremonien brauchen mußte. Er hielt ehe er abgieng, den 3. Februar 1678 am Sonntage Reminiscere noch öffentlich seine Abschiedspredigt über die Worte: behalt im Gedächtniß etc. Auch die ihm hierzu gegebene Erlaubniß mag ein Beweis seiner Unschuld seyn. Schon A. 1677 war dies Reformirte Pastoral 2) dem Adolph Christoph Stochius, Weysenvatern in Berlin und zugleich Adjuncto der Dom-Kirche mit committiret, der also vermuthlich Ordre haben mogte auf ihm mit Achtung zugeben, aber nichts sträfliches an ihm gefunden ha-ben wird. In dem alten Kirchenbuche der Nicolai Kirche ist angemerket worden, daß er den 20. Novbr. 1678 der verstorbenen Saarmundischen Amtsschreiberin Frau Catharina Maria Palmin gebornen Albinin in der alten Stadtkirche die Leichenpredigt gehalten und auch das Leichopfer von dem Altar zu sich genommen. Es ist ihm dieses 1679 und 80 noch bey 2 anderen Verstorbenen zugelaßen worden. Ein Beweis daß sich die lutherischen und reformirten Prediger ganz gut vertragen haben. In einer Abdan-kungsrede bei der Leiche Fr. Dorothea Köppin nennet er sich selbst noch A. 1679 Churfl. Brandenburgischen Prediger zu Potsdam und Waysenvater zu Berlin. Der Churfürst erlaubte unterm 25. Aug. 1680 den Magistrat auf dem Friedrichs-Werder zu Berlin, diesen Stochium von hier dorthin zu beruffen. Er ließ sich den 22. Octob. deßelben Jahres auf dem Rathhause in damaliger Kircbenversammlung öffentlich hören, trat darauf sein neues Amt in Berlin an, und starb daselbst den 1. Sonntag p. Trin. 1691. Herr Rector Küster zeiget uns in seinem alten und neuen Berlin Th. II. p. 618 einige von seinen Schriften an. Und nun erwählte sich der Churfürst einen für Potsdam besonderen Hoffprediger, der ihn in seiner neu erbauten Schloßcapelle fernerhin predigen sollte, es war der gelehrte und berühmte 3) Herr Anton Brunsenius. Er war aus Bremen bärtig, hatte viel gereiset, war mit den gelehrtesten Leuthen in Teutschland, Holland, England so bekannt, als vielleicht kein anderer war. Im Jahre 1670 nahm ihn der Hertzog Christian zu Liegnitz, Brieg und Wolau zu seinen Hoff-Prediger an, und er stand diesem Amte sowohl als dem Rectorate des Gymnasii zu Brieg, welches er selbst wieder seinen Willen mit übernahm, fast gantzer 10 Jahre mit großem Nutzen vor. Nach dessen Tode blieb er bei der Verwittweten Herzogin Louise als Hoffprediger auf ihrem Leibgedinge zu Ohlau, bis an ihr Ende, welches bald erfolgte, worauf er A. 1680 von unserm Großen Chur-fürsten NB. zum Hoffprediger NB. in Potsdam angenommen wurde, der ohne ihn nicht leichtlich seyn konnte und ihn deßwegen nicht allein in Potsdam sondern auch auf seinen Reisen mehrentheils mit sich hatte und bis an seinen seligen Abschied aus dieser Welt von demselben mit Lehre und Trost beygestanden wurde. Bis 1686 sind keine andere Trauungen verzeichnet, als die er selbst verrichtet hat. Sonsten war er nicht beständig hier, sondern nur alsdann wann sich der Hoff alhier aufhielt. Damit nun in seiner Abwesenheit bey der Gemeine nichts versäumet werden mögte, ward im besagten Jahre Joh. Fried. Schultze hierher beruffen, der im erheischenden Fall, die Gemeine in ministerialibus bedienen sollte, den Titel eines Hofpredigers nicht führte. Herr Brunsenius starb den 17. Octob. 1693 in Berlin an einen heftigen Stickfluß, der ihm bald Othem und Sprache benahm, daß er auch nur die wenigen Worte von sich hören laßen konnte: »ich sterbe.« Bis dahin hatte er sein hiesiges Amt zum Vergnügen des Hofes und der ihm anvertrauten Gemeine rühmlichst geführet, und der Hoffprediger Herr Johann Heinrich Sturm hielt ihm die Leichenpredigt, welche unter dem Titel: Der am Brandenburgischen Kirchenhimmel plötzlich untergegangene Stern, zu Berlin gedruckt worden. Herr Rector Küster hat uns mit vielen seinen Schriften, in dem Alten und Neuen Berlin bekannt gemacht, von welchen ich nur diejenige nennen will, die auf Potsdam einige Beziehung haben: Es sind folgende: a) Abbildung einer gläubigen Seele, aus Ps. LXXIII. 23 — 26, bey der Leiche der Durchlauchtigsten Fürstin und Frau Elisabeth Henriette Marggräffin und Chur Prinzessin in Brandenburg 1683 d. 7. Nov. in der Vor- und Nachmittags Predigt zu Potsdam vorgestellet. Cölln, fol.
- b) Betrachtungen des menschlichen Lebens, aus Ps. XC. 11 — 13, in einer Trauer Predigt über den Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Lu-dewig Marggraffen zu Brandenburg, an dem Bußtage 1687 den 6. April zu Potsdam vorgestellet. Cölln, fol. c) Der Segen des Herrn, aus Ps. CXXIX. 8, bey der Vermählung des Meklenburg. Güstrauischen Erbprinzen Carl mit der Marggräffin von Brandenburg Maria Amalie am 10. Aug. 1687 vorge-stellet; ibid. 4°. d) Threni Postamiensis ex threnis Jeremia. Klagepredigt über das hochselige Absterben der Durchl. Churfürstin Dorothea, nach dem die Churfürstl. Leiche den 20. Aug. 1689 nach Potsdam gebracht und in dem Trauer Gewölbe allda standesmäßig bewachet wurde. Dom. XIII. p. Trtn. in einer öffentlichen Predict aus Thren. V. 15 — 17, in der dortigen Schloß-Capelle erkläret: ibid. fol. e) Das göttliche Geschick, aus Hin. XXIV. 50, bey der Vertrauung des Churf. Brandenburgischen Cammerherrn Friedrich Wil-helms, auf dem Saal zu Potsdam 1693 den 13. Jul betrachtet; ibid. 4°.
- f) Todes Gedanken bey der Beysetzung Herrn William Cabeljan Rittmeisters in Holländischen Diensten, aus Hiob XVIII. 1, zu Potsdam vorgestellet; ibid. 4°. — 4) Herr Johann Friedrich Scholtze hatte schon über 3 Jahre die Nachmittags Predigten verrichtet, als er A. 1686 zum Pastor der hiesigen Reformirten Gemeine beruffen wurde. Er stand hierselbst bis 1695, da er als Hoffprediger nach Berlin bey der Friedrich Werderschen Gemeine versetzet wurde. Hier lebte er bis 1731. Unter seine Schriften führe ich hier nur an: Christliche Trauerpredigt auf das Absterben Churfürst Friedrich Wilhelms zu Brandenburg über 2. Sam. VII. 9. in der Churfl. Schloßkirche zu Potsdam den 16. Septemb. 1688 abgelegt. Berlin 4° — ingleichen eifferiges Christenthum der verwittweten Churfürstin Dorothea von Bran-denburg, welches sie jederzeit höchst rühmlich geführet und den 6. Aug. 1689 seliglich beschloßen hat aus Ps. XIII. 6. vorgestellet; ibid. 4°. Nach dem Tode des Herrn Brunsenio und ehe noch Herr Scholtze nach dem Friedrich Werder abgieng ward A. 1694 5) Herr Just. Christian Rötcher als Reformirter Prediger hieher beruffen. Ihm ward 1696 der Titel eines Hoffpredigers beygeleget und er ist der erste Hoffprediger der in Potsdam beständig geblieben ist. Er lebte aber nicht gar lange sondern starb schon im October 1699 an einer Brustkrankheit. Das Pastoral hörte von 1696 auf und die folgenden Schloßprediger haben allesammt den Titel Hoffprediger geführet. Ihm folgte A. 1700 als Hoffprediger 6) Herr Peter Ludwig Hend-reich, ein Sohn des berühmten Königlichen Bibliothecarii Christoph Hendreich und ein Schwiegersohn des nicht weniger durch die Königl. Krönung weltbekannten Proto Episcopi Benjamin v. Bär oder Ursinus genannt, der 1721 wegen einer dem König misfälligen Predigt von hier weg und nach Frankfurth an der Oder (der Satz ist im Orginal nicht beendet). 7) Herr Ferdinand Stosch, dessen Vater und Vaterland mir nicht bekannt geworden, wohl aber daß er verschiedene einzelne Predigten, einen ganzen Jahrgang von Predigten, insonderheit aber auch einen kurtzen und einfältigen Unterricht in der Christlichen Lehre zu Gebrauch der Evangelich Reformir-ten Kinder des Königl. Waysenhauses zu Potsdam auf Königl. Special-Befehl 1724 zu Berlin drucken und A. 1725 von neuem auflegen ließ. Er hatte vorher in Brandenburg bey der dasigen Reformirten Gemeine gestanden und wie ich aus der Teuberin ihrer Gratulation zu dem Potsdamschen Amte ersehe, noch vorher bey einer anderen. A. 1721 berief ihn der König zum Hoffprediger nach Potsdam. 8) Herr Christian Johann Cochius erhielt seine Stelle. Er war zu Solingen im Herzogthum Bergen gebohren, wo sein Vater Johann Wilhelm Prediger war, nachmals aber als Hoffprediger zu Königsberg in Preußen gestorben ist. Auf seinen Reisen die er als Dom-Candidat nach Holland und England that, setzte er sich in solch Ansehen, daß die re-formirte teutsche Gemeine in London ihn gern zum Prediger haben mochten, er konnte aber die Erlaubniß dazu vom Hoffe nicht erhalten. Hingegen gab ihm der König Friedrich Wilhelm die Versicherung, daß ihm die erste vacante Hofsprediger Stelle zu Theil werden sollte und er hielt sein Versprechen, da er ihn A. 1727 zum Hoffprediger zu Potsdam bestellte. Er stand diesen frommen Herrn, der ihn gern hörete mit dem Troste und dem Worte Gottes auch noch auf dem Todtenbette beständig bey und verordnete damit, daß er nach dessen erfolgten seligsten Abschied aus der Welt von des jetzigen Königs Majestät 1741 als Ober Hofsprediger in die Stelle des Herrn Jablonsky an dem Dom zu Berlin eingewiesen wurde, wie er 1749 das zeitliche mit dem ewigen verwechselt hat. Daß von seinen Söhnen, deren er 4 hatte, einer studirte, ist mir nicht bekannt, von ihm aber weiß ich, daß er, ob er gleich ein gelehrter Mann war, ohne einige wenige Predigten, die er auf specialem Befehl des Königs drucken laßen, nichts geschrieben hat. Die mir bekannt geworden sind: a) Die Schmach Christi über Marc. XV. 29 — 32 A. 1729. b) Der Christen Creutzigung mit ihrem Haupte über Gal. II. 19, A. 1733. c) Die Hochzeit des Lammes aus Matth.. XXII. 1 — 14, 1734. d) Die Abbildung Christi und rechtschaffener Christen Joh. X. 4,
- 1736. e) Die Genesung der Seele durch den Glauben, A. 1737. 9) Herr Carl Wilmsem, der seit 17.. als Reformirter Prediger am Waysenhause gestanden hatte, folgte ihm 1741 als Hoffprediger in Potsdam und als Ober- Hoffprediger auch 1759 an dem Dom in Berlin.
Die Lutherische Schloß-, Hoff- und Garnison-Prediger und Feld-Pröbste.
Von Garnison-Predigern hat man vor König Friedrich Wilhelms Zeiten so wenig gewußt, als von einer Garnison und Garnison-Kirche und die wenigen Garden und Trabanten, welche die sich hieher haltende Churfür-sten zu ihrer Bedeckung hier hatten, konnten sich aus dem Vortrag der Schloß- und Stadtprediger genugsam erbauen. Da aber der hochselige König schon als Cronprintz angefangen hatte, ein aus lauter großen Leuten bestehendes Grenadier-Regiment zu errichten, welches bisher an mehreren kleinen Orten zerstreut gelegen hatte: so kam er auf die Gedanken, sie an einem Ort und zwar in Potsdam zusammen zu bringen, wo er selbst seinen angenehmsten Aufenthalt zu finden vermeinte. Das gantze Regiment hier unterzubringen war vor der Hand nicht sogleich möglich, weil so viele Quartiere nicht sogleich ausfindig gemacht werden konnten. Er begnügte sich also voraus, sein Leib-Bataillon hierum sich zu sehen, welches sein Standquartier bis dahin in Brandenburg gehabt hatte. Sein bisheriger Feldprediger Herr Michael Roloff, der das Regiment seit 1710 bedienet und 2 Campagnen in Brabant mitgemachet hatte, ward als Probst 1712 in Mittenwalde angesetzet, von da er nachgehends als Inspector nach dem Friedrichs-Werder, hernach als Consistorial-Rath und Probst an die Nicolai-Kirche zu Berlin gekommen, sein Herr Bruder aber Friedrich Roloff, der gleich mit dem Anfang des Jahres 1713 seine Stelle bekommen hatte, erhielt im Julio den Ruff nach Potsdam zu dem Königlichen Leib-Bataillon. 1) Herr Friedrich Roloff war also der erste hiesige Garnison-Prediger, der nebst dem Hoffprediger vor dem König und deßen Leib-Bataillon zu predigen hatte. Herr Rector Küster hat uns von ihm einige Nachrichten ertheilet, aus welchen ich hier nur anführen will, daß er 1678 zu Aschersleben im Fürstenthum Halberstadt gebohren, 6 Jahr älter als sein vorgenannter Herr Bruder und schon vorher Prediger in Quitzow, Schönfeld und Buchholtz unter der Perlebergischen Inspection, dabey auch ein gründlich gelehrter Mann gewesen, aber nur wenig hat drucken laßen. Er heyrathete hier des Pastors Buntebart Tochter, kam von hier A.1717 als Diaconus an die Marien-Kirche zu Berlin und starb daselbst den 3. October 1743. Die mir von ihm bekannt gewordenen im Druck erschienenen Schriften sind: a) Diss. de ficus imprecatione ad Marc. X. 1. Jen. 1704. 4°. b) Diss. de Christ. Hal. 1707. 4 °) Eine auf den Todt des Advocati Camerae Stützing gehaltene Perentation. fol. — 2) Herr Philipp Michaelis, ein Bruder des so berühmten Hallischen Doctoris und Professoris Theologiae et linguarum orientalum Herrn Johann Heinrich Michaelis. Er war seit 1700 bey der Evangelisch-Lutherischen Hamburgischen Gemeine zu Archangel in Rußland Pastor gewesen. Der Prediger in der alten Kirche zu Moskau Alexander Zunge hatte ihn daselbst ordiniret und den Hamburger gelehrten Berichten von 1748 num. 45 wird von Moskau geschrieben, daß dies die erste Ordination eines Evangelischen Predigers in dasigen Landen gewesen sey. Er hat hier nicht lange gestanden. Sein Todt erfolgte schon 1719 und von Schrifften, die er drucken lassen, ist mir weiter nichts bekannt geworden als: a) Schmertz und Trost beym Scheiden eines treuen Hirten von seiner lieben Herde. Halle 1719. b) Vorstellung, daß das Weib des Mannes Ehre sey. In seinen Platz rückte 3) Herr Johann Gottfried Hornejus, der als Feldprediger bisher bey dem Forcadeschen Regiment gestanden hatte. Er blieb in Potsdam bis 1727 und kam hierauf als General-Superintendent nach Stettin in Pommern, wo er 17 .. im Herrn selig entschlafen ist. Es sind verschiedene seiner Predigten auf Königl. Veranlassung zum Druck befördert: a) Heilsamer Unterricht von dem rechten und heilsamen Gebrauch des von Christo selbst eingesetzten heil. Abendmahls. 1723. 4° b) Vorbereitung auf das Leiden J. C. aus dem Ev. am Sonntag Esthomihi 1726. — 4) Herr Joh. Caspar Carstedt aus Bismark, einem Städtchen in der Alten Mark, wo sein Vater Kauff- und Handelsmann und zuletzt Rathsherr war. Hier ward er gebohren 1684. Er studirte auf den Schulen zu Bismark, Neu-Ruppin, imgleichen auf der Saldrischen Schule zu Altbrandenburg und auf dem Friedrich-Werderschen Gymnasio zu Berlin, bezog 1708 die Universität zu Halle, ward 1709 ein Mitglied des Seminarii praeceptorum selecti und informirte in den obersten Classen des Paedagogii regii. A. 1715 ward er Rector der Saldrischen Schule zu Altstadt Brandenburg und zugleich Garnison-Prediger daselbst. 1726 berief ihn der König zum Prediger bey seinem Leib-Regiment nach Potsdam, wo ihn der Propst Gedicke am 2ten Advent in Gegenwart des Königs und des Cronprintzen einführte. Von hier kam er nach Herrn Gedi-ckens Tode A. 1736 als Feldprobst, Assessor des Königl. Feld-Consistorii und Garnison-Prediger nach Berlin, wo er bis 1741 die Examina und Ordi-nationes der Feldprediger besorgte, die ihm, weil er in Berlin seiner Ämter wegen bleiben mußte, abgenommen und Herrn Decker, den er noch vorher selbst ordiniret, auf Königl. Verordnung überlaßen werden mußten. Er starb endlich als Feldprobst in Berlin im Jahre 1752 und der Königl. Ober-Consistorial-Rath und Probst Köppen hielt ihm die Gedächtniß-Predigt über Ps. LX1I. 6—8. Von dem Glauben an Gott als dem köstlichsten Kleinod, und der Archidiaconus zu St. Petri die Standrede über Ps. CXIX. 30. 31. Von dem Wege der Wahrheit als dem sichersten und seligsten Wege für treue Knechte Gottes. Folgende von ihm allhier im Druck gegebene Predigten sind mir bekannt geworden: a) Die von dem Herrn Jesu angeführte Ursachen, warum so wenig, die Gottes Wort hören, selig werden. Dom. Sexages. 1727. b) Das wahre Christenthum. Dom. Cantate. 1729. c) Das ewige Wohl und Wehe. Dom. 1 p. Tr. 1733. d) Die liebliche Wohnungen Gottes, fer. Pentecost. 1728. e) Vom Tisch des Herrn. 1735. Merkwürdig ist noch, daß zu seiner Zeit die hiesige Hoff- und Garnison-Prediger-Wohnung erbauet worden ist. Er introducirte noch vorher, ehe er nach Berlin gieng, seinen Nachfolger. Das war 5) Herr Johann Friederich Ösfeld. Er war aus Brandenburg bürtig, wo er 1709 den 9. April das Licht der Welt erblickte und nachgehends unter Anführung des ehemalig berühmten Rector Gott-schlings, der ihn seines Fleißes, Wohlverhaltens und Geschicklichkeit wegen besonders lieb und werth hielt, es so weit brachte, daß er 1727 die Universität Jena und hernach auch Halle beziehen konnte. In Jena disputirte er 1728 unter Vorsitz des berühmten Dr. Walchs über Es. LIII. 11 de servo Dei justificante. Von Halle gieng er nach Berlin. Nachdem er sich eine Zeitlang daselbst als Candidatus ministerii aufgehalten, wurde er in kurtzer Zeit, nemlich in 3 unmittelbar auf einander folgenden Jahren, welches gewiß was seltenes und merkwürdiges ist, zu verschiedene zum Theil wichtige Kirchenämter befördert. Denn 1734 wurde er als Prediger bey dem Königl. Corps de Cadets angenommen. 1735 wurde er als vierter Diaconus an St. Nicolai zu Berlin bestellet, 1736 aber von Sr. Königl. Majestät Friedrich Wilhelm zu dero Hoff- und Garnison-Prediger nach Potsdam beruffen und von seinem dasigen Vorfahren, nunmehrigen Feldprobst Herrn Carstedt am 2ten Ostertage introduciret. Einen Lutherischen Hoffprediger hatte hochselige König vorher niemahls gehabt. Er war, ehe er noch hieher kam, noch im Vorschlag auch als Pastor nach Hamburg, und nach dem Tode des Herrn Reinbecks hatte er die meisten vota. zur Cöllnischen Probstei, daß er aber keines von beyden erhielt, daran war wohl hauptsächlich dieses Schuld, daß ihn der König gern hörete und ihn noch allemahl eben so gut und noch besser zu versorgen glaubte. Er hat denselben in seiner letzten Krankheit mit Rath und Trost bis an sein hochseliges Ende unermüdet beygestanden und ihn neben den Herrn Hoffprediger Cochius gegen die Ewigkeit bestens zubereitet. Er starb den 28. Februar 1746 und ward in Bornstedt begraben. Herr Prediger Kretschmann, der ihm die Standrede von dem unerforschlichen, doch preiswürdigen Wege des verborgenen Gottes bey dem Ableben seiner Kinder und Knechte gehalten über 368. XU 15 ff. Er verdiente das Lob vollkommen, welches ihm bey dieser Gelegenheit von Herrn Kretsch-mann gegeben wurde. In seinem Amte war er treu, unverdrossen und sorgfältig; sein Vortrag war munter, rührend und erbauend. In dem Umgange mit anderen war er aufrichtig und gefällig, jedoch vorsichtig, gegen seine Mitarbeiter und Collegen dienstfertig und verträglich, in seinem Hause ein treuer und liebreicher Ehegatte, Vater und Versorger, überhaupt ein rechtschaffener Prediger und guter Christ. Zu seiner geliebten Ehegattin erwählte er sich 1735 die damalige Johanna Sophia Theeringen, Herrn Benedictus Heinrichs Theerings, treu verdient gewesenen Pastors zu Barleben bey Magdeburg ältesten Jfr. Tochter. Die aus dieser wohlgerathenen und vergnügten Ehe erzeugten Kinder waren 5 Söhne und eine Tochter, von welchen nur noch die 2 Söhne Herr Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig beyder-seits Königliche Hoffräthe im Leben übrig sind. Die Predigten, welche er auf allergnädigsten Speciell-Befehl zum Druck gegeben, sind nach der Anzeige des Herrn Kretschmann in allem 10, wozu noch 2 Parentationes auf den berühmten Banquier und Director der Gewehrfabrik in Potsdam Herrn Gottfried Adolph Damm, und die andere auf den Königlichen ältesten Kammerdiener Sr. K. M. Friedrich Wilhelms Herrn Joh. Fried. Abt, A.1743 den 12. Februar und 1745 den 12. Mart gehalten worden sind. 6) Herr Johann Christoph Decker, ein Stettiner von Geburt, welcher auf der Universität Halle bereits den Titel eines Magistri und Adjuncti facultatis Philosophicae erhalten und durch verschiedene Lectiones Academicas und Dispositiones sich hervor gethan hatte. Seine jetztregierende Majestät erklärten ihn 1741 zum Feldprobst und Garnison-Prediger zu Potsdam. Es lebte zwar noch der selige Herr Probst Carstedt, welcher den damahligen Feldzug mitzuthun sowohl durch sein Amt in Berlin, als durch persönliche Schwachheit gehindert war. Der König ließ ihm seinen Gehalt als Feldprobst, schenkte ihm auch die bisher sogenannte Probstey in Berlin erb- und eigenthümlich, setzte ihn aber in Ansehung der den Feldprobst sonst zukommenden Amts-Verrichtungen außer Activität und die Examina und Ordinationes der Feldprediger wurde ein Werk des neuen Feldprobstes. Er begleitete hierauf die Ar-mee in den 2ten und 3ten Schlesischen Feldzug, starb aber 175. zu Leutmeritz in Böhmen an einem hitzigen Fieber und ward zwar auf dem damaligen Kirchhoff begraben, nach dem Abmarsch der Armee aber wieder ausgegraben und seine Gebeine anderswohin gebracht. Er heyrathete hierselbst eine französische Demoiselle de Gagette, mit welcher er . . Kinder erzeugte, und die nach seinem Tode wieder an den Herrn Straßberg vermählet wurde. Er war ein sehr gelehrter und sehr geschickter, dabey munterer und lustiger Mann. 7) Herr Carl Andreas Friedrich Balk, ein Braunschweiger. Er stand seit 1748 bey dem Rochauschen, nachmals Seidlitzischen Regiment Curassier. Im Jahre 1757 ward er von Sr. Königl. Majestät zum Nachfolger des Herrn Deckers ernannt. In der blutigen Schlacht bey Prag gerieth er, weil er von seinem Regiment, das wider den Feind anrückte, sich nicht losmachen konnte, sowohl als jeder andere in Gefahr, von den feindlichen Geschossen getroffen zu werden, ward aber wunderbar erhalten, und als er nach der Schlacht an seinem General befraget wurde, warum er Spieß und Bogen mitzunehmen vergessen, antwortete er, daß er von dem Schwerdte des Geistes, welches ist das Wort Gottes, genug gehabt, womit er alle feurige Pfeile des Feindes abgetrieben hätte. Die Rede gefiel dem General so wohl, daß er ihm deswegen dem König bestens zu recommandiren nicht unterlaßen konnte, und es dahin brachte, daß er nach Herrn Deckers Tode zum Feldprobst ernannt wurde. Er hat mehreren Schlachten und auch der bey Torgau mit gutem Muthe beygewohnet und nach erfolgtem Frieden das Glück gehabt, mit der Königlichen Garde, über welche er die curam specialem haben sollte, in Potsdam ruhig einzuziehen und die Gnade des Königs bis an sein Ende zu genießen. Er kam in den letzten Jahren um den Gebrauch fast aller seiner Sinne und auch die Sprache ward unverständlich, daß er daher beständig durch andere predigen lassen mußte. Demohngeachtet erhielt ihm der König bey seinem Amte und Gehalt und erlaubte ihm, da es A. 1778 abermahl zu Felde gieng, einen anderen in seiner Stelle bey dem Regimente mitzugeben und hier ruhig sit-zen zu bleiben. Er hatte schon ein Paar Jahre vorher einen Anfall von der Haemoptosie gehabt, der ihm einen nahen Todt gedrohet hatte. Dieser erfolgte den 18. März 1779 würklich und zwar mitten unter dem Eßen. Er speisete gantz allein und es waren Krebse, die er aß. Es überfiel ihn ein Blut-sturz und viele glauben, daß daran eine Krebsschale, die ihm im Halse stecken geblieben, Ursach gewesen sein möge. Man fand wenigstens Krebsschalen, die er mit dem Blut von sich gespien hatte. Er hatte sich, als er noch bey dem Cürassier-Regiment in Schlesien gestanden, in Ohlau verheyrathet. Von seinen Kindern überlebten ihn 3 Söhne, die allesammt Feldscheerer geworden, und von Schriften, die er hat drucken lasten, ist mir nichts bekannt geworden. 8) Herr Kletschke war derjenige, welcher statt des Probstes Balk 1778 mit zu Felde gegangen war. Er war bis dahin Feldprediger in Berlin gewesen, und Herr Balk fand an ihm einen Mann, so wie er ihn haben wollte. Er war nach geendigtem Feldzuge mit dem Regiment nicht sobald in Potsdam wieder einmarschiret, als ihn Sr. K. Maj. zum ordentlichen Feldprobst erklärten. NB. Die Lutherischen Hoff- und Garnison-Prediger und Pröbste haben wegen der Lazarethe seit des Herrn Hoffpredigers Ösfeld Zeiten noch einen ordinirten Substituten und wegen der Nachmittags- und Wochen-Predigten kommen ihnen auch die Feldprediger von den hier einquartierten Regimentern und Bataillons zu Hülffe.
Die Prediger bey der heil. Geist-Kirche
Seit 1726, da die heilige Geist-Kirche erbauet worden, haben nach dem Willen des Königs, daß die Reformirten sowohl als die lutherischen darin ihren Gottesdienst wechselweise verrichten solten, Prediger von der einen sowohl als von der anderen Religion gestanden. Es waren folgende Reformirte Prediger:
1) Herr Christian Ludwig Lipfen, hatte bisher als Prediger am hiesigen großen Königlichen Waysenhause gestanden, und er war es, der in der neu fundirten heil. Geist-Kirche auf allergnädigsten Special-Befehl S. K. Maj. den 10. November als am 21sten Sonntag nach Vormittags die erste oder Einweihungs-Predigt über Ps. XXVII. 4 halten mußte, er blieb aber nur ein paar Jahre in diesem Posten und ward schon 1729 als Hoffprediger nach Landsberg versetzet. Ihm folgte 2) Herr Conrad Ferdinand Posthius, ein Sohn Herrn Ferdinand Posthius, Professoris und Rectoris am Joachim-thalschen Gymnasium zu Berlin, wo er 1702 gebohren war. Nachdem er seine Reise nach Holland, England, Frankreich und der Schweitz geendiget hatte, kam er hier zuerst in Potsdam an, wo er 1729 den 6. Märtz seine Antritts-Predigt hielt. Auch er blieb nicht lange hier, denn schon 1732 bekam er die Vocation als Hoffprediger, Consitoral-Assessor und Inspector nach Cüstrin, von da er ebenfalls schon 1735 zum zweyten Prediger bey der Parochial – Kirche in Berlin beruffen wurde. 3) Herr Ernst Wentzelmann, welcher auf Verordnung des hochpreißl. Kirchen-Directorii bereits ein Jahr zu Cottbus vicariret hatte, und jetzo auf gleiche Ordre zu Cöpnick das Vicariat verwaltete, bekam hierauf 1732, den 17. Jan. Königl. allergnädigsten Befehl, nach Potsdam zu kommen, woselbst S. K. M. ihn über einen von höchstdenselben selbst ihm aufgegebenen Text Röm. IX. 18 — 24 in der heil. Geistkirche predigen höreten und darauf die hohe Königl. Vocation zur erwähnten Kirche ertheilten. Er trat hierauf sein Amt am 11. April am Charfreitage an und hat demselben bis ietzo her und länger noch als ein halbes saeculum unter göttlichem Segen mit aller Treue vorgestanden. 1749 ward demselben die Inspection über die Potsdamsche und benachbarte Schulen und Kirchen allergnädigst aufgetragen und die darüber unter dem 13. Juni ausgefertigte Bestallung zugesandt. Er heyrathete im Jahre 17…. und aus dieser Ehe sind ihm 2 Söhne, Herr… , jetziger Dom-Prediger in Halle, und Herr…. , jetziger…..nebst 2 lieben Töchtern gebohren worden. Er feyerte 17 .. den sein 50jähriges Amts-Jubelfest unter vielen Glückwünschen des Raths, des gesammten Ministerii und der ihm zugethanenen Gemeine, hielt selbst aber über Ps. 103. 1 — 5 die Jubel-Predigt, die den Beyfall des Hofes und der gantzen Stadt erhielt und hat seitdem noch bis jetzo immerhin mit großer Munterkeit und mit Nutzen der heil. Geist-Gemeine sein heiliges Amt unermüdet fortgesetzt. Wir haben von ihm verschiedene im Druck erschienene Schrifften: a)Die dankenden Freunde des Gesalbten des Herrn über die von ihm aufgesetzte goldene Crone Königl. Reichthums und Friedens über die auf das allergnädigst verordnete Friedens-Fest vorgeschriebene Worte Ps. XXI. 2—4. Bey Gelegenheit des zwischen Ihrer Königl. Majestät in Preussen und Ihrer Königl. Majestät in Ungarn geschlossenen ersten Breslauer Friedens im Jahre 1742. 4° b) Die Adlerflügel der Allmacht, Treue und Güte Gottes über die Worte Exod. XIX. 4 — 6 bey Gelegenheit des abermahl zwischen S. Königl. Maj. von Preussen und den Höfen zu Wien und Dreßden den 25. December 1745 zu Dreßden glücklich geschloßenen glorieusen Friedens. Lutherische Prediger:
1)Herr Johann Heinrich Schubert, war zu Magdeburg gebohren, stu-dirte auf der Universität zu Halle, stand seit 1720 als Hoffprediger zu Ebersdorf bey dem Herrn Graffen Reuß und kam auf Recommendation des sel. Prof. A. H. Frankens A. 1726 hieher als Lutherischer Prediger bey der heil. Geist-Kirche, wo er sein Amt den 21sten p. Trin. Vormittags mit einem Taustacte, Nachmittags aber in Gegenwart des Königs und der hohen Generalität mit einer Predigt anhub. Er hat die gantze Zeit über, da er hier gestanden, mit vielem Beyfall und Erbauung gepredigt, auch der hochselige König hörete ihn gern und es wurden von seinen Predigten viele sowohl eintzeln als zusammen gedruckt, wie denn 1733 zu Magdeburg verschiedene Predigten unter dem Titel: Zeugniß von der Gnade und Wahrheit in Christo Jesu und 1741 abermahls im Verlag des Waysenhauses zu Halle 2 Bände Predigten über die Evangelien und Episteln unter eben dem Titel herausgekommen sind. 17.. wurden ihm die Privat-Erbauungsstunden, die er sonst in seinem Hause gehalten, verbothen, und 1743 ward er als Inspector nach Zossen hingegeben. Seine Abschieds-Predigt, welche er am Sonntag Lätare, welche zu hören die gantze Stadt zusammengelauffen war, trug über Joh. 11. 8 eine zweyfache Bitte an seine Zuhörer vor a) an die Sünder, b) an die Kinder Gottes. 2) Herr Johann Gottlieb Lieberkühn, dessen bereits unter den hiesigen Inspectoribus gedacht worden, war zuletzt Inspector in Zossen gewesen. Auf Königl. Befehl verwechselte er seine bisherige Inspec-tion mit dem hiesigen Pastorat, welchem Herr Schubert bisher vorgestanden hatte. Den 27. April 1743 am Sonntag Palmurum ward er durch den seligen Inspector Schultze introduciret und am Charfreitag trat er sein Amt bey dieser Kirche an, bey welcher er so lange stehen blieb, bis gedachter Herr Schultze starb, dem er auf Königl. Befehl als Pastor bey der Nicolai-Kirche und als Inspector über die Potsdamsche Dioecese folgte. Worauf 3) Herr Johann Gottlieb Hirte wieder in seine Stelle trat. Dieser war aus Halle bürtig, wo er auch den Grund seiner Wissenschaft in dem damaligen berühmten Waysenhause legte. 1733 gieng er auf die dasige Universität. 1739 kam er als Lehrer bey der sogenannten Ministerial-Schule zu Stettin. Er ließ sich hier auch zum öfteren in Predigten hören. Der Hertzog Wilhelm von Braunschweig-Bevern hörete ihn und fand an ihn einen Mann, den er werth achtete, 1743 zum Feldprediger seines Regiments zu erwählen. Er gieng mit demselben zu Felde, da im besagten Jahre der zweyte Schlesische Krieg anfieng, kam auch mit demselben nach geschloßenem Frieden 1746 wieder nach Stettin zurück. Er blieb bey demselben bis 1756, da er auf wie-derhohlten Königl. Befehl das Amt bey der heiligen Geist-Kirche in Potsdam antreten mußte. Er hielt seine Antritts-Rede am Sonntag Palmarum mit Beyfall und genoß der Liebe und Zuneigung seiner Zuhörer, so wie der Gewogenheit der angesehensten in allen Ständen. 4) Herr George Christoph Preuß.
Die Prediger bey dem Königlichen Großen Waysenhause
Das Königliche große Waysenhaus hat so wohl als die Garnison- und heil. Geist-Kirche von Anfang an so wohl einen reformirten als Lutherischen Prediger gehabt. Ersterer ist dem Herrn Hoff -, letzterer aber dem Garnison-Prediger, jetzigen Feldprobst subordiniret, denen sie auch in gewissen Fällen zu assistiren von Sr. Königl. Majestät angewiesen worden sind. Ich nenne hier
Die Reformirten Prediger:
1) Herr de Stott
(folgen zwei leere Seiten).
Lutherische Waysen-Prediger:
1) Joh. Julius Hecker war den 7. November 1707 in Westphalen in der Stadt Werden geboren, wo sein Vater Rector der Schule und Secretair der Stadt war. Die ersten 14 Jahr legte er unter der Aufsicht und Anweisung seines Vaters Herrn Bernhardt zurück, hernach wurde er zu Essen unter der Direction Herrn Zopf blühendes Gymnasto anvertraut. Im Jahre 1726 bezog er die Universität etc. 1735 kam er nach Potsdam an das Waysenhaus als Prediger und Inspector, ward dem Könige bekannt, mußte den 19. p. Trin. 1738 vor dem König in Wusterhausen predigen und erhielt die Königl. Resolution in der Ernennung etc. Den 14. p. Trin. 1739 ward die Kirche eingeweyhet und in Gegenwart des Königs eingeführt. Die Antritts-Predigt geschahe den 2. September am Bußtage über Tit. XXVI. 18 und widmete sich ganz seiner Gemeine etcc. Er starb den 24. Juny 1768. 2)Johann Christoph Schonmeyer war den 8. Januar 1696 in Nordhausen gebohren. Er besuchte die Schule seiner Vaterstadt, wo er insonderheit der Unterweisung des damaligen Rectors, nachmahligen Predigers in Magdeburg Herrn Joachim Meyers, eines gelehrten und rechtschaffenen Mannes, zu genießen hatte. Nach den Schuljahren bezog er die Universität Halle im 20sten Jahre seines Alters. Die ersten Versuche im Lehrerfache machte er in der Schule des Waysenhauses, bald darauf ward er Inspector besagter Schule und verwaltete dieses Amt 5 Jahre. Von hier erhielt er einen Ruf als Catechet und Prediger nach der äußersten Grenze Rußlands. Ob er nun dringender Ursachen wegen diesem Ruf nicht folgen konnte, so ward er dennoch bald nachher im 30sten Jahre seines Alters Pastor an der Waysenhaus-Kirche zu Potsdam, bey welcher er 2 Jahre im Amte gestanden, in welcher Zeit er zu-gleich dem dortigen Garnison-Prediger in geistlichen Amtsverrichtungen zur Hand gieng. 1730 ward er vom Magistrat zu Stettin zum Prediger an der dortigen Johannis-Kirche beruffen. 1737 ernannte ihn der König zum Haupt-Pastor und Inspector der Kirche und Dioeces zu Ratenau. Nach 14 Jahren wurde er von dem König Friedrich V. in Dänemark zum Haupt-Pastor der Gemeine Tonnengen bestellt, bey welcher er 16 Jahre in Segen gearbeitet hat. Er starb den 1. Juli 1767 an einer zweytägigen Brustkrankheit.
Von den Catholischen Geistlichen.
Jetziger Pater: Kleinsorge. Jetziger Caplan: Anton Wiederholt. — Die bey hiesiger Catholischer Kirche seit deren Erbauung gestandene Geistliche sind gewesen: a.) Patres: 1) Der erste Catholische Pater ist gewesen Pater Ludwig Beloe. 2) Der Pater Bruns (Reymady), der die neuerbaute Catho-lische Kirche den 21. September 1738 zu Ehren der Apostel Petri und Pauli einweyhete. Es geschahe den… p. Trin., da über das Thema von dem Jüngling zu Nain pflegt gepredigt zu werden. Es gab ihm dieses Gelegenheit, die Catholische Kirche unter dem Bilde des Jünglings von Nain vorzustellen, die ebenfalls in diesem Lande gelebet, gestorben und durch die Gnade des Königs wieder zu leben anfienge. Er starb im Mai 1780 in dem nicht weit von Soest gelegenen Jungfrauen-Kloster Paradieß genannt in einem Alter von 73 Jahren. Er war Prediger des Dominicaner-Ordens, der heil. Schrift Doctor, benannten Jungfrauen-Klosters desselben Ordens, wie auch vormals des Klosters seines Ordens in Halberstadt gewesener Prior. Er hat bey dem Königlichen Leib-Regiment in Potsdam viele Jahre als Königlich verordneter Seelsorger gestanden und unter anderen etzlichen Werken das Römisch-Catholische Unterrichts-und Gebet – und Gesangbuch herausgegeben, welches mit allergnädigster Erlaubniß und Genehmigung S. K. M. glorwürdig-sten Andenkens zum Gebrauch der Römisch-Catholischen in den sämmt-lichen Königl. Preuß. Landen erschien und von S. K. der jetzt regierenden Majestät mit einem Special-Privilegio für das Dominicaner Kloster zu Halberstadt begnadet worden. Die Verdienste dieses Mannes und sein sonst rechtschaffener Charakter werden bey der späten Nachwelt unvergessen bleiben. NB. Dieses ward unterm 18. May 1780 in den Zeitungen von Soest in Westphalen gemeldet. 3) Armandus Jennes, war weiland Feldprediger, nachher erst Catholischer Prediger zu Potsdam, so dann 36jähriger wohlverdienter Seelsorger der Catholischen Gemeine in Berlin. Er starb den 26. April 1777 und ward den 28. April in eine Grufft der dasigen Catholischen Kirche beygesetzt. Am 29sten aber wurde ihm ein solennes Leichenbegängniß gehalten, hatte es auf 77 Jahre gebracht. Er wird bey allen die ihn gekannt wegen seines frommen und menschenfreundlichen Characters unvergeßlich im Andenken bleiben. Extract aus der Haude und Spenerschen Zeitung Nr. 52, A. 1777. b) Caplane: l) Antonius Ahagen. 2) Leopold Lawaldt. 3) Bernardus Bölkenus, der gewißer Ursachen wegen nach Spandau geschickt wurde. 4) Paulus Müller. NB. Allesammt des Ordes S. Dominicus Praedicatorum. Ihr Salarium so sie vom König empfangen ist jährlich 500 Rthlr.
Die erste Kirche ward fertig 1724, sie ward 1730 in etwas vergrößert, 1738 aber völlig abgebrochen und wieder neu gebauet. Während der Zeit das gebauet wurde vom 16. März bis zum 21. September 1738 halten sie ihren Gottesdienst im langen Reitstall. Pater Bruns weyhete sie ein und sie stehet im Bezirk der Gewehr Fabrique. Ist für die Fabriquen und Soldaten. — König Stanislaus war 1735 hier, hat aber der Kirche nichts geschenket. Unser Friedrich Wilhelm brachte 1732 da er von Prag zurück kam, wo er den Kayser Carl Vl. besuchet hatte, aus hohen Gnaden mit: 1) Eine kostbare Monstranz; 2) Eine silberne große Lampe ; 3) Einen Kelch samt allem Zubehör; 4) Ein kostbar Meßgewand von Drap d’or und Drap d’argent. Der Herr von Lothringen nachmaliger Kayser schenkte im Februar 1732 eine silberne Lampe. Der König August, 2 silberne Kännechen, 1 silberne Schüßel. — Die Kirche hat 3 Altäre: 1) Der Große stellt Christum betend vor im Garten Gethsemane. 2) Der zweite die Mutter Jesu. 3) Der dritte den heiligen Schutzengel.
2.6. Von den zur Nicolai Kirche gehörigen Filialen
Die vormals so genannte Catharinen – ietzo Nicolai Kirche ist mater von verschiedenen Filialen außerhalb der Stadt, die wieder andere kleinere Örter eingepfarrt bekommen haben.
Das erste und beträchtlichste Filial heißet Bornstätt. Es liegt nach dem Abend zu vor dem Brandenburgischen Thore, gleich hinter dem Königl. Lustschloß Sanssouci, bey dessen Erbauung die dasigen Bauern durch Fuhren ein gutes Geld verdienet haben. Es gehörte vor diesem den Herren v. Gröben, und ich finde, daß 1598 Melchior, Balthasar und Joachim v. Gröben damit, auch mit der Windmühle, den alten Gerechtigkeiten und Zube-hörungen beliehen worden sind. Es hat ihnen schon zu Carl IV. Zeiten gehöret, in deßen Landbuche Hans v. Gröben und Claus v. Gröben vorkommt, neben welchen aber auch Henning v. Ribbeck daselbst einen Hoff gehabt hat und denen Bohnen einige Freyhuben gehöret haben. Es scheinet das die v. Gröben das Antheil welches die Ribbecken und Bohnen an diesem Dorffe hatten, zuletzt mit besessen. Ich weiß aber nicht genau zu sagen wie lange sie es behalten haben. Der Churfürst Friedrich Wilhelm kaufte es ihnen ab und es wurde mit zum Amte Potsdam geschlagen, der hochselige König aber nahm es diesem wieder ab und gab es dem von ihm erbaueten Großen Waysenhause, dem es auch noch gehöret und durch einen eigens dazu bestellten Amtmann und untergeordnete Amtschreiber unter dem Directorium des Waysenhauses administriret wird. Es hat ein ziemlich großes nahe an Potsdam angrenzendes Ackerfeld, welches durch seinen uner-müdeten Fleiß und seiner öconomischen Wissenschaft sehr berühmten Amtmans Herrn Dräings und dessen ihm im Amte folgenden Herrn Sohns, in einen so fruchtbaren Stand gesetzet worden, daß in fruchtbaren Jahren von ausgesäeten einen Scheffel wohl 18 Scheffel wieder gewonnen werden, welches anderer Orten und namentlich in der Mark Brandenburg etwas sehr seltenes ist. Nicht allein der Acker, sondern auch die Schäfferey, der Viehstand, die Viehmastung, die starke Brauerey und Brantwein-brennerey, welche beyde in der Stadt einen großen Absatz haben und unabläßig täglich betrieben werden, haben für das Waysenhaus einen unbeschreiblich großen Nutzen, welches von hier aus mit Brodt, allerhandt Feldfrüchten, Fleisch, Bier etc. versorget wird, und von dem was verkauffet wird, noch überdem ein großes Geld einziehet.
Die Prediger von der Nicolai Gemeine besorgen hier den Gottesdienst, und die Predigten wurden vormals laut eines Churfl. Abschiedes vom Jahre 1600 von dem Pastore und Diacono wechselweise und zwar also gehalten, daß an dem einen Sonntage zuerst in der Stadt, an dem anderen Sonntage aber zuerst in Bornstätt gepredigt werden mußte. Es ist mit der Zeit, und da mit dem Anwachsen der Stadt, die Stadtgemeine täglich größer geworden und die Prediger nach dem Befehl des Königs nicht unterlassen durfften allemahl Sonntags Vormittags die Kirche in der Stadt um 9 Uhr, Nachmittags aber um 2 Uhr angehen zu laßen, in Ansehung des Amtes auf den Dörffern vieles geändert worden, und endlich dahin gekommen, daß Pastor und Diaconus bey der Nicolai Kirche mit Bornstätt und den übrigen Dörffern, sich ietzo fast gar nicht mehr abgeben können, dagegen ein angenommener dritter Prediger gegen ein schlechtes Gehalt und abgetretene wenige Accidentien fast alles thuen muß. Der Pastor hat hierselbst 2 Hufen Landes und den Zehnten von allem Getreyde, Kühen, Schaafen, Gänsen, Hünern, Pferden und Schweinen, welches er so wohl als das Land verpachtet hat. Der Diaconus hatte damals kein stehendes Gehalt, sondern mußte sich mit den wenigen Accidetien die ihm zufielen, zufrieden stellen. Andreas v. Gröben vermachte ihm 1581 ein Capital von 200 Thlr., welche bey dem Potsdamschen Magistrat nieder gelegt wurden und wovon er jährlich 6 pro Cent zur Verbeßerung seines Gehalts zu genießen haben sollte. Das Testament selbst lautet folgender Maaßen:
»Ich Andreas v. d. Gröben. Erbseßen zu Bornstedt vor euch meine Erben, Erbnehmer und sonst einem jeden dieses Brieffes unsichtigen bekenne und füge zu wißen, demnach der allmächtige Gott aus väterlichem Wohlgefallen mich und meine geliebte Haußfraw miltiglich in zeitlichen Gütern gesegnet und begabet hat, dafür wir dazu beyden Theilen ihm hertzlichen Dank sagen. Und vor Augen befinden, mit was geringer Besoldung unser Kirchendiener die dennoch für unsere Seele wachen sollen und müßen, versehen und versorget seyn. Als haben wir dis hocherwogen, und endlich darauff beschloßen, daß meine geliebte Haußfraw Hedewich v. Hacken unsern lieben Gott zu Ehren und zu Beförderung seines lieben Worts und Predigt Amts vor sich und in Vormundschaft ihres gebetenen Kriegischen Vormunds Ehren Jacob Gericken Pfarrherrn zu Pottstam Einhundert Thaler zur Capelaney zu Pottstam biß zum ewigen Zeiten verordnet, geschenket und gegeben hat. Die denn auch von Stund an und baar vber, mit einem guten Wißen, freyen Willen und unwiederrufflichen Consens dem Rath zu Pottstam vnlaßkündlichen vbergeben und zugestellet worden, also vnd mit dieser Bitte, daß sie darauf sehen und dafür sorgen vnd seyn sollen, daß die eynhundert Thaler von vnd vor unverrückt und un-zertrennet bleiben in einer Summa auf Zinsen gehen vnd stehen soll vnd den jährlichen Zinß davon dem Caplan zu Pottstam, so itzt und daselbst ist, oder künfftig dahin kommen mögte, zu seiner Besoldung zugeleget, und vf den Tag Bartholomai jährlich gezahlet und entrichtet werde. Damit der Caplan mit den seinen desto beßer Vfenthalt habe vnd auch in seinem Amte so viel fleißiger seyn kann. Wie denn abgedachte Hedewig v. Hacken meine geliebte Hausfraw hierbey auch dieß gebeten, verordnet vnd gestifftet haben will, daß der Caplan so diese beneficien genießet je zu drey Wochen in vnserer Kirche zu Bornstätt vor der Predigt dafür die Litanay ablesen vnd singen soll. Vnd will denn auch sonsten Ich vnd meine geliebte Hauß-fraw hierbevor in vfgerichten vnd vollzogenem Testament noch einhundert Thaler zur Capenaley auch bescheiden vnd verordnet vnd vorehret haben. Sollen dieselbe zu seiner Zeit, wenn solch Testament geöffnet, auch volgen erlegt und bezahlet werden, vnd ietzo heute geschenkt und von meiner Haußfraw gegeben eynhundert Thaler nichts hinderlich seyn, getreulich vnd sonder gefehrde. Vrkundlich habe ich Andreas v. d. Gröben, dieß mit angebohrnem Pittschafft versiegelt vnd mit vnterschriebenen eigenen Hand bekrafftiget, confimiret vnd bestätiget, Geschehen zu Bornsted, Diestag Vincula Petri Anno Domini 1581.«
Andreas v. d. Gröben, meine Hand Mpp.
Anno 1613 und weiter A. 1623 wollte Melchior v. d. Gröben dieses sein Dorff schlechterdings von der matre abziehen und einen eigenen Prediger annehmen. Er gieng so weit daß er dem damaligen Pfarrer Franco, die Kirche ein ganzes halbes Jahr verschloß, er konnte aber, was er suchte, bey dem Geheimbten Rath in Berlin nicht durchsetzen, und wurde beyde mahl damit abgewiesen: Bornstett könne von der Matre in Ewigkeit nicht getrennet werden. Etwa eine viertel Meile von Bornstett nordwärts und eine halbe Meile von Potsdam, liegt das kleine Dorff Nedlitz und nicht weit davon die sogenannte Nedlitzer Fehre, wo ehedeß eine Fehre, ietzo eine Brücke über die Havel ist. Beydeß gehörte ehedeß den Herrn v. Hacke, die das Dorff dem Churfürsten, die Fehre aber nebst dem Privilegio von den herüber reisenden einen Fehr – oder Brückenzoll zu fordern der Müller’schen Familie nebst noch anderen Pertinentien schon vor langen Jahren verkauft haben, beide Örter sind bey der Kirche in Bornstedt mit eingepfarrt, gehören aber sonsten unter das Amt Fahrland. Zu dem Amte Bornstedt gehört auch das Vorwerk Pirschheide, welches von dem nahe gelegenen Walde benennet ist, wovon die Leute sich ebenfalls zur Bornstedtschen Kirche halten, ingleichen der Gollin, wo die Leute nach Werder in die Kirche gehen sollen, ingleichen der Caninchen-Werder, eine kleine Insel in der Havel bey klein Glinicke gegen Sacrow über, wo zu des Großen Churfürsten Zeiten die Caninchen mit Fleiß geheget wurden. Ietzo werden daselbst zum Gebrauch des Waysenhauses viele Ochsen fett gemacht, auf die ein eigens dazu bestellter Mann Achtung geben muß.
Das zweyte Filial von der Potsdamschen Nicolai-Kirche ist Stolpe, eine kleine Meile von Potsdam auf dem Wege nach Berlin im Teltowischen Creyse unter dem Amte Potsdam. Von diesem Stolpe ist noch vorhanden das Schreiben des Bischofs Dietrich an die Matrem Potsdam folgendes Inhalts:
»Wy Didorigh von Gottes Gnaden Bischop thu Brandenburgk, bekennen öffentlich mit deßen vnsern openen Brieffe für allen den he vor-kompt die en sehen oder hören laßen, det wy zwischen den Ernsthafftigen Ern Johannißen Otterstetten Pfarherrn Ihn Potstamp an einem, vn die gemeine Buhr vnsers Dorpes Stolp Ihn der Parkerken thu Potstamp gelegen an andern Thelen mit beyder Partt Willen vnd Folbort vnterhandelt gedinget vnde gentzlich geeniget hebben in Mate vnde wißen wie na geschreven, nemlicken dat er Johannes Otterstedten vnde alle syne Nakamen Parherrn Lho Potstamp schollen alle Jahr Zwölff mißen in der Kerken tho Stolpe Hollen edder tho holden bestellen ohne dy mißen dy he edder syne Nakamen in den Dagen der Jnleihung Kindeblettischen Frowen oder in Wortschafften der Brude doselbst holden, vn widderumb no dem det vörmalß in den genanten Dörp Stolp nich ene Kerke gewesen sundern in kortten Thieden gebawet ist, .vn die genantte Parher thu Potstamp edder syne forfahren vörmalß nicht verpflichtet sie gewest gen Stolp thu gehende miß da tho holden Kindelblettische frawen in Wortschappen Brüde in thu leichen, hierumb schollen die genente Buhr zu Stolp den er genanten Er Johannßen Otterstätten vnde syne Nakomen Parherren thu Potstamp hewen drittig schepel roggen den sie ohnjerlich verpflichtet sie alle Jahr /Neun schepel Hawer vn einen Aal die einen schillinges Brandenburgischen Pfenniges wert is geben, wed-derumb ok die Parher Ihnen thit miße holdet den schollen die Buhr met etem v. trinken eine Malthit v. sin Part mit gemengt ger Fuder entrichten, ok sinen Koster dem eure Malthit v. darthu den Brengeburschen Pfennig geben, desto Vrkund v. mherer Sicherheit hebben wy unse insigel vnden an disen Briefs laten hangen dy gegewen is in Vnsern Dörp Stolpe, am middewoken in den Pingsten na Godes geburt vierthein hundert dorna in den neu vn seßigsten Jahr.«
Es hat hieselbst vermöge eines Churfl. Abschiedes de dato 1592 Pastor und Caplan zwey Sonntage wechselweise zu predigen, am dritten aber lieset der Küster ab oder wird iemand geschicket, für welchen dritten Sonntag die Bauern eine Mahlzeit und drey Quart Bier geben. Auch sind die Bauern vermöge des 1600 erfolgten Visitations Recesses schuldig für iedesmahl, daß sie aus der Kirche bleiben, drey Groschen Straffe im Amt zu erlegen, davon die Hälffte zu vertrinken, die andere Hälffte zum Nutzen der Kirche anzuwenden. Diese Verordnung hat, so sonderbar sie uns auch vorkommen mag, dennoch den Nutzen gehabt, daß die Bauern fleißiger in die Kirche gekommen sind und noch kommen. Es ist übrigens noch anzumerken, daß dieses Dorff 1299 nebst den Dörffern Gieselsdorff, Heinrichsdorff, Rudelsdorff, Stansdorff, Schönau und der Stadt Teltau von dem Marggraff Hermann II. an den Bischoff zu Brandenburg sub conditione, wenn er ohne männliche Erben abgienge, verschenkt, sonsten aber die 300 Mark Silber, so daß Stifft dem Marggraffen vorgeschossen und an die v. Alvensleben bezahlet worden, demselbigen restituiret werden sollten, wie aus Lenzens Brandenburgische Stifftshistorie p. 33. 75. zu ersehen und versichert uns der Herr Ober Consistorial Präsident v. d. Hagen, daß die Schenkungs Urkunde noch in dem Königl. Archiv vorhanden sey. Siehe deßen Beschreibung von Teltau p. 13.
Bey Stolpe ist mit eingepfarret die sogenannte Kohlhasen Brücke. So nennt man ein gewißes eine halbe Meile von Stolpe gelegenes Wirthshaus, wo vorbey, ehemals, da noch die Glinicksche Brücke gebauet wurde, und wenn man will auch jetzt noch die Passage von Potsdam nach Berlin gieng. Es ist dabey eine gar kleine Brücke über einen gar kleinen Bach, die von dem zu des Churfürsten Joachims des Ersten Zeiten sehr verrufenen Kohlhasen den Namen empfangen hat. Ich will was M. Petrus Hofstius von ihm berichtet, kurtz zusammen fassen: Hans Kohlhase war ein Bürger und ansehnlicher Kaufmann zu Cölln an der Spree, er handelte insonderheit mit Pferden und anderem Viehe. Er war einstens mit vortrefflichen Pferden in Sachsen, und ein großer Edelmann brachte ihn in den Verdacht, daß er sie gestohlen haben mögte. Kohlhase nahm ihm dieses sehr übel, ließ seine Pferde in den Gerichten stehen und gieng hin von seinen Verkäuffern sich Attestate zu hohlen, daß er sie ehrlich bezahlet hätte, kam wieder, zeigte sie und verlangte seine Pferde wieder zu haben, sie waren aber ganz abgetrieben und verhungert. Er weigerte sich, sie so wieder anzunehmen, und wollte daß sie der Edelmann behalten und nachdem, was er dafür gefordert, bezahlen sollte. Der Edelmann war dazu nicht zu bewegen. Kohlhase suchte daher sein Recht weiter bey dem Churfürstlich Sächsischen Hoff, erhielt aber keine Hülfe. Er suchte sich daher an den Churfürsten und seine Lande selbst zu rächen, brachte verschiedene Wagehälse auf seine Seite, und fieng in Sachsen an zu rauben und zu sengen und brennen, welches damals um soviel leichter angieng, weil Sachsen und Brandenburg im Mißverständniß lebten. Es ward endlich von Seitens Brandenburgs nachgegeben, daß der Churfürst von Sachsen ihn selbst in den Brandenburgischen Landen aufsuchen, und wo er ihn fände, aufheben lassen mögte. Derselbe beorderte hierauf 24 Reisige zu Pferde, die in voller Rüstung mit langen Lanzen hier im Lande und im Magdeburgischen umher zogen und den Kohlhasen, wo sie nur von ihm höreten nachgiengen um ihn in Hafft zu bringen. Weil ihn aber von diesen Leuten keiner kannte, so geschahe es nicht selten, daß er selbst mit seinen Verfolgern in einem Kruge beysammen war, aß und trank, ohne von ihnen entdeckt zu werden, dabey aber Gelegenheit fand ihre An-schläge aus ihrem eigenen Munde zu hören und sich dagegen zu praecaviren. Es wurden damals viele aufgegriffen die man für seine Anhänger ansahe, die auch unschuldiger Weise hingerichtet wurden, er selbst sahe unerkannter Weise der Execution mit zu und bezeugte sogar den Chur-fürsten durch Schreiben die Unschuld dieser unglücklichen Leute, ihn selbst aber konnte man nicht habhaft werden und wenn ihm die Sachsen bisweilen auch sehr nahe kamen, daß sie ihm auch schon im Sack zu haben glaubten, so wußte er sich doch durch seine Kenntniß, die er von allen Wegen und Stegen hatte, so gut zu helffen, daß er ihnen im huy durch die ihm bekannten Schlupfwege und seichten Örter der Seen und Flüße unver-muthet entgieng. Er suchte selbst durch die Fürsprache Dr. Luthers, den er incognito zu Wittenberg in seinem Hause besuchte, seinen Zweck zu erreichen. Da aber seine Sache doch nicht befördert wurde, fiel er endlich unbesonnener Weise auf Verhetzung eines seines Anhänger George Nagel-schmiedts auf den unseeligen Anschlag sich einer Quantität Silbers, welches der Churfürst Joachim in den Mansfeldischen und Stollbergischen Bergwerken hatte aufkauffen lassen und welches durch Sachsen gieng, räuberischer Weise zu bemächtigen, nicht in der Absicht es zu behalten, sondern den Churfürsten zu bewegen, daß er sich seiner Sache an dem Sächsischen Hoffe annehmen sollte. Allein die Sache gerieth über und schlug zu seinem endlichen völligen Verderben aus. Er brachte das Silber zwar glücklich fort, und versteckte es, ohne daß jemand etwas davon erfuhr, unter vorangeführter, nachher von ihm benannten kleinen Brücke, wagte sich aber, weil bisher noch immer alles glücklich mit ihm gegangen, bis nach Berlin; der gute Glaube des gemeinen Volkes versicherte, daß Meister Hans der Schafrichter es durch seine Kunst dahin gebracht, daß er mit seiner Gellschaft nach Berlin habe kommen müssen. Da man ihn nun hier einmahl gesehen und erkannt, ließ der Churfürst den Befehl ergehen, überall Haussuchung zu thun, und da fand man ihn endlich in einem Gäßlein bey der Nicolai Kirche in Thomas Meisners Hause und brachte ihn sofort in genaue Verwahrung. Bald nachher ward auch vorbenannter Nagelschmidt, einer seiner vornehmsten Diebsgesellen nebst seiner Frau auch ergriffen und nach angestellter peinlicher Klage, wogegen Kohlhase sich männlich verantwortete, alle drey zum Tode und zwar zum Rade verdammet. Die Execution geschahe Montags nach Palmarum A. 1540 und man sagt daß Kohlhase über einen Monath immer frisch geblutet und daß er nicht sobald gerichtet gewesen, als es dem Churfürsten leid geworden.
Es stehet dieses Kohlhasen Brück sowohl als Stolpe unter dem Amte Potsdam. Es ist etwas Acker und Gartenwerk dabey. Außer dem Wirth und dessen Hausgenoßen die den Vorbeyreisenden nothdürftig aufwarten, giebt es hier noch verschiedene Hausleuthe, die sich hier in kleinen Häusern angebauet haben und sich bey dem Theerbrennen (davon auch der Ort der Theerosen genennet wird) und andere Handarbeiten brauchen lassen und sich zur Stolpeschen Kirche mit halten. Vor diesem giengen auch die Leute aus Klein Glienicke hier in die Kirche. Nachdem aber der Churfürst Friedrich Wilhelm bey Glienicke die Brücke bauen lassen, halten sie sich des Gottesdiensten wegen mehr nach Potsdam. Es kommt dieser Ort schon in Caroli IV. Landbuche vor. Er wird mehrentheils bloß von Hausleuthen und Gar-tenarbeitern bewohnt, und ist, wenn man über die Brücke kommt, der er-ste Ort im Teltowschen Creyse, wo man durch kommt, wenn man von Potsdam nach Berlin reiset. Der Weg dahin gehet von Potsdam aus durch eine 4 Meile lange fünffache mit Linden und Eichen besetzte lustige Allee, die vorgedachter Churfürst hat anlegen lassen. Zu des Kaiser Carls IV. Zeiten waren bey diesem Orte 18 Hufen Acker Land und Hartwich de Glinicke und Hans de Grieben hatten hier ihren Curiam, die daselbst befindliche See aber gehörte den Nonnen in Spandau. Nach der Zeit sinde, daß die von Schönau und nach ihnen die von Schlabberndorff hier angesehen gewesen sind (Joachim v. Schönau wurde A. 1537 hierselbst mit dem Schulzengericht und der Mühle beliehen). Von den Schlabberndorffs tauschte 1680 der Große Churfürst es gegen den Gallin und einige 1000 Thlr. zu, brachte aber doch nachgehends den Gallin wieder von ihnen an sich. Er legte daselbst ein schönes Lustschloß und Garten an wo er nach 3 Himmelsgegenden eine weite Aussicht über die Havel und auch Potsdam zu hatte. Auch legte er zwey treffliche Weinberge an, die aber jetzo so wohl als das Schloß und der Garten an Leute verschenket sind, die was sie haben nicht zu nützen wissen. Das seit vielen Jahren wüste liegende Feld schenkte der König Friedrich Wilhelm einen Soldaten daß er es mit einer gewißen Anzahl Maulbeerbäumen bepflantzen, das übrige Land aber, wozu er es am besten benutzen könnte, gebrauchen und auch von den Maulbeer Plantagen den Nutzen allein genießen sollte. Es wollte aber mit ihm nicht fort, weil es ihm am Besten fehlte. Er verkauffte daher, was ihm gegeben war, an den Dr. Medicinae und Königlichen Hoffrath Mirow, der ein ansehnliches Gebäude dahin setzte und sich das Land zum Ackerfelde und Anlegung eines Gartens bediente, auch eine Ziegel- und Kalkbrennerei daselbst anlegte. Das Churfürstliche Schloß räumte dieser König gewißen Arten von Kranken von seinem Regiment zum Lazareth ein, die daselbst von gedachtem Hoffrath mehrentheils glücklich curiret wurden, der jetzige König aber gab es sammt dem dazu gehörigen Garten dem Juden Israel Levin Joel, der daselbst 1758 eine Tapeten Fabrique anlegte. Das was der Hoffrath Mirow für sein Geld an sich gebracht und angebauet hatte, verkauffte er nach einiger Zeit an den noch lebenden großen Königl. General v. Möllendorff der, was er gekaufft, vollends alles zum Nutzen und Plaisir anlegte, es aber nicht behielt, weil er von hier nach Königsberg in der Neumark versetzet wurde, es wiederum an den Königl. Ingenieur Lieutenant Schlott verkauffte, der es so noch bis diese Stunde besitzet. Die hier befindliche Walkmühle welche durch das Wasser der Griebnitz See getrieben wird, gehöret den Tuchmachern in Potsdam.
Das dritte zur Nicolai-Kirche in Potsdam gehörige ist Neuendorff. Es liegt der heilg. Geist Kirche gegenüber, jenseits der Havel im Teltauschen Kreise, der Stadt gantz nahe, man muß aber, weil der Weg dahin über die lange Brücke führet, einen ziemlichen Umschweif dahin nehmen. In Caroli Landbuch wird dieses Dorffes noch nicht gedacht, es scheint also erst nach dieser Zeit erbauet worden zu seyn. A. 1585 hat es, wie aus einem Visitation Recess von 1600 erhellet, eine eigene Kirche bekommen und die hiesigen Prediger ließen sich von den dasigen Bauern bereden ihnen in loco zu predigen, wenn sie ihnen jährlich 10 Thaler Geld, gewiße Scheffel reines Korn und zu drei gute Fuder Heu ihnen die erforderte Wiesen anweisen wollten. Vorher waren sie genöthiget in Potsdam zur Kirche zu kommen, und es ist den folgenden Predigern wohl 100 mal leid geworden, daß ihre Vorfahren diesen Contract eingegangen, weil sie bey dem Anwachs der Stadt so viel allein in der Stadt zu thun gefunden, daß ihnen dieses Dorff mit abzuwarten fast unmöglich fällt. Aber geschehene Dinge sind nun einmahl nicht zu ändern. Vor diesem besuchten diese Kirche auch die Arbeiter in der Glaß-hütte, die Müller von der Wassermühle, der Heydereuter, die Leute vom Hackendamm und aus der Königl. Brauerey, sie halten sich aber jetzo großen Theils zur Stadt. Dagegen aber besuchen die Leute von der Reinitzer Mühle, einer nach holländischer Arth gebaueten Mühle, welche der jetzige König erbauet und einem gewißen Sachsen nahmens Reinitz mit hinzu-thuung ansehnlicher Privilegien erb und eigenthümlich übergeben hatte und die anietzo dem Herrn Hoffmedico Fresen gehöret, die Kirche in Neuendorff. Das Dorff selbst stehet unter dem Potsdamschen Amte.
2.7. Von den unter der Potsdamschen Lutherischen und Reformirten Inspection gehörigen Pfarren und eingepfarrten Dörffern.
»Der Churfürst Johann George war der erste, der die Märkischen Pfarrkirchen unter gewiße Inspectionen vertheilte. Die Potsdamschen Inspectionen sind erst in neueren Zeiten errichtet worden.«
Ob ich aber die Reformirte oder Lutherische vor älter ausgeben soll, weiß ich mich noch nicht zu entschließen, so viel weiß ich wohl, daß die Reformirten Herrn Hoffprediger ehedeß die Aufsicht über die Prediger im Golmerbruch mit auf sich gehabt, daß sie sich aber deßwegen den Titel der Inspectoren gegeben, ist mir nicht bekannt, meine also, daß der Reformirte Pastor an der heilg. Geist Kirche der erste sey dem dieser Titul von S. K. M. beygeleget worden, und daß also die Lutherische Inspection dem Alter nach vorgehe als welche schon 1730 errichtet worden. (Die Lutherische Inspection hat 24 Prediger, 54 Örter, 22 Matres, 29 filias, 4 eingepfarrte Örter, 50 Kirchen, 32 Küster, 15 Schulmeister. — Busching Magazin für die neue Histore und Geographie. 13. Thl. p. 37a.) Vorher stunden die Lutherischen Prediger und Schullehrer unter der Spandauischen Inspection, es fand aber der hochselige König für gut, hier eine neue Inspection anzulegen, welcher verschiedene Pfarrdörffer von der Nauenschen, Spandauischen, Berlinischen, Treuenbritzischen, Belitzischen und Brandenburgischen Inspection untergeben wurden und der erste Potsdamsche Lutherische Inspector wurde der hiesige Pastor zu St. Nicolai Herr Schultze, welchen auf Befehl S. K. M. der Königliche Consistorial-Rath und Probst zu St. Petri in Berlin Herr Nein-beck A. 1730 den sämmtlichen Dioecesenes die deßhalb allesammt in der Kirche mit zugegen seyn mußten, vorstellen und sie an diesen ihren neuen Inspector verweisen mußte. Der König selbst in allerhöchster Person, der alte Fürst v. Dessau und viele andere Generals und Obristen waren bey diesem Actus vom Anfang bis zu Ende gegenwärtig und der Herr Probst Reinbeck so wohl als der neue Inspector als auch die sämmtlichen mit gegenwärtig gewesenen Prediger deren überhaupt über . . . waren, wurden nach verrichteter Introduction allesammt auf Königliche Kosten auf dem hiesigen Landschafts-Hause auf das prächtigste tractiret und ein jeder freuete sich von ihnen, einen so würdigen Mann zum geistlichen Aufseher über sich und seine Pfarre bekommen zu haben. Der Herr Schultze verwaltete dieses Amt bis A. 175… da er nach gehabter vieler Arbeit im Herrn entschlief, mit vielem Ruhm, Segen und Zufriedenheit der ihm subordinirten Prediger. Es folgte ihm in diesem Amte der zuletzt an der heilg. Geist Kirche gestandene Pastor Herr…welchem als auch ihm der Todt abforderte A. … sein Schwiegersohn Herr…dem schon vorher das Diaconat an der Nicolai Kirche aufgegeben war, folgte, und noch bis jetzo diesem Amte rühmlichst vorstehet.
Nach den alle Jahr hier im Druck ausgegebenen Inspections-Listen gehören zu der Potsdamschen Inspection folgende Pfarren mit den ihnen eingepfarrten Filialen.
1. Das Stadtlein Werder mit den Filialen Petzo und Glindow
Werder. Ist ein eine Meile von Potsdam nach Abend zu auf einer Insel oder Werder, den die Havel macht, gelegenes kleines Städtchen, welches schon von alten Zeiten her bekannt ist und zu dem Zauchischen Kreyse gerechnet wird. Es gehörte vormals dem Kloster Lehnin, dem es aber nicht von Otto I., der das Kloster stifftete, geschenkt worden, sondern auf andere Weise dazu gekommen ist. Noch zu des letzten Marggraffens Waldemar Zeiten besaß es der Marggräfliche Mundschenk Slotico und seine zwey Brüder, welche nach der im Archiv noch vorhandenen Urkunde milites d. h. Marggräfliche Vasallen waren, sie verkauften es aber im Jahre 1317 nebst 46 Hufen Landes, dem Fischzoll, Grundzins von den Häusern, der Klein-Fischerey, Aalfang und Fischerey mit Erlaubniß des Marggraffen, der den Kauff auch confirmirte, dem Kloster Lehnin für 240 weniger 1/4 Mark Brandenburgisches Silber und noch behielten in demselben die Brüder Wolt-kinus, Henningus und Nicolaus de Stichen nebst dem Dorff Lest 6 Zinß-groschen zu Lehen von dem Kloster, die sie für LVIII Marois sepagenarum grossorum 1339 dem Convent verkaufften. Unter Joachim II. ward aus dem Kloster und den dazu gehörigen Klostergütern ein Churfürstliches Amt gemacht, und seit der Zeit steht auch Werder unter dem Amte Lehnin, welches hieselbst die Obergerichte hat, aber auch von den Untergerichten dem Magistrat, der aus einem Bürgermeister und zwey Rathmännern besteht, nicht viel nachgelaßen hat. Die Bürger nähren sich größtentheils vom Fischfang, Ackerbau, Wein und Baumfrüchten. Es sind in der Stadt 184 Häuser, worunter 4 öffentliche Gebäude, ohngefehr bey 1000 Einwohner, eine kleine Besatzung von Invaliden von der Königl. Leib-Garde, ein Zoll- und Accise-Amt. Die Kirche hieselbst hat 2 Prediger, den Pfarrer und Capellan und diese stehen unter der Potsdamschen Inspection, an welche sie vom Bran-denburgschen Neustädtischen Superintendenten abgetreten worden. 1775 ist die jetzt vorhandene neue Kirche erbaut, in 1777 eine neue Orgel angeschafft, die so wohl als die neu erbauete Schule 1778 eingeweiht worden ist. Vordem hatte dieses Städtchen 2 Jahrmärkte, worüber ich das Privi-legium A. 15.. von Friedrich II. anderswo abdrucken laßen, ietzo aber fünffe. — Der Gallin, ein Vorwerk dißeits der Havel, gehörte vor Zeiten nebst Werder den Äbten von Lehnin. Ich finde eine Urkunde de dato Lehnin vom St. Andreas-Tage 1474, da der Abt Gallus mit Zuziehung Friedrichs v. Brandt auf Wiesenberg den Streit dieses Städtchens mit Otto v. Hacke und dessen Bauern zu Geltow über diesen Gallin zu entscheiden suchte. Auch die Nonnen in Spandow hatten von demselben einige Einkünfte, womit sie das Capitel in Brandenburg beschenkt hatte. Die Churfürsten haben der Stadt, was ihr von den Äbten gelaßen worden, belaßen, bis endlich dem Churfür-sten Friedrich Wilhelm die Lust ankam, eine eigene nutzbare Meyerei und Viehstand daselbst anzulegen. Er kaufte daher 1685 der Stadt diese graßreiche Gegend ab, behielt sie aber nicht länger als bis er auf die Gedanken kam, in Klein-Glinike ein schönes Lusthaus und Garten anzulegen, da er denn mit denen v. Schlabberndorff einen Tausch traf, einige 1000 Thlr. dazu gab und Glinike dafür annahm. Er hat aber nachgehends doch den Gallin wieder an sich gekauft und Sr. jetzt regierende Majestät haben dasselbe denen Leuten in Bornstedt zum Ersatz für die zum Sanssouci gezogenen Äcker und Wiesen allergnädigst eingeräumt. Eine Anecdote von diesem Gallin ist, das der Abt Gallus hieselbst seine Galliram (Beyschläferin) gehalten, die er denn oft besuchet und daß der Ort davon den Nahmen bekommen haben soll.
Glindow. Was die Erdberge zu Glindow betrifft, so hat vormals der Cöllnische Rath vor mehr als 2 saeculis her die Erde zur Ziegelscheune aus 2 Stück Ackers graben laßen.
Waldemari. Bestätigung des Verkaufs von dem Städtchen Werder
In deme Name des Herrn Amen. Waldemarus von Godes Gnaden thu Brandenborg vnd thu Lusitze Marggreue Allen Luden dy dessen Brysf ansichtlich werden Heyl in deme waren Heylande. Sint dat not is, dat alle dat vnd eyn yklik werk dat thu der thukommende tyd navolgende hen ge-recket werd so men hogeß vnd best ma med warnsticheit der Privilegien vnd vnderscheydinge der redlicheit gesterket werden, hyr rine so wyl wy thu eyner warnynge gegen dy thukomende tyd allen luden so also den ge-genwordigen so ruck den thukomenden leten wytlik werden, dat dy strenge man Sloteke vnser lyue drösle med eyndrechtiger vulbort syner Bruder vnd erfgenamen als Rutgers vnd Säbels Ryddern in eynen rechten benu-meden vnd bededingeden Kope vorkoft hebben heft den begenen geistliken Mannen deme Hern Abbete vnd allen synen Brüdern den yegewordigen vnd den thukomeden des Closters Lenyn dat blekeken dy Werder geheiten med seß vnd virtich Lehnhuuen dy dathu hören vnd thu der Czuche wart gelegen sint vnd met souen vryen stucken Geldes dy vth deme Vyschtolle dar vallen vnd med veftehalve stücke yn deme Wort tynse des suluen Blekens vnd med deme tynse der kleynen vyscherey von alrepen vnd van weren vnd met aller Bede vnd med werklicken vnd personliken Dynste med deme gerichte ouersten vnd nedersten vnd met dem kerklehne med aller Frucht vrom vnd nutticheit med acker gewunnen vnd vngewunnen med wurden vyschen wyeden holten med vyschereyen watern, molen med akeme rechte vnd vryheit hyr vme so wy in der marke ein warnstich here und wgyrer sint esschet dat vnse städ dat sodin geschichte dy so redeliken geschyn sint van vns scholen gevulbordet vnd wen sy gewulbordet seynt vor bestediget werden, hebben wy genomen dy vrye vp gift des genanten Slotkens vnd syner Bruder alle vnrbenomeden guter thu den henden des gnanten Abbetes vnd der Bruder von Lenyn med verbodinge alles rechten vnd dat sy an den güdern gehaid hebben vnd hebben dy vme bede wyllen des gnanten Slotkens ouk med vnsen vryen willen thu eren des almechtigen godes vnd der Erwerdigen Juncfroven Marien gegeuen den gnanten Abbete vnd allen den Brudern den thukomenden vnd gegenwordigen thu Lenyn vnd geuen em med krafft desses Bryfes den rechten eygendom des gnanten blekes Werder vnd alle güder dy darthu sint vnd benumet sint vnd aut der der sunderliken bonen dy genumeden noch thu benumende behuf Wesen muchten med aller vryheit nut-samcheit vnd mot allem rechte med alle oren scheyden vnd vftänderingen thu erem ewichliken eygendom med aller bede vnd allen Wagendienst auk med allen andern dynsten gentzliken vry sunder alle beschweringe vnser vogedye ouk sunder ander besweringe thu besitten, wy vorlaten ok openbar so wy thu rechte scholen vermiedest dessen Bryfe alle dy gnanten güter vnd eyn gewelik stücke besunders vnd den gegendom der güder vnd alle recht dat vns vnser erfen vnd nakomeren yn thukomeden thyden yn welcher mate ofte sake dat auk geschyn mochte van den güdern thu komm vnd anvallen künden vor dessen vorgnanten güder hebben dy Abbet vnd Brüder von Lenyn van vnsers mutliken geheites und bodes wegen deme gnanten Slotken vnd synen brüdern an reyden getolden Gelde an Brandenburgschen sulver vnd nicht gegeuen vnd betalet twe hundert vnd vif vnd vyrtig Mark eines vyrdinges enyn, darbey sy vnd ore nakomer vermittelst dessen Bryfe openbar quyd an vorkundigen. Wy vorlegen em ock vnd geuen em hier thu dat nock wy noch ymant vnser erfnahmen ofte nakomere ouk eymant von vnser ever wegen yn eymgen thu komenden thyden vp der gnanten Abbetes vnd Brudern von Lenyn watern dy dat irluchtede vouweken Konegunt eyne fünfter des hochge-bornen forsten ern Hermans vormals eyns Marggreven thu Brandenborg thu etlicher tyd gehad heft vyscherey uuen scholen ofte schal vnd vp dat alle dessen stucken vnd eyn ywelik besundern van vns vnsern erfen vnd nakomern thu ewigen tyden vnworweldiget geholden werden so hebben wy dessen bryf dar vp schreyfen vnd met vnser wytschap met kraft vnses anhengedes Ingesegel heyten beuesten dessen Dynges Lüge sind dy Eddel Günther Graue von Keuevenberg, Droyseke wedige von Wedel, Tiderik von Kerkow, Hynryck von Ost, Rudolph von Liuend al vnse ridder, Hern Hyrink Dekan thu Stendal Hern Ewerns Grouest thu Stolpe u Herr Herrman von Luchow vnses Houes Capellan med mer ander louen wordige, Gegeuen thumen Soldin yn vnser gegenwordyheit na Christi gebort dusent dry hundert vnd ym deme souenteynden Jare in der seuenden kalender des seuen-den montes.
2. Das Städtchen Saarmund und das Filial Bergholtz
Saarmund. Ein Städtchen im Teltowschen Kreyse, eine Meile von Potsdam nach Morgen zu. Hier ist von alten Zeiten her ein Churfürstliches Amt gewesen, welches nebst der Stadt viele Dörffer, Vorwerke und Mühlen unter sich begreiffet. Hier ist von jeher, schon im 14ten sec. ein herrschaftlicher Hauptzoll gewesen und in Caroli IV. Landbücher wird es unter die Munitiones gezählt, welche Telto und das secritorium von Teltow in sich faßt und die Landes-Herrschaft hatte hier die höchsten Gerichte. Die Post, welche von Berlin nach Sachsen geht, passirte, ehe sie unter dem hochseligen König nach Potsdam verwiesen wurde, durch Saarmund. Im Jahr 1217 gehörte dieser Ort zum Diaconat von Brandenburg. Zu Caroli IV. Zeiten vergab die Pfarre hieselbst der Landesherr. Die Quitzos nahmen den Ort 1406 Jadow weg, haben es aber wieder abtreten müssen und die folgenden Churfürsten haben diesen Ort und Amt durch ihre Amtshauptleute administriren laßen, die ihre Amtsschreiber unter sich hatten, denen es zuletzt in Zeitpacht übergeben worden ist. Dieses und das Potsdamsche Amt stunden offt unter einem Amtshauptmann. Ich glaube, daß die hiesige Kirche die erste ist, die in der Potsdamschen Inspection sich mit einem evangelischen Prediger versorgt hat. Ich finde davon in den Destinatis litterariis et fragmentis Lusaticis 341 folgende Nachricht:
Als im Jahr 1538 die Reformation in der Mark Brandenburg nahe vor der Hand war und die Catholiken alda ihren fatalen Periodum revolu-tionis gleichsam vor Augen sahen, waren sie in Verfolgung derjenigen, welche das Evangelium der Orten auszubreiten und die päbstliche Finsterniß zu vertreiben sich anmaßeten, um so viel ernstlicher und ließen niemand, welcher nur in dergleichen Intention von sich blicken ließ, leichtlich emporkommen. Solches betraff nun auch Bartholomäus Hansko, einem aus Lübben gebürtigen jungen Theologum, welcher zu Wittenberg unter Luthe-ro und Melanchthone studiret und bey denenselben zum Dienst des Evan-gelii einen gar besonderen Trieb eingesogen hatte. Dieser bekam Gelegenheit bey denen nach der Reformation seuffzenden Einwohnern von Saar-mund in der Mittelmark sich bekannt zu machen und wurde von ihnen doch mit Undank und Widerspruch der widrigen Parthey, als welche ihn deshalb einer eigenmächtigen Vocation und falsi bezüchtigten zum Prediger auf- und angenommen. Er trieb des Herrn Werk allda mit großem Eifer, daß er bey sonst vielen Guten einstens pro concione aus übereilter Hitze sowohl den Cardinal Albertum, Ertzbischoff zu Magdeburg und Churfür-sten zu Maintz, welcher die Reformation in der Mark allenthalben mit dem größten Ernste zu hindern suchte, als auch den damahligen Bischoff zu Brandenburg Mattiam v. Jagow angriff und sie unbedachtsamer Weise mit harten und beschwerlichen Worten beschuldigte, darüber er denn in Ver-hafft gerieth und darinnen gantzer 33 Wochen erhalten wurde. Endlich fand er Gelegenheit, mit Hülffe seiner Zuhörer sich derselben zu entbrechen und nahm seine Zuflucht anfangs zu Luthero nach Wittenberg, bald aber nach Schlieben, einem an der Niederlausitzschen Grenze gelegenen Städtchen, schrieb von da aus an den damahligen Landvoigt der Niederlausitz Heinrich Tunckeln Herrn v. Bernitzko als Statthalter seines Vaterlandes und bat um deßen Protection. Weil aber bey demselben von Brandenburgischer Seiten schon in Schriften vorgebauet war, mithin dem guten Bartholomäo der pass schon verrennet war, schlug ihm der Landvoigt den begehrten Schutz rotunda ab, darüber er sich in nachstehendem Schreiben wehemü-thig beklaget:
»Edler Wolgeborner, gnediger Herr. E. G. Sein mein vnderthenige, gehorsame vnd willige Dienste allzeit zuuorn. G. H. ich arm man habe E. G. schrifft am Jüngsten Dinstagk nach Weihnachten, do ich vom Doctor Martin zue Wittenbergk gekommen bin, empfangen, Seins Inhalts gelesen, darinne ich befinde, das E. G. mich armen Vnterthanen umb der Schrifft willen Szo E. G. von Churfürstlicher Gnaden von Brandenburgk zuuor kommen sein, nicht geleiten turven, welches mich nicht ein wenigk betrübet und geängst, dieweil! ich niemanz kein Leid gethan habe, wie mir dan ob Gott will niemanz anders nachsagen Wirt, wie ich hoffe, hette auch gemeinet, wen ich meinen gnedigen Herrn den Bischoff vill Leides gethan hette, wie ich nicht gethan, Szo hatte ich doch vor der Sunde eine sulche lange Zeit xxxiil Wochen sonder zweiuell woll gebüßet solt haben, wolt auch dem Allmechtigen Gott bevelen vnd vmb feinet Willen willigk gelitten haben, das auch nymmermehr yrer keinem mein Lebenlang nicht gedenken will, wenn mir nur m. G. H. der Curfürst von Brandenburgk us Gnaden meiner zcu Sarmunt Szu will mir vor recht zu-stendigk isth vnd ich hinder mir gelassen habe, folgen wolt lassen, so will ich nicht allein der Sachen nicht gedencken oder rechnen, sondern noch vor meinen Gnedigen Herrn den Kurfürsten von Brandenburgk vnd den Herrn Bischofs seine Gnaden Gott treülich vor sie bittenn dieweil ich lebe, das yn woll gehe hie zeitlich vnd dort ewiglich. Derhalben nochmals ahn E. G. wollenn mir armenn E. G. Vnderthanenn Szo gnedig seyn, mich doch zur Billigkeit vnder E. G. Christlich handhabe vnd vor ribericher gewaldt schützen vnd nicht überfallen lassen, hoth aber yemantz etwas zcu mir zcu suchen, wie ich nicht hoffe, Szo will ie vor E. G. als vor meinen rechtenn Erbherren zcu antwort stehen,.vnd was ich vnbillig aber erkandt werde, will ich darumb leyden vnd yedermaun gereicht werden, will auch niemanz waychen ob Gott will nicht vnd bitte E. G. als meinen G. H. vmb einen trewen rath lauterlich vmb Gottes willen E. G. wollen mir doch einen trewen rath mittheylen, vnder welcher Herschafft ich mich yn des begeben solle, vnter Jacufs v. d. Schullenburg oder die v. Borstorff oder vnder Drauswitz, da wolt ich alles ansprochs Widder mich erwarten vnd vorkommenn wie vnd wen ich soll oder gefodert werden. E. G. wollenn sich meiner viellfeltigen bit in meiner Noth, Elend nicht beschwerenn, noch derhalben einen Vnwillen tragen, sondern gnediglich vber mir armen E. G. Vnderthanen holde, nicht verlassenn, das Lohn von den allmechtigen Gott nehmen, das will ich mit meinem Innigen Gebet Goth den Allmechtigen vor E. G. ein glückseliges Regiment vnd langes Leben treulich zu bitten gantz wiüigk erfunden werde, bitt das E. G. göttliche vnd gnedige antwort.« Datum Schliebenn Dinstagk nach der heiligen dreyen Königentagk Anno Im etc. etc. etc.
- G. w. vnd vntertheniger Bartholomaus Hansko.
Dem Edlen Besten vnd wolgebohrnen Herrn Henrichen Dunkel Herrn v. Bernitzko des Marggraffthums Nidder Laußnitz Land-Voigt konniglicher Mayestäth Stadthalter zu Lübben meinem gnedigen Herrn.
Endlich fiel er dem ihm auf alle Weise nachtrachtenden Bischoff zu Brandenburg wieder in die Hände, und wurde aufs neue nicht zwar nach Sarmundt, sondern nach Zisar, woselbst der Bischoff sich aufhielt in noch härtere Gefängniße gelegt, war aber auch daselbst so glücklich, daß er nach Verlauff eines halben Jahres sich abermahl davon Loßwinden und auf wunderbare Weise hinwieder frey machen konnte. Ob nun wohl der Bischoff sich ferner alle Mühe gab denselben wieder zu erlangen und wie aus nachstehenden requisitorialien zu ersehen, so zu reden Himmel und Erde bewegte:
»Durchlauchtigster Hochgeborner Fürst Ew. Churfl. G. seind vnser willig vnverdrossen Dienst mit vloise zcuuorn Bereit, Gnedigster Churfürst vnd Herr, Ew. Churfl. G. mugen wir nicht vorhalten, das Uns diese Stunde, alß wir anheim kommen sind, angezeiget wie der gefanngen vnd falscher vormeinter Pfarrer zum Sarmunde Bartholomaus Hansko, welcher durch des hochwürdigsten, Im Gott Vaters, Durchlauchtigsten Hochgebornen Fürsten vnd Herrn, Herrn Albrechten, Römischen Kirchen Cardinal Legaten vnd Ertzbi-schofss zu Magdeburg, vnd Mayntz rc. von wegen seiner begangenen falsität jm vorgangenen Wyntter gefangklich angenommen vnd hieher geführet wartt, in Vnsern abwesen, aus dem gefengnus bey nechtlicher weyle sich entbrochen vnnd ann einem stricke welches er von seinenn Kleidern vnd strohe zusammen gesticket, sich über die Maueren gelassen vnd also entworden ist, darob wir gantz erschrockenn, es haben auch die vnnsern mit allem Vleise, so pallde sie des innen wurden, nachgeeylett vnnd die Holtzung durch schleufst, aber inen nit ereylenn noch ankommen mügen, wie wir denn solches von ihnnen glaubhafftigk vnd glaubwürdig^ berichtet. Weill er denn von Lübben bürttig und seine Mutter, vnd zweene Brüder als Jacoff vnnd Peter Hansko zu Lübben gesessenn, ist zu vermuthen, daß er sich dahin begeben wird. Damit aber hochgedachter vnser gnedigster Herr von Magdeburgk vnd Mayntz rc. an iene geburlichs rechtens zu bekommen vnd deshalb keines schadens zu besorgen hab, wollten wir diß E. Churfl. G. nit vnangetzeiget lassen mit vleissiger Bitt, Ew. Churfl. G. die wollen derhalb am Landvoigt zu Lübben gnediglich schreiben, ob er deß orts betroffen, das er mochte zu recht eingezogen oder dermaßen angenommen das gebürliches rechtens von ime zu bekommen. Ob er aber Widder nach Sarmundt, sich wenden wollte, nach seinem Haußrathe zu forschen, daß Ew. Churfl. G. gnedigk beuehl thun wollen, achtung vf ime zu geben, damit ferner verratt vorkommen werde. Ew. Churfl. G. wollen sich ime denn gnediglich erzeigen, das wollen wir gantz wittiglicb verdienen.« Datum auf Ziesar, Donnerstag nach assumscionis Mariae Magdalena etc. etc. etc. v. III.
- Churfl. G. v. w. Mathias von Gottes Gnaden Bischofs zu Brandenburgk.
Ob auch die Churfl. Räthe auf Befehl an den Heinrich Dunkel, Herr von Bernitzke, Landvoigt in der Niederlausnitz dessen Inhaftirung ansuchten, so setzte es doch der allmächtige Gott, daß bald darauf 1539 die selge Reformation in der Mark Brandenburg ihren völligen Ausbruch genommen und nicht allein mehr besagter Bischofs solche nunmehro, da er inmittelst zu besserer Erkändtniß kommen war, auf alle Arth und Weise selbst zu befördern suchte sondern auch die Churfl. Räthe ein gleiches thaten, darüber sich denn auch die Verpfolgung unsers Bartholomäo endigte und dieser eifrige Mann solcher Gestalt in etwas zur Ruhe kam. Es war auch an dem daß er den vorigen Prediger Dienst zu Sarmund wieder erlangen sollte, Gott aber ruffte ihn allhier in Patrio bei seinen Verwandten aus diesem Leben und versetzte ihn noch im selbigen Jahre in sein himmlisches Vaterland.
Weil ich gefunden, daß den Einwohnern dieses Städtleins in Ansehung des Holtzes von dem Churfürsten Johann George große Nachsicht gestattet worden: so will ich was mir davon zu Handen gekommen, hier beyfügen, vielleicht daß ich damit einigen Dank verdiene.
»Johans George von Gottes Gnaden Marggraff zu Brandenburg und Churfürst, Hertzog etc. etc. Lieber getreuer. Nachdem sich kegen uns unsere Unterthanen der Rath und Gemeine des Stedtleins Sahrmund der Holtzunge halber unterthänigst beklagen, Als laßen wir es, was die Stacken und das Nutzholtz anlanget, daß sie daßelbe nach wie zuvor zu ihrer Nothdurfft frey haben. So woll auch sich des Zaunreises innerhalb der Zäune erholen und frey gebrauchen, bey dem aufgerichten Vortrage am Dato Sahrmund Sonnabend nach vocem Jucunditatis 69 bleiben und wollen daß solchem Vertrage allenthalben nachgelebet werde. Was aber das Brau- und Brennholz anbetrifft, seynd wir mit ihnen auch gnädig zufrieden, daß sie daßelbe auch zu ihrer Nothdurfft und nicht zum Verkauff, auch allein und die halbe Bezahlung, wie es sonsten andern gelaßen und verkauftet wird. Und dann, was Lager- und Raffholtz anlangt, daßelbige frey haben und gebrauchen, doch daß sie allewege zuvor dich Unsertwegen darum ersuchen und du oder Unser Heydereuter Sie zu hauen anweyset. Demnach ist Unser Befehl an Dich; Du wollest es hinführo also und nicht anders mit ihnen hallten, auch was sie vorm Jahr an Bau und Brennholtz gehauen von ihnen dafür die halbe Bezahlung einfordern und zum längsten in acht Tagen nach dato in Unser Hof Renthey einbringen und berechnen. Daran geschiehet Unser Wille und Meynung.«
Datum Colln an der Spree den 7. Jan. 1580.
An den Amtschreiber zu Sarmund George Praußmann. Manu ppria.
Ich setze noch eine andere Verordnung hinzu: »Demnach auch vor diesem Unsere gnädigste und löbliche Herrschafft die Gemeine von Elsen Püschlein der Cronewische genannt Allergnädigst erlaubet haben, darinnen sie ihren Zaun und Hegereiß nothdurfftig haben können, auch dazu ge-schonet worden, Eine Zeithero aber durch die Buden und Hausleute auch etzliche Bürger unziemliches und unzeitliches Abhauen und Verbrennung in denen Backofen sehr verwüstet und verderbet. Wodurch dem Amte sowohl der Gemeine an Zaunreiß vorr diesem Übel nicht vorgekommen werden sollte, großer Mangel entstehen würde, Alß soll hinfort an keiner, so nicht in die Gemeine wie vor Alters gehörig in ermelten Püschlein grüne Reiß zu hauen können vergönt seyn soll, grüne Elsen Reißholtz darin zu hauen, und in den Backofen zu verbrennen, sondern zu erwarten, biß die gewöhnliche Kabeln durch die gantze Gemeine gemacht, und waß also dann durch das gewöhnliche Looß iedem fällt, damit Vergnügt seyn. Wie denn auch der Gemeine frey stehen soll (Diejenige so aber Verboth und zur Unzeit darinnen hauen möchten) wie vor Alters darüber zu strapfen und darüber zu halten, damit sich auch die Buden-Leute hierüber nicht zu beschweren. Soll ihnen die Gemeine, wann sie Kabeln zur Erhaltung ihrer Zäune um ihre Gärten, die Nothdurfft geben, jedoch daß daß sie ihre eigene Zäune (viel weniger auf fremde) zu keiner Zeit selbst aufnehmen und verbrennen, auf welchem Fall ihnen dan J. Churfl. G. und dies obgesagte Püschlein gantz und gar abgeschnitten seyn soll.«
Sigl. im Amte Saarmund den 1. Aprill 1607. Wulff Dietrich Hacke.
Bergholz. Im Teltoischen Kreise unter dem Amte Potsdam hat in vorige Zeiten mancherley adeliche Herrschaften gehabt. Die Hälfte des Dorfes gehörte zu Caroli IV. Zeiten einem Namens Jacob Meckum, die andere Hälfte hatte Nicolaus Wernitz von dem Marckgraffen erkauft. 1535 gehörte es mit allen Rechten und Gerichten dem Joachim v. Schönau. Die Schönaus müssen es aber an die v. Schlabbrendorff verkauffet haben, denn diese verkauften es 1583 an Joachim v. Lüderitz, der Churfürst kaufte es 1662 von denen v. Thümen, diese müssen es also von denen v. Lüderitz an sich gebracht haben.
3. Gelto mit dem Filial Eichau.
a) Gelto, im Havellande, gehörte sonst zum Amte Potsdam ietzo dem Potzdamschen großen Waysenhause, welches den Ort in Erbpacht genommen hat. Der Herr … hält dieses Gelto für den Ort, welchen der Kayser Otto III. im Jahre 993 der Äbtissin Mathildis in Quedlinburg nebst Potsdam geschenkt hat. Es sind seiner Meinung viele beigetreten, ich glaube aber immer, daß ich Recht habe, wenn ich nicht Gelto sondern Golm dafür ansehe, welches, wenn ich von Golm Nachricht geben werde, weiter erwiesen werden soll. Zu Friedrich II. Zeiten gehörte es 1451 einem Otto v. Hacke, der es von dem Churfürsten zu Lehn hatte (Register des Churmärkschen Landschlosses von 1451 p. 343) und einer eben dieses Nahmens war im Jahre 1474 Besitzer davon, deßen Streit wegen des Gallins der Lehninsche Abt Gallus zu entscheiden suchte. Joachim Otto und Hans Sigismund v. Hacke verkauften es dem Churfürsten A. 1662 (Küsters Berliner Chronik 691, II. 288), der es zum Potsdamschen Amte schlug, von welchem es wie gedacht zum Waysenhause kam. Die Pfarre daselbst ist nicht die beste, deß-wegen aber merkwürdig, weil der Poeta extemporaneus hierselbst Dan. Schonemann Pfarrer gewesen, der hernach vor dem Königsthore in Berlin Prediger geworden, von welchem in dem alten und neuen Berlin viel sonderbares zu lesen ist. Er war, ehe er in ein hitziges Fieber fiel, zum Versenmachen gar nicht aufgelegt, nach überstandenem Fieber so fertig darin, daß er selbst in lauter Versen redete und selbst in seinen Predigten nichts als lauter Verse hören ließ. Die Kirche ist hieselbst A. 1726 und der Thurm A. 1755 erbauet und es halten sich auch die Leute von Baumgartenbrück und dem Entenfang dahin. Es sind daselbst 2 einzelne Häuser, welche zu des großen Churfürsten Zeiten nicht gar weit von Gelto erbauet worden, ersteres, welches einem nahmens Baumgarten eingeräumet wurde, den Brückenzoll einzufordern und zu berechnen, welchen diejenigen bezahlen sollten, die diese Brücke, wo sonsten eine Fähre war, passiren würden, und von ihm den Nahmen behalten hat, letzeres von dem zu König Friedrich I. Zeiten daselbst gemachten Anstalten die wilden Enten zum Behuf der Königl. Küche leicht und mit guter Manier einzufangen. Ersteres ist, nachdem der Brückenzoll wieder aufgehoben worden, an privat Personen käuflich überlassen worden, die daselbst den Reisenden zum besten ein Wirths-haus angeleget haben, letzteres ist dem Endtenfänger und seiner Familie zur Wohnung angewiesen, der daneben einen Fleck Garten, etwas Ackerland und Wiesen angewiesen bekommen hat. Eine kleine vierthel Meile von Gelto ist ein Colonisten Dorf Neu-Gelto angelegt, welches dem Pfarrer in Gelto mit incorporiret worden.
- b) Eiche gleich hinter dem Königlichen Lustschloß Sanssouci, ist ein Potsdamsches Amtsdorf. Zu Karls des IV. Zeiten gehörte es den Dyreken, die es von Hall v. Stechau gekauft hatten. Ich finde, daß es nachher in andere Hände gekommen. A. 1537 ist Joachim v. Schönau mit den Ober- und Untergerichten item Heyden beliehen worden. A. 1543 verpflichtete sich Christoph und George Hacke zu Machenau in Gelto als selbst schuldig für den Churfürst Joachim II. (zu Churfürst Friedrich II. Zeilen, hatte es Claus v. Gröben zu Lehn). Melchior, Balthasar und Joachim v. Gröben empfingen 1598 zu rechtem Mannlehn 2 Theile an den obersten Gerichten, die Holt-zung, Fischerey, Huffen, Wiesen und die Hälfte des Dorfes, wovon die andere Hälfte des Dorfes denen v. Schlaberndorf gehörte. A. 17… hat der jetzige König den Leuten daselbst eine kleine niedliche Kirche erbauen laßen.
4. Bornim, Golm und Grube
Alle diese 3 Dörffer liegen auf dem Potsdamschen Werder und also im Havellande,
Bornim, ein Potsdamsches Amtsdorf, wohin seit einiger Zeit auch der Sitz des Amtmanns verlegt worden ist, hat zu Ludovici des alten Zeiten den Hacken und Gröben zugehöret. Ich habe davon eine Urkunde von 1335 gefunden welche also lautet:
Nos Ludovicus Dei gratia Brandenburgensis et susatiae Marchio, Comes Palatinus ßhein dux Bavariae sanctique Romani imperii Archicamerarius in his scriptis lucide profitemur, quod nostra fideles Henricus Hacke et Arnol-dus de Grroeben famuli coram nobis placitaverunt inter dominum Ludo-vicum de Groeben militem et Hellenpertum de Falckenrede famulum ista quae sequuntur, quod Hellenpertus et sui veri haeredes nullum judicium debent habere in sua curia sita in villa Borname seu in campis ad eandem villam spectantibus sed tantummodo praefatus dominus Ludovicus et sui haeredes, qui villam possedent supradictam praeterea nominatus Hellen-pertus et sui veri haeredes nullum obtinent judicium super Cossatos ibidem inorantes sed solummodo decimas censum et pullos fumales in communi SHodhhüner (sic) dictos pacifice reservabunt. Insuper pralocuti Cossati tenentur obedire saepe dicto Domino Ludovico de Greebene et ejus haere-dibus et facere sibi ea quae ceteri villarii ejusdem villae Borneme faciunt vel facere jure tenentur etiam si aliquem excessum nuncupatus Hellenpertus et sui filii vel sua familia perpetrant, illum praefectus praememorati Domini Ludovici de Groebene et suorum verorum haeredum debent judicare. Cum hoc dictus Hellenpertus et sui veri haeredes nullos polledros aut equos indomitos sine cottidiano jugo et nullum pecus excepto opilione cum ovibus in saepe dicta villa Berneme debent habere. In hujus rei testimonium sigillum nostrum praesentibus est appensum. Testes hujus sunt nostri fideles Johan-nes Buck, miles, judex bariae Brandenburgensis, Ghise de Rinowe, Nicolaus de Groeben, Hartwinus de Hoppenrhade, Heinrich Hacke, et Arnoldus de Groeben famuli et alii quam plures fide digni datum anno Domini MCC-CXXXV. Dominico die Laetare
Zu Karls IV. Zeiten finde ich hier mehrere angesehene Edelleute: Claus, Tzabel, Dydolff, Brand, welche die obersten Gerichte hatten, ingleichen Falkenrhede, Bamme, Rotzo, Banewitz, Dyricke; zu Friedrichs II. Zeiten die Brandts und Falkenreden, und zu Churfürst Friedrich Wilhelms Zeiten die Hacken, welche ihm A. 1660 für 18500 thlr. (Hans v. Hacke) und Wolff Rudolph v. Hacke, welcher ihm für 1500, 1663 und Frau Magdalena v. Gröben geb. v. Lockau, welche ihm ihr Theil A. 1664 für 18000 thlr. ver-kauffte. Der Churfürst legte hier einen vortrefflichen Garten an, der eine völlige halbe Meile im Umkreise in sich enthielt und insonderheit mit den schönsten Fruchtbäumen aus Italien und Frankreich besetzt war, welche weiter zu propagiren die Potsdamer Bürger die völlige Erlaubniß erhielten. Das in diesem Garten erbaute Lustschloß war zwar nicht sehr groß, aber wegen seiner künstlichen Bauart und insonderheit wegen der darin befindlichen Wasserorgel vorzüglich werth, daß man auf dessen Erhaltung bedacht gewesen wäre. Es ist aber 17… abgerißen und die noch vor gut befundenen Steine zur Erbauung der dasigen Amtswohnung gebrauchet worden. Bischof Gebhard zu Brandenburg beschenkte A. 1289 die Nonnen zu Spandau mit einigen Einkünften aus Bornim. Ein gleiches that in ebend dem Jahre auch das Dom Capitel, und der Praepositus in Spandau, gab eodem anno einen Revers von sich, daß er von Golm und Bornim die Einkünfte bekommen habe.
Golm. Dieser Ort ist nebst Potsdam auf dem Potsdamschen Werder vermuthlich der erste, dessen in alten Zeiten in den Historien gedacht worden. Es war nämlich derjenige Ort, der, wie ich anderwärts angezeiget habe, nebst Potsdam A. 993 von dem Kayser Otto III. an die Äbtissin zu Quedlinburg verschenkt wurde. Dies mein Urtheil gründet sich auf das Diploma, welches Kettner in seinem Antiquitatibus aus dem Staube hervorgezogen hat. Herr … will zwar die Urkunde genauer besehen und Geliti für Golm geschrieben gefunden haben, er hat auch bey verschiedenen Beyfall gefunden; er hat aber Unrecht und er kommt meiner Lesart dadurch zu Hülffe, daß er den Nahmen des Orts nicht, wie Herr Kettner mit einem H sondern mit einem G anfängt. Wenn nun die Buchstaben e und o in den alten Handschriften schwer zu unterscheiden sind und 3 nebeneinander stehende kleine Striche (I I I) eben sowohl ein m bedeuten als für iti gelesen werden können: so wird meine Lesart von der Lesart des Herrn v. Erath dieses voraus haben, daß der Nahme Golm unverändert herauskommt, aus Geliti aber erst Geltow gemachet werden muß. Ich glaube, daß man vielleicht bloß deßwegen Geliti für Golm lesen wollen, weil bey Geltow ietzt die Farth über die dabey aufgebaute Baumgarten-Brücke gehet, über welche man von und nach dem Zauchischen Kreis, von und nach Potsdam kommt, es ist aber zu bemerken, daß diese Brücke erst zu des großen Churfürsten Zei-ten daselbst angeleget worden. Aus dem Nahmen des Panneberges in Golm, aus den auf denselben entdeckten Ruinen eines daselbst in alten Zeiten gestandenen Gebäudes und aus der, vom Potsdamschen Schlosse nach diesem Berge geradezu führenden Allee von lauter starken Eichbäumen läßet sich ebenfalls nicht ohne Grund schließen, daß diese beyde Örter in alten Zeiten zusammen gehöret und etwa einem wendischen Pan oder Fürsten zuständig gewesen. Als nach dem Tode des letzten Anhaltischen Marggrafens Waldemar hier in der Mark alles bunt untereinander ging, bemächtigte sich der Herzog Rudolph III. in Sachsen auch dieses Orts, und verkaufte ihn nebst Potsdam etc. an das Dom-Capitel zu Brandenburg, es scheinet aber daß es auf Erfordern des Kaysers Ludovici Bavari demselben wieder abgetreten und an dessen Sohn den Markgraf Ludewig dem älteren zurück gegeben werden mußte. Zu Caroli IV. Zeiten war Besitzer von diesem Dorff Claus, ein Sohn Nicolai v. Gröben und zu Friedrich II. Zeiten noch ein anderer Claus v. Gröben. Von dem Jahre 1537 finde ich diesen Ort in den Händen der Schönowe, Schlabberndorffe, Lüderitz, Gröben und Thü-men. Die Gröben und Thümen waren die letzten adelichen Besitzer dieses Dorffes. Hans Otto v. Thümen verkauffte dem großen Churfürsten seinen Antheil A. 1662 für 9250 thlr. und Ernst Ludewig v. Gröben das seinige nebst dem, was er an Buchholtz, Eichau, Wustermark, Ferbitz, Bornstädt, Weißensee, Wegendorff, Krielow, Deetz und Schmergo hatte A. 1664 für 13500 thlr. Dieser Churfürst hat es sich seitdem viel kosten lassen, das sogenannte Golmer Bruch urbar und zum Acker und Wiesen Bau bequem zu machen, worin ihm seine Nachfolger die Könige von Preußen nichts nachgegeben haben. Es wurden A. 168… verschiedene Schweitzer Familien aus dem Canton Zürch verschrieben und hier auf dem Natten-Werder, in dem Dorffe selbst und in den sogenannten 4 Häusern angesetzt, und denselbigen ein eigener reformirter Prediger zugeordnet, die Colonie hat sich daselbst bis diese Stunde erhalten. Hier auf dem sogenannten Panberge ward A. 1701 die Ehrenpforte, welche die Potsdamsche Bürgerschaft ihrem neuen Könige errichtet gehabt, hingesetzt und ist noch lange Zeit zu sehen gewesen.
Grube. Von diesem Dorfe ist mir weiter nichts bekannt, als daß es mit unter die Dörffer gehöret, welche der Herzog von Sachsen Rudolphus A. 1323 an das Domkapitel zu Brandenburg verkauft hat. Es mußte wieder an den Churfürsten Ludovicum seniorum herausgegeben werden. Es scheinet daß die folgenden Churfürsten die Falken damit belehnet haben, ich finde ein Document woraus erhellet, daß es 1548 einem Herrn v. Falck gehöret hat. Vermuthlich hat es ihm der große Churfürst wieder abgekauft, der König Friedrich Wilhelm I. schenkte es dem großen Waysenhause, welches es durch den Amtmann in Bornstedt mit administriren lässet. A. 1746 bekam es eine schöne neue Es sind da schöne Wiesen, und die Grubische Butter findet in Potsdam viele Abnehmer.
5. Fahrland, Satzkorn und Sacro
Fahrland, ohndeß Vorland genennet, welcher Nahme diesem Orte auch in Caroli IV. Landbuche gegeben wird, liegt nebst den benannten Filialen schon außerhalb des Potsdamschen Werders, aber im Havellande eine Meile von Potsdam nach Nauen zu. Man hat von diesem Orte schon zu M. Otto I. Zeiten gewußt. (A. 1197) Henricus Advocatus in Vorlande kommt in dem Schutzbriefe für das Capitel zu Brandenburg vor (Buchholtz Tom. IV. Urk. Anhang 42). In Caroli IV. Landbüchern wird es unter die Castra und Civitates gerechnet. Noch zu Friedrich II. führte es den Titel oppidum, es wird auch noch im Jahre 1576 in den Kirchen Matrionl. ein Städtchen genannt. A. 1650 führte es den Nahmen eines Fleckens. Es hatte noch 1714 zwei Jahrmärkte und bis ietzo werden daselbst wie in den Städten Wochenpredigten gehalten. Die Herren v. Stechau sind schon zu Friedrichs II. Zeiten damit geliehen gewesen, sie haben es auch beseßen bis 1699 da sie es dem Churfürsten Friedrich III. nachmaligen König für 50000 Reichsthaler und 100 Ducaten Schlüsselgeld verkauften. Merkwürdig ist, daß selbst der erste lutherische Prediger hierselbst v. Stechau und sein Bruder Patronus ecclesiae gewesen. Ersterer hat auch ein ansehnliches Stipendium für Studi-rende gestifftet, welches nachdem der Ort an den Landesherren verkaufft worden, ietzo von demselbigen vergeben wird. Hier hat im vorigen sec. der bekannte Pastor Joachim Stegmann gestanden, der des Sacrilegii wegen abgesetzt wurde, in Siebenbürgen aber wieder ankam. Die Cramnitz ein kleiner Colonisten-Ort von 3 Häusern für 6 Familien eine halbe Meile davon gelegen, hält sich zur Fahrlandschen Gemeine. Es wohnt hier auch ein Unterförster zum Potsdamschen Forstamt gehörig, den Weinmeister und Schäffer, welche über die dasigen schönen Weinberge und Amtsschäfferey gesetzet sind.
Satzkorn, Sotzker, scheinet von dem ehemaligen Besitzer des Orts oder dieser von jenem den Nahmen zu haben. In Caroli IV. Landbücher wird uns davon einer nahmens Henning genennet. Zu Friedrich II. Zeiten hatte es einer nahmens Buskow von dem Churfürsten zum Lehn. Nach der Zeit haben mehrere vom Adel Antheil daran gehabt, die Bardeleben, die Falken, die Hünecken, bis es endlich unter Begünstigung des Königs Fried-rich Wilhelms I. dem Königlichen Leib-Chirurgus und Regiments-Feld-scheer Brandthorst verlauffet wurde, dessen Herrn Söhne es noch bis ietzo besitzen.
Sacro ist schon zu Albrecht Ursi Zeiten bekannt geworden und merkwürdig deßwegen, weil der letzte Wendische König Pribislaus, als er von Alberto auf dem Potsdamschen Felde geschlagen wurde, sich nicht weit davon nach dem sogenannten Königswall über die Havel retirirte, wie der Baron v. Gundling im Leben Albrecht des Bären aus einem alten Docu-ment und ich aus demselben in einer eigenen kleinen Schrift von einer bei Potsdam gehaltenen Schlacht und gefundenen Schantze angemerket haben. Zu Caroli IV. Zeiten hatten die Dyriken hieselbst die obersten Gerichte. Zu unsern Zeiten ist dieser Ort bald in bürgerlichen, bald in adelichen Händen gewesen. Der Herr Graff Görtz, dem es zuletzt gehörte, hat es 17… an den Hernn v. La Motte Fouquet verkaufft, der ietzo Besitzer davon ist. Die Pfarre hieselbst war ehedeß ein Vagons, auf welcher kein eigener Pfarrer erhalten werden konnte, doch wagte es ein hiesiger Diaconus sein hiesiges Amt dagegen zu vertauschen, daß also das hiesige Diaconat zu seiner Zeit wohl schlechter als die Pfarre zu Sacro gewesen seyn muß. Jetzo ist sie dem Pfarrer von Fahrland incorporiret.
6. Carzo und Priort
Carzo, hinter Satzkorn. Friedrich Spill hat hier zu Carl IV. Zeiten das meiste besehen. Friedrich II. hat damit die Haackens beliehen, welche es noch im Anfang dieses secu1o besehen haben. Ietzo gehöret es denen v. Wülkenitz.
Priort hat zu Caroli IV. Zeiten und noch lange nachher der ausgestorbenen Famile v. Pryerde, Prygart oder Pryort, wie sie auch sonsten hießen, gehöret. Zu Friedrich II. Zeiten hatten es die Stechows von dem Churfürsten zu Lehn.
7. Marquart und Paaren
Marquart, hieß ehedeß Schorin, welchen Nahmen auch die ehemaligen Besitzer des Orts geführet haben. Zu Carls IV. Zeiten waren Tzabel de Schorin und die Bammen Herren von diesem Dorffe. Ich finde seit 1548 hier auch die Falcken, welche diesen Ort an den Minister v. Printz verkaufften, derselbe nannte ihn nach seinem Vornahmen Marquart, und dieser ist in den folgenden Zeiten beibehalten worden. Von ihm kam der Ort an den Minister v. Knipphausen, von diesen an den Präsidenten v. Wykerlooth, der ihn an den Major v. Münchow verkauft hat.
Paaren (klein Paaren). Pahren an der Wublitz zum Unterschied von Pahren bei Brandenburg, hier war zu Caroli IV. Zeiten Lamprecht v. Parne (Pahren) angesehen. Zu Friedrich II. Zeiten waren die Dyreken damit belehnt. Nachher die v. Calenborn, wie der Herr Präsident v. Hagen angemerket hat, ietzo die Herren v. Bredow.
8. Ütz
Ist nur ein unicum. Die Güter, welche Hennyngus Roschowe hier hatte conferirte A. 1354. Ludovicus Roman, Johannes de Schmergo (Gerken Cod. Dipl. V. 482). In Caroli IV. Landbuch heißt der Ort Ust und wird angemerket, daß ihn ein Brandenburgischer Bürger Nahmens Brandt denen v. Bardeleben abgekauft. In Friderici II. Schoßbuch wird er Uste genennet, und gemeldet, daß ihn Andreas v. d. Bone und Hennig Hacke von dem Churfür-sten zu Lehn gehabt. Die Hacken sind auch noch ietzo Besitzer davon. A. 1784 kaufte es der ietzige Generalmajor v. Götze den Hacken ab.
9. Falkenrehde, Carpzow und Buchow
Falkenrehde, ein Potsdamsches Magistratsdorff im Havelländischen Creise. Das suprenum judicum gehörte zu Caroli IV. Zeiten den Marggraffen. Es habe aber auch vielerlei Edelleute, die Seeselde, Dyrickens, Bardeleben, Schlaberndorffs, Ribbecks, ein und anderes hier besehen. Zu Friedrich II. Zeiten hatten es die Dyricken und Bardeleben vom Marggraffen zur Lehn.
Carpzow, hatten die Herrn v. Arnim zu Caroli IV. Zeiten und Herrn v. Hacke zu Friedrich II. Zeiten von den Marggraffen zu Lehn. Ietzo gehöret es den Herren v. Bredow, die daselbst die obersten Gerichte haben.
Buchow, macht mit Carpzow so zusagen ein Dorff aus, daher beyde Örter ins gemein unter einem Nahmen zusammen gezogen werden, es hat von jeher nebst Carpzow unter einerley adelicher Herrschaft gestanden.
10. Wustermark und Hoppenrahde
Wustermark liegt im Havelländischen Kreise auf dem Wege nach Nauen. Ludovicus Rom. verschrieb A. 1354 den Gebrüdern Copkin, Willeskin und Matthysen v. Bredow alle Gefälle in diesem Dorffe (Gerken Cod. dipl. V. 478). Die Gebrüder Melchior, Balthasar und Joachim v. Gröben wurden A. 1598 von dem Churfürsten mit verschiedenen Einkünften beliehen. Auch das Kloster Lehnin hatte einige Einkünfte von diesem Dorffe und viele Bauern haben, wie im Landbuche angemerket worden, Pachte auswärts geben müssen. Es kam A. 1664 an den Churfürsten und stehet unter dem Amte Spandau. A. 1747 kam es durch den Kobold, der sich in dem Pfarrhause sehen ließ, in einen sonderbaren Ruf. Der Prediger zu Naßenheide hat in der Philosophischen Abhandlung von Gespenster davon eine ausführliche Nachricht gegeben.
Hoppenrahde. Auch in diesem Dorffe verschrieb Ludowicus Rom. A. 1354 den bey Wustermark genannten Bredowen alle Gefälle. Es kommt aber, wie Buchholtz meldet, schon im 12. secu1o vor. Zu Caroli IV. Zeiten hatte es Hans Prior der es von Nicolaus Paritz gekauft hatte, zu Friedrich II. Zeiten hatten es die Bardeleben und Hellenbrecht zu Lehn, und ietzo sind die Herren v. Ribbeck Besitzer davon.
11. Rohrbeck und Dyrotz
Rohrbeck, gehörte ehedeß den Jungfrauen zu Spandow, ietzo unter dem Amte Spandow.
Dyrotz, hängt mit Wustermarck genau zusammen, die Bauern von beyden Dörffern könnten sich mit einer Kirche behelffen, haben aber zwei, in deren eine der Wustermärcksche, in der andern der Rohrbecksche Prediger Gottesdienst hält. Zu Caroli IV. Zeiten zogen die Bredows, Schlabberndorfs und auch die Nonnen in Zehdenick etwas aus diesem Dorffe. Zu Friedrich II. Zeiten erhielten es die Stechos von dem Churfürsten zu Lehn, und ietzo gehöret es den Ribbecks zu Segefeld.
12. Segefeld und Falkenhagen
Segefeld, gehörete zu Carl IV. Zeiten dem Otto und Hoyer Scheren, zu Friedrich II. Zeiten erhielten es die Herrn v. Barnewitz zu Lehn, auch die Kirche in Spandau hatte hier 10 Hufen.
Falkenhagen. Zu Carls IV. Zeiten saßen hier die Bardeleben, die was sie besaßen den Schulenburgen abgekauft hatten, ingleichen die v. Prirort, zu Friedrich II. Zeiten die v. Hacke, welche es von dem Churfürsten zu Lehn hatten. Ietzo gehöret es unter dem Amte Spandau.
13. Dalgo und Seeburg
Dalgo. An diesen Ort hatten zur Zeit Carl IV. die Söhne des Trebus und auch die Nonnen in Spandow und Zehdenick einigen Antheil. Friedrich II. belehnte damit Achim v. Hacke. Viele sehen Dalgo für den Ort an, wo zu Friedrich I. Zeiten, da er noch Stadthalter war, Caspar Hans v. Putlitz ertappt wurde. Ietzo gehöret es dem Herrn v. Ribbeck.
Seeburg. Zu Caroli IV. Zeiten hatten die Nonnen zu Spandau hier die oberste Gerichtsbarkeit, welche sie auch noch zu Friedrich II. Zeiten gehabt haben. Es gehöret ietzo zum Amte Spandau.
14. Döbritz und Ferbitz
Döbritz gehörte zu Caroli IV. Zeiten dem Johann und Heinrich v. Kröchern, die Wittwe Steffen aber hatte die obersten Gerichte. Zu Friedrich II. Zeiten hatten es die Bresigken. A. 1598 hatten Melchior, Balthasar und Joachim v. Gröben hier einen freyen Hoff mit 4 Huffen, welcher 1664 an den Churfürsten kam; Ietzo sind die v. Schatzel im Besitz. Es gehörte auch dem Geheimen Etats- und Kriegsrath Christoph v. Katsch † 1746.
Ferbitz gehörte zu Friedrich II. Zeilen den Jungfrauen zu Spandau.
15. Clado, Glinike, Gatho
Clado. Die Nonnen in Spandow hatten hier zu Carls IV. Zeiten das oberste Gericht. Ietzo gehöret es zum Amte Spandow.
Großen Glinicke. Zu Carls IV. Zeiten hatte Hans v. Falkenrehde hier die obersten Gerichte und die Nonnen von Spandow eine Pacht von 18 Hufen. Zu Friedrich II. Zeiten hatten es die Bamme von den Churfürsten zu Lehn. Ietzo gehöret es den Herren v. Ribbeck.
Gato. Die Nonnen zu Spandow hatten zu Carls IV. und Friedrichs II. Zeiten hier das oberste Gericht, ietzo gehöret es unter das Amt Spandow.
16. Gütergotz und Zehlendorf
Gütergotz liegt nebst Zehlendorf im Teltower Kreise und gehören beyde mit zu den Örtern, die Marggraff Herrmann II. an den Bischoff von Brandenburg verschenkte, der dem Ansehen nach die Herren Fratres in Lehnin daselbst ansehnlich mit bedachte, als welche zu Caroli IV. Zeiten daselbst die obersten und untersten Gerichte hatten, die ihnen auch noch zu Friedrichs II. Zeiten gehöreten. Zu verwundern ist hierbey, daß obgleich nach der Zeit das Brandenburgische Bisthum eingezogen wurde, Gütergotz dennoch wieder unter einen Bischof gekommen ist. Das war der Proteopiskopus Borussiae und Königl. Consecrator Herrn Benjamin v. Bär sonst auch Ursinus genannt, der die Ehre hatte, den König Friedrich den Ersten zu krönen und an diesem Ort auch A. 1720 den 23. December gestorben und in der Kirche begraben worden. In Caroli IV. Landbüchern wird dieser Ort mit unter die Castra gezählet und stehet ietzo unter dem Amte Potsdam (A. u. N. Berlin I. 173. 1007. III. 418).
Zehlendorff, Zedlendorff, Cedelendorff, kam zur Zeit Hermanns II. ebenfalls an den Bischoff von Brandenburg, bis es mit dem Bischofthum wieder an den Churfürsten zurück fiel. Es liegt 2 Meilen von Potsdam und 2 Meilen von Berlin, stehet unter dem Amte Mühlenhoff, vor dem unter der Cölnischen Inspektion, ietzo aber unter der Potzdamschen. Die Journa-lieres von Berlin und Potsdam pflegen sich hier zu begegnen. Es stehen hier auch immer Husaren bereit die Königlichen Ordres weiter zu bringen, wie denn hier auch beständig 12 reitende Jäger stehen, die zu gleichem Zweck gebraucht werden, und alle Vierteljahr abgelöset werden.
17. Arensdorff, Nudow, Schenckendorff, Fahlehorst, Drewitz
Diese Dörffer liegen alle im Teltowschen Kreise und sind von der Cölnischen zur Potsdamschen Inspection geleget worden.
Arensdorff ist ein Amtsdorff, welches zu Caroli IV. Zeiten dem Herrn v…
Nudow gehörte zu Ludovici Rom. Zeiten zu den Festen auf dem Teltow (Gerken, dipl. 1, 389.) wozu es auch noch zu Caroli IV. Zeiten gerechnet wurde. Damals hatten die Muckums an diesem Orte die oberste und unterste Gerichtsbarkeit.
Schenckendorff hatten zu Caroli IV. Zeiten die Schlabberndorffs von dem Marggraffen zu Lehn.
Fahlehorst.
Drewitz kauffte der Landesherr A. 1662 dem Geheimbten Rath und Ober-Präsidenten Freyherrn v. Schwerin für 12000 thlr. ab.
18. Alt- und Neulangerwisch, Caput und Michendorff
Alt-Langerwisch, hat nie einem Edelmann zu gehöret, wohl aber dem Landesherrn. Es liegt im … Kreise.
Neu-Langerwisch im Kreise … , gehörte zu der Anhaltinischen Marg-graffen Zeiten einem Nahmens Walther v. Barby, der es von dem Marggraffen zur Lehn hatte. Otto V. zog es wieder an sich und bezahlete das Lehn mit einer nahmhaften Summe, schenkte es im Jahre 1285 an das Capitel zu Brandenburg (cf. Stiftshist. 128, 487), welches Buchholtz Tom. IV. 117 aufbehalten hat. Es geschahe zur Zeit Bischoff Gebhardi, welches Bucholtz II. 321 auch angemercket hat. Zur Zeit Caroli IV. hatte es Busso v. Schönow von der Cathedral Kirche zu Brandenburg, und in seinen Landbüchern wird es zu den Castra gerechnet. B. Haderich vereinigte 1287 die Kirche der beyden Dörffer Langerwisch dergestalt, wie in Stiftshist. p. 130, 324, 576 zu lesen. Diese Vereinigung confirmirte B. Friedrich A. 1303 Stiftshist. p. 137 M. Otto finnus bestätigte A. 1367 den Bischof Dietrich den Besitz von Langerwisch, welches die beyden Ottos A. 1285 dem Closter geschenkt hatten. Stiftshist. p. 170.
Caput hat in vorigen Zeiten den Herren v. Nochow gehöret, die es vermuthlich dem Churfürsten verkauft haben. Das schöne Lustschloß und Garten hat der große Churfürst hier angelegt, der sich daselbst mit seinen Freunden, sonderlich mit dem Churfürsten von Sachsen Georg I. öffters divertiret und A. 1678 den 17. May der Landgräffin von Hessen Cassel und ihrer Tochter der Churprintzlichen Braut zu Ehren ein treffliches Banquet anstellete. Die Kirche hierselbst hat A. 1598 die Churfürstin Catharine, Gemahlin des Churfürsten Joachim Friedrichs erbaut, welches H. M. Geddicus in der ihr 1602 gehaltenen Leichen Predigt und in der Predigt, die er bey Einweihung der Kirche im Joachimsthal gehalten, auch J. d. Spieß (Hist. Münzbelustigungen Thl. II., .38) angemerket hat. In A. u. N. Berlin I., 131 wird die Erbauung derselben dem Churfürsten Joachim Friedrich zugeschrieben. Das Schloß ist immer noch im ziemlichen Stande erhalten, nunmehr aber gewißen Leuten zu einer Fabrique von Türkischen rothen Baumwollen Garn Färberei eingeräumet worden.
Michendorff hat jederzeit den Marggraffen zugehöret, die es mit zum Potsdamschen Amte gezogen haben.
19. Bucholtz
Bucholtz stehet ietzo auch unter dem Amte Potsdam, und weil der hochselige König wolte, daß die Potsdamschen Amtsdörffer auch zur Potsdamschen Inspection geschlagen werden sollten, so mußte Buchholtz ebenfalls, ob es gleich beynahe 4 Meilen weit von Potsdam entfernt ist, dem Potsdamschen Inspector abgetreten werden. Ich finde, daß Marggraff Waldemar es A. 1319 nebst Goltitz und großen Ziethen an das Kloster Chorin abgetreten und daß der Herzog von Sachsen Rudolphus diese Donation A. 1320 bestätiget hat (Gerken, Cod. dipl. I. 457, 463). Wie es hernach an die Herren v. Gröben gekommen ist, weiß ich nicht, finde aber, daß es schon 1457 Claus v. Gröben gehörete und daß A. 1598 Melchior, Balthasar und Joachim v. Gröben mit dem Obergericht, 7 S. von jeglicher Hufe, einer Mandel Rocken Garben und dem Kirchen Lehn beliehen worden sind. Sie haben daselbst mit dem Rath zu Treuenbrietzen wegen der Holtzung, Hutung, Gerichtsbarkeit vielfältige Händel gehabt, bis sie es endlich nebst andere Güter A. 1664 an den Churfürsten verkauften.
20. Nowawes
Ein Böhmischer Nahme, auf Teutsch Neuendorff, welcher einem im Teltower Kreise nahe bey Potsdam, jenseits der Havel der heiligen Geistkirche gegenüber für Böhmische und Teutsche Colonisten A. 1751 auf Königl. Befehl, unter der Direction des Obristen v. Retzo angelegten großem Dorffe oder vielmehr Vorstadt von Potsdam gegeben wurde. Der Ort hat 207 Häuser und enthält bey 1200 Menschen, welche Cattun- und Leinweber, Spinner, Gärtner, Maurer, Zimmerleute und andere Handwerker sind. Sie sind alle Cantonfrey, stehen in Justiz und Polizei Sachen seit 1756 unter dem Magistrat in Potsdam, in Kirchensachen aber unter beyden in Potsdam verordnete Inspectionen, die Neformirte unter dem Herrn Inspec-tor Wentzelmann bey der heiligen Geistkirche, die Lutherischen aber unter dem Herrn Inspector Zungen an der Nicolai Kirche. Weil die Gemeine aus Böhmen und Teutschen bestehet, so wird hier allezeit ein Prediger angesetzt, der beyde Sprachen verstehet und darinnen predigen kann. Er wird sowohl als der Schulmeister aus der Königlichen Chatulle salariret. Die Kirche und auch das Schulhaus ward A. 1752 erbauet und unter dem 6. May desselben Jahres durch den Inspector Macher eingeweyhet (am Sonntag Misericordias). Jeder Eigenthümer hat seinen Garten und über Haus und Hof einen Königlichen Donations Brief, und noch überdem 50 thlr. etab-lissements Gelder. Was er besitzt kann er nach 6 Jahren jedoch praevia causa cognitione auf specielle Erlaubniß der Cammer verkauffen. Sie sind Canton, Accise und von allen anderen Königlichen Landesabgaben frey. Bis 1754 theilete der Berlinische bey der Böhmischen Kirche stehende Prediger Herr Elsner den reformirten Böhmen das heilige Abendmahl quartaliter aus. Den 10. Mart. ejusd. a. wurden sie an das Waysenhaus und die Heilige Geistkirche gewiesen, den 24. April 1767 aber dem Herrn Wentzelmann die Inspection über sie und der Freyheit, in der Kirche ihnen das heilige Abendmahl auszutheilen, allein gegeben. Es widersetzten sich zwar die lutherischen Böhmen durch Verschließen der Kirche, mußten sich aber gefallen lassen nachzugeben.
Die reformirte Inspection
hat anietzo 4 Prediger, 8 Orte, und gehören dazu die Kirchen zu Brandenburg, Spandau, Lehnin, welche zu Filialen hat Michensdorff, Treuenbrietzen und Satzkorn. Das Golmerbruch oder die 4 Häuser, wozu das Filial Neu-Töplitz gehört, hat auch einen eigenen reformirten, vormals Schweitzer Prediger, der nachgerade in einen teutschen verwandelt worden ist. Sonsten gehörete auch hierher die Kirche zu Zisar mit dem Filial Reesdorff, die aber nunmehr zu Magdeburg verlegt worden ist (Buschmann 13. Thl. p. 374). Der Inspector in der reformirten Diöcies ist der Pastor bey der heiligen Geistkirche, welche die reformirte Colonisten Gemeine in Nowawes zugleich als Filial mit besorgt. Der jetzige ist Herr Wentzelmann.