Besondere Nachrichten (4)


3. Geschichte der Gelehrten und Gelehrsamkeit

3.1. Von den Schulen und Schulcollegien

Von Gelehrsamkeit und gelehrten Leuten hat man in Potsdam in alten Zeiten und vor der Regierung des Großen Churfürsten wohl wenig gewußt. Gelehrte Leute zu erziehen, dazu waren hier wohl keine rechte Anstalten. Eine Schule wird unsere Stadt, so klein und arm sie auch war, von ihrem ersten Anfang her freylich wohl gehabt haben. Wenn aber nicht mehr als 2 Gehülffen noch 1499 dabey gestanden, die einander in der Arbeit abgelöst haben: so laße ich mich nicht bereden, zu glauben, daß der Gelehrsamkeit durch sie viel Vortheil gestifftet worden, wenn es sonderlich solche Helden, wie noch 1586 Abrahamus Paolius, damahligen Schulmeister hieselbst, gewesen, von dem mir eine durch Nicoleum Voltzow zu Berlin gedruckte Schrifft ohngefehr in die Hände gerathen, wovon ich den Titel hernach angeben will, die schlecht genug gerathen, dennoch gedruckt zu werden werth geachtet und noch dazu von seinen Schülern auf den Gaßen recitiert werden müßen. So wenig Gelegenheit sich hieselbst fand, die Jugend in nützlichen Wißenschaften zu unterrichten, ebenso sehr fehlete es hier an wirklichen Gelehrten, die es sich gefallen ließen, sich lieber hier als anderswo nieder zu laßen. Den Umgang fanden sie nicht, den sie lieben, auch nicht die Bibliotheken, die sie nutzen konnten, auch nicht die Freunde der Wissenschaften, die sie bey ihren nützlichen Unternehmungen unterstützen wollten und konnten.

Aus einem Supplicat des Magistrats an den Bischoff Joachim in Bran-denburg, welches 1499 datiret worden, ersehe ich, daß die Schule in damaligen katholischen Zeiten mit dem Schulmeister und deßen Locaten besetzet gewesen. Aus einem andern Supplicat an den Bischoff Dieterich von 1465 erhellet, daß Rector Scholae in der Kirche vor dem Altar absingen müßen, und aus beyder Begleichung, daß sie zu sehr gelehrten Verrichtungen gegen eine ansehnliche Belohnung beruffen gewesen. Der Rath vermachte ihnen nemlich 1465 ein halb Schock Märkischer Landwehrung und that 1499 noch 15 Groschen dazu, versprach ihnen auch bey der jährlichen Zusammenkunft der Altaristen frey Bier, und dafür sollten sie in der Frühmesse und bey dem Umgang in der Kirche mit dem Sacrament gegenwärtig seyn und mit der Schule singen. Die eigentliche Besoldung erwähnten Schulmeisters und seines Locaten ist mir nicht bekannt worden, noch weniger weiß ich, wie sie und ihre sämmtliche catholische Nachfolger geheißen und was sie für Lectiones mit ihren Schülern tractiret haben. Es kommt mir aber so vor, daß es mit ihnen und ihrem Unterricht schlecht genug bestellet gewesen seyn mag. Eben so wenig weiß ich von den ersten lutherischen Schulhaltern. Noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wußte man von nicht mehr als 2 Collegen bey der Schule, davon der eine den Namen des Schulmeisters und der andere den Namen des Baccalaurii führete. Ohngefehr im Jahr 1664 ward ihnen der Tertianus, wie man ihn nannte, zur Hülffe gegeben. Man hat aber von der Potsdamschen Schule nicht eher viel zu rühmen gewußt, bis zu Herrn N. Andreas Neumanns Zeiten den vorigen Collegen noch ein Conrector und Cantor zugesellet wurde, grobe Schüler verschrieben und ein ordentlicher Chorus Symphoniacus errichtet wurde, von welcher Zeit an der Name des Tertianus wieder weggefallen ist.

Der große Churfürst ließ sich bald anfangs, da er zu Potsdam die meiste Zeit sich aufzuhalten schlüßig worden war, die Verbeßerung und Aufnahme der Schule alles Ernstes angelegen seyn. Er that selbst vom Hofe aus den größesten Vorschub, aber ohne genügsame Collegen wollte sich die Sache nicht thun laßen. Nachdem diese zu des Magister Neumanns Zeiten, der ein Bruder des berühmten Dr. und Prof. J. G. Neumanns in Wittenberg war, verschrieben worden, kam die Schule in kurtzer Zeit in einen ziemlichen Flor. Die Schüler fanden sich von allen Orten her häufig ein, selbst Studenten, die schon einige Jahre auf Universitäten gewesen, ließen sich durch das schöne Chorgeld bewegen, den Degen abzulegen und wieder Mäntel zu tragen. Bey dem Churfürsten mußten die Schüler mit ihrer Musik fast täglich aufwarten und ihre kleine Arbeit ward ihnen allemahl reichlich belohnt. Die Bürger bewiesen sich ebenfalls sehr freygebig gegen sie und es verdiente mancher in kurtzer Zeit soviel, daß er wieder eine zeitlang auf Universitäten sich davon erhalten konnte. Freye Wohnungen und Tische waren leicht zu bekommen und gaben sich die Bürger alle Mühe, die Schüler bey der Lust zu erhalten. Auch die Lehrer versäumten nichts, was zu der Aufnahme der Schule nöthig erachtet wurde. Es wurden öftere Examina und Redeübungen angestellt und die Damens und Herrn vom Hofe gaben zu den Schul-Comoedien Schmuck und Kleider her. Der Fleiß der Lehrer ward durch die reichliche Belohnungen der Eltern, durch die Schul-Visitationen des Inspectors zu Spandau und des hiesigen Oberpredigers, so wie durch das Lob aller redlichen Schulfreunde trefflich ermuntert. Die Schulpredigten, welche zu gewißen Zeiten von dem Oberprediger gehalten wurden, hatten ebenfalls ihren guten Nutzen, sowohl als die Premia, welche den fleißigen Schülern ausgetheilet wurden. Bey so bewandten Umständen war es kein Wunder, daß sie sich anfieng hervor zu thun und viele, die weiter keine als die hiesige Schule besuchet hatten, von hier unmittelbar auf die Universität ziehen konnten. Die Freude währete aber nicht lange. Es scheinet, daß der Tod des Churfürsten auch der Schule bald anfangs ei-nen großen Stoß gegeben. Man war zwar dieselbe aufrecht zu erhalten auf Mittel bedacht und rief A. 1691 noch einen Quintar, wozu Peter Lehmann erwählet wurde, doch dieses Amt währete nicht länger als ein . . und die Schule nahm bey dem allen allmählig dergestalt ab, daß wir den guten Zustand derselben weiter nicht als auf die Zeiten des Herrn Wöllmers hinaus setzen können, der sie noch einiger Maßen beysammen gehabt. Die Ursach, warum es mit derselben in solchen Verfall gerathen, ist nicht völlig bekannt, daß sie aber bis dieser Stunde allen gemachten Anstalten ungeachtet nicht wieder hergestellet werden können, weiß ein ieder, wird ihr auch wohl nicht anders als durch hohe Hand geholffen werden können. — Der hochselige König Friedrich Wilhelm ist einige mahl darauf bedacht gewesen, unserer Stadt diesen Vortheil wieder zu verschaffen, nur der Tod ist Ursach daran, daß es damit nicht zu stande gekommen ist.

Bisher war in Potsdam nicht mehr als eine öffentliche Schule gewesen (denn die Schule, welche von des großen Churfürstens Zeiten her der reformirte Cantor in seinem Hause gehalten und bald angefangen, bald wieder eingestellet worden war, kann hierher nicht gerechnet werden). Der König Friedrich Wilhelm ließ das dazu gewidmete Gebäude, welches schon seit 1574 gestanden hatte und baufällig zu werden anfieng, abbrechen und nach gerade 4 neue Schulen dafür wieder bauen, davon die ein an dem Ort, wo die alte gestanden hatte, die andere auf dem vormals so genannten Kietz, die dritte bey der Heil. Geistkirche und die vierte in der Nauenschen Straße zu stehen kam. Mit den ersten beyden wurde man schon A. 1722, mit der dritten A. 1726 und mit der vierten A. 1739 fertig. Die erstere bekam den Namen der großen und Stadtschule und behielt ihn so lange, bis die in der Nauenschen Straße zu stände kam, von welcher Zeit an sie die Nicolai-Schule pfleget genannt zu werden, die zweite heißt die Garnisonschule, die dritte die Heil. Geistschule und die vierte führt ietzo den Titel die große Schule.

Die Garnisonschule bekam einen lutherischen Rector und einen refor-mirten Cantor, sie sind aber nicht lange beysammen geblieben. Der Cantor hat sich bey der Schule erhalten, der Rector aber seine Wohnung bald hier bald da aufschlagen müßen und ein ieder hat für sich informiret. Der erste Rector war Herr Christian Friedrich Reddigen, welchen A. 1747 der zweyte Herr Michael Denter, welchen A. 1752 der dritte Herr Tobias Schmidt, welcher … gestorben ist…Der erste Cantor war Herr… Hübenthal, welcher A. 1740 als Prediger zu der reformirten Gemeine nach Jerichow kam, der zweyte noch lebende aber pro emerito erklärte Herr                Johann Heinrich Wilhelm Röber aus dem Köthenschen, der schon vorher als Schreib- und Rechenmei-ster wie auch als Vierter College bey der großen Friedrichsschule in Cüstrin und in Alten Landsberg als Cantor gestanden hatte. Sein Unterricht in der Calligraphie und in allen Rechnungsarten hatte etwas Vorzügliches und zog ihm viele oontribuable Schüler zu… .

Die Heil. Geist-Schule bekam einen lutherischen und reformirten Cantor, welche beyde ieder für sich Schule halten. Der erste lutherische war Herr Johann Christoph Chramutius, ein Urenkel des berühmten Martin Chramutius, welcher sich durch seine Schrifften um die lutherische Kirche so hoch verdient gemacht. Nach ihm kam Herr Johann Christian Krüger und der jetzige heißt Herr… . Der erste reformirte Cantor war Herr Johann Jacob Müller, ihm folgte Herr Gottfried Heinrich Richter. — Die alte, die Nicolai- und die ietzige große Schule sind eine aus der andern entstanden und die Collegen aus der ersten in die andere und aus dieser in die dritte übergegangen. Wir werden also nicht Unrecht thun, wenn wir sie als Lehrer bey einer Schule ansehen. Von der Quintusstelle sollte der Anfang gemacht werden. Weil aber dieselbe von kurtzer Dauer gewesen und nicht mehr als ein Quintus bey der Schule gestanden hat, nemlich der obgedachte Peter Lehmann: so wollen wir nach der Reihe die übrigen Collegen folgen laßen und von den untersten anfangen. Von den Baccalaureis, die das Organisten-Amt in der Kirche mit verwalteten, sind zum Theil aus dem Kirchenbuche, zum Theil sonst bekannt geworden: 1) Andreas Lorentz, welcher hier stand als A. 1562 der Kirchthurm umgebauet wurde, wie der Notarius George Otto angemerket hat. 2) Christian Ornitius, der nachher Rector wurde. 3) George war hier, als A. 1621 der Knopf auf den Kirchthurm gesetzet wurde. 4) Bernhard Seehausen um das Jahr 1633. Er ist hernach Rector geworden. 5) Peter Wolff A. 1651. 6) Christoph Lentz, von 1659 bis 94 da er gestorben. 7) Martin Geriete A. 1699. 8) Adolph Gerson Lehmann A. 1700. 9) Grf. Ludewig Schmidt A. 1702. 10) Friederich Süppig, welcher A. 1711 abdankte und nach Dreßden gieng. 11) Johann Hermann Tille, der als Organist nach Spandau kam. 12) N.N. Krüger. 13) N.N. Richter. 14) Friederich Süppig kam zum zweyten mahle an A. 1729 und dienete bis 1738. 15) Herr Christoph Petzüldt kam A. 1757 als Organist und Glockenspieler an die Garnisonkirche, wobey er noch stehet. 16) Herr Andreas Müller starb A. 1761. – Von      den Tertianis ist im Kirchenbuche keiner dem Namen nach angemerket worden. Der alte Herr Prediger Ebel in Karzo wußte, daß der vormahlige Cantor Johann Menicke vorher die Stelle des Tertiani vertreten. Als Cantores werden uns von 1683 an genannt: 1) Christian Wagner, ein Ungar, der aber in sein Vaterland zurück gegangen. 2) Ein Ungar, auf deßen Namen sich Herr Ebel nicht besinnen konnte. 3) N.N. Wagner, der 1689 von hier nach Zehdenick kam. 4) Joh. Menicke aus Ratzberg, welcher A. 1711 hier gestorben ist. 5) Erdmann Menicke, des vorigen Sohn, welcher bis 1724 gelebet, und einen Sohn hinterlaßen hat, welcher als Hoffiscal in Berlin bedienet gewesen, Herr Johann George Ludwig Menicke, der aber nunmehro auch gestorben ist. 6) Herr Johann Christian Pasche, der aus Mittenwalde hieher kam, starb 1729. 7) Herr Johann Frie-derich Bindheim, ein Thüringer, lebte bis 1760. 8) Herr Johann Friederich Kolbe aus Schwebt, wurde von Coburg hieher berufen. Er bestellet so, wie sein Vorfahr Herr Bindheim, nebst dem Organisten seit 1739 die Schule bey St. Nicolai und die Singestunden in der großen Schule und hat das Verdienst, daß er auf Erlaubniß des Königs hier wieder einen Chorum Symphoniacum von verschriebenen auswärtigen Choralisten im Jahr 17… wieder hergestellet hat. — Conrectores sind seit 1683, soviel aus dem Aufsatz des seligen Herrn Pastor Ebels, der darunter mit gehöret, zu ersehen und aus dem Kirchenbuche zu vernehmen gestanden, folgende gewesen: 1) Joh. Friederich Letto, ein Ungar. Er heyrathete des Pastor Straubens Tochter Catharina Elisabeth und starb 1686. 2) M. Joh. Heinrich Lentz war aus der Nachbarschaft im Teltauischen Kreyse bürtig, wo sein Vater ein schönes Schulzengericht hatte. Er heyrathete eine hiesige Güldenhauptin, blieb aber nicht lange bey der Schule, sondern gieng schon 1689 als Feldprediger bey dem Philipp Wilhelmischen Regimente mit nach Braband. Er ward hernach Pastor in Fehrbellin und zuletzt Inspector zu Osterburg in der alten Mark, worauf er zu Helmstädt die Doctor-Würde annahm und bis 1745 gelebet hat. 3) Johann Cleinow verwaltete dieses Amt ohngefehr 4 Jahr, worauf er als Inspector nach Ziesar kam, wo sein Ende 1741 erfolgte. Sein Sohn Herr Michael Leberecht Cleinow wurde Pfarrer an der Kneiphoffschen Domkirche und Consistorial-Rath zu Königsberg in Preußen. 4) Johann Regis, ein Ungar, ist A. 1696 bey der Schule gestorben. 5) Gottfried Ebel, ein Potsdamer, hat 4 Jahre bey der Schule gearbeitet und ist darauf Prediger in Carzo geworden, wo er auch A. 1747 gestorben ist. 6) Herr Jacob Töpffer aus Spandau ist nur ein Jahr Conrector gewesen. A. 1702 wurde er zum hiesigen Diaconat beruffen und 1707 zum Jnspector in Rathenau angestellt, wo er 1730 gestorben ist, wie ich aus des dasigen als Rectoris M. Ernesto Petri votivo applauso und Trauer-Carmine belehret worden bin. 7) Herr Poppo Sebastian Wöllner, ist hernach Rector geworden. 8) Herr Christian Hinze, ist hernach Rector geworden. 9) Herr Martin Friederich Pasche aus Saarmund erhält A. 1709 die Pfarre zu Töplitz, ist auch daselbst gestorben. 10) Herr Joachim Friederich Pasche, ist hernach Rector geworden. 11) Herr Gottfried Christian Wartenberg, des hiesigen Amtsschreibers Sohn, hat dieses Amt von 1713 bis 1729 verwaltet und ist hernach Prediger zu Casich in der Alten Mark geworden. 12) Herr Michael Meyer, aus Nauenburg, ward A. 1734 Prediger zu Schropkau in der Priegnitz und A. 1745 zu Gartz bev Ruppin. Er hat mit an dem Starkischen Bibelwerke arbeiten helffen und war ein gelehrter und geschickter Mann. 13) N. Samuel Gerlach, der diese Nachrichten zusammen gebracht hat, des hiesigen Rathmanns Jacob Gerlach hinterlaßener einiger Sohn, ist hernach Rector geworden. 14) Herr Johann Ludwig Koller aus Brandenburg, der des berühmten Rector Küsters in Berlin älteste Tochter zur Ehe hatte, bekleidete dieses Amt bis 1775, da er durch einen schnellen Tod aus der Welt gieng. Es ist eine kleine Schrifft, die er auf einer Vereheligung mit des seligen Inspector C. H. Schultze ältesten Jfr. Tochter Anna Sophie von…ingleichen einer Predigt, die er hier am Sonntag…gehalten, und…auf den Tod seines Herrn Schwiegervaters hat drucken laßen. Erst ein Jahr nach seinem Tode bekam wieder diese Stelle 15) Herr Christian Gottfried Benjamin Seeliger aus Breßlau bürtig…

Rectores oder Schulmeister, wie sie sonsten hießen, sind seit 1562 folgende gewesen: 1) Heinrich Klein 1562, da der Thurm bey der alten Kirche erbauet worden, wie der Notarius Otto angemerket hat. 2) Abrahamus Paolius, Liebenwerdensis 1586. Von diesem trefflichen Gelehrten ist mir zu Händen kommen ein kurtzer und klarer Bericht am Feste des heiligen Bi-schoffs Gregorii von der Jugend der Schule zu Potsdam auf den Gaßen recitiret, unter dem Titet der 4 Haupttugenden mit einem Prologe zu Berlin gedruckt durch Nicolaus Voltzen: Wie hoch alle christlichen Schulen zu halten, auf welcherley Weise alle Eltern ihre Kinder dem allmächtigen Gotte zu Lob und Dienste dem Nächsten in demselben können auferziehen laßen. Es ist ohne Zweiffel die älteste gedruckte Schrifft, die Potsdam beson-ders angehet, gerade 200 Jahr alt und ein Beweiß, daß man damals am Grego-riifest poßirliche Spiele mit der Jugend vorgenommen. 8) Paul Sege kommt 1592 in einem Churfürstlichen Abschied vor. 4) Peter Bleise, ebenfalls in den Jahren 1594—1601. 5) Christian Ornitius hat bey der Schule erst als Baccalaureus und hernach als … Rector 28 1/2 Jahr gestanden. Diesen Titel hat ihm damals Horitius zuerst gegeben, da seine Vorfahren sonst nur Schulmeister genennet wurden. Er starb 1626 und seine hinterlaßene Wittwe Elisabeth Schultzin A. 1635. 6) Bernhard Seehausen, ein Potsdammer, kommt 1638 als Rector vor. 7) Joachim Grimm, ein Berliner, stand hieselbst 1641. Er kam als Prediger nach Rodel, wo er noch A. 1663 gelebet und hier Gevatter gestanden hat. (A. 1639 machte man bey den Leichen einen Unterschied zwischen der gantzen und halben Schule.) 8) Daniel Thronicke ward A. 1648 mitten unter seiner Schularbeit vom Schlage gerühret und blieb auch alsofort todt. 9) Balthasar Weber aus Wittstock heyrathete ein hiesiges adeliches Fräulein v. Enderlin, welche Familie aber hier gantz ausgestorben. Er selbst starb 1660. (Etwas Besonderes war, daß der Amtsschreiber Reyer auf seinem Todtenbette auch an ihn und seine Collegen dachte. Er vermachte jedem 10 Rthlr. und diese wurden 1652 den 27. Märtz richtig ausgezahlt, auch mit Dank und Wunsch angenommen. Ich merke dieses mit Fleiß an, weil wohl nicht leicht eine Schule anzutreffen seyn mögte, wo man von weniger Legaten-Geldern wußte als die Potsdamschen. Von dem Gerickischen Legate bekommt der Rector jährlich 4 Groschen, der Conrector 1 Gr. 6 Pf. und der Cantor eben so viel.) 10) Christian Schröder hat A. 1661 und 11) Alexander Beme A. 1664 hier gestanden. Es waren damals 3 Schulcollegen, die zusammen bey einem Kinde Gevatter stunden. 12) Johann Schreiner, aus Eger, kam um das Jahr 1666 an die Schule, heyrathete des Bürgermeisters Woltersdorffs Tochter Anna und ward 1670 Prediger in Arenstorff. Sein Sohn Johann Christian ist Archidiaconus in Spandau gewesen und sein Enkel ist der vormahlige Feldprediger bey dem hochl. Printz Würtembergischen Regiment, ietzo Inspector zu Techüle. 13) George Matthei aus Spandau, wo sein Vater Inspector war, stand hieselbst in den Jahren 1675 und 76 und kam als Pastor nach Glinicke bey Zoßen. 14) Daniel Winter aus Berlin stand der Schule im Jahr 1680 vor, wurde Pastor in Stansdorff bey Teltow und hernach in Rüdow bey Berlin. 15) George Hartstock aus Satzkorn dienete hieselbst A. 1681 und nachdem er das Rectorat kaum ein Jahr geführet, ward er als Pastor nach Gieselsdorff im Teltauischen Kreyse beruffen. (Bis hieher ist die Schule im schlechten Stande gewesen, auch mit dem wenigsten Latein tractiret worden.) 16) Herr M. Andreas Neumann, ein Sachse, ward Rector 1682, heyrathete des Cämmerer Fröhlings Tochter Annam Sophiam, kam als Pastor von hier nach Sticken und von da nach Wittbrietzen. Er war ein Bruder des Doctor J. G. Neumanns, Professoris in Wittenberg. 17) Ambrosius Scholinsky, ein vertriebener Prediger aus Ungarn, ward 1690 Prediger zu Malcho und Schönhausen, starb aber bald. 18) Christian Justus Heinzelmann, ein Sohn des Saltz-wedelschen Superintendenten M. Jos. Heinzelmanns, ward in Leipzig Magister A. 1685, Doctor in Potsdam A. 1690, Inspector in Gardelegen A. 1700, starb A. 1717. 19) Carl Andreas Artner, nach dem Bericht des Herrn Pastor Ebels, ein vormahliger Jesuit aus Ungarn, ein gelehrter aber verkehrter Mann. Er hatte in Jena studiret und daselbst sein Nucleus juris cononici in nuce jus universum canonicum exhibens, welches A. 1700 zuerst zu Berlin gedruckt worden, und A. 1715 zu Halle von neuem mit Doct. Just. Henning Lohmers Dissertatione praeliminari de origine et apparatu juris canonici aufgelegt worden, ist Beweises genug von seiner Geschicklichkeit. In der einen Bibliothek … p. 378 ist angemerket worden, daß schon der Geheimbte Rath Strich dies nützliche Compendium oft zum Grunde seiner Lectionen über das Jus canonicum geleget habe. Wenn aber Herr Ebel meldet, daß er sich mit keinem Menschen vertragen können und seinen Collegen, den Predigern und dem Magistrat tausend Händel gemacht, die sich endlich genöthigt gesehen, bey dem Consistorio Klagen zu führen, darüber er endlich seinen Abschied gekriegt und darauf bey Nacht und Nebel mit Weib (welches eine v. Arnim gewesen seyn soll) und Kinder heimlich davongegangen: so wolle ich wünschen, daß ich von seiner hiesigen Aufführung und Schicksal etwas Beßeres hätte berichten können. 20) Poppo Sebastian Wollner, ein Thüringer, kam zum Rectorat A. 1702. Im Jahr 1705 ward er dem Prediger Rost in Fahrland adjungiret, succedirte nach deßem Ableben und ward nach einigen Jahren als Inspector nach Wusterhausen an der Dosse beruffen. 21) N. Johann Friederich Werder aus Potsdam, ward hernach Diaconus und zuletzt Inspector in Zehdenick. 22) Christian Hintze, ein Potsdammer, kam A. 1711 als Pastor nach Drotz, wo er 1728 gestorben ist. 23) Joachim Friederich Pasche aus Gerlsdorff bey Straußberg, heyrathete hier die Tochter des Pastor Borchelmanns und kam A. 1722 als Pastor nach Werder, wo er 1745 gestorben ist. 24) Martin Paul Haase, ein Potsdamer, kam A. 1729 als Pastor nach Nitzo in der Zauche und starb 1741. Sein Programma von Anno 1727, darin er statum scholae miserrimum vorstellet, machte zwar bey einigen Nachdenken aber ohne Erfolg. 25) N. Matthias Ritter aus Franken, kam von Perleberg hieher, wo er erst Conrector, hernach Rector gewesen war, blieb aber kaum ein Jahr hier, bekam seinen Abschied und gieng nach Meklenburg, wo er als Prediger zu Neu-Brandenburg ankam. Auf der Universität zu Halle hatte er A. 1715 unter dem damahligen Magister, nachmaligen Preußischen General-Fiscal Joh. Tobias Wagner eine Disputation defendiret, die den Titel führete: meditatio de variis exabandi ad virtutem modis. 26) Friedemann Gottlieb Wigand aus Oster-wick, kam aus dem Hallischen Paedagogio hieher. Auf Ordre des Königs ward er A. 1732 dem Inspector zu Hülffe zum Prediger ordiniret, blieb aber nur bis 1737, da er als Pastor nach Bagemühle in der Uckermark versetzet wurde. Von gedruckten Schriften habe gesehen ein Programma de adversa fortuna remediis und das gesegnete Denkmahl auf das Absterben seiner Ehegenoßin Charlotte Friederica Winterin von der christlichen Stille des Gemüthes. 27) George Christian Nachtigall, aus Halberstadt, der ebenfalls aus dem Paedagogio zu Halle hieher geruffen, auch wie Herr Wiegand zum Prediger ordiniret worden, ward nebst mir, dem damahligen Conrector Gerlach, beordert, A. 1739 die von dem hochseligen König gantz neu erbaute große Schule in der Nauenschen Straße zu beziehen. Es ward ihnen Hoffeung gemacht, daß nicht allein ihre Dalaria verbeßert, sondern auch genügsame Gehülffen zur Seite gegeben werden sollten. In dieser Erwartung arbeitete Herr Nachtigall bis 1744, da er als Oberprediger an die Paulinen-Kirche in seiner Vaterstadt beruffen wurde, und ich 28) U. Samuel Gerlach folgete ihm in dem Rectorat sowohl als in dem Prediger-Amte, bat aber, nachdem ich aus Liebe zu meiner Vaterstadt bey der hiesigen Schule 50 Jahr ausgehalten hatte, endlich im Jahr 1784 um veniam altatis bey dem geistlichen Departement in Berlin und S. K. Majestät erzeigten mir die hohe Gnade, mich von aller bisberigen Arbeit gäntzlich zu dispensiren, und meine noch übrige Lebenszeit in Ruhe mit Beybehaltung meines bisherigen Salarii und übrigen emolumenten zubringen zu können. Mein bisheriger College, der Conrector Herr 29) Christian Gottfried Benjamin Seeliger ward nun beordert als erster Lehrer bey der hiesigen Schule meine Stelle zu vertreten und die Einrichtung so zu machen, daß gleichwohl zum Besten der Jugend nichts versäumet würde.

Ehe ich die Nachricht von den Potsdamschen Schülern und Schul-collegen völlig endige, will ich hier noch etwas von der zuletzt erbauten ietzt sogenannten großen Schule und von den ihr zugedachten Collegen hinzu thun. Die jetzt so genannte große Schule liegt in der Nauenschen Straße, ist 2 Etagen hoch, hat in der Fronte 13 Fenster, auf den Seiten 2 Eingänge und in der Mitte eine Durchfahrt zum gemeinschaftlichen Hoff, der aber nach der Zeit getheilet worden. Über dem Portal der Durchfahrt ist ein von ausgehauenen Steinen wohlbefestigter Balcon, welcher mit einem eisernen Gitter versehen, an welchem gerade in der Mitten der geschlungene Nahmenszug des hochseligen Königs in geschlagenem und stark vergütetem Kupfer zu sehen ist, der dem gantzen Gebäude ein vornehmes Ansehen giebt und die Nachkommen erinnern soll, wer ihnen die Schule erbauet und in welchem Jahre es geschehen sey, welches sie aus dem Nahmen FrIDerICVs WILheLMVs ReX BorVssIae, der das Jahr der Erbauung in sich faßet, erkennen sollen. Vor ihr ist die Leinwandsfabrique, neben bey die Sammetfabrique und hinter ihr das schöne Baßin. Der hochselige König hat sie auf eigene Kosten durchgängig von massiven Steinen durch den Holländischen Maurermeister Sonsbrik bauen und mit den nöthigen Neben- und Hintergebäuden wohl versehen laßen, worin ein ieder von den Schulcollegen seine eigene Küche, Keller, Holtzstall etc. findet. Die Schulwohnungen sind zu 4 Collegen eingerichtet, weil man anfangs gemeinet, daß von den anderen Schulen in gewißen Stunden Hülffe geschehen könnte. Jeder von diesen Collegen sollte seinen eigenen Flur und 4 mit Öfen und Caminen versehene große und kleine Stuben bewohnen, die übrigen Zimmern aber die erforderlichen Hörsäle abgegeben. Den 18. August 1739 geschahe die Einweyhung. Der selige Inspector C. H. Schultze invitirte dazu in einer teutschen Einladungsschrift, welche von der Nothwendigkeit der Schulen handelte, wie solche die Durchlauchtigen Regenten von dem Bran-denburgischen Hause eingestehen. Es fanden sich dazu außer einiger gewal-tigen Menge anderer Leute auch die Herren Staabs- und andere Officiers von dem damahligen Königl. großen Grenadier-Regiment, die sämmtliche Herren des Raths und alle Prediger ein. Der Anfang ward gemacht mit dem Liede: Komm Heilger Geist, Herr Gott etc., worauf der Herr Inspector auftrat und in einer netten lateinischen Rede das sicherste Mittel vorschlug, die Schule in Flor und Aufnahme zu bringen. Herr George Christian Nachtigall hielt hierauf als erster Rector eine teutsche Rede von den höchstrühm-lichen Bemühungen des Brandenburgischen Hauses um die Aufnahme der Gelehrsamkeit. Nach diesen ließen sich auch einige Scholaren in kurtzen Reden hören und ward der gantze Actus mit einer schönen Musick unter Trompeten und Paukenschall beschloßen. Die ernannten beyden ersten Collegen wurden hierauf bey dem damaligen Commissario loci, dem Kriegs-nachmaligen Geheimbten Finantz-Rath Herrn Heydenreich in Gesellschaft der vornemsten Officiers und der Herren Prediger prächtig tractiret und die Hoffnung, eine große Schule zu bekommen, war mehr als zu groß. Nur Schade, die nöthigen Collegen konnten nicht sogleich herbey geruffen wer-den. Der hochselige Herr war zwar Vorhabens, die Schule mit 10000 Thaler zu beschenken, wovon die Zinsen zur Besoldung der noch zu beruffenden zwey Collegen und zu einer Zulage für die schon vorhandenen angewendet werden solte, er verlieh der Schule auch wirklich eine Praebende in Magdeburg, ein Vicariat in Halberstadt und eine Praebende in Minden, würde auch ohne Zweiffel noch ein mehreres hergegeben haben, wenn es dem allerhöchsten Gott gefallen hätte, ihm sein theuer geachtetes Leben noch eine Zeitlang zu erhalten. Er starb aber, ehe er in Absicht die Schule ausgerichtet hatte, was er Vorhabens gewesen war. Mit dem Verkauff der Praebende gieng es langsam her, es ward nicht halb soviel daraus gelöset, als zur Verbeßerung der Schule nöthig war, die Hoffnung der vorhandenen Collegen blieb aus und von neuen Collegen konnte in Ermangelung der zu ihrer Erhaltung nöthigen Gelder vor der Hand keiner beruffen werden. Weil nur die halbe Schule bewohnet und gebrauchet wurden, so gefiel es Sr. ietztregierenden Königl. Majestät im Anfang des 1744sten Jahres, die Hälffte der Schule den Königl. Pagen mit ihrem Hoffmeister einzuräumen. Nach der Zeit, als die Praebenden zu Gelde gemachet waren, ist zwar A. 1745 ein Subrector beruffen worden, er mußte aber außer der Schule zur Miethe wohnen. Und nun kann ich noch 2 Collegen unter dem neuen bisher noch ungewöhnlichen Titul, nemlich unter dem Titul der Subrectoren mit aufführen, die seit 1745 benebst dem Rector und Conrector bey der großen Schule bedienet gewesen. Subroctores sind seit 1745 gewesen: 1) Herr Gottlieb Weber aus Silbitz im Magdeburgischen, der A. 1749 als zweyter und bald darauf als erster lutherischer Prediger bey dem hiesigen großen Way-senhause ankam, wegen einer ihm zugestoßenen Krankheit aber geraume Zeit außer Dienste zubringen mußte. Er überstand die Krankheit glücklich kam aber nicht wieder in das Waysenhaus, sondern ward als Pastor nach Lottin bey Halle befördert. 2) Herr Johann Friederich Dittmar aus Berlin trat dieses Amt A. 1750 an. Er hat sich seitdem noch nicht von demselben weggewünschet, auch nicht, obgleich nach Herr Kollers Tode Gelegenheit dazu da war, zu ascendiren verlanget und ich begnüge mich, ihm mit Wahrheit nachrühmen zu können, daß ich an ihm einen gelehrten, geschickten, treuen, fleißigen und freundschaftlichen Collegen gehabt habe.

3.2. Von den Schülern

Nicht alle, welche Lernens halber die Schulen besuchen, wollen und sollen große und gelehrte Leute werden. Viele sind zufrieden, wenn sie nur lesen, schreiben und etwas rechnen lernen. Und dazu findet sich in unserer Stadt Gelegenheit genug. Außer den Schulhaltern, welche sich mit Consens des Raths und Inspectoriis in allen Straßen ansetzen, laßen insonderheit die zur Nicolai-, Heilige Geist- und Garnisonschule verordnete Lehrer in diesem Stück an ihrem Unterricht nicht fehlen, in der großen Schule aber sol-len nach der Intention des gottseligen hohen Stiffters auch Sprachen und Wissenschaften getrieben und die Scholaren zur Universität vorbereitet werden. Auch in diesem Stück haben die Lehrer der großen Schule gethan soviel als sich nach den Umständen der Schule und der Schüler hat thun laßen. Wir haben mit unsern Schülern theologische, lateinische, griechische, hebräische, geographische, historische, philosophische, mathematische Stunden gehalten. Wir haben einen Theil unserer Lehrlinge soweit ge-bracht, daß sie mit Nutzen unmittelbar von hier auf die Universitäten gehen, wenigstens in den obersten Claßen anderer Schulen und Gymnasien mit Ruhm bestehen können. Was würde nicht geschehen seyn, wenn uns die Hülffe widerfahren wäre, mit welcher wir uns Hoffnung zu machen berechtigt zu seyn glaubten, wenn die uns fehlenden Collegen herbeygeruf-fen wären, wenn ferner den Schülern die Beneficia hätten angedeyhen können, die ihnen zugedacht waren, wenn das Schulgebäude selbst Platz genug behalten hätte, sie in mehrere Claßen zu vertheilen. Ich erinnere mich, daß uns aus der Nachbarschaft und aus der Laußnitz gantze Schulen zuziehen wollen, die aber, weil der Tod des Königs ihre Hoffnung vereitelte, hernach zurückblieben, so daß wir ietzo mehrentheils uns nur mit eingebornen Stadtkindern beschäftigen, unter welchen jedoch immer einige gewesen, die ihren Lehrern Ehre gemacht haben und zu ansehnlichen Ämtern und Ehrenstellen haben befördert werden können.

Von Stipendien für die studirende Jugend weiß ich in Potsdam nur eines nachzuweisen, welches der Bruder eines hiesigen Amtmanns Herr Gottlieb Bernhard Schmidt hieselbst den 9. October 1715 gestiftet hat. Es lautet das Vermächtniß folgendermaßen:

»Im Namen der hochgelobten heyligen Dreieinigkeit, Amen. Zu wißen, nachdem mein seliger Bruder, Herr Johann Heinrich Schmidt, weyland Königl. Preuß. Amtmann zu Potstam bey seinem Leben Vorhabens gewesen, ein Stipendium für die studirende Jugend zu stiften, allein durch einige Hinderung wieder davon abgekommen: Und aber derselbe per Dispositionem seines letzten willens mir einige Mittel zufließen laßen. Als bin ich in regard deßen resolviret 800 Rthlr., sage acht hundert Thaler ad inster Donationis mortis causa zu seinem Gedächtniß, und mithin der gantzen Familie zum Andenken, in specie aber der studirenden Jugend und Armuth zum Besten, folgender Gestalt zu legiren und zu verschreiben: Nemblich, Ich habe erwogen, daß durch Gottes Gnade meine Lebenszeit um fast über 3 Jahre über ein halbes seculum sich erstrecket; und weil dabey sowohl die Gesundheit als auch übrige Lebenskräfte je länger je mehr abnehmen, ich solcher Gestalt wohl merke, daß mir die besten also auch die meisten Jahre meines Lebens schier vorbey seyn mögten: dahero in solchem Betracht mein beständiger Vorsatz und Wille ist, das dermahl eins nach meinem Tode von dem Nachlaß meines gantzen Vermögens zu Berlin und zwar ex paratissimis obbesagter Achthundert Rthlr. sollen genommen und bey der hochlöblichen Landschaft zu Berlin, oder wo solche sonst am beständigsten untergebracht werden können, auf landesüblichen Zinß à 6 pro Cent ausgethan und die davon jährlich fallende Acht und Vierzig Rthlr. Zinsen folgender gestallt in perpetuum angewandt und ausgetheilet werden sollen. Nemlich zum Stipendio vor die studirende Jugend soll derjenige, welcher in der Hebung stehet, zwey Jahr zu genießen haben, jährlich 25 Thlr., thut beyde Jahr zusammen fünffzig Thaler. Ferner derjenige, welcher eine Kunst oder Handwerk lernet, soll aus diesem Legato haben semel pro semper zwölff, um davon seinen Geburthsbrief und was er sonsten zum Anfang nöthig hat zu bezahlen. Neun Thaler sollen jährlich auf die hohe Festtage, als Weihnachten, Ostern und Pfingsten, und zwar jedesmahl drey Thaler des Sonnabends oder am heiligen Abend vor iedes Fest unter die Stadtarmen ausgetheilet werden; bleiben also noch zwey Thaler von den Acht und Vierzig Rthlr. Zinß übrig, so jährlich dem Rechnungsführer wegen Einforderung und Berechnung der Zinsen zufließen sollen. Betreffend die Ordnung, so in Hebung sowohl des Stipendii als auch des andern Legati zu beobachten, ist, daß zuvörderst den Vorzug habe derjenige, welcher von dem Schmidischen Namen und Freundschaft nach der Ordnung der Ver-wandschaft sich berechtigen könne: da aber dieselben nicht vorhanden oder soweit noch nicht gekommen, daß sie Academiam besuchen könnten: Item derjenige in der zweyten Claße, welche eine Profession, Kunst oder Handwerk zu lernen nicht gemeinet, oder aber dieses Beneficiam allbereits genoßen hätten. Sollen vors andere hierzu kommen alle eingeborne oder Patricii zu Pottstam, darunter abermahls den Vorzug haben E. E. Raths-, wie auch der Herren Geistlichen ihre Söhne, wenn sie nemlich, wie gedacht, so weit in ihren studiis gekommen, daß sie Academiam besuchen, oder auch die in der andern Claße eine Kunst oder Handwerk lernen wollen. Dafern aber wider Verhoffen auf einige Zeit niemand da wäre, der sich zu diesem Stipendio oder Legato auf obbesagter Maaß legitimiren könnte: sollen ad interim die Einkünfte zum Vorrath gesammelt und der Bestand berechnet werden. Und weil diese Donation ad pias causas zuförderst dem großen Gott zu Ehren, dann auch der studirenden Jugend und Armuth zum Besten, mithin aber zum stetswährenden Gedächtniß obgedachten meines seel. Bruders, des Herrn Amtmann Schmids ich in der Stadt Potsdam beliebet und gestiftet, so habe ich zu Exsecutoren dieser Verschreibung E. Edlen Wohlweisen Rath und die Herren Geistlichen daselbst zu Pottstam bitlich ersuchet, dergestalt, daß sie einem ieden, welchen die Ordnung trifft, zum Genuß dieses Beneficii verhelffen und darob bedacht seyn sollen, daß von dieser Disposition nichts abgehe oder verringert, noch weniger zu andern Sachen etwas verwendet werde, so lieb allen und ieden zeitliche und ewige Wohlfahrt ist. Amen! Wie denn gleicher gestalt, ob ich wohl mir vorbehalten, von meinem übrigen Vermögen ante oditum noch zu disponiren: So soll doch ohngeachtet deßen dieser meiner wohlbedächtigen Donation da-durch nicht das geringste abgehen und solches verspreche ich hiemit bey den Worten der ewigen Wahrheit: So wahr mir Gott helffe durch Jesum Christum, Amen! Uhrkundlich habe ich diese Verschreibung oder Donatio mortis causa auf Pergament mit einer Hand abschreiben laßen, also, daß davon ein Exemplar beym Rathhause zu Pottstam, das andere im Gotteskasten bey der Kirche daselbst und das dritte Exemplar bey meiner Familie und zwar bey dem ältesten von meinen noch lebenden Brüdern, item Brüder und Schwester Kindern und deren Descendenten ad infinitum, als welcher sodann ut condirector stipendii allemahl berechtigt seyn soll, nicht allein nach diesem Legato und deßen Berechnung zu fragen, sondern auch den Fortgang helffsen zu besorgen, in Verwahrung beygeleget werde, welche alle 3 Exemplaria ich eigenhändig unterschrieben und besiegelt, auch zu unsrer Bemerkung dabei mein Notariat Signet beygefüget habe: So geschehen zu Pottstam den 9. Octobris des Eintausend Siebenhundert und fünffzehenden Jahres, welcher war der Gedächtnißtag, da mehr gedachter mein seel. Bruder hieselbst Anno 1714 früh morgens umb 6 Uhr wohl bereitet zum Tode seelig im Herrn entschlaffenen. Gott erfreue seine Seele, laße es uns allen aber indeßen wohl gehen und mache uns gleichfalls bereit zur ewigen Freud und Seligkeit, Amen! Gottlieb Bernhard Schmidt.

L.S.         Notar. Caesar. Publ. und Königl. Preuß. Ämter-Commisarius.

3.3. Von den Salarien der Schul-Collegen

Es ist nicht selten die Armuth, welche junge Leute vom studiren zurückhält. Studiren heißt: es kostet Geld. So höret man sie nicht selten und auch ihre Eltern sprechen, wenn keine Hoffnung da ist, durch Stipendien unterstützet zu werden. Und eben so sind auch öffters die geringe Salaria schuld daran, daß sich nur selten ein gelehrter Mann entschließet, ein Schulmann zu werden, weil ihm zwar Eselsarbeit aber nur Häßchensfutter darge-bothen wird. Er will doch eßen und trinken, er will ein anständiges Kleid haben, er will Bücher ankauffen und sich dadurch weiter perfectioniren und sein gantzes Einkommen ist oftmals kaum zu einem, geschweige zu allem, hinreichend. Auch die Thüre, durch eine reiche Heyrath sich zu hel-ffen, bleibt ihm bey so bewandten Umständen gewöhnlicher Maaßen verschloßen. Er scheuet sich also einen Dienst anzutreten, bey welchem er sich nicht zu subsistiren getrauet und eilet, wenn er kann, wenn er ihn unvorsichtiger Weise angetreten hat, ihn sobald als möglich mit einem andern, wo Brodt dabey ist, wieder zu vertauschen. Die Einkommen der Schul-Collegen in Potsdam sind von ieher hertzlich schlecht gewesen.

3.4. Von den hier befindlichen Bibliotheken

Wer sich für sein eigen Geld die ihm nöthigen Bücher anzuschaffen nicht im Stande ist, derselbe pfleget sich die öffentliche und Privat-Bibliotheken, wenn er dazu Gelegenheit hat, zu nutze zu machen. Hieran fehlet es aber in Potsdam noch sehr. In dem vorigen seculo waren eine Zeitlang die Prediger bey der alten Kirche darauf bedacht, eine kleine Bibliothek bey der Kirche anzuschaffen, und dazu solte das Geld gebrauchet werden, was nach der Verordnung des großen Churfürstens für die nicht erlaubten übrigen Gevattern bezahlet werden mußte. Ich habe gesehen, daß auch wirklich die Schrifften einiger unserer alten lutherischen Theologen ange-kauffet worden sind, insonderheit Lutheri Wercke und was zu Joachim H. und Johann Georgens Zeiten von lutherischen Schriften hier in der Mark herausgekommen ist. Aber an anderen wichtigen Werken fehlt es und die mehresten Bücher sind alte Postillen, wofür keiner zwey Pfennige bezahlen mögte und die vermuthlich gegen beßere ausgetauschet worden sind. Man verwahret sie gleichwohl noch damit in dem Beichtstuhl des Diaconi und der Staub, der sie verzehret, lieget fingerdicke darauf, so daß keinem leicht die Lust ankommen wird, sie einmal zu revidiren und von dem Staub und Spinngeweben zu reinigen. – Seine Königliche Majestät haben sowohl auf dem Schloße in der Stadt, als in Sanssouci, als auch in dem neuen Palais prächtige Bibliotheken, aber nur zu Dero höchst eigenem Gebrauch. – Bey dem Herrn Geheimbten Rath Cothenius fand man so lange er hier war, eine sehr complete medicinisch-Physicalische Bibliothek, bey dem Herrn Kriegsrath Deutsch eine ansehnliche historische Bibliothek, nur die erstere ist mit nach Berlin und die andere mit nach Preußen genommen worden. Bey dem Herrn Bauinspector Manger findet sich ein guter Vorrath von ma-thematischen und architectonischen Schrifften und Zeichnungen, so wie bey dem Königl. Hoffgärtner Herrn Heydert von Naturgeschichten. Unser Herr Director Egerland hat eine auserlesene Juristische, so wie der Herr Rathmann Buddeus eine in das Jus und in die Cameral-Wißenschaften einschlagenden Bibliothek. Unsere Herren Prediger laßen sich sonderlich die Sammlung theologischer, zur Kirchenhistorie gehöriger, litterarischer und Philosophischer Bücher angelegen seyn und die Collegen der großen Schule unterlaßen auch nicht, nach Maaßgebung ihrer schlechten Einkünfte, sich mit den besten Büchern aus iedem Fache der Wissenschaften, sonderlich Geographischen, Historischen, Philosophischen und Mathematischen Inhalt und überhaupt den schönen Wißenschaften zu versorgen. Ich muß gestehen, daß auch unter den Herren Officiers fast keiner ist, der nicht eine kleine aus mathematischen und historischen Schrifsten bestehende Bibliothek besitzet. – Insonderheit aber kann ich hier vergeßen, daß man insonderheit schon seit einigen Jahren im Königlichen Waysenhause darauf bedacht gewesen, daselbst eine Bibliothek zum öffentlichen Gebrauch zusammen zu bringen…Eben ietzo fangt man auch an, auf eine kleine Schulbibliothek für die große Schule zu denken und dazu diejenigen Bücher anzuschaffen, welche für Schüler die nöthigsten sind und denen in die Hände gegeben werden sollen, welche sich dieselben selbst anzuschaffen nicht vermögend sind, wozu insonderheit die frantzösischen, lateinischen, griechischen, hebräischen Grammatiken, die Auctores Classici, die nöthigen Lexica und die in allen Arten der Wissenschafften unentbehrlichen Handbücher gehören, wovon befindenden Umständen nach mehrere Exemplaria angekaufft werden, die alle in der Schule in eigenen verschloßenen Schränken verwahret werden.

3.5. Von den Buchladen

Es kommen alle Jahre neue Bücher zum Vorschein, und wer die alten gelesen, der suchet nun auch noch von den neuen zu profitiren. Und da ist es nun sehr gut, daß sie in dem Buchladen zu finden sind. Vor des König Friedrich Wilhelms Zeiten ist in Potsdam noch kein Buchladen zu finden gewesen. Auf seinen Befehl legte im Jahr 172… Herr … Rüdiger in dem von ihm ebenfalls auf Königlichen Befehl am Canal erbauten, nachmals an den Schwerdfeger Herrn… verkaufften Hause den ersten an und erhielt darüber ansehnliche Privilegia. Er erhielt darin einen eigenen Buchhalter und versorgte denselben von Zeit zu Zeit mit den Büchern, die von den Meßen ihm nach Berlin zugeschickt wurden. Über dem Eingang des Hauses hatte er mit güldenen Buchstaben setzen laßen:

Friedrich Wilhelms Gnad und Güte
Hat dies Haus gebracht zur Blüthe;
Gott, der ihn und mich bewacht,
Sey auch auf die Frucht bedacht!

Es wolte aber doch mit der Buchhandlung noch nicht recht fort und wer Bücher nöthig hatte, verschrieb sie aus Berlin. Sein Schwiegersohn ließ ihn zuletzt gar wieder eingehen. Doch seinem Privilegio zufolge hatte er das Recht, die Sache von neuem zu versuchen. Er miethete nun am Markt einen Laden, wo er wieder einen Buchhalter hinsetzte. So lange derselbe lebte, gieng es mit dem Verkauff der Bücher ziemlich mittelmäßig, doch mag ihm der Buchhalter mehr zu erhalten gekostet haben, als ihm der gantze Laden eingebracht, sonderlich da sich ein anderer Buchhändler Herr Horn neben ihn setzte, der das für sich besorgte, was Herr Voß durch einen Buchhalter und mit mehreren Kosten besorgen laßen mußte.

3.6. Von den Buchdruckereyen

Ohne die Buchdruckerey würde der Buchhändler nicht viele Bücher zum Verkauff aufstellen können, für die gelehrte Welt ist die Buchdruckerey die gewünschteste Erfindung und die Ehre davon gehöret den Teutschen und insonderheit einem Guttenberg zu Straßburg und einem Faust zu Maintz, die dadurch bey der Nachwelt und sonderlich bey den Gelehrten einen ewigen Namen und unvergänglichen Ruhm behalten werden. In der Mark Brandenburg ist die erste Buchdruckerey zu Stendal in der alten Mark angeleget worden. In Potsdam war der erste Buchdrucker Herr Bartholo-mäus Neumann, welcher im Jahr 1722 hieher kam und von Sr. Königl. Majestät mit sehr ansehnlichen Privilegien, auch mit der freyen Buchhandlung begnadiget wurde. Sein erstes Buch, welches er hier druckte, war 1724 Gundlings Brandenburgischer Atlas. An dem Buchdrucker-Jubeleo nahm er 1740 in sofern Antheil, daß er eine kleine Schrifft, die er selbst verfertiget und gedruckt hatte, in Potsdam ausgehen ließ. Seine Wittwe setzte nach seinem Tode die angefangene Sache mit einem Buchdrucker-Gesellen Namens Johann George Bauer fort, der sie im Jahr 1756 selbst übernahm und von ihm kam 1762 die Fortsetzung derselben an den ietzigen Hoffbuch-drucker Herrn Michael Gottlieb Sommer.

4. Fürsorge-, Kranken- und Todtengeschichte

4.1. Fürsorgegeschichte

Wittwen Häuser

Was der Große Churfürst und seine Gemahlin Dorothea fundiret, das ward durch den Churfürst Friedrich III., nachmahligen König sub dato den 1. Februar 1697 von neuem bestätiget. Das Document welches darüber ausgestellt worden, läutet in seinen Hauptpuncten folgender maßen.

»Wir Friedrich der Dritte, Churfürst etc. Urkunden hiermit und thun männiglich zu wißen, nachdem der weiland Durchlauchtige Großmächtige, Fürst, Herr, Herr Friedrich Wilhelm etc. etc. Churfürst etc. etc. Unsers nunmehro in Gott ruhenden Herrn Vaters Gnaden nebenst dero Gemahlin etc. etc. Dorothea etc. etc. Churfürstin etc. etc. Christlichste rühmlichste Sorge getragen, daß an dem Orte, welche beiderseits etc. in ihrem Leben zur Recreation gedienet ein gewißes Haus gebauet und und mittelst einer mildelichen Stiftung zur Pflege und Versorgung einiger armen Witwen, für deren kümmerlichen Zustand der höchste Gott in seinem Wort zu sorgen ernstlich anbefohlen, gewidmet würde, und denn zu Erfüllung solcher gottseeligen Intention beyderseits höchstseeligen Vorfahren ein Gebäu zu einem Wittwen Hauße in Potsdam auffnehmen, ansehnliche Summen, zur Erhaltung deßelben und der darin künftig einzunehmenden Witwen auszahlen lassen, auch das Hauß männiglich beneficiret, jedoch vor völliger Ausführung dieses ruhmwürdigen Vorhabens dieses Zeitliche gesegnet. Als haben Wir durch Gottes Gnaden ietzo regierender Churfürst und Landesherr, uns vorgenommen, und gnädigst beschlossen, die Gottselige Fußtapfen Unsers hochseeligen Herrn Vaters zu betreten, und Gott zu Ehren, auch der Armuth zum Trost, die angefangene Landesväterliche Vorsorge für dieses Hauß zu confirmiren und die fundation Unsers etc. etc. Herrn Vaters und Frau Mutter zu Stande zu bringen, zu bestätigen und mit neuen wollthaten zu verbeßern:

1) So ordnen denn und setzen wir, daß das von Unsers Herrn Vaters und Frau Mutter Gnd. Gnd. erbaute Witwenhauß zu Potsdam auf dem sogenannten Kietz, wie es von Dero Gottseeligen Hertzen zu solchem Gebrauch einig und allein gewidmet und destiniret ist, auch zu ewigen Zeiten ein Hauß für arme und fromme Witwen seyn und bleiben und unter keinem Praetext zu einigen andern Dienstgebrauch oder Behuf genutzet, sondern alleine, wie vorgedacht, zur Wohnung und Unterhalt der darinnen aufgenommenen Witwen eingeräumet, gelaßen und gebraucht, und alle Zeit in baulichen Würden gehalten werden solle.

2) Sollen auch die dazu gehörigen pertinenz Stücke, als der Garten bey dem Hause, nebst der Bleiche, die Meyerey so denselben gleich überlieget nebst den dazu gehörigen Garten und Wiese, desgl. der Garten, so bey unsers Kammerdieners und Hauß-Hoffmeisters Marten Garten gelegen und das Stück Feldes nach die Pürschheide hin, zwischen dem Amtsfelde und Frolings seinem gelegen, wie alles und jedes so dem Hause einmal zugewendet und approbiret worden, auch dabey zu ewigen Zeiten verbleiben und demselben einverleibet seyn; es wäre denn, daß, nach wohl erwogener   Sache, zu            Erhaltung eines besseren und gößeren Nutzens, dienlich gefunden würde, ein oder ander         Stück zu veräußern, zu verkauften, oder

zu vertauschen, als dann zwar solches geschehen mag, doch anders nicht als mit ausdrücklicher Vorbewust und Genehmhaltung, Unserer, und Unsers zukünftigen Successoren, als dann wir die unterthänigst gethane Vorschläge examiniren und darüber unsere gnädigste Resolution ergehen lassen.

3) Sollen über diejenige Capitalien, so unsers Hern Vaters und Frau Mutter gndl. zu dem Wittwenhause gnädigst herschießen lassen und sich bey deren Lebenslauf 10000 Rthlr. betragen haben, item über diejenige 2000 Rthlr. so theils durch neue Donationes, theils durch gute              dazu gekommen und ins gesammt das Wittwenhauß bishero genützet und administriret hat, noch von Uns dazu gezahlet werden und zu besserer Subsistenz der Witwen geschenket seyn, 2000 Rthlr. aus extraordinairen, welche, daß sie ehestens ausgezahlet worden, wir gnädigst Anstalt wollen machen laßen.

4) Soll dem Wittwen Hauße zur Subsistenz und Unterhalt der darin vorhandenen Persohnen aus unserm Amte Potzdam an Rocken jährlich 4 Mispel gereichet werden, davon der Amtmann die Hälffte um Martini, die andere Hälffte auf Fastnächten jedesmahl richtig abführen und unter keinerley Praetext diese Kornhebung aufschwellen lassen soll.

5) Stehet dem Wittwenhause frey und soll Kraft dieses berechtiget sein nun und allezeit, das benöthigte Brennholtz aus der uns gehörigen nächst anliegenden Holtzung ohne Entgeld zu hohlen, daran unsere Jagd- und Forstbedienten keines Weges hinderlich sein sollen. Deßgleichen sollen auch die 4 Fuder Holtz, so bisher von Unserm Amthause zu Potsdam von Michaelis bis Maria Verkündigung, jede Woche geliefert worden, dem Wittwenhause ferner also zugeführet, auch demselben 4 Haufen geschlagen Klafterholtz, so wie sie das Wittwenhauß jährlich empfangen, ferner dergestalt ohnentgeltlich abgefolget werden.

6) Bleibt auch dem Hause frei, nach wie vor in der Bornstädtschen Brauerei zu Brauen, allermaßen wie es damit gehalten werden soll, unsere deßfalls ergangene Verordnungen besagen, nemlich, daß gegen Anschaffung der Gerste, Bezahlung des Hopfens und (Anlieferung auch Unterhaltung der Tonnen, das Bier in der Bornstädtschen Brauerei gebrauet werden solle und ist alsdann das Weitere alsdann nicht aufzuhalten, damit die Witt-wen am nöthigen Getränk keinen Mangel leiden. Da aber das Wittwenhauß künfftig einmahl die Mittel und Gelegenheit hätte, ein eigen Brauhauß anzufangen und solches vortheilhaftiger zu seyn befunden würde, so bleibt ihnen unbenommen die Beförderung deßelben Bestandes damit zu verfahren.

7) Die Zahl der Wittwen, so in mehrerwähntem Hause verpfleget und versorget werden sollen, muß nach jetzigem Vermögen und Beschaffenheit deßelben auf 12 Personen gerichtet sein, welche Zahl auch beständig und voll also bleiben soll, bis etwa durch Gottes Segen sich das Einkommen des Hauses gebeßert, alsdann nach Unserm oder Unserer Nachkommen Gutbefinden mehr Personen angenommen werden können.

8) Soll besonders bei Annehmung der Wittwen auf fromme, alte, schwache, kranke und nothdürftige Witwen und unter denen ins besondere auf Prediger und Schulbedienten Witwen Reflexion genommen werde.

9) Kinder sollen in diesem Hause nicht eingebracht werden, außer denen, welche den darin aufgenommenen Witwen angehören. Dieselben gehen mit ihren Witwen herein und sollen im Lesen, Schreiben und aller Gottesfurcht und zwar der Evangelisch reformirten Religion von einem reformirten Schulmeister unterwiesen werden, der dafür aus des Wittwen-hauses Mitteln bezahlet wird.

10) Damit aber das Wittwenhauß durch die Kinder nicht gar zu sehr beschweret werde, so sollen die Knaben im 12ten bis 14ten Jahre ihres Alters und die Mädchens im 12ten bis15ten Jahre, nachdem die Kinder stark und erwachsen find, wieder heraus gebracht und jener zu einem Handwerk oder anderen ehrlichen Dienst, diese aber Zur Aufwartung bey guten Leuten gegeben werden.

11) Und wenn solches geschieht: so sollen die Kinder beiderley Geschlechts mit einem neuen Kleide und nothdürftigen Leinenzeug versehen werden.

12) Da es sich auch zutragen sollte, wenn ein Knabe in die Lehre weggebracht und ausgedungen wird, daß dazu Geldmittel erfordert würden; so sollen dieselben, gleich wie es bey anderen Waisen geschieht, aus der Armen-Casse hiesiger Domkirche genommen werden, allermaßen deßhalb an Unser Hoff Ministerium absonderliche Befehle ergangen sind.

13) Eine jede Wittwe hat zu ihrem Unterhalt Pflegung und subsistenz zu gewarten und zu genießen, sie sei allein oder habe auch Kinder, eine besondere Stube, darinnen einen Tisch, zwei Schemmel, eine Bettstelle. Die übrigen kleinen Geräthschaften bringt sie mit oder schafft sie selbst an, es wäre denn, daß sie ganz arm und unvermögend wäre, etwas zu kauffen, welchen falls aus des Hauses Mittel ihr die Nothdurst angeschafft werden muß.

14) An Gelde genießt eine Wittwe, so Kinder, eins oder mehrere mitbringt, wöchentlich 12 Gr., die aber ohne Kinder ist, 8 Gr. und wenn sie hernach die Kinder aus dem Hause im Dienst oder sonst weggebracht worden, so begnügt sie sich ebenfalls mit 8 Gr.

15) An Brodt und Bier hat jede Wittwe ein gewiße genügsame portion, wie bisher es gebräuchlich gewesen, täglich zu genießen, die aber ein Kind bei sich hat, bekommt anderthalb und die mehr Kinder hat zweifache Portion.

16) Jede Wittwe hat nach Ablauf von 2 Jahr eine gantz neue Kleidung von Tuch oder Rosch zu gewarten und da mittelst die Kleidung einer Ausbeßerung bedürfftig wäre, so die Wittwe selbst nicht thuen könnte, so soll das Wittwen Hauß die Kosten dazu hergeben; Ein paar Schuhe und ein paar Strümpfe werden daselbst ieder Wittwe alle Jahr angeschafft, nebst etwas Leinewand, nachdem im Hause viel oder wenig gesponnen wird.

17) Holtz wird einer jeden Wittwe nach Nothdurft von der Hausmagd zugetragen sowohl den Ofen zu heitzen als auf dem Heerde zu gebrauchen.

18) Die Wittwe nebst ihre bei sich habende Kinder sind verbunden sich stille, fromm und ehrbar zu verhalten, bey Vermeidung aus dem Hause geschasst zu werden und bei Verlust alles dessen, was sie genießen. Vor allen Dingen sind sie verbunden die Andacht abzuwarten und in ihrem besonderem Gebet für die regierende Landes Obrigkeit deren gantzes durchl. Hauß und gesegnete Regierung Gott den Herrn anzuflehen. Deßhalb sollten sie täglich 3 mahl, des Morgens um 7 Uhr, des Mittags um 1 Uhr, und des Abends um 7 Uhr zum gemeinen Gebet zusammen kommen, welches mit Gesang soll anfangen, darauf ein Theil der heiligen Schrift gelesen, dann ein dazu verordnetes Gebet knieend gesprochen und mit Gesang wieder geendigt werden soll. Des Sonntags gehen sie fleißig zur Kirche, so viel die Leibesbeschaffenheit zuläßt, ihre übrige Zeit bringen sie mit nützlicher Arbeit zu, nachdem eine jede geschickt ist, doch weil das Spinnen das leichteste und nützlichste ist, sie dazu förmlich gewiesen werden. Der Flachs wird ihnen aus dem Wittwenhause gereichet. Die Hälfte des Werths von ihrer Arbeit soll ihnen entweder an Gelde oder Leinwand guth gethan werden, die andere Hälfte kommt dem Wittwenhause zu nutze. Im übrigen sollen sie friedlich mit einander Leben, einander helffen, sonderlich in Krankheit einander beistehen und sich gemäß verhalten der Statuten und Ordnung des Hauses, die deshalb in der Betstunde stets sollen aufgehangen seyn, und ihnen alle halbe Jahr vorgelesen werden.

19) In schweren Krankheiten, wenn es nöthig und die Wittwen Unvermögens sind, einander nicht selbst warten und hülffliche Hand reichen können, soll ihnen eine Wärterin gehalten werden, sie sollen auch die Medicamente und Artzneyen aus der Apotheke sonder Entgeld hohlen laßen und wollen wir die Apotheker Gebühren contentiren laßen.

20) Wenn eine Wittwe aus dem Hauße gestorben, die soll aus deßen Mitteln ehrlich Zur Erde bestätiget werden und die übrige Wittwen sind schuldig ihr zu Grabe zu folgen, es wäre denn, daß eine oder die andere es, Schwachheit halber, nicht thuen könnte.

21) Die Verlassenschaft einer Wittwe, so keine absteigende Erben in der Linie hat, fällt zur Hälfte dem Wittwenhauße anheim, die andere Hälfte wird ihren nächsten Freunden herauß gegeben, wo aber Kinder vorhanden, so nehmen diese die gantze Erbschaft hinweg.

22) Des Wittwenhauses Nutz und Frommen überall bestmöglichst zu befördern, so soll jederzeit iemand als ein Wittwenpfleger und Aufseher des Hauses gehalten werden, deßen Amt und Pflichten darin bestehen soll, daß er die zum Hause und deßen Conservation und Unterhalt der darin vorhandenen Persohnen auch andere Nothwendigkeiten gehörige Gelder, fleißig betreiben, Einnahme richtig berechne, den Wittwen dasjenige so ihnen zukommt, treulich reichen und von Einnahme und Ausgabe richtige Rechnung führen und jährlich ablegen soll. Gleichfalls muß der Wittwen-pfleger auf das Gebäude des Wittwenhauses und was zu deßelben Conser-vation gehöret, wie auch auf das Vorwerck und andere zu dem Hause gehörige Gebäude, liegende Gründe auch fahrende Habe- und Geräthschaften fleißig acht geben und alles so nütz-und dienlich ist, treulich besorgen. Weiter soll er bey dem gemeinen Gebet die Gesänge intoniren die heilige Schrift und Gebet verlesen und acht haben, daß hiebey und sonst im Hause alles ordentlich und ehrlich zugehe. Wenn etwas von Wichtigkeit vorfällt, ist er schuldig den zum Hause verordneten Inspectoribus davon ungesäumt Nachricht zu ertheilen, insonderheit keine Gelder auszugleichen, auch außer den beständigen gewöhnlichen Ausgaben sonsten zu verwenden. Auch muß er Sorge tragen, daß die Knaben und Mädchen, welche ein und andere Wittwe bey sich haben mögte, sobalde die determinirte Jahre herankommen, an gute und dienliche Orte gebracht und aus dem Wittwenhause geschafft werden. Zu seiner Subsistenz hat er, nebst freier Wohnung im Wittwen-hause, wöchentlich an Gelde 1 Rthlr. 8 Gr. wie auch seine Brod- und Bier-Portion, wie bisher gewöhnlich, weiter zu genießen.

23) Zu Verrichtung der gemeinen Haußarbeit, als Feuer auf dem Heerde anzumachen, einzuheitzen, Waßer in die Küche zu tragen, das Hauß zu fegen, bey dem Backen und Brauen, auch des Sommers in der Gartenarbeit zu helffen, soll eine absonderliche Hausmagd aus den Mitteln des Hauses gehalten werden.

24) Daß nun allem abstehenden getreulich nachgelebet und unser gnädigster Wille auch Churfürstliche Intention bestmöglich erfüllt werde, so sollen iederzeit 2 Inpectores Evangelisch reformirter Religion, deren treuen und christlichen Gemüths wir gnugsam versichert seyen, über dieses Wittwenhaus gesetzet werden, welche treufleißig darob halten sollen, daß dieser Fundation stricte nachgekommen, oder, wenn nach Beschaffenheit der Zeit es geschehen könnte, sie verbeßert werde. Sie sollen auch an nothdürftiger Visitation es nicht fehlen laßen, und wenigstens alle Jahr 2 mahl selbige anstellen. Insonderheit sind sie schuldig, dafür treulich zu sorgen, daß die iederzeit vorhandene Capitalien sicher ausgethan und zinßbar beleget, die Zinsen und andere Einnahmen nach Inhalt Unserer Fundation  und Willens Meinung zum besten der Armuth verwendet, den Wittwen das ihrige richtig gereichet und nach Affecta mit der Einnehmung und Versorgung derselbigen, nirgend verfahren werde, desgleichen daß vom Witt-wenpfleger die Rechnung richtig abgeleget, die Gebäude im baulichen Stande erhalten, und von den Gütern des Wittwenhauses sonder augenscheinlichen, sonnenklaren Nutzen, nicht das geringste alieniret werde. In Summa sie sollen als rechtschaffene Christenleute dahin trachten, daß durch gute administration, Haushaltung und Wohlthun an den Wittwen Gottes Ehre befördert und diese Christmilde Stifftung conservirt auch nach und nach vermehret werde.

25) Endlich wollen und verordnen wir, daß Unsere Descendenten und Nachfolger an der Chur, mehr ermeldetes Wittwenhaus zu Potsdam, und was dazu gehöret, ihnen angelegen seyn lassen und dasselbe bey allen durch diese fundation erlangten Rechte und Gerechtigkeiten schützen und handhaben sollen. Allermaßen wir sie zugleich dabey ersuchen, daß weil ietzige schwere Zeiten Uns nicht zugelassen es nach Wunsch zu beneficiren, sie selbiges mehr begnadigen und mit Wohlthaten überschütten wollen, dafür Gott der Allmächtige ihren Churfürstlichen Stuhl befestigen und sie mit Glück und Seegen an Land und Leuten, auch an Seele und Leib krönen und erfüllen werde, Amen. Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und aufgedrücktem Gnadensiegel, Gegeben zu Cölln an der Spree den 1sten Februarii 1697.

Friedrich.            (L.S.)                                                                    Dankelmann.

Der Hoffprediger Jablonsky und der Rath Ducham, waren von dem Churfürsten Friedrich III. dazu ausersehen, daß sie die ersten Inspectores dieses Wittwenhauses seyn sollten, und wurde unterm 20ten Februar 1697 folgendes allergnädigstes Schreiben an sie abgelaßen:

Von Gottes Gnaden Friedrich der Dritte Margraff zu Brandenburg etc. etc.

Unsern etc. etc. Würdiger, hochgelahrter Rath und lieber Getreuer. Demnach wir in der bey dem Wittwenhause zu Potsdam gemachten Fundation und Stifftung gnädigst verordnet, daß iederzeit zweene Inspectores Evangelich reformirter Religion dabey bestellet werden sollen; und Wir zu Euch das gnädigste Vertrauen haben, Ihr werdet Eurer Uns bekannten Treue, Fleiß und Aufrichtigkeit nach dahin streben, damit Unsere gnädigste Intention bey gedachtem Wittwenhause erfüllet werden möge. Als haben Wir gnädigst gut befunden, Euch die Inspection darüber hiemit und in Kraft dieses anzutragen, allermaßen wir Euch denn gnädigst anbefehlen, solche Euch von nun an zu unterziehen und mit gehöriger Treue und Sorgfalt darob zu halten, damit gedachter Fundation stricte nachgekommen, oder, wenn nach Beschaffenheit der Zeit es geschehen könnte, selbige verbeßert werden möge. Ihr habt es auch an nothdürfftiger Visitation nicht ermangeln zu lassen, und wenigstens alle Jahr 2 mahl anzustellen, insonderheit aber treulich zu sorgen, daß die iederzeit vorhandene Capitalien sicher ausgethan und zinßbar belegt, die Zinse und andere Einnahme nach Inhalt unserer Fundation und Willensmeynung der Armuth am besten verwendet, denen Wittwen das ihrige richtig gereichet und nach Affecta mit Einnehmung und Versorgung derselben nirgend verfahren, die Rechnungen von dem Wittwenpfleger alle Jahr richtig abgeleget, die Gebaue in baulichem Stande erhalten, und von denen Gütern des Wittwenhauses sonder augenscheinlichen sonnenklaren Nutzen nicht das Geringste alieniret werde. Und in Summa habt Ihr, als rechtschaffene Christliche Leute dahin zu trachten, daß durch gute Administration, Haushaltung und Wohlthuen an den Wittwen, Gottes Ehre befördert und diese Christliche milde Stifftung conserviret, auch nach und nach vermehret werden möge, deßen Wir Uns zu Euch gnädigst versehen. Und weilen die Visitationes von Euch jährlich nur zu gewißen Zeiten vorgenommen werden, auch dergestalt was täglich oder wöchentlich indem Wittwenhause vorgehet, von Euch nicht beobachtet werden kann, so haben Wir nicht allein gnädigst gewilliget, daß Ihr in Eurer Abwesenheit deßelben Unserm Hoffprediger daselbst, Herrn Rötchern, demandiren möget sondern auch deßhalb gnädigste Verordnung an ihm ergehen laßen; wie er sich nun deßen nicht entbrechen wird; also habt Ihr mit ihm die Nothdurft daraus zu communiciren

Seynd Euch etc. etc. Gegeben zu Cölln an der Spree den 20ten Febr. Anno 1697. Schwerin. Knyphausen. E. v. Spanheim. v. Brand. v. Canitz.

Das Schreiben welches zu gleicher Zeit an den Hoffprediger Rötchern ergieng, war folgendes:

Friedrich der Dritte etc. Churfürst etc.

Unsern etc. Wir mögen Euch hiemit in Gnaden nicht verhalten, was Gestalt Wir Unserm etc. etc. Jablonsky und Duhram zu Inspection bey dem Wittwenhause zu Potsdam gnädigst bestellet. Wenn nun dieselbe alldorten nicht beständig zugegen seyn können, als haben wir in Gnaden gewilliget, daß sie in ihrer Abwesenheit Euch die Aufsicht des gedachten Wittwenhauses demendiren mögen, nicht zweiffelnde, daß Ihr Euch derselben willig unterziehen und mit ihnen die Nothdurft daraus communiciret werdet, deßen Wir Uns denn zu Euch gnädigst versehen und Euch etc. etc. Gegeben zu Cölln an der Spree den 20. Febr. 1697.

In dem Jahre 1686 hat S. C. D. zu Brandenburg Friedrich Wilhelm aus sonderbarer Churfl. Gnd. denen Lutherischen Predigern bey der Potsdamschen Stadt-Kirche 2 Häuser in der Allee nach dem Fasanen-Garten gelegen zum Behuff und Unterhalt der Potsdamschen Lutherischen Prediger Wittwen und Töchter, bis letztere verheyrathet, christmildest geschenkt, und ein Churfl. hierüber ausgefertigtes und von hoher Hand selbst unterschriebenes Rescript welches in seniore ecclesie Potsdamiensis ministro verwahrlich aufgehoben wird, allergnädigst verschrieben. Zu mehrer Beglaubigung hat man der Lieben Posteritaet zu Besten, wo je etwas temporis injuria das Orginal sollte verlohren gehen, die Copiam vom 0r§ma1 nach bestem Wißen und Gewissen aufs treulichste von Wort zu Wort abgeschrieben beyfügen wollen und lautet selbiges wie folget:

»Wir Friederich Wilhelm von G. G. Marggraff zu Brandenburg, des heilg. Römischen Reichs Ertz-Cammerer und Churfürst in Preußen zu Magdeburg, Jülich, Cleve, Berge, Stettin, Pommern; der Caßuben und Wenden, auch zu Schlesien, zu Crossen und Jägerndorff, Hertzog, Burggraff zu Nürnberg, zu Halberstadt, Minden und Cammin, Graf zu Hohenzollern, der Mark und Ravensberg, Herr zu Runenstein und der Lande Lauenburg und Bütow etc. Urkunden und bekennen hiemit vor Unß, Unsere Erben und Nachkommen, Marggraffen und Churfürsten zu Brandenburg, daß, nachdem wir von unserm Rath und Leib Medico Dr. Christian Mentzeln sein auf der Freiheit allhier nach dem Fasahnengarten warts gelegenes Haus und Garten erhandeln laßen, wir davon der Lutherischen Kirche allhier das große Wohnhaus nebst den beyden Thorwegen, den Stall, das kleine Haus, so an Friederich Dahmens Garten gelegen und denn 8 Rheinländische Ruthen lang vom Hause und inneren Eckstiel an gemeßen, so mit dem Hause in einer Linie nach Dahmens Garten gehet, womit also das Haus und Garten gantz umschlossen zu der Lutherischen Prediger Wittwen und hinterlaßenen Töchter Wohnung, so lange sie ungeheyrathet bleiben, gnädigst geschenkt. Thun solches auch hiemit, schenken und verschreiben solches Haus, wie oben specificiret, obgedachter Kirchen vermittelst und Krafft dieses dergestallt und also eigenthümlich jedoch zu keinem andern Ende, als nur daß die jetzige und künftige Wittwen und Töchter solches Haus mit der verschriebenen Zubehör iederzeit bewohnen und wenn keine Wittwe oder Tochter seye, vermiethet und das Miethgeld zur Reparatur und Unterhaltung des Hauses angewendet und von den Predigern allhier eingenommen, unserm Amte aber die Rechnung davon jährlich eingehändiget und denen Kirchenrechnungen in der Kirche beygelegt, wenn aber Prediger Wittwen und Töchter vorhanden darin wohnen und kein Miethgeld davon fället, die Reparatur-Kosten von den Kirchen-Intraden genommen werden sollen. Gestalt wir dann die Aufsicht unserem Amte, die Administration aber den beyden Predigern der hiesigen Lutherischen Kirche hiermit gnädigst anftragen. Und wir Friedrich Wilhelm Marggraff und Churfürst zu Brandenburg verschreiben und schenken obgemeldetes Haus und die beschriebene Zubehör zum Prediger Wittwenhause zum Gedächtniß von Unß und sollen sowohl Unsere Erben und nachkommende Herrschaft, als auch die zu iederzeit hiervor handene Beambte darüber halten und die Kirche, Prediger Wittwen und Tochter bey dieser gnädigsten Dotation kräftigst schützen und es geruhig besitzen lassen. Urkundlich unter Unser eigenhändiger Subscription und vorgedrucktem Gnaden Siegel.« Gegeben zu Potsdam den vier und zwanzigsten May des 1686 Jahres.    Friedrich Wilhelm.          (L. S.)

Wir haben hier zwar eine eigentliche Wittwen Casse können aber in die zu Berlin angelegte Wittwen Casse observatis observandis mit aufgenommen werden. Die Handwerker sorgen selbst für ihre Wittwen.

Hospital

An Arme fehlt es wohl an keinem Orte, nur Schade, daß die Reichen das Elend der Armen sich nicht so zu Hertzen nehmen, wie sie sollten. Es giebt indessen immer einige, die sich des Armen erbarmen und nach ihrem Vermögen denselbigen zu Hülffe kommen. Von der Gesinnung war in vorigen Zeiten Mauritius von Schönau, Decretorum, Doctor, Cantor und Canonicus der Hohen Stiffs Kirche zu Magdeburg, welcher sich das Elend der Armen in Potsdam und den umherliegenden Dörffern zu Hertzen gehen ließ, und hieselbst im Jahre 1486 mit Beyhülffe seiner beyden Brüder, Claus und Albrecht, deren ersterer hieselbst Ambts Hauptmann war hiesiges Ortes ein Hospital nebst einer Capelle und zwar nach damaliger Zeiten Gewohnheit zu Ehren der heiligen Jungfrauen Marien, des heiligen Mauritii und Georgii, ingleichen der heiligen Catharinen und Gertrudten zu Ehren stifftete und es mit gewißen Einkünften an Geld und Getreide versahe. Es sind davon der Fundations-Brieff des Bischoffs Joachims zu Brandenburg vom Jahre 1486 und die Confirmation von 1498 imgleichen die Confirmation des Churfürsten Joachim II. noch vorhanden und man siehet wohl, daß der eine so viel Mitleiden mit den Armen als der andere gehabt hat. Herr Buch- holtz gedenkt dieses Hospitals in seiner Geschichte der Churmarck Brandenburg Tom. p. 260 und bezieht sich auf die Süßmilchsche Sammlung, hat uns aber die hieher gehörige Briefe nicht mitgetheilt. Ich will dieses um so viel mehr thun, als daraus die fromme Absicht des Stiffters und die gantze Einrichtung des Gestifftes deutlich hervor tritt.

Der Fundations-Brief des Bischoffs Joachims von 1486 lautet folgender maaßen:

Joachim, Dei et Apostolicae sedis gratia Episcopus Brandenburg, etc. Sane venerabilis et eximius Dominus Mauritius Schönau, Decretorum Doctor, Cantor et Canonicus Ecclesie Magdeburgensis, noster in Christo sincere dilectus, nobis petitione sua monstravit etc. quatenus Capellam Hospitalis novi prope et extra oppidum Potzdampp nostre dioeceseos in quadam area per ipsum ad hoc comparata una cum quodam Hospitali in gloriosissime Marie Virginis et B* B. Mauritii, Georgii, Caterine et Gertrudis Martyrum honore consecrando cum adjutorio Dei omnipotentis et Christi fidelium de novo construxit, erexit, nec non etiam annuis infra scriptis censibus et redditibus pro sustentatione presbiteri, dicte Capelle veri Rectoris et adjacentis Hospitalis magistri perpetuis temporibus dotavit etc. Jus voro Patronatus et praesentandi vult dictus Dominus Mauritius fundator apud se et dictum Claus fratem suum et Albertum de Schönau et eorum heredes per masculinam lineam descendentes et ipsis deficientibus apud consulatum dicti oppidi Potstamp perpetuo reservari. Presentatus ad dictam Capellam debet esse abelis, idoneus et actu presbyter aut infra annum ad ordinem Presbyteratus debet promoveri et in singulis heb domadibus ad tres missas, videlicet unam precipue in die Dominico et in aliis duabus congruentibus diebus legendas astrictus et apud eandem capellam personaliter residere. Sic quoque capelle et hospitali sibi annexo et pauperibus inibi exeuntibus oculo singulari advertentie ac consilio, opere, favore et auxilio providere pauperesque inibi exeuntes et advenientes sub cura, ordine, disciplina et condigna obedientia tenere, et gubernare nec non, ut in orationibus faciendis sint compositi ac in pace et tranquillitate conservare tueri et defendere. Et ut res perfectior agatur, vult dictus confundator, quod rector Capelle, unus aut duo de consulatu aut alii opidani dicti oppidi at compescendam in obedientiam nec non ad recipiendos pauperes propterea cum suis bonis ad hoc sese otfferentes et recipi petentes admittantur, qui quidem pauperes recipiendi ante coram Eectore Capelle obedientiam et fidelitatem profi-teantur et promittant. Debent etiam in eodem Hospitali pre ceteris pau-peribus recipi pauperes ex prefato oppido Potstamp, ex villis Golm, Eyke, Bergtholt, Langerwisch, Sticken, Bornum, Bornstedt, Gelte et Grobe, quibus deficientibus quicunque alii pauperes cum suis bonis, quorum usum quoad vixerint, habere possunt, sed cum hac ab luce discesserint, sine contra-dictione cedant Hospitali memorato sic quod de illis nullam testandi, legandi aut alliis donandi habeant facultatem. Pauperes etiam hujusmodi, nisi pretextu infirmitatis excusantur ad orandum omni die quinquaginta pater noster et totidem Ave Maria cum duobus symbolis Apostolicis, mane unum et sero unum, nec non omni mane cum surrexerint et de sero, cum dormi-tum iverint, tria pater noster et totidem ave Maria coram imagine crucifixi sunt astricti. Dictus quoque Dominus Mauritius fundator hujusmodi Hospitali et pauperibus inibi habitantibus pro eorum sustentatione quandam aream sive ortum apud oppidum Pothstamp emptum a quodam Hanss Heinss nec non duos choros siliginis de villa Bergtholt emptos sub redemp-tione a dicto fratre suo Claus Schönau pro centum fiorenis. Renensibus annuatim persolvendis assignavit, qui iidem duo chori etiam juxta litterarum desuper confectarum tenorem per illos de Schönau redimi possunt. Et ut convenientius pauperes ipsi sustentari possint, in oppido Pothstampp et in vico in hebdomade bis et in villis circumjacentibus quotiescunque placuerit eleemosinas cum sporta petere possunt Et de illis panibus et aliis omnibus ex gratia obvenientibus attribuent Rectori capelle et custodi portionem, nisi in communi uti velint, quod arbitrio eorum relinquitur. Insuper pauperibus his tam sanis quam infirmis in prefato Hospitali degen-tibus debet Rector Parochialis Ecclesie dicti oppidi Pothstamp quoties opus fuerit Ecclesiastica ministrare sacramenta, et offertoria, que in altari in dicta capella oblata fuerint, exceptis in tabula oblatis et cera, que in restaurationem luminum debent reservari. Decedentes dict Hospitalis pauperes debent in cemeterio parochialis Ecclesiae sepeliri et tum Rector capelle ad legendas missas et vigilias in capella et ad interessendum hujusmodi et dicendam quindecim pater noster et totidem Ave Maria pro anima defuncti omnes pauperes debent esse obligati. Nos igitur Joachim, Episcopus ante dictus, prefatam fundationem et dotationem Capelle et Hospitalis his scriptis dei nomine confirmamus decernentes dictum altare fore et esse beneficium canonicum, quodque una cum Capella ac censibus et redditibus suis futuris perpetuis temporibus ecclesiastica debent gaudere et potiri libertate. Et ut capella ejusmodi et Hospitale in suis redditibus censibus et structuris nec non in ornamentis ceteris conservetur et augeatur et pauperum inibi degentium magister eo uberius sustentetur ipsaque capella peramplius congruis frequentetur honoribus et Christi fideles devocionis caussa eo libentius confluant ad eandem, omnibus et singulis Christi fidelibus omnibusque vere penitentibus et contritis, qui ad predictorum Capelle, altaris et Hospitalis conser-vationem et augmentationem et pauperum inibi existentium sustentationem manus porrexerint adjutrices, de omnipotentis Dei (Misericordia?) nomine et B. B. Petri et Pauli Apostoli, ejus auctoritate confisi quadraginta dies in-dulgentiarum de injunctis eis penitentiis misericorditer in Domino relaxamus etc. Datum in castro nostro Segesser Anno Domini millesimo quadringentesimo octuagesimo sexto, die vero lune, quinta mensis Junii Pontificatus sanctissimi in Christo Patris et Domini nostri Innocentii Pape anno secundo.

Im Jahre 1498 wurde die Stifftung dieses Hospitals durch vorgedachten Bischofs Joachimum von neuem bestätiget und dem Magistrat zu Potsdam aufgetragen, daß er die Spitalleute in ihrem Rechte und in ihren Freyheiten schützen und gestatten solle, daß sie ihr Vieh mit denen aus der Stadt auf eine Weide treiben dürfften, dagegen aber, wenn das Patronat zum zweyten mahle vacant werden würde, die primarias preus haben sollten. Jährlich um Michaelis sollte Rector Capelle und Magister Hospitalis Rechnung ablegen, welche ihm von dem Patron, dem Rath und dem Plebano abgenommen und sie zusammen bey dem letzteren das Abendbrod genießen sollten, der dahin sehen würde, daß alles, was den Armen geschenkt, für sie gekauft und verordnet worden, ingleichen ihre Zinsen und ausstehende Gelder zum Gebrauch der Capelle und der Armen angewendet würde. Der Churfürst Joachim II. hat nach geschehener Reformation die Einkünffte der armen Spitalleute nicht verringern wollen, sondern 1546 deshalb folgendes verordnet:

»Wir Joachim von Gots Gnaden Marggraff zu Brandenburg, des heyligen Römischen Reichs Ertz-Camerer vnd Churfürst, zu Stettin, Pommern, der Caßuben, Wenden vnd zu Schlesien zu Crossen Hertzog, Burggraff zu Nürnberg vnd Fürst zu Rügen bekennen vnd thun kundt vor Vns, Vnser Erben vnd Erbnehmen, Als das Hospital Gertrudis vnd die Capelle desselbigen zu Vnserer Stadt Potsstam In Fewersnöten Verbrand, vnd dann Wir dasselbige Hospital durch Vnsere Visitatores wieder anrichten, durch Vorsteher bestellen vnd das inkommen zur Vntterhaltung der armen wieder zu erfordern verordnen lassen, vnd aber in der Cappelen desselbigen Hospitals ein geistlich Lehn Gertrudis genant gelegen, welches Patronat lauts der Fundation desselbigen, nach absterben der Schönawen an Vnsere liebe getrewe den Rath zu Potstam kommen vnd denn der Rath solche geistliche Lehen vnd desselbigen Einkommen, welche itzo Er Jacob Kartenberg helt, nach desselben Absterben zu berürt Hospital verordnet vnd geschlagen, haben sie Vns untertheniglich angelangt, Vnsere Vorwil-ligung vnd Consens darzu zu geben. Wan den solche Bitte ziemblich und den Rechten gemeß, daß die Gestiffte zu Kirchen und milden Sachen in Abgang eines gestiffteten Gottesdienstes mögen vnd sollen widerumb an andere milde vnd christliche Wercke angelegt vnd verordnet werden; Vnd christlich ist die Armen in Hospitalen also damit zu bedencken, haben wir solcher Bitte gnädiglich geruhen vnd hiezu Vnsern Consens gegeben, verwilligen dasselbige vnd geben darzu vnsern Consens hiemit zu Krafft dieses Briefes; allso das berürt geistlich Lehn Gertrudis vnd desselbigen Einkommen, wo dasselbige allenthalben in der Stadt allda oder vffm Lande an Hauptsummen, Pechten, Zinsen, Wiederkauffen, Pfandschafften oder Erbe gelegen, soll von nuhn an vnd nach Absterben Ern Jacob Kortenbergs an berürt Hospital gentzlich kommen, vnd Ewiglich dabey zu Unterhalttung der Armen bleiben vnd erhalten werden, Wir vereignen mit solch geistlich Lehn und darzu gehörige Pechte, Zinsen, Hauptsummen, so in der Stadt oder vffm Lande darzu gehörig, gantz vnd gar zu berürtem Hospital, alles treulich vnd vngeuerlich, Zuurkund, mit Vnserm anhangenden Ingesiegel besiegelt, Geschehen vnd geben zu Cöln an der Spree, Donnerstags nach Lucie, nach Christi vnsers lieben Herrn vnd seligmachers Geburtt Tausent fünffhundert vnd im Sechs vnd Vierzigsten Jahr.«   Johann Weinleß Virseo.

Aus angeführten Urkunden des Bischoffs Joachims, welches ein Herr v. Bredow war, und des Churfürstens Joachims II. erhellet, daß: 1) Mauritius v. Schönau 1486 hieselbst das alte und erste Hospital erbauet, 2) daß er es zu Ehren der Mutter Gottes und der heiligen Mauritii, Catharinen und Gertrud erbauet, 3) daß er den Platz dazu mit baarem Gelde bezahlet, 4) daß er, zur Erhaltung der Armen, bey der Stadt einen gewißen Garten angekaufet und von seinem Bruder Claus in Bergholtz, der ihm jährlich 100 Rheinische Gulden bezahlen mußte, ihnen jährlich 2 Winspel Rocken ausgemacht, 5) daß in das Armenhaus vornemlich und zuerst diejenige aufgenommen werden sollten, welche in Potsdam, Golm, Eichau, Bergholtz, Langerwisch, Sticken, Bornim, Bornstedt, Geltow und Grube angetroffen würden, 6) daß ihnen die Erlaubniß ausbedungen worden, mit einer Armenbüchse und Korb sowohl in der Stadt als auf dem Kietz und auf den Dörffern in gewißen Tagen auf Almosen auszugehen, welches sie unter einander theilen und ihren Vorgesetzten ebenfalls ihr Theil davon zukommen lassen sollten, 7) daß denen v. Schönau und ihren männlichen Erben das jus patronatus vorbehalten seyn sollte, in deren Ermangelung aber Magistratus dazu gelangen sollte, 8) Daß derjenige, welcher dieser Capelle und Hospital als Rector vorgesetzet würde, ein Priester sey, bey der Capelle residiren und wöchentlich dreymahl Meße lesen und nebst einem oder zweyen aus dem Rath oder auch anderen Personen aus Potsdam über die Armen die Aufsicht haben sollte, 9) daß die Armen, welche aufgenommen würden, dem Rector Gehorsam angeloben und täglich 50 pater noster und eben so viel ave Maria nebst den beyden Apostolischen Glaubensbekenntnissen eines des Morgens, das andere des Abends wenn sie zu Bette giengen, ungleichen drei pater noster und eben so viel ave Maria vor dem Bilde des Gekreuzigten beten sollten, 10) daß sie, was sie hatten, zeitlebens genießen, bey ihrem Absterben aber nicht darüber disponiren, sondern es dem Spital lassen sollten, 11) daß Parochus ihnen die Sacramente reichen sollte, 12) daß sie, wenn sie stürben, auf dem Stadtkirchhoff begraben werden sollten, 13) daß alle, die etwa zur Aufnehmung des Spitals beytragen oder zu gewissen Zeiten des Jahres die Capelle besuchen würden, 40 Tage Ablaß zu genießen haben sollten, 14)        daß das Hospital überhaupt Kirchenrecht zu genießen haben sollte, 15) daß der Churfürst Joachim II. alles so gelaßen, wie es vom Anfang geordnet gewesen, 16) daß zu seiner Zeit viele Pechte und Zinsen, so wie Hauptsummen sowohl in der Stadt als auf dem Lande dem Hospital zuständig gewesen. Auf der Außenseite der Churfürstlichen Urkunde stehet angemerket, daß das Hospital und Capelle vor dem Kietzer Thore gelegen gewesen. Es ist dieses da, wo ietziger Zeit die Hoff- und Garnison-Prediger ihre Wohnungen bekommen haben. Es hat sowohl 1618 als 1625 durch angelegtes Feuer viel Schaden erlitten, so daß es sonderlich durch den letzten Brand fast unwohnbar geworden. Der Prediger Franke schreibet, daß er sich viel Mühe gebeben, es dahin zu bringen, daß ein neues gebaut werden mögte, es sey aber alles, was er mit Predigen, Bitten, Vermahnen und Klagen vorgenommen, alles umsonst gewesen. Er habe, sagt er, für seine Person für 17 Rthlr. Holz kaufen und fällen laßen, und zugefahren, aber nichts mehr davon gehabt als Schimpf und Spott. Magistratus hätte die Hospital-Lade und Gelder zu sich genommen und das Amt hätte sich um alles unbekümmert gelaßen, und weil er denn gesehen, daß es keinem Menschen ein Ernst gewesen, daßelbe wieder zu bauen, habe er es auch müssen gehen lassen, wie es gegangen. Es ist, setzt er hinzu, leider Gottes geklagt, dahin gekommen, daß die Politici alles, die Ministri Ecclesiae aber gantz nichts mehr seyn sollen. Gott muß eine Änderung schicken oder es wird zuletzt heydnisch oder gar teufflisch. Nachdem es lange genug unge-bauet gestanden, brannte es endlich im May 1662 (damals war Peter Zander und Peter Bonstorp Hospital-Vorsteher) gantz ab, aber erst 1679 ward auf Churf. Verordnung im gantzen Lande eine Collecte gesammelt zur Wiederaufbauung desselben. Es ward aber nicht wieder an dem alten Ort, sondern kurtz vor dem jetzigen Berliner Thor linker Hand, wo noch jetzt ein Armenstock mit dem Bilde des armen Lazarus gesehen wird vor dem Garten, der ehedeß zum Hospital gehöret hatte, in der letzten Zeit aber zum Begräbnißplatz der Verstorbenen gebrauchet worden war, hingesetzt. Hier stand es bis 17.., weil es aber den Einfall drohete, mußte es abgerißen und die paar Hospitaliten, die noch darinnen übrig geblieben waren, ander-wärts vor dem Thore eingemiethet werden. Man war auf Mittel bedacht, dasselbe wieder herzustellen, es ward aber eher nichts daraus, bis S. K. M. der jetzige König Friederich II. auf Veranlassung der zwey vorherigen theu-eren Jahre die allergnädigste Resolution faßte, es selbst aufzubauen und was zur Unterhaltung des Hauses und der darin lebenden Hospitaliten nöthig erachtet wurde, huldreichst baar auszuzahlen. 1)Zum Bau des gantzen Hauses gab S.             K. M. 20508 Rthlr. 12 Gr. 5 Pf., 2) zur Anschaffung aller Geräthschaften in demselben 6700 Rthlr., 3) an Capital-Fond zur Unterhaltung desselben 20000 Rthlr., Summa 47208 Rthlr. 12 Gr. 5 Pf.

Nach Anweisung der politischen Beyträge die Königl. Preußischen und benachbarten Staaten betreffend (11—280) bestehet dieses Haus, welches auf dem alten Kirchhofe vor dem Berliner Thore (einem Platz, der dem Hospital schon von alten Zeiten her gehöret hat) erbauet worden ist aus einem großen Gebäude 3 Stock hoch mit der Inschrift: Fridericus Rex civibus aegris. Es ist zu einem Hospital-, Armen-, Kranken- und Arbeitshause eingerichtet. Ein in diesem Hause gantz abgesonderter Theil ist zum Hospital für hiesige Bürger und Bürgerinnen und andere Einwohner vom Civil-Stande gewidmet, die noch etwas weniges haben und die Anzahl derselben ist auf 20 festgesetzt. Von den 6 Jüngsten wohnen 2 in einer Kammer, von den übrigen hat jeder eine besondere Kammer. Ein jeder bekommt Holtz, Licht und monatlich 12 Gr. 6 Pf. für Speise und Trank, für ihre Kleider, Wäsche und Geräthschaften aber müßen sie selbst sorgen, weil ihnen freystehet, zu ihrem eigenen Vortheil zu arbeiten. Das Bette und Hausgerä-the, welches sie mitbringen, fallet nach ihrem Tode dem Hause zu und zum Antritt giebt ein jeder Hospitalit wenigstens 25 Rthlr. in die Haupt-Armen-Casse. Ein anderer Theil des Gebäudes ist für solche Armen gewidmet, denen es entweder an Krafft oder an Mittel fehlt, ihren Unterhalt zu erwerben. Sie sollen anständig versorget werden, aber Verrichtungen übernehmen, welche ihren Umständen angemessen sind. In dieses Armenhaus kommen auch elternlose, verlaßene und bettelnde Kinder, welche so lange erzogen und zur Arbeit angehalten werden, bis sie entweder Handwerken oder anderen Geschäften gewidmet werden können. Die Findlinge werden auch wechselweise von dem großen Waysenhause und anstatt des Polizei-Directorii nunmehro von dem Armen-Directorii aufgenommen, aber so lange bei andere Leute untergebracht, bis sie im Armenhause fortkommen können. Noch ein anderer Theil des Gebäudes dienet zum Lazareth für kranke bürgerliche Personen beyderley Geschlechts, so wohl aus dem Armen und Arbeitshause als aus der Stadt und ihren Vorstädten, um dieselben zu verpflegen und zu heilen. Die Kranken werden nach den Krankheiten von einander abgesondert. Wenn es die Umstände gestatten, soll auch den Handwerksleuten erlaubet seyn ihre Gesellen und Lehrlinge hieselbst gegen eine billige Bezahlung verpflegen zu lassen. Die Aufsicht hat der Krankenwärter und brauchbare Leuthe aus dem Armenhause verrichten die übrige Arbeiten. Noch ein Theil des Gebäudes ist zum Arbeitshause für muthwillige Bettler, vagabonden, ungetreues Gesinde, ungerathene Kinder, und solche, die zur Bestrafung und Beßerung hieher geschickt worden, gewidmet. Die Schwächsten müssen 6 bis 8 Pfennige und die Gesunden 1 Gr. bis 1 Gr. 4 Pfennige verdienen. Die gantze Anstalt steht unter einer immediat bestallte Commission, die das Armen Directorium der Stadt Potsdam heißet und unter dem 14. Octob. 1774 seine von dem König höchst eigenhändig unterschriebene Fundations Instruction erhalten hat. Seine Excellenz der Königliche wirkliche Etats- und Justiz-Minister Freyherr v. Zedlitz hat die General Aufsicht über dieselbe. Director davon ist der jedesmalige Justiz- und Polizei-Director zu Potsdam, ietzo Director Egerland. Dieser sowohl als die übrigen Beysitzer, welche aus dem Magistrat, der Geistlichkeit, und der Lutherischen und reformirten Bürgerschafft erwählet werden, verwalten ihre Geschäfte unentgeltlich und versammeln sich am 15ten jedes Monaths, wenn dieser auf einen Mittwoch fället, sonsten aber den nächst darauf folgenden Mittwoch.

Die bey diesem Hause befindliche übrige Officianten werden folgender maaßen salariret: 1) Inspector oder Commissarius bekommt jährlich 280 Rthlr.; 2) Prediger, der wechselweise Lutherisch und Reformirt seyn soll 150 Rthlr.; 3) Oeconomus 280 Rthlr.; 4) Werkmeister wird von dem Entrepreneur bezahlet; 5) Spinn- und Zuchtmeister 18 Rthlr.; 6) Küster und Schulmeister 18 Rthlr.; 7) Lazarethwärter 18 Rthlr.; 8) Hausknecht 18 Rthlr.; 9) Nachtwächter 18 Rthlr.; 10) Thürwärter 18 Rthlr.; 11) zwo Dienstmägde à 12 Rthlr. = 36 Rthlr. (sic); nebst freier Kost exel. der ersten 3 Personen.

Der Stadt-Physikus und der Stadt-Chirurgus sind verpflichtet in dem Directorio zu erscheinen so offt daßelbige sie verlangt, sie müssen auch das Hospital-Armenhaus, Lazareth und Arbeitshaus, so offt es nöthig ist, mit Fleiß besuchen und die vorfallende Curen gewissenhaft besorgen. Einer der Rathmänner, welche im Armen-Directorium sitzen, ist zugleich Ren-dant der Haupt Casse, hingegen der bißherige Armen-Rendant, sammelt die Monatliche Beyträge aus der Stadt und ihren Vorstädten. Die Anzahl der Armen-Vögte bestimmt    das Directorium. In der Stadt und ihren Vorstädten wird keine Betteley mehr geduldet, sondern Leute, welche ihren Unterhalt nicht mehr verdienen können, sollen nothdürftig verpflegt, und muthwillige Bettler zur Arbeit genöthiget werden. Fremde Bettler und Landstreicher sollen ergriffen, und zum ersten mahl auf 2, zum andern mahl auf 4—8 Wochen, zum dritten mahl auf 3—4 Monathe, zum vierten mahl auf beständig in das Arbeitshaus, im letzteren Fall auch wohl nach Spandau in das Zuchthaus geliefert werden und zum 2ten und dritten mahle mit dem gewöhnlichen Willkommen und Abschied begabet werden. Die Stadt-Arme, welche sich und die ihrigen nicht ernähren können, dürffen sich bey dem Directorio melden und sollen ohne Rücksicht auf die Religion und Nebenumstände unterstützet und verpfleget, wenn sie sich aber auf der Betteley ertappen laßen, ebenso wie die frembden bestraffet werden. Eltern, die ihre Kinder betteln lassen, sollen zugleich mit denselbigen auf einige Zeit in das Arbeitshaus geschicket werden, und eben dahin sollen alle bettelnde Weibesleute ohne Unterschied und alle Invalide bettelnde Soldaten, Kinder aber in das große Waysenhauß kommen. Das Arbeitshaus hat außer der Accise-Freyheit auch alle übrige Rechte und Freyheiten öffentlicher Armen Anstalten und ist dem Armen-Directorium unterworffen.

Zum Fond zur Erhaltung der gantzen Anstalt gehören: a) Die alten Revenuen des Hospitals und der Armen Casse, die zum Theil sicher und beständig, zum Theil aber ungewiß und unbeständig sind und bisweilen mehr, bisweilen weniger eintragen. Zu den ersteren gehören die Pächte und Zinsen; alten Kirchenbuche ist p. 117 angemerket was der Rath nach dem Abschiede von 1590 dem Hospital schuldig ist. »Er giebt jährlich 4 1/2 Scheffel Rocken und verzinset dem Hospital 12 Schock die er vom Hospital ge-borget. Vom Spitalhoff A. 1624 Paul Lindeberg 10 Rthlr.« Es hatte von seinen Intraden in den letzten Zeit viel verlohren, daher denn auch nur wenige Armen darin erhalten werden können und waren zuletzt nicht mehr denn 7 Personen, welche wöchentlich in der Stadt Almosen sammelten. Den 31. May 1759 ward verordnet, weil Magistratus die dem Hospital schuldige Zinsen von 60 Jahren nebst den neun Thalern von Heinlers Wiese als richtig anerkannt und sich erkläret, die restirende 79 Rthlr. 8 Gr. und 32 Rthlr. dem Hospital zu bezahlen, auch sodann diese aufgeschwollenen Reste zum Capital zu machen und zinsbar auszuthuen daß es dabey seyn Bewenden haben solle, die davon künftig aber fallenden Zinsen, wie auch die jährl. 2 Rthlr. 11 Gr. 6 Pf. und die neun Thaler von der Wiese sollten hinführo jährlich bey der Hospital-Rechnung in Einnahme aufgeführet und die Abnahme dieser Rechnung alljährlich abgeschlossen werden. Es soll auch dafür gesorgt werden daß nach wiedererlangten 538 Rthlr. Hospitalgeldern das Hospital-Gebäude nach eingesandten und approbirten Anschlag und Riß zum besten der Armen und abgelebten wieder hergestellet werde. — d) Zu den andern gehören: 1) das Einkauffe-Geld, 2) der Verdienst vom Spinnen, 3) was die verstorbene Armen zurück lassen, 4) die 4,6§at6, 5) die freiwillige Geschenke, 6) an Beliebiges von angekauffte Grundstücke, 7) das Wachsgeld von den Zünfften, 8) die Dienstzettel-Gelder, 9) das Einkommen aus den Armenstöcken, vor dem Armenhause, in den Kirchen und Gasthöffen,

10) die Collecten, bei Hochzeiten, Kindtauffen, Leichen, Musiquen, 11) die monatliche Collecte von den Einwohnern der Stadt und den Vorstädten, 12) Verschiedene Strafgefälle. — e) Die Interessen von den zum neuerbauten Hospital geschenkten Königlichen Geldern (wozu noch kommt was der König jährlich zu Weihnachten unter die Armen zu vertheilen hergiebt).

Vom ersten November des Jahres 1774 fieng man an die Hospitaliten, Armen, Kranken und Arbeiter hier aufzunehmen, und in dem ersten Rech-nungsjahre wurden darin verpflegt:

Hospitaliten                         Armen   Arbeiter   Kranke   Kinder   Summa.

1) November 1774                                          17                  62                   25               —               27  131

2) December                                                    20                  84                   24               —               25  153

3) Januar 1775                                  20                   51  26              40                24  161

4) Februar                                                          20                  50                   23              39                21  156

5)Mart. . . .                                                        20                  50                   24              41                22  157

6) April….                                                           20                  59                   24              24                24  151

7) Mai .                                                20                  61                   22              26                23  152

8) Juni …                                                             20                  62                   23              29                23  157

9) Juli . .                                                              20                  64                   21              37                24  166

10) August . . .                                  20                  60                   21              42                24  167

11) September                                20                  62                   25              30                25  162

12) Oktober .                                    20                  69                   22              32                24  167

 

Mit Inbegriff sämmtlicher Officianten und des Gesindes im Hause, auch ausgethanen Kindern hat Ende des Jahres die Zahl aller zu diesem Ar-men-Hause gehörigen Personen 223 betragen, worunter 41 vom Militair-Stande. Die gesammten Kosten und Ausgaben dieser Verpflegung haben betragen 5197 Rthlr. 15 Gr. 3 Pf.

4.2. Krankengeschichte

Gesund seyn und Krank werden wechselt unter den Menschen nicht selten balde ab. Selbst diejenige, welche die gesundesten zu seyn scheinen, sind oft dem Tode am nächsten, und die vor dem Krankenbette stehen in mißlicheren Umständen, als die darin liegen. Potsdam hat in diesem Stück vor anderen Orten nichts voraus. Wir haben Jahre erlebt, da in Potsdam fast alles krank darniedergelegen hat, wir haben aber auch andere Jahre gehabt, da wir hier von Kranken fast garnichts gehört haben, und so beschrien dieser Ort wegen seines sumpfigten Grundes ist, so sind mir doch Exempel bekannt, die sich als Kranke von anderen Orten hierher bringen laßen, weil sie sich Hoffnung gemacht, daß sie hier eher als anderswo gesund werden würden. Und Unrecht mögen sie auch wohl nicht gehabt haben, weil hieselbst in den Straßen und Häusern alles sehr ordentlich und reinlich gehalten wird. Die Krankheiten sind nach Unterschied der Jahre und der Personen, die damit befallen werden, sehr unterschieden, auch eine immer gefährlicher als die andere. Die Pocken, Masern, Rötteln sind bey den Kindern die gewöhnlichsten Krankheiten und soviel auch die Herren Medici bedacht gewesen, dieselbe aus der menschlichen Gesellschaft gantz zu verbannen, so hat es ihnen doch bis ietzo damit noch nicht recht gelingen wollen und das einpfropfen derselben hat auch nicht immer die gewünschte Wirkung gehabt. Die gewöhnlichen Krankheiten unter den erwachsenen, alten und jungen Leuten sind die kalte und hitzige Fieber, Podogra und andere gichtische Zufälle, Dysenterien, Haemorrhoiden, Schwind-, Wind- und Wassersucht. Mit der Pest ist unsere Stadt im vorigen seculo einige mahl heimgesucht worden. A. 1611 starben hier an der Pest 20, A. 1612 40 Personen. A. 1613 aber nur drey. In dem folgenden Jahre spürete man davon nichts, aber A. 1615 starben daran und an den Masern und Pocken 91 Personen, mehrentheils Kinder. Im Jahre 1624 fieng im Herbst die rothe Ruhr, auch andere heftige Haupt- und Brustkrankheiten zu grassiren an, welches auch 1625 continuirte, woran der gelinde Winter und das viele Wasser Schuld haben sollte. Mit der Pest blieb unsere Stadt, ob sie gleich in der Nachbarschaft sehr aufräumte, fast bis zum Ende des Jahres verschont. Zuerst wurden um Michaelis in Hoppenraths Hause 2 Mägde davon befallen, wovon die eine starb, die andere aber wieder aufkam. Obgleich die Einwohner des Hauses bald auszogen und bis Ende des Novembris sich außer demselben aufhielten; so fieng das Übel doch in den Adventstagen wieder an, und in den Weihnachtstagen waren schon 8 Personen davon angesteckt. In Jacob Plümekens Haus kam sie den 4. Januar, den Wirth schied sie aus, und dabey blieb es vor diesmal. Im Jahre 1626 folgte nach einem sehr warmen Winter ein fast allgemeines Landsterben. Die Pest stellte sich fast allenthalben und auch hier wieder ein. Man bemerkte doch wieder in diesem nachfolgenden Jahre, daß viele davon hingerißen wurden. Im Jahre 1628 war ein stets währendes Regenwetter im Winter sowohl als im Sommer und die Pocken nahmen im Herbst sehr viele Kinder weg. 1629 fieng die Pest schon im April zu Mittenwalde und Bötzow zu grassiren an. In Berlin ward der Wacht in den Thoren anbefohlen, die Leute zu examiniren und von benannten Orten keinen herein zu laßen. Demohngeachtet fand sich die Seuche nicht allein da, sondern auch zu Zossen, Straußberg etc. ein. Wir blieben aber in diesem Jahre noch völlig damit verschonet, obgleich Zossen, Trebbin, Belitz, Nauen, die Neu- und Altstadt-Brandenburg, Berlin, Spandau etc. fast ganz ausstarben. Es war ein so grimmiges Gifft, daß keine Artzney dagegen helffen wollte und die Doctor Medicino selbst einer nach dem andern daran versterben mußten. Gar wenigen schwur sie aus, und wenn auch das geschahe, waren sie doch nicht gesichert, daß sie nicht zum zweyten und dritten male davon befallen wurden. Hier zu Potsdam starb daran ein Fuhrmann, der sie zu Wrietzen an der Oder bekommen hatte, und Gott gab, daß andere davon verschont blieben. Weil im Winter 1630 ein sehr weicher Winter einfiel, stellte sich die Pest bald überall ein, und man befürchtete, daß sie auch hier nicht würde ausbleiben. Der Prediger Franke erzählet eine eigene sonderbare Historie, die sich damals alhier zugetragen und die Furcht bey den Leuten vermehret hat. Es war nämlich ein Knabe von ohngefehr 13 Jahren, des Hüters Schirrmeisters Sohn, derselbe gieng den gantzen Sommer hindurch alle Tage  auf den Kirchhoff, fieng an zur Leiche zu Läuten, Gräber zu machen und dann die Straßen herum zulauffen, mit Sterbegesängen nach dem Kirchhoff zurück zu kehren, die Gräber, als wenn er den Todten beygesetzet, wieder zuzuwerffen und dann von neuem an zu läuten etc., wenn man ihn fragte, was er machte, schwieg er entweder gantz stille oder antwortete: ich mache nichts. Er war sonst unvollkommenen Verstandes, darum ihn etliche als einen Thoren auslachten, er aber, schreibet Franke, habe es pro malo omine und praesagio pestis gehalten, und was darauf folgen würde, schreibet er, mögten diejenigen erfahren, die folgendes Jahr noch leben würden. Franke hatte diesmahl nicht unrecht. Schon im Januar stellte sich die Pest ein. Eine Frau brachte sie aus dem Posthause zu Spandau hieher. Sie starb daran,

aber mit ihr noch 457 andere aus unserem damals noch kleinen und dabey Volklosen Orte. Man befürchtete um Michaelis, daß das Übel so noch nicht aufhören würde. Es war im damaligen Herbst, wie sonst im Frühling, die Rosen, Kirschen, Pfirsichen, Morellen blüheten kurtz vor Michaelis aufs neue, auch an den Weinstöcken sahe man blühende Trauben, die nach Michaelis so groß wurden wie Hagel-Schroot, die Gänse und Sperlinge fien-gen wieder an zu nisten und Eyer zu legen, und noch viele andere ungewöhnliche Dinge wurden mit Verwunderung und Schrecken wahrgenommen. Ein gleiches geschahe auch im Jahre 1632, aber den Herren gereuete über Vermuthen des Übels, welches er uns zu thuen Vorhabens zu seyn schien, daß er es für dies mahl genug seyn ließ. Aber A. 1637 fand sich die Pest bey entstandener Hungersnoth von neuem ein. Hier riß sie nur langsam um sich, doch starben daran 128 Personen, in Berlin und an anderen Orten wüthete sie weit heftiger. Im Jahre 1638 retteten sich die Consistoriales und Schul-Collegen zu Berlin vor der Pest hieher. Und doch starben hier theils natürlich theils an der Pest noch 90 Personen und 1639 noch 180, worauf dem Übel durch Gottes Gnade gewehret wurde.

Seit der Zeit ist von dieser Seuche hier weiter nichts verspüret worden, wohl aber von vielen andern schlimmen Krankheiten, wohin ich inson-derheit die rothe Ruhr, welche 1727 auf dem Waysenhause sowohl als in der Stadt unter den Bürgersleuten eine große Zerstörung angerichtet, und die A. 1741 und in vielen anderen Jahren grassirende Fleck- und Faule-Fieber, Pocken, Masern und Rüddeln rechnen will, die sich wie die Pest fast in alle Häuser verbreitet und viele Menschen hingerichtet haben. Die Rotheruhr insonderheit war im besagten Jahr eine so allgemeine und ansteckende und tödtliche Krankheit, daß man wie vormahls von Egypten sagen konnte: es war in Potsdam nicht ein Haus, da nicht ein Todter war.

Auf dem Waysenhause starben die Prediger, die Praeceptores, eine große Menge der Waysenknaben, die Bedienten und selbst die Feldscheerer daran, die den Kranken zu Hülffe kommen sollten, und unter den Bürgersleuten und Soldaten war ebenfalls das Sterben allgemein, so daß endlich der König bewogen wurde, Befehl zu ertheilen, daß alles was im Waysenhau-se heraus und auf die Dörfer herum bis nach Lehnin gebracht, die Gesunden von den Kranken abgesondert werden und nicht eher nach der Stadt zurückkommen sollten, bis die Seuche völlig aufgehöret hätte. Ein gleiches ward auch in Ansehung der Bürger und Soldaten befohlen, und es dauerte einige Monathe, daß sie daselbst aushalten mußten. Unterdessen wurde im Waysenhause und auch in den Bürgerhäusern alle Stuben und Kammern außgeweißet und ausgeräuchert, so lange bis man glaubte, daß von bösen Dünsten nichts mehr darinnen übrig wäre, worauf den Geneseten die Er-laubniß zur Rückkehr gegeben wurde. Der Brandtwein ist sonst kein Mittel wieder die Rotheruhr, aber ein gewißer junger Mensch courirte sich da-mals damit, daß er ein gantzes Quart Brandtwein, das man unschuldiger Weise seinem Bette zu nahe gebracht batte, völlig aushellete und dadurch von der Ruhr gänzlich befreyet und gesund wieder hergestellet wurde. Man findet in den alten Geschichten von Teutschland vieles von ganz außerordentlichen Krankheiten aufgeschrieben und kann seyn, daß auch hier etwas dergleichen wahrgenommen worden, als von dem Veitztantz, dem Englischen Schweiß und dem Spanischen Pips angemerket worden. Weil ich aber in den gesammleten Nachrichten von Potsdam nichts davon gefunden: so halte ich mich dabey auch nicht auf, kann aber nicht unbemerket laßen, daß auch zu unseren Zeiten und zwar im Jahre 1782 eine ganz beson-dere Staupe, wovon in gantz Europa fast nicht ein einziger Mensch verschont geblieben, sich auch hier eingefunden, ein allgemeiner Schnupfen mit verbundenen starken Husten, die Influentz genannt, welche in einzelnen Ländern so erschrecklich gewesen, daß auch viele daran gestorben sind und in einer Versammlung von nur wenigen Personen fast kein Wort gehöret und verstanden werden konnte. Man hielt dafür, daß diese Staupe zuerst in Rußland angefangen und sich von da über ganz Europa ausgebreitet habe.

An Anstalten zum Besten der Kranken fehlt es anietzo weniger als in den vorigen Zeiten. Die mehrestsn Kranken waren sich selbst überlaßen, und wenn sie starben war dies der Trost, der auch noch bey gemeinen Leuten üblich ist: et war em syn Endeken so upgelegt. Jetziger Zeit wird für sie beßer gesorgt. Schon zu des vorigen Königs Zeiten war jenseits der Langen Brücke für arme Kranke das Bürger Lazareth angelegt, die anietzo in dem von des regierenden Königs Majestät vor dem Berliner Thor angelegten Hospital und Lazareth, sowie die kranke Soldaten in dem für sie erbaueten Lazarethen aufs Beste mit den ihnen nöthigen Artzneyen von den hier angesetzten Ärtzen, Regiments- und Compagnie-Feldscheers versehen

worden. Zu des großen Churfürsten Zeiten, der die mehreste Zeit sich in Potsdam aufhielt, haben deßen Leib Medici, Herr Dr. Christian Menzel senior, Dr. Cornelius Bontekoe und Dr. Theodorus Craan, wenn sie hier gewesen (letzerer war beständig hier) sich unserer Kranken treulich mit angenommen. Ersterer hatte hier in der Lindenstraße ein eigenes Hauß. Er und Bontekoe starben in Berlin, Craan aber 1688 in Potsdam und sein Epitaphium war in der alten Kirche nächst an der Cantzel zu sehen folgendes Inhalts:

D.O. M.

vivet post kunera virtus.

Ingenio excellens, doctrina excultus, honore

Clarus et Attalica conditione nitens

Cranius hoc moestro Theodorus clauditur antro

et secum mentis munera diva premit.

Si Probitas, si rara fides, si vivida virtus

Posset ab extremis vim prohibere regis,

Viveret hic medicus, medicum sed querit alumnus

Vulnera qui sanet sanguine nistra suo,

Quaeque sub obscuris quasi nalibus antevidebat

Haec jam caelesto carmine clara patent

Ad superos animi rediit vigor, ossa sepulchro,

Inque beatorum spe cumulata cubant.

Nil restat nisi fama mori quae nescia mundo,

Illa jubet tanti nos meminisse viri.

 

Bontekoe starb in Berlin plötzlich den 14. Jan. 1685. Der Churfürst hatte ihn nach Berlin von Potsdam aus zu einem gewißen Obristen, der gefährlich krank war, geschickt, um ihn beyzustehen. Er besuchte ihn, ging aber wieder von ihm weg nachdem keine Hoffnung zum Genesen vorhanden war. Er ging hierauf zu einem guten Freund, in dessen Hause er einige Stuffen herunterfiel, und bald darauf starb. Der gelehrte Rector in Cölln, Johann Bödecker, welcher ihm auf Befehl des Kurfürsten, der ihm auch begraben laßen, eine Standrede hielt, schreibet von ihm: hunc mors invida eripnit ut optimo vir nogenio arte medica sibi obsisteret. Er soll den Gebrauch des Thees in Deutschland gemein gemachet und von den Holländern deswegen eine Pension erhalten haben. Möller erzählet, daß sein Vater eigentlich Decker geheißen, über seinem Hause aber das Zeichen einer bunten Kuh gehabt habe und daher sey der Nahme Bontekoe entstanden. Er war sonst Churfürstl. Rath, Leib-Medicus und Professor zu Frankfurt an der Oder. Ich irre mich vermuthlich nicht, wenn ich sage, daß das Medicinal Edict de dato Potsdam vom 12. November 1685 vornehmlich auf ihr Angeben herausgekommen, nach welchem das Churfürstliche Collegium Medicum alle medicinal Sachen im Lande besorgen und bey demselben Rathe, Arzte, Wundärzte, Apotheker und Hebammen nach vorhergegangenen examina Aprobation suchen mußten. König Friedrich Wilhelm hat den 17. December 1725 dasselbe zum Ober-Collegio medico ernannt, Präses war zu des ersten Königs Zeiten von diesem Collegio Andreas v. Gundelsheim, welchen als einem großen Botanico die Aufsicht über den Lustgarten anvertrauet war; bey seinem Hiersein unterließ er es nicht sich der hiesigen Kranken mit anzunehmen.

Einen für unsere Stadt bestimmten Arzt und Stadt-Physicum aber haben wir vor König Friedrich Wilhelms Zeiten nicht gehabt. Herr Johann August Arends Königlich Preußischer Hoffrath war der erste, welchen Seine Königliche Majestät zum Medico über die Stadt, Waysenhaus und Garnison, wie auch zum Kreis-Physicus über den Zauchischen und Teltauischen Kreis ernannte. Er starb hier den 7. December 1747 und hinterließ den Ruhm eines der geschicktesten und erfahrensten Ärzte. In seine Stelle kam der Herr Hoffrath C. A. Cothenius, itzo Königlicher Geheimbter Rath würklicher erster Leib- und General-Stabs-Medicus nach dessen Abzug von Potsdam nach Berlin, das Waysenhaus dem Herrn Hoff-Medico Frese, der auch die Gewehr-Fabrique erhielt, das Stadt Physicat aber dem Herrn Dr. Henning überlassen wurde, in dessen Stelle itzo der Herr Dr. J. F. C. Vogel, ein Potsdamer gekommen ist. Wir haben seit König Friedrich Wilhelms Zeilen hier mehrere Medicina Practicos gehabt, unter welchen ich den Herrn Dr. Jaquenim, der nach Rußland gegangen ist, und den Dr. C. F. Harsleben, einen gebornen Posdamer vor andern nennen will, insonderheit aber anmerken, daß vermöge Königlichen hohen Erlaubniß die Herren Regiments Feldscheerer seit den 12. November 1728 d. d. Potsdam sowohl in- als äußerlich curiren können und daß Herr Ernst Gerard Holtzendorf, sonst gewesener Regiments Feldscheer von dem Königlichen Leib Regiment zu Fuß, sowohl als Herr Joh. Fr. Brandhorst, Königlicher Regiments Chirurgus, von Sr. Königlichen Majestät beyderseits zu Leib Chirurgis Medicina Doctoribus, ersterer auch so wie hernach auch Herr Johann Leberecht Schmucker zu General Chirurgis von der Königlichen Armee und zu Directoren von allen Chirurgis in den Königlichen Landen ernannt und bestätiget worden sind. Der Herren Compagnie Feldscheerer will ich hier nicht gedenken, ob ich gleich weiß, daß auch sie sich mit innerlichen Curen abgegeben. Man sagt sonsten:

Dectra manus Medici Dostoris Pharmacopaus Lecoque. Chirurgis jure vocandus erit.

Es ist aber weder den Apothekern noch auch den Stadt Chirurgu ohne Erlaubniß eines Medicina Doctoris Practici zugelaßen für sich gegen innerliche Krankheiten Arzeneien zuverschreiben und auszugeben. An privilegirten wohlgeordneten Apotheken hatten wir noch im Anfangs dieses seculi nur eine, die Vogelsche, ietzo aber viere, und die Herren Apothecari sind Herr Berthold, der die vormalige Vogelsche Apotheke hat, die beyden Herren Brüder Becker und Herr Harsleben; sie führen alle den Titel Hofapotheker und man muß ihnen zum Ruhme nachsagen, daß sie ihre Kunst aus dem Grunde erlernet und uns mit den besten Arzeneien bishero versehen haben, welche sie nach dem Dispensatorio Brandenburgico zubereiten. An geschickten Chirurgis und Wundärzten fehlt es uns auch nicht, die Bader machen nach itziger Königlicher Verordnung mit ihnen eine Profession aus, und der Stadt Chirurgus Herr Brocks, Herr Knabe und Herr Zepernick, werden wohl am mehrsten gebraucht. Daß sich, dann und wann allerhand Quacksalber und Marktschreier, auch unprivilegirte Augen- und Zahnärzte bey den Leuten zu unsinuiren suchen, die mit ihren Salben und Arzeneien mehr Schaden als Nutzen stifften ist so lange nicht zu verhüten, als nicht genau wider sie vigilirt wird.

4.3. Todtengeschichte

Wir fangen nicht sobald zu leben an, als wir auch schon zu sterben anfangen. Durch jeden Augenblick, den wir leben, verlieren wir an unserem Leben etwas und wir sind alsdann völlig todt, wenn wir zu leben völlig aufhören. Es geschiehet letzteres bisweilen plötzlich und unvermuthet, meh-rentheils aber, wenn unsere Natur durch eine vorhergehende schwere Krankheit dergestalt zerstöret wird, daß alle Regungen und Bewegungen in dem Menschen gänzlich aufhören und in unserem Leibe alles zu stocken und zu verwesen anfängt. Es sind uns in Potsdam Exempel bekannt geworden von Leuten, die dem Ansehen nach völlig todt waren, und doch noch einiges Leben in sich hatten. Man brachte sie aus ihrem Sterbebette auf ein Strohlager, ging davon, bereitete und bestellete, was man nunmehr erachtete nöthig zu seyn, und fand sie nach einer kürtzeren oder längeren Zeit wieder lebendig, da man nach ihnen hinzusehen sich wieder einfallen ließ. Besonders merkwürdig ist mir das Exempel eines hiesigen Weinmeis-ters, an dessen erfolgten wirklichen Tode seine Frau nicht im geringsten zweifelte und nun nach der Stadt gegangen war für ihn das Sarg zu bestellen. Sie blieb viele Stunden weg, fand aber, als sie wieder kam, ihren vermeintlich verstorbenen Mann, der unterdessen von seinem Strohlager aufgestanden vor der Hausthüre, wo er seine Nothdurft verrichtete. Man brachte ihn wieder in das Bette, die Wärme brachte das Geblüt wieder in einige Bewegung und er lebte noch 8 Tage, unterdessen war der Sarg wieder abbe-stellt, hinterher aber doch geholt. Solte dieses uns nicht bewegen, mit den vermeintlich verstorbenen behutsamer umzugehen und mit den Anstalten zu ihrem Begräbniß nicht zu sehr zu eilen. Man hat schon gar zu viele Exempels von für todt gehaltenen Menschen, die es doch nicht gewesen sind, und die vielleicht im Leben erhalten seyn würden, wenn man nicht durch unvernünftige Behandlung ihr Lebensende befördert hätte, desto mehr muß man sich verwundern über die Juden, die doch für ihr und der ihrigen Le-ben fast mehr als andere Leute besorgt sind, daß sie mit ihren Todten so bald aus dem Hause und nach…

(folgt eine halbe leere Seite).

Begräbniß – Orte

Man hat von ieher mehr als eine Ursach gehabt, warum man die Todten den Lebendigen aus den Augen zu bringen und sie von deren Wohnungen zu entfernen gesucht hat. Ich bin aber nicht in Willens mich darüber weitläuftig auszulassen. Die zunächst liegenden Gewäßer, Wälder, Felder, waren wohl in den ältesten Brandenburgischen Zeiten, insonderheit auch in unseren Landen die Orte, wo man sie hinbrachte, wo man sie entweder hinwarf und sich weiter nicht um sie bekümmerte, ob sie von den Fischen, Thieren, Vögeln, nach und nach aufgefreßen wurden, oder aber, um dieses zu verhüten, sie entweder verbrannte, ihre Asche und unverbrannt gebliebenen Gebeine in eigens dazu verfertigte Töpfe sammlete und sie so, oder auch wohl den ganzen entselten Cörper in deßhalb gemachten tiefen Gruben unter die Erde brachte. Wer damit den Anfang gemacht, ist ebenfalls meine Sache nicht ietzo zu untersuchen und ich halte es für einen Talmudischen Traum der Juden, wenn sie uns glauben machen wollen, daß Adam in seiner größesten Verlegenheit, was er mit dem ersten Todten, seinen von Kam erschlagenen Sohn Abel anfangen solte, einen Raben, der einen anderen todten Raben in eine vorher gekratzte Grube gezogen und dem er zugesehen habe, es für das Beste gehalten, ihn ebenfalls unter die Erde zu bringen. Das Verbrennen der Todten und ihre Asche in Töpfen, die man Urnen nennet, beyzusetzen, ist in den heidnischen Zeiten auch hier im Ge-brauch gewesen. Beweis davon sind die vielen Urnen, die man sowohl in, als außerhalb der Stadt, vor allen Thoren sowohl nahe bey als weyter entfernt von derselben gefunden hat. Schon Gundling hat angemerket, das man bey Erbauung des Schützen-Krugs 1704 viele derselben ausgegraben. In meinem eigenen und vieler Bürger Gärten, auf dem Felde und sonderlich bey der heiligen See sind der selben viele beim Nachgraben an das Tageslicht gekommen. Und wie viele sind nicht in der Gegend des neuen Königl. Palais abergläubischen Leuten in die Hände gefallen, die sie für Hexerey angesehen, sie zerschlagen, und so tief als möglich eingegraben, daß nur keiner davon Schaden nehmen solte.

Man findet in diesen Urnen außer den gesammleten Knochen man-cherley beigelegt. In der Urne, welche vor dem Berliner Thore ausgegraben wurde, fand man ein ordinaires Hufeisen von einem Pferde, in der bey Kladow eingemauerten ein Paar goldene Ohringe und ein Stück wie ein Tintenfaß von unbekanntem Metall. Ich übergehe viele andere und gedenke nur derjenigen Urne, welche 3 1/2 Meile weit von hier bey dem Dorfe Stegelitz Brandenburgischer Inspection A. 1728 ausgegraben und an den damaligen Gutsherrn Herrn General Lieut. v. Marwitz für ein beliebiges Trinkgeld abgegeben wurde. Man fand darinnen außer dem was man sonst ordentlich darin anzutreffen pfleget, ins besondere auch ein kleines Bild aus Metall gegossen, welches zur Erläuterung über sonst uns von unsern Vorfahren in diesen Landen unbekannt gebliebenen Sachen nicht wenig beytragen kam Der ehemahlige berühmte Professor Treuer in Göttingen, welcher dies Bild nebst der Urne selbst gesehen und in Händen gehabt, giebt uns davon in einer Schrift, die den Titel führet annastasis veteris Germani Germanaeque feminae cumi integro vestitu comparentis etc. folgende Nachricht; es habe solches der General Lieut. mit samt der Urne und dem was in derselben gefunden worden, dem Herrn Professor Heister in Helmstädt geschenket, bei dem er es genau zu betrachten und zu beurthei-len Gelegenheit gehabt und daran folgendes wahrgenommen: 1) Es habe gewogen 3 Unzen und eine Drachma. 2) Es sei gegoßen. 3) Es präsentire Mann und Frau neben einander. 4) Der Mann zur rechten, die Frau zur linken Hand. 5) Der Mann ohne Haare und Barth in einem etwa aus Pelz gemachten kurzen und engen Habit mit Ermeln, der den Kopf mit bedecket, sonsten aber ein großer Theil des Leibes unbedeckt läßt und nicht weiter als auf das halbe Gesäß gehet, dagegen denn Hosen, Strümpfe und Schuhe aus einem Stück schienen geschnitten zu seyn, wovon die Schuhe lang und vorn gantz spitz zugegangen sein. 6) Die Frau in der gewöhnlichen Frauentracht, die einer Adrienne ähnlich doch ohne Ermel und fast bloßer Brust mit einem verkrempeten Hütchen oder Schleyer. 7) Sie geben sich beyderseits die Hände. 8) Das Bild ist an einer Platte fest gemacht, welche an 2 Orten durchbohrt, unten aber einen Absatz hat. Herr Professor Bermann setzet hinzu daß eine Volusinaus eine der raresten R. Münzen mit beygelegt gewesen. — Er hält dafür: 1) Das Bild könne genugsam beweisen, daß unsere alte Vorfahren in diesem Lande geschickte Handwerker und Künstler unter sich gehabt, die auch mit dem Guß der Metalle umzugehen gewußt. 2) Es habe das Bild als eine Zierrath woran fest gemacht worden können, auch vermuthlich woran so lange festgeseßen, bis es auf dem Sterbefall davon abgenommen worden. 3) Er vermuthet, daß es ein Zierrath eines Degens gewesen. 4) Daß damit der Bräutigam seiner Braut ein Geschenk gemacht nach der Gewohnheit der Teutschen die Tacitus de moribus Germanicum Cap. 18 beschreibet h. m. die Geschenke (womit der Bräutigam die Braut beschenket), sind nicht nach dem Geschmack des Frauenzimmers (NB. er redet ohne Zweifel von den römischen Frauenzimmern) auch nicht zum Putz, sondern es sind Ochsen, ein aufgezäumtes Pferd, ein Schild, ein Spieß und Degen. Auf diese Geschenke läßt sich das Frauenzimmer ein, und bringt ihm auch dergleichen Waffen. 5) Das Haar, welches sie sonsten sich ihren Feinden desto fürchterlicher zu machen in die Höhe gewöhneten und der Bart sey vielleicht darum nicht exprimiret worden, weil nach dem Zeugnis Hachenbergs diejenige, welche junge Freyer abgeben wollten, sich zuvor scheeren ließen und den Kopf glat hielten. 6) Die Tracht, die man an dem Bilde wahrnähme, sey eine Tracht der Vornehmen gewesen, dagegen geringere mit einem groben Kittel zufrieden gewesen, im übrigen aber fast bloß gegangen wie l. c. Cap. 7 Tacitus berichtet. Zur Decke dienet ihnen     allen ein leinen Kittel, welcher durch eine         Schnalle, oder wenn es ihnen daran fehlt mit einer Dornspitze zusammen gestochen ist.             Im übrigen sind sie unbedeckt und liegen ganze Ta-ge lang bey dem Feuerherd. Die Reichen unterscheiden sich durch die Kleidung, welche aber nicht groß und weitläuftig wie die der Samater und Parther ihre sondern enge ist und genau anschließet. Sie tragen auch wohl von Thieren Felle…die Weibertracht ist nicht viel anders, außer daß sie oft in Leinen gehen, dasselbe bunt färben und die Ermel weglassen. Die Arme und die Brust sind oben bloß. 7) Ist seine Meynung, daß bey den alten Teutschen die linke Hand die Oberstelle gewesen sein muß, angesehen sie den Weibern sonst große Ehre erzeiget und ohne deren Rath und Angaben nicht leichtlich etwas vorgenommen haben, welches mit unterschiedenen Zeugnißen bestätiget wird.

Die Gewohnheit, die Todten zu verbrennen und ihre Asche in Töpfen unter die Erde zu bringen, hat, da die Menschen Christen geworden, aufgehöret, und man hat es für beßer gehalten die entseelten Leichname unver-brannt, so wie sie der Todt zurückgelaßen, in eigens dazu verfertigte Särge wohl angeputzet zur Erde zu bestatten. Man erwählete anfänglich dazu Plätze vor der Stadt, wie solches auch bey den Juden ehemals gewöhnlich gewesen war, die man, damit sie nicht von den Schweinen und anderen Vieh zerwühlt würden, mit einem dauerhaften Gehege umgab, gestattete aber auch den Vornehmen ihre Todten in der Stadt in den um die Kirchen offen gelaßenen Plätzen selbst beyzusetzen, und hießen die um die Kirchen angelegten Begräbniß Orte deshalb Kirchhöfe, welchen Nahmen man bis itzo auch von den Örtern außerhalb der Stadt beybehalten, wo die Todten begraben zu werden pflegen, obgleich keine Kirchen daselbst vorhanden sind. Der Aberglaube hat in den Catholischen Zeiten dieselbe auf eine besondere Art einzuweyhen anbefohlen. Ich habe davon folgende Beschreibung vorgefunden

(für diese fehlende Erzählung ist im Original eine halbe Seite Platz gelassen).

In den Landen, wo noch alles Catholisch ist, wird diese Gewohnheit noch beybehalten, und weil man diese Örter für heilig ansiehet, keine so genannten Ketzer daselbst zu begraben zugelaßen. In den Kirchen selbst ist für die Einwohner großer Städte wenig Platz, es wird daher auch selten einer dahin begraben und dieser muß die Stelle auch theuer genug bezahlen, und gehört was dafür gegeben wird der Kirche, die davon im Stande erhalten wird. Der Kaiser Konstantin der Große soll sich zuerst zu Constantinopel in der von ihm erbauten Kirche haben beysetzen lassen. Ihm sind hernach andere große Herren gefolgt und wie es insgemein Zu gehen pflegt, sind auch andere bemittelte Leute, wenn dafür gut bezahlt worden, dahin aufgenommen worden. In unserer ehemaligen Chatharinen Kirche waren, so klein sie auch war, doch verschiedene Grabmähler und Epitaphia, man weiß aber von denen, zu deren Andenken sie errichtet worden, weil mit Abbrechung der Kirche alles sehr geschwinde und unbehutsam hergegangen, wenig. Für die Begräbniß Stelle des Mahlers Johannis Marini finde ich, daß 1679 haben 25 Thaler an die Kirche bezahlt werden müßen. Gleich Eingangs unter der Kapelle war das Gerstorffische Begräbniß. Innerhalb der Kirche fand man einige Leichen in Atlas und seidenen Sterbe-Kleidern, wie denn auch einer von den Arbeitern eine goldene Kette, goldene Ringe und Ohrgehänge gefunden hat. In dem Perbandschen Begräbniß (Gottfried v. Perband war ein Churfürstlicher Obrister und wirklicher Cämmerer, der bey dem Churfürsten in besonderer hoher Gnade stand, er starb 1690) soll auch eine Uhr gefunden sein. Von Epitaphiis sind mir weiter keine als das von dem Pastor Plümicke und das von dem Churfürstlichen Leib Medico Theodor Cranz bekannt geworden.

Das Epitaphium des seeligen Plümeke war vor der Kirchthüre und lautete also: D. 0. M. S. Ichte viator et exspecta parumper, seiecto in hoc dormitorio subterraneo recondi mortales reliquias viri admod. Reverendi doctiss. Dr. Martini Plumicken Pastoris Postdamiensis fidelissimi nec non

ecclesiae scholaeque Inspectoris dignissimi. Incunabula reverendo praebuit Potsdamia A. MDCXXI. Patre D. Johanne Plumicken Senatore Potsdam, bene merito, Matre Maria Eichert veta adjutorium fuit Margaretha Elisabeth Lentzin, ex qua liberos suscepit XII. Quaeris vitae exitum? Inter brachia Salvatoris animam expiravit A. DMCLXXXVII. abi nunc viator et vale.

Das Epitaphium des Churfürstlichen Leib Medico Theodor Cranz, welches zunächst bey der Canzel zu lesen war, lautet also:

 

  1. O. M.

Vivet post funera virtus

Ingenio excellens, doctrina exsuetus, honore

Clarus et Attalica conditione critens

Cranius hoc moesto Theodorus clauditur antro

Et secum mentis munera diva premit.

Si probitas, sic caro fides, si vivida virtus

Posset et extremis vim prohibere regis

Viveres hic Medicus, medicum sed querit alumnus

Vulnera qui sanat sanguine nostra suo

Queque sub obscuris quasi nubilus ante videbat

Haec jam caelesti lumina clara patent.

Ad superos animi rediit rigo, ossa sepulchro

Inque beatorum spe tumulata cubant

Nil restat nisi fa-ma, mori quae noscia mundi

Illa jubet tanti nos meminisse viri.

Mit den Leichensteinen auf dem Kirchhoff ist es ebenso gegangen und ich habe nicht eine einzige Grabschrift ausfindig machen können. Auf dem Kirchhoff selbst waren außer den Gräbern noch 3 Häuserchen, eines für den Küster, das andere für den Stadt Musicanten, das dritte wurde das Predigerhaus genannt. Der Küster hat nachdem der Kirchhoff eingegangen bald in der Schule, bald bey den Bürgern zur Miethe, bald, wenn er ein eigen Haus gehabt, darin wohnen müßen. Für den Stadtmusicanten ist eine eigene Wohnung von 2 Etagen in der Burgstraße gebauet und darinnen ihm und dem Organisten, der sonst in der Schule Logi hatte, Quartier angewiesen worden. Wozu das Prediger Hauß auf dem Kirchhofg eigentlich dienen sollen, kann ich nicht gewiß sagen. Soviel aber ist andem, daß weder Pastor noch Diaconus iemals darinnen gewohnet, wohl aber andere Leute und daß insonderheit M. Straubens Wittwe und Kinder nach seinem Tode darinnen ihren Aufenthalt gefunden haben. Ob dieses Prediger Haus und die sogenannte Caplans Bude, deren hin und wieder im Kirchenbuche Erwehnung geschiehet und darinnen Mieths Leute angesetzet waren, einerlei sey, will ich nicht ausmachen. Wenn es aber von demselben unterschieden gewesen, so stehet zu glauben, daß es mit der Caplans Bude eben den Zweck hatte, daß es den Wittwen der Diacone zur Retirade dienen, sonsten aber der Diaconus davon die Miethe ziehen sollen. Franke war auf den Rath hieselbst übel zu sprechen, als er A. 1625 aber diese Häuser, welche nach seiner Meynung der Kirche gehöreten, sich Gewalt anmaßete und eigenes Gefallens damit disponiren wolte. Der Küster, schreibt er, mußte heraus aus seinem Hause und zur Miethe sitzen, welche die Prediger aus der Kirche bezahlen mußten, dagegen der Magistrat allerley arme Leute hinein setzte und sie theils erblich verkauffte. Ich glaube nicht alles was Franke wider den Magistrat sagt. Ich finde in den folgenden Jahren die alten Besitzer wieder in ihren vorigen Wohnungen so lange als noch die alte Kirche und Kirchhoff in der Stadt gelitten worden. Zuletzt wurden sowohl diese als andere den Kirchhof mit einschließende Bürgerhäuser weggebro-chen, um der zu erbauenden neuen Nicolai Kirche nicht den prospect zu nehmen, die Leichensteine auf dem Kirchhof weggebracht oder zerschlagen, das Erdreich gleichgemacht, was von Todten in dem Bezirk der neu zu erbauenden Kirche gefunden ward herausgenommen und anders wohin begraben. Wohin aber? Vor dem Berliner Thor hinter dem Hospital war ein ziemlich großer Platz, der zum Hospital mit gehörte. Hier waren seit 1639, da die Pest hieselbst so grausam wütete, schon viele, sonderlich arme Leute beerdigt worden, hier wurden die in der Stadt ausgegrabenen Todten hingebracht und verscharret und der ganze Platz zum künftigen Gottesacker gewidmet und mit einer Mauer umzogen. Hier sind unsere Todten seit 1721 mehrentheils, ohne Unterschied des Standes und der Religion, bloß die Juden ausgenommen, die nach Berlin transportirt werden mußten, einge-senket worden. Im Jahre 1752 aber sahe man sich genöthiget zur Beerdigung der Todten einen anderen Platz zu suchen, der dazu vor dem Nauenschen Thore geräumet wurde. Der seel. Inspector Schultze weihete denselben ein. Auch dieser ist, da sich die Einwohner der Stadt seitdem so sehr vermehrt haben, beynahe schon ganz mit Todten angefüllet, daß man wieder da Gräber zu machen von neuem wird anfangen müßen, wo die ersten Todten hingekommen sind. Viele aus der Stadt werden, wenn die Anverwandten bezahlen, auch in den benachbarten Dörffern zur Erde bestattet, zu Neuendorf, Bornstedt und Stolpe. Das Waysenhaus hat einen für sich vor dem Teltower Thore bei Neuendorff und die Juden hinter unsern Weinberg auf hohe besondere Erlaubniß und zwar letzteren im Jahre 17 … angelegt.

5. Naturgeschichte

Ich werde hier nicht erzählen, was in der Natur nach dem gewöhnlichen Lauff derselben jährlich und täglich geschieht, wie Tag und Nacht, Licht und Finsterniß, Sommer und Winter, Frost und Hitze, Regen und Sonnenschein, Säen und Erndten, Leben und Sterben, eins auf das andere erfolget ist, sondern nur dasjenige, was am Himmel, in der Luft, auf Erden, an den Gewässern etc. besonders ungewöhnliches und außerordentliches wahrgenommen worden ist. Ich will mich mit meiner Erzählung auch nicht in die uralte Zeiten und in weit entlegene und fremde Länder verlauffen, sondern nur dasjenige kürtzlich anzeigen, was vornemlich in den vergan-genen drey letzteren Jahrhunderten hier in der Mark und besonders in Potsdam außerordentliches und ungewöhnliches bemerkt worden. Ich fange an vom Himmel, und bemerke:

1) Den neuen Stern, der im Jahre 1572 sich in der Cassiopeia sehen ließ und erst im Jahre 1574 wieder sichtbar wurde. Außer denjenigen, der bey der Geburth Christi gesehen wurde, ist er unter allen außerordentlich erschienenen Sternen der merkwürdigste. Der Churfürst Johann Sigismund ward darmals den 8. November gebohren, welches zu vielen Vermuthungen Anlaß gab.

2) Den neuen Planeten, dem man den Nahmen Vranus gegeben. Er wurde im Jahre 1781, zuerst in England von einem teutschen Sternseher, Herrn Herschel entdecket, hernach aber auch in Berlin und an mehreren Orten gesehen worden. Man hielt ihn anfangs für einen Fixstern, bis man endlich bemerkte, daß er fortrückte, folglich ein Planet unseres Sonnen- Systems sei, der aber nacheinmahl so weith als der Saturnus von der Sonne abstehet und seinen Lauf um die Sonne in 83 Jahren vollendet.

3) Die Jupiters Monden oder die sidera Brandenbugica welche Mevius zuerst entdeckte. Die Cometen, welche in diesem und dem vorigen seculo unter dem unwißenden Volk viel Schrecken verursachet haben, waren sonderlich der vom Jahre 1680 der einen Schweif von 60 Graden hatte und nach der Meynung des Herrn Reckardt im Jahre 2255 wiederkommen soll, imgleichen der, welcher sich zu unseren Zeiten von der Mitte des Dezembers 1743 bis zum 20. März 1744 hat sehen laßen und einen feurigen Schweif von 50 Graden und einen Kopf hatte, der dem Jupiters und Venus gleich kam. Hat einmal ein Comet Aufsehens gemacht, so war es gewiß der letzt benannte der vollends bey einigen desto mehr Furcht und Schrecken verursachte, weil ein gewißer Rector an der Saldrischen Schule zu Alt-Brandenburg nahmens Johann Heine in ebend dem Jahre 2 Abhandlungen drucken ließ, darinnen er nach einem angenommenen Satz des Engländers Wisthons zu behaupten suchte, daß die Sündfluth durch einen Cometen, der der Erde zu nahe gekommen und durch seinen Schweif und Dunstkugel sie mit Wasser überschwemmet verursacht worden und daß ebenfallß ein Comet nach wenigen Jahren vermuthlich 1744 oder 1748 unsern Erdboden ebenfalls zu nahe kommen, ihn zerstoßen, in Feuer setzen und ihm den Garaus machen würde. Es kam dieses vielen desto glaubwürdiger vor, weil er seine Meinung selbst aus verschiedenen Orten der heiligen Schrift, die er nach dem Buchstaben verstanden wissen wollte, zu behaupten suchte. Es fanden sich aber doch einige, die ihm wiederlegten und seinen Ausspruch für verwegen hielten. Sie hatten Recht und er würde dem Spott der Gelehrten nicht entgangen sein, wenn er nicht eben in der Zeit da seine Vorhersagung in Erfüllung gehen solte, hinweg genommen und aus weiterer Verantwortung gezogen hätte. Die Totalen Sonnenfinsternißen von den Jahren 1654, 1699, 1706, die letztere ereignete sich den 12ten …   Mittags eine halbe Stunde vor 11 Uhr. An eben dem Tage ward die französische Armee bey Barcellona geschlagen und am Himmel waren unter währender Finsterniß die 3 Planten Venus, Jupiter und Mars mit bloßem Auge zu sehen. Das Vieh kam gantz alterirt vermuthlich durch den vermuthlich zu frühen Abend, da es sich noch nicht satt gefreßen hatte hungrig und durstig mit Angst und Brüllen nach Hause. Die totalen Mondfinsternißen von dem Jahre 1707 zwischen dem 16. und 17. April, wobey am Ende derselben und ehe die Penumbra gantz vergangen, ein sogenanntes adulterium solis und lunae zu sehen war, daß nemlich beyde große Lichter des Himmels, die Sonne und der Mond eine halbe vierthel Stunde lang zugleich über die Erde gestanden und der Mond endlich hinter den nächst dem Ge-sichtskreis stehenden Wolken untergegangen. Merkwürdig war uns die totale Mondfinsterniß vom 25. Februar 1747 als welche bey abergläubischen Leuten viel Aufsehens gemacht, die daher viel üble Folgen von Krankheit unter Menschen und Vieh, auch Vergiftungen an Kohl etc. befürchteten, den sie daher alle vorher abgeschnitten und verzehrten. Der Durchgang: a) der Venu8 durch die Sonne, welcher zu unsern Zeiten den 6. Jun. 1761 und den 3. Jun. 1769 sich ereignet hat; ingleichen der Durchgang: b) des Mercurii durch die Sonne welcher den 6. November 1756 und den 9. November 1769 ingleichen den 2. November 1776 wahrgenommen worden, ist einer für die Astronomie vortheilhaften Beobachtung werth gewesen.

Die Oppositiones der Planeten, dergl. z. E. A. 1712 sich mit dem Saturno und Jupiter ereignet. Die Conjunctiones der Planeten sollen wie einige umsonst befürchten besondere Wirkungen auf Erden hervorbringen. Eine dergleichen höchst rare Conjunctur ereignete sich den 9. Jan. 1723 zwischen dem Saturno, Jupiter und Mars. Die vom Jahre 1575 da die Sonne Jupiter, Mars, Mercurius und der Mond zusammen kamen, nennet Leuthinger conjunctionem horrendam. Über die Conjunction der Venus und des Jupiters, welche sich im Jahr … ereignete, hatte ein munterer Kopf folgende sehr sehr artige Gedanken:

 

Schorn längst war Venus von der Erde,

Die Amors und die süßen Herrn

Erblickten sie nicht mehr mit zärtlicher Gebährde,

Am Himmel flammte sie als Stern.

Doch Venus blieb ein Weib und Weiber sind oft lüstern,

Sie gieng zum Jupiter. ihn was ins Ohr zu flüstern

O! Jupiter wenns dir gefällt

Sprach sie im Zauberthon, so reise

Doch einmahl mit mir nach         derWelt!

Sehr gern, sprach Jupiter, denn Jupiter ist weise.

Die Promenade hob sich an,

Ein Schock von Millionen Meilen

Sind Promenaden nur für Götter – mancher Mann,

Kann in Gedanken ja durch         alle Himmel eilen,

Kurtz eine Meilen Million,

War beyden eine Station.

Sie kamen schon der Erde nah

Und Amoretten, Sylphen, Gnomen

Und noch ein großer Troß in – omen

Sahn durch das Sehrohr – was geschah?

Schon schwollen die Ephemeriden

Von diesem Phänomen an,

Und Paphos, Amuthun und Gieden

Und Nord und Ost und West und Süden,

Und selbst der reine Lobgesang

Hob deßhalb seinen Jubel an:

Victoria, Victoria!

Denn Zeus und Venus sind bald da!

Nur noch sechs Millionen Meilen,

Dann können wir dem hohen Götter Paar

Zu Roß und Fuß entgegen eilen!

Und denn wird es uns, o! wie rar!

Das goldne Seculum ertheilen,

Das        sonst zu Vater Jacobs Zeiten      Mode war.

Wie wirds denn?             kommen sie noch nicht?

Ja morgen – da ist was zu kommen!

Kaum hatten er und sie gar manches wahrgenommen,

Was auf der Erde geht und kriecht –

So wandten beyde das Gesicht

Und kamen nicht einmahl bis zu dem Mond hernieder,

Und beyde trauriger Bericht!

Bequemten sich zum Rückmarsch wieder.

Ach! das ist unerlaubt – weswegen aber              denn?

So hört denn, die ihrs gern wolt wißen,

Sie sprachen: laßt uns nicht der Menschen Thorheit sehn,

Vor die schon längst die Götter fliehen müßen.

 

Zu den besonderen Lufterscheinungen gehören: 1) Die Nordlichter oder Nordscheine, die wir zum öfftern gesehen haben. Sie sind vermuthlich hoch gegen Mitternacht über der Erde erhobene subtile schwefelichte und salpeterische Dünste, die durch die dahin langende Sonnenstrahlen in Bewegung gesetzet, erleuchtet und entzündet, ihrer Hoheit wegen aber gar weit nach Mittag hingesehen werden und durch die auf sie wirkende Sonnenstrahlen bald vor- bald rückwärts beweget werden, so daß sie gegen einander zu streiten scheinen. Sie sind daher in vorigen Zeiten auch streitende Heere genennet worden, und noch ietzo glauben viele, daß sie Vorbothen von Kriege, andere, daß sie Voranzeigen von bevorstehender großer Kälte seyn. Die Ißländer wissen es am besten, denn diese glauben, daß die Nordlichter Seelen der Verstorbenen sind, die sich durch Ballspielen untereinander lustig machen.

2) Die feurige Kugeln, welche man je zuweilen hier und da und A. 17 … auch in Potsdam eine wahrgenommen hat, wo sie mit großer Schnelligkeit Thurmhoch über die Stadt weggefallen und auf allen Seiten Funken und Strahlen von sich geworffen, zuletzt aber im freyen Felde mit großem Knall zerplatzet und auf die Erde niedergefallen ist. Sie sind feurige Luftzeichen welche sich in der Luft aus allerley Schwefelichten Materien zusammen gezogen, und durch die schnelle Bewegung entzündet haben, keinesweges aber das sind, wofür sie die Einfalt des gemeinen Mannes ausgiebt, der daraus Drachen machet, die als Abgesandte des Teufels hie und da in die Schornsteine einziehen und ihre Bekannten allerley, Speck und andere ihnen nutzbare Sachen zuführen. Eine gleiche Beschaffenheit hat es mit der Sternschnuppe, die ich aber hier übergehe, weil sie im Winter des Nachts bey klarem Himmel nur gar zu oft gesehen werden.

3) Die Blitze und Donnerwetter, welche im Westen aufsteigen, kommen selten völlig zu uns herüber, woran eine Wetterscheidung die durch den uns umgebenden Havelfluß veranlaßt wird, Ursach seyn soll. Wir sind aber doch davon nicht gäntzlich verschont und wenn sie zu uns herüber kommen, haben sie schon öfters in der Stadt als außerhalb derselben an Thürmen, Häusern und Menschen auch Vieh viel Unglück angerichtet, welches auch mit anderen aus andere Gegenden hergekommen oft gesehen ist. Schrecklich war insonderheit das Gewitter welches den 18. Juli 1744, des Nachts über uns kam, die gantze Nacht durch anhielt und nichts als Blitz auf Blitz, und Schlag auf Schlag sehen ließ. Jedermann befürchtete den Untergang der Stadt durch Feuer und dennoch schonete Gott, daß es nirgends einschlug, desto unbegreiflicher war es daß doch selbst mitten unter diesen fürchterlichen Aspectionen noch Diebstähle begangen werden konnten.

4) Starke und dicke Nebel, sind bey uns die wir rings herum mit Wa-ßer umgeben sind nichts seltenes, merkwürdig aber war insonderheit derjenige, welchen man im Jahre 1782 den gantzen Sommer hindurch gewahr wurde und durch die von den vielen Erdbeben veranlaßete subtile schwefe-ligte Ausdünstungen veranlaßt seyn soll.

5) Der einem Wolkenbruch nicht unähnliche Regen, welcher …in der     kurzen Zeit von 2 Minuten alle Straßen in der Stadt zu einer See machte und beynahe Kinder ersäuftet hätte, war etwas außerordentliches und wußte man sich nicht zu besinnen, daß man dergleichen Regen hier jemahls gehabt hätte. Was aber der ehemalige Pfarrer hieselbst von Blutregen, von Schwefelregen, von Creutzen die von allerhand Farben den Leuten auf die Kleider gefallen, angemerkt hat, das wollen wir denjenigen zu glauben

überlassen, die nicht sehen und doch glauben. Es gehöret hieher, auch was:

6) vor wenigen Jahren in den Zeitungen gedruckt zu lesen war, daß hier ein Hagel gefallen seyn sollte, der übernatürlich groß, wie Gänse-Eyer gewesen und alles zu Trümmer geschlagen hätte, denn in Potsdam war von solchem Hagel nichts zu sehen gewesen. Den 25. Juli 1641 fiel ein so großer Hagel, der auf hiesiger Feldmark allen Rocken und Gerste darniederschlug und Ursach war, daß lange Zeit auf diesen Tag eine Predigt gehalten wurde.

7) Die blutrothe Gestalt der Sonne, sonderlich im Jahr 1547, da am 24. April der Churfürst Johann Friedrich zu Sachsen die große Niederlage bey Mühlberg erlitt, war weiter nichts als eine nebeliche Lufterscheinung, so sehr auch, wie Angely schreibet, viele, die in fremden Landen gewesen und nicht gewust, was in Teutschland vorgehe, geurtheilet haben, daß die blutige und traurige Gestalt der Sonne etwas sonderliches bedeuten müßte. Eben dergleichen hat man auch im Jahre 1782 sowohl an der Sonne als Mond und Sterne den gantzen Sommer über wahrgenommen. Ohne Zweif-fel ist die mit vielen subtilen trockenen Schwefeldünsten angefüllte Luft davon die Ursach gewesen, wie denn selbst alles, worauf die Sonne ihrer Schein fallen ließ, gantz rothgefärbet aussähe.

8) Die Höfe um die Sonne und den Mond, der um dieselbe wahrgenommene    Regenbogen, die             darin wahrgenommene Creutzer, die Nebensonnen und Nebenmonde und daß sie bißweilen in der Gestalt geschwänzter Cometen haben sehen laßen, das Alles rührt von den in der Luft befindlichen Dünsten her und hat nichts zu bedeuten. Merkwürdig vor andere Lusterscheinungen sind insonderheit:

9) Die große Winde und Sturmwinde, welche hier zum öfftern große Verwüstungen angerichtet haben; Francke meldet von einem gräulichen Sturmwinde, welcher zwischen dem 7. und 8. November 1628 in der Mitternacht kurtz vor 12 Uhr sich erhoben. Alle Menschen, schreibt er, waren darüber als über ein ungewöhnliches und zuvor nie erhörtes Ding erschrocken, selbst der Himmel that sich auf und erschien darauß das Feuer der-maßen, daß die Leute meyneten, Himmel und Erde brenne. Derselbe Wind, der nur einmahl kam und nicht lange währete, hat sowohl zu Waßer, als zu Lande großen Schaden gethan. Auf dem Lande hat er nicht allein auf den Dächern sehr gerißen, sondern auch etliche Häuser und Windmühlen über den Hauffen geworffen. Im Wasser hat er etliche Schiffe eingesenket, wie denn alhier vor der Brücke das Spandowsche Schiff, so mit Saltz beladen war, untergieng und auch der Steuermann ersäuftet wurde. In solchem Winde erschütterte die Erde nicht anders, als wenn ein Erdbeben daraus werden wollte. 1630, schreibt er weiter, erhob sich den 26. November Nachmittags gegen 3 Uhr ein schrecklich grausamer und ungeheurer Sturmwind, daß auch viele Leute meyneten, es würde die Welt untergehen. Allhier wurden unzählig viel Eichen und andere Bäume in der Heyde, auf dem Lande und in den Gärten umgewehet. Der Wind nahm das Wasser aus der Havel und aus den Seen in großen Hauffen Hauseshoch auff und führete es in die Luft weg, auf die Äcker und in die Heyden, daß man meynete, es würde die Erde im Wasser wie in der Sündfluth untergehen. Die, welche mit großen Hamburger Schiffen auf der Havel gewesen, haben bekannt und gesagt, wie sie nicht gewust, ob sie unter oder über dem Wasser gewesen. Die kleinen Kähnen warft er auf das Land und die Schiffer mußten sich durch Schwimmen retten. Er hat auch an vielen Orten in der Mark verschiedene Windmühlen, in Magdeburg den Kirchthurm und in Braun-schweig zwei Thürme umgerissen. Ich trage Bedenken, von den gewaltigen Sturmwinden, die ich auch in diesem seculo nicht ein-, sondern mehrmals erlebet, weitere Beschreibung zu machen. Im Julio 1733, im Februario 1734, im Januario 1737, im Decembris 1741, im November 1742, im Januar 1743, im Julio 1744, im Julio 1745, im September 17… tobeten sie dermaßen, daß man glaubete, es könne kein Baum in den Wäldern, Feldern und Gärten übrig bleiben, den er nicht umzuwerffen und aus der Wurtzel zu reißen Macht haben wolte (sic!), da er denn sonderlich auf den Dörffern nicht unterlassen hat, die Dächer gäntzlich zu entblößen und Ställe und Häuser gäntzlich über den Hauffen zu werffen.

10) Die Witterung, welche größten Theils von der Luft abhängt, ist wie anderswo also auch hier nach dem Unterschiede der Jahre und Jahreszeiten sehr unterschieden. Warme und kalte, feuchte und trockene Witterung und daß sich eine jede zur rechten Zeit und in gehörigem Maße einfindet oder nicht einfindet, läßet uns entweder fruchtbare oder unfruchtbare, gesunde oder ungesunde Jahre erwarten. Wir haben hier bisweilen außerordentliche weiche, auch außerordentliche harte und lange Winter, mit und ohne Schnee gehabt. Ich werde deren einige nennen und zwar aus den 3 letzten seculis. In den Jahren 1521, 31, 38, 39, 46, 67, 77, 93 hatten wir sehr weiche und gelinde Winter. Man konnte sonderlich im Jahre 1593 mitten im Winter schon im Felde Blumen finden und Cräntze binden, aber ein kalter Frühling und folgender heißer Sommer brachte Mißwachs, Theurung und Sterben. So gut es sich A. 1695 mit dem Wein anließ, so verdarben doch die den 24. und 25. May folgende kalte Tage beyden den Wein und auch den Weinstock. Und so haben wir es zu unseren Zeiten mehrmahls, insonderheit auch A. 1746 und 1747 erfahren. Der Pancratius und Servatius oder eine auf den 12. und 13. May, bisweilen auch wohl später einfallende Kälte hat unsere Hoffnung auf eine reiche Weinerndte schon oft zu schanden gemacht. Sehr kalte und zum Theil lange anhaltende Winter mit vielem, auch wohl gar keinem Schnee haben wir in benannten seculum auch ofte gehabt. Ich will aber aus iedem seculo nur die vorzüglichst strengen ausnennen. Der von 1524 fieng sich schon im Michaelis 1523 an und währte fort bis in die Woche nach Gregorii, da der Frost noch eben so hefftig als mitten im Winter war. Man wird es glauben können, daß das Wintergetreyde dabey außerordentlich gelitten hat. Der Winter von 1608 war seiner Hefftigkeit und langen Dauer wegen so außerordentlich, daß man ihn deßhalb noch lange nachher immer noch den harten Winter genennet hat, aber was hat er nicht sowohl als der von 1678 an den Früchten des Feldes, an den Bäumen, Menschen und Vieh für Schaden gethan? Zu unseren Zeiten haben die Winter von 1709, 16, 31, 40, 84, 85 uns wegen ihrer Strenge und Länge am härtesten angegriffen. Der von 1740 fieng sich schon um Michaelis 1739 an und dauerte bey immer trockener Witterung, fast ohne Schnee, fort bis in den May. Keiner hat mehr betrübte Hertzen hinterlassen als ebend dieser Winter. Der Professor Bechmann hat davon eine sehr weitläufftige Beschreibung gemacht und angezeigt, was für Schaden er sowohl bey den Menschen und Thieren auf dem Lande, als bey dem Geflügel in der Luft, den Fischen im Wasser, den Feld-, Baum-, Blum-, Weingewächsen etc. verursachet hat. Ich enthalte mich den Verlust anzuzeigen, den ich selbst in meinem Garten und Weinberg erlitten, wo die schönsten, größten und nutzbarsten Obstbäume von oben bis unten aufplatzeten und im Sommer abstarben, die Weinstöcke aber Ellen tief unter der Erde erfroren waren und den gantzen Sommer über kein Zeichen des Lebens von sich spüren ließen. Ich habe in selbigem Jahr nicht eine Kirsche, Apricose, Pfirsiche, Pflaume, Apfel, Birne oder Weintraube in meinem Weinberg zu sehen, noch weniger zu eßen bekommen, und wenn nicht viele Landleute ihre Äcker mit Sommersaat bestellet hätten, würde an Brodkorn garnichts gewonnen worden sein. So grausam hatte sich keiner von vorgenannten Wintern gegen uns benommen und wir mogten wohl mit Recht mit dem Poeten Virgilio sagen:

– – – miserandaque venit, Arboribus satisque leas latifer annus. So hart dieser Winter war, so sonderbar war auch das, was die Menschen hin und wieder auf dem so hart, wie noch niemals gefrornem Eise vornahmen. Die Gedanken, welche darüber Mierander gehabt, stehen in den Curiosis saxonicis unterm May 1740 und sind diese:

 

Vom Winter, den man ausgestanden

Sowohl in kalt als warmen Landen,

Soweit Europa sich erstreckt

Wird wohl kein Beyspiel mehr entdeckt.

Aus den Registern aller Zeiten

Von mancherley              Begebenheiten,

Wiewobl auch vor neunhundert Jahr

Ein ziemlich harter Winter wahr,

Der vom October bis zum Lentzen

Durch Deutschlands weitgemeßne Grentzen

Der Flüße starkes Eis gehemmt

Und harter Frost das Volck beklemmt.

Allein man kann von andern Dingen

Nichts gleich wohl in Erfahrung bringen,

Wie diesen Winter ist gescheh’n,

Die leicht kein Mensch wird wiedersehn.

Wer braucht das Eis gleich wie die Erde,

Zum Schauplatz und zum Feuerherde,

Weil England darauf Ochsen bratt,

Maintz Kirmeß und auch Jahrmarkt hat,

Da man die Kalte fast vergessen,

Bey Bier, Caffe und Wein geseßen,

Auch Kegeln schob, getanzt, gespielt,

Die Hitze lustig abgekühlt

Und nebst viel andern solchen Poßen

Auch nach der Scheibe drauf geschoßen.

So haben auch am andern Ort

Zu Frankfurth und zu Cassel dort

Die Böttcher binnen sechszig Stunden

Verschiedne Fäßer abgebunden,

Die Bäckerzunft bey Heydelberg

Trieb auf dem Neckar auch sein Werk,

Setzt Ofen auf des Eises Nacken,

Um Brodt und Semmel drein zu backen,

Worüber man von London weiß,

Das man dort auf der Themse Eis,

Die auch der Frost hart zugedrücket,

Verschiedne Schriften hat gedrücket,

Und was man mehr davon erfährt

Ist wahr und scheint doch unerhöhrt.

Wird auch bey späten Nachkömmlingen

Wohl viele noch in Zweiffel bringen.

Drum mag dies wohl ein Winterlein,

Wo nicht der stärkste Winter seyn.

 

Der Winter von 1784 kam dem von 1740, so heiß auch der vorhergehende Sommer gewesen war, sehr gleich, er hatte einige noch weit kältere Tage als der von 1740, nur daß der mit unterlaufende Schnee das Land noch einigermaaßen wieder die Kälte deckte. So einen Winter aber als der diesjährige von 1785 ist, erinnert sich keiner jemahls erlebt, oder auch nur davon gehöret zu haben. In den eigentlichen Winter-Monathen, dem De-cember, Januar und Februar war die Kälte immer noch ziemlich leidlich und der mit unterlauffende Schnee, der in ziemlicher Menge fiel, machte uns Hoffnung auf eine künfftige gute Erndte. Er blieb aber immer liegen, er fiel alle Tage immer häufiger und noch den gantzen Märtz und April durch in solcher Menge, daß kein Weg und Steeg mehr zu finden war und viele mit Pferd und Wagen so tief Herrunter vielen, daß sie nicht wieder herauskommen konnten, sondern darin vergraben liegen blieben, mancher auch in seinem Hause so eingeschlossen bleiben mußte, daß er nicht anders als durchs Fenster des zweyten Stocks herauskommen konnte. Man schrieb uns in den Zeitungen, daß er an einigen Orten Teutschlands bey 40 Fuß tief gelegen und ein gewisser Wirthschaffter sich unter dem Schnee ein Gewölbe aushöhlen müßen, um zu seinen Viehställen zu kommen. Hierzu fand sich gerade zu Ende der Winter-Monathe eine so grimmige Kälte ein, als man hier noch niemals erfahren hatte, gegen welche alles, was man hier von Kälte in den härtesten Wintern bemerkt hat, nur als Kleinigkeiten zu rechnen war. Niemand konnte vor Schnee und Kälte graben oder pflügen, noch säen, man befürchtet, wenn es los kömmt, die größten Überschwemmungen und bemerkt wieder an anderen Orten einen solchen Mangel an Wasser auf dem Lande und in den Flüßen, als man noch niemals wahrgenommen hatt. Was uns dies alles bedeute, müßen wir erst noch ersehen, befürchten aber viel Unglück. Unter die sehr naßen Sommer zähle ich inson-derheit den von 1529, da zwar viel Graß, aber kein Korn gewonnnen wurde und was noch gut fortgewachsen war, auf dem Halm auswuchs und das Heu sehr schlecht eingeerndtet wurde. Unter die sehr heißen und trockenen Sommer gehöret insonderheit der von 1540, da nach Haftizes Bericht sogar die Wälder sich von selbst entzündeten, ingleichen der von 1589, da die Leute wegen großer Hitze hingefallen und todt geblieben, der von 1666, 69, 78, 83, da es den gantzen Sommer hindurch fast gar nicht geregnet, das mehreste Getreyde verschienen und die Gewäßer so klein geworden find, daß man hier und anderswo ohne Gefahr durch die Havel und andere Flüße baden, fahren und reiten können. Auch in dem gegenwärtigen seculo haben wir hier 1709, 14, 26, 27, 34, 39, 45, 48, 61, 67, 83, 84 sehr trockene Sommer gehabt, aber auch desto weniger Getreyde gehabt und mit desto mehr Ungeziefer streiten müssen. Im Frühjahr bemerket hier überhaupt das mehreste und im Herbst das wenigste Waßer und daß wir im September mehrentheils ein ziemlich beständig gutes und trockenes Wetter haben. Von dem Monath Märtz, April, May und Junius hat Herr J. D. Hagedorn folgende Reime, die vielfältig wahrbefunden worden.

1) Märtz:

Trockner Märtz ist Goldes werth,

Er füllt die Scheune und spickt den Herd.

Im Märtz regiert der Todt, die Sense ist gewetzet,

Er hauet alles ab, was er nur reichen kann;

Wer durch den Sensenhieb im Märtz nicht wird verletzet,

Der ist vor diesesmahl ein wohl beglückter Mann.

2)            April:

Wenn die Grasmück zeitig singt,

Tibertius viel Blumen bringt,

So soll das Jahr gesegnet seyn,

Insonderheit mit gutem Wein.

3) May und Junius:

Maymonath kühle, Brachmonath naß,

Füllt Scheune, füllt Boden, wie auch das Faß.

Von dem Julius, Augustus und September laß ich einmahl, wie mich dünket, in einem Hanauischen Kalender den Gedanken:

Was der Julius und August nicht kocht,

Das kann der September nicht braten.

Denn diese Monathe erfordern insonderheit eine warme Witterung, wenn der Wein gerathen soll.

Auf der Erde bemerke ich: 1. Was hieselbst mit der Erde selbst besonders vorgegangen und rechne dahin: a) Daß 15.. einige ein Erdbeben längst der Havel haben bemerken wollen, welches den Einfall des Thurms von der St. Gotthardts-Kirche zu Brandenburg verursachet haben soll. b) Daß die mitten in unserer Stadt vormals befindliche faule See zwar zu des hochseligen Königs Zeiten mit vieler Mühe und unglaublichen Kosten zugedammet worden, gleichwohl aber immer noch von Zeit zu Zeit nachfüllet und besorgen läßet, daß sie sich noch künftig einmahl wieder umkehren und einen großen Erdfall veranlassen könne. Die um diesen See aufgebaueten Häuser haben wenigstens, weil sie keinen festen Grund haben, schon zum Theil zum dritten mahle von neuem gebauet werden müßen, da denn viele hundert Schock der längsten und stärksten Kiehn-bäume bey dem letzten Bau 1783 eingerammet worden, und es muß sich  doch nunmehr endlich zeigen, ob darauf ein sicheres Fundament hat angeleget werden können.

  1. Was hieselbst merkwürdiges in regno animali zugetragen, a) Unter den Menschen: 1) Wir finden hier seit langer Zeit Menschen aus aller Welt Enden, schwartze und weiße beysammen. 2) Die mehresten und selbst das Frauenzimmer ist großentheils sehr lang gewachsen, sonderlich das Regiment große Grenadiere hier zusammengebracht worden ist. 3) Insgemein sind der gebornen mehr als der gestorbenen. 4) Vor einigen Jahren kam eine Soldaten-Frau mit 4 Kindern auf einmahl ins Wochenbett. 5) Viele hier lebende Menschen werden 80 und mehr Jahr alt. 6) Die gewöhnlichsten Krankheiten bey den Kindern hiesiges Ortes sind Pocken, Masern, Röcheln, bey den Erwachsenen kalte und hitzige Fieber, Husten und Brust-beschwerungen, Lungen- und Wassersucht, auch haemorrhidalische Zufälle. 7) Von epidemischen Krankheiten, Flecken und weißen Friesel höret man hier so oft nicht als anderswo. 8) Die rothe Ruhr, welche im Jahre 17 … hier sehr aufräumete, war was außerordentliches. 9) Von der Pest sind wir durch Gottes Gnade seit 1639 noch bis ietzo immer verschont geblieben, b) Unter den vierfüßigen Thieren: 1) Das Wild, welches, so lange in vorigen Zeiten die Heiden nicht so ausgehauen waren, hier in Menge angetroffen wurde, ist ietzo sehr rar geworden. 2) Die Wölffe, welche, da die Stadt noch klein war, so dreiste wurden, daß sie selbst in die Stadt und in die Häuser drungen, sind ietzo gantz ausgerottet. 3) Unter den Pferden, Ochsen, Schweinen, Schaffen hat man seit 1711 in manchen Jahren ein großes Sterben bemerket. 4) Ratzen und Mäuse hat es in manchen Jahren sehr viele gegeben sonderlich 1693. 5) Die Stuterey, welche zu Friedrich I. Zeiten sich noch 1702 auf der Meyerey vor der langen Brücke befand ist ganz eingegangen. 6) Auch die Bieber, welche der große Churfürst und der König Friedrich I. in der Nüthe angesetzet hatten und ihnen ihren Schutz ange-deyhen ließen, haben sich nach der Zeit gänzlich verlohren. 7) Es sind hier auch zwar viele fremde Thiere hergebracht worden, aber nicht so wohl, sie hierzubehalten, als nur für Geld sehen zu laßen z. E. Bären, Elephanten, Camele, Affen etc. Die Elendsthiere, welche auf Churfürstlichen und Königlichen Befehl, hieher kamen, thaten hin und wieder viel Schaden und wurden daher auf Königl. Ordre auch wieder ausgerottet, die Rennthiere starben, weil sie hier ihr Clima und Futter nicht fanden, bald wieder aus. Der Bär aber dem der hochseelige König die Kratzpfoten hatte abhauen und die Zähne ausbrechen laßen, auch in der Stadt frei umher gehen ließ, machte hier viel Poßen. Er gieng mehrentheils aufgerichtet auf den Hinterfüßen und kehrte sich an keinem, der ihm auf der Straße begegnete, wenn er ihn nur frey gehen ließ. Bisweilen ließ sich dieser und jener ankommen sich mit ihm herum zu balgen, bekam aber auch oftmals von seinen Stummel-Füßen solche Ohrfeigen, daß ihm Sehen und Hören vergieng. Wo er etwas für sich zu freßen fand, da ließ er sich schwerlich zurück halten. Insonderheit hatte er einen sehr subtile Geruch von den Orten wo Honig und Syrup anzutreffen war, und wenn er konnte, besuchte er die Apotheke und Materialisten-Laden, wo er dergleichen vermuthete, sehr häufig, war auch nicht eher fortzubringen, biß man ihn das gepraßle von Schubkarren nahe genug hören ließ. Den tollsten Spaß machte er einmahl in meines Vaters Hauß, wo er die Zeit abpaßte, da die Soldaten, die ihr Quartier in dem zweiten Stockwerk hatten, eben nicht zu Hause waren, öffnete die Thür, und legte sich so lang er war in das fertig stehende Bette. Die Soldaten kamen Abends nach Hause, sie begaben sich im finstern nach ihrer Stube, zogen sich aus und wollen sich zu Bette legen. Sie rühren es kaum an, so fängt der Bär an zu brummen, sie suchen durch Gefühl zu erfahren, was in dem Bette ist, und kommen vor Schrecken ganz außer sich, da sie etwas ganz ungewöhnliches darin vermerket. Sie gehen und holen sich Licht und finden nunmehr den Bären, den sie voher eher vor den Teufel selbst gehalten hätten, mit allen vieren im Bette ausgestreckt. Nun resolviren sie sich große Knüppel zu holen um ihn aus dem Bette heraus zu prügeln, aber alles umsonst, das weiche Bette gefiel ihm zu gut, als daß er es so leicht verlaßen hätte. Sie fanden sich aber genöthiget einen dicken Kälber-Strang los und ihm um den Leib zu binden; Sie ziehen daran einer mit dem andern und kriegen ihn endlich heraus aus dem Bette. Er lief nun gerade nach der Treppe zu, trug aber Bedenken sich über dieselbe herunter zu werffen, sondern hielt sich an dem obersten Ständer fest angeschloßen, so lange bis man vorgedachten Strang ihm wieder um den Leib und mit demselben ihn gewaltsam die Treppe herunter zog, da er denn die Hausthüre herauß nach der Straße eilete und durch hinter folgende Schubkarren begleitet wurde. 8) Daß die tollen Hunde hier in manchem Jahre großes Unglück angerichtet, will ich hier im Vorbeygehen mit bemerken, zugleich aber nicht vergeßen daß Sr. Königl. Majestät ein sehr probat gefundenes Mittel wider den tollen Hundebiß an sich gekauffet, und durch die Zeitungen bekannt machen laßen, daß solches in allen Apotheken künftig zu haben sein würde, e) Unter den Vögeln: 1) Durch die bald nach einander fol-gende strenge und lange Winter sind viele hier sonst in Menge gefundene Vögel umgekommen. 2) Die Raubvögel haben derselben auch viele umgebracht, die deswegen auszurotten nicht allein erlaubt, sondern auch befohlen worden ist. 3) Durch das Ausnehmen der Eyer und jungen Vögel ist die Vermehrung auch sehr verhindert und dieses unbefugte Wesen deshalb auch streng verbothen worden, welches auch in Ansehung des Schießens geschehen ist. 4) Die Rebhüner werden bey und um Potsdam her in Menge gefunden, thuen aber sonderlich in den Weinbergen viel Schaden. 5) Nachtigallen hat man sonst in der Nähe unserer Stadt gar nicht gehabt, ietzo aber desto mehr, nachdem der König anderswo dieselben in Menge aufkauffen und sie in den Buscagen von Sanssouci und dem Lustgarten in der Stadt hat aussetzen lassen. 6) Die Wald-Enten, Gänse, Tauben, Krammets-Vögel, Trappen, Kraniche sind Zugvögel, die sich zu gewissen Zeiten hier auch einzufinden pflegen und werden auf dem eine halbe Meile von Potsdam befindlichen Endtenfang viele auf besondere Art gefangen, und hauffenweise in die Königliche Küche abgelieffert. 7) Der Schwäne wird in der den 6. Martii 1582 gegebenen Verordnung am ersten gedacht und zu schießen verboten, hingegen aber die Setzzeit mit ihnen wie bey anderen Federwildpret in acht zu nehmen anbefohlen, welches hernach durch verschiedene Verordnungen wiederhohlt worden. Die hier befindlichen werden im Winter von dem Amte mit Hafer gefüttert, im Sommer aber aufgegriffen und geflückt, auch zu gleicher Zeit ihnen der erste Buch vom Flügel abgenommen, damit sie nicht verwildern und davon fliegen können, die Federn aber werden zum Hofstaat geliefert. Ob aber gleich viele Schwane hier befindlich sind, so hat man doch noch nie einen sterbenden singen hören, obgleich viele derselben todt gefunden worden sind. 8) Von den Schwalben wollen die hiesigen Fischer wißen, daß sie sich im Herbst auf dem Rohr, auf welches sie sich in Menge setzen in das Waßer versenken, im Frühling aber wieder aus demselben hervor kommen, auch schon mit dem Hamen aus dem Waßer von ihnen hervor gezogen worden sind. 9) Fasanerien hat der Churfürst Friedrich Wilhelm A. 1672 in dem sonst sogenannten Fasanen-Garten, jetzigen Jäger-Hofe zuerst angeleget, nach deßen Exempel der ietzige König ein gleiches in der Boscages beym Sanssouci gethan. Ich habe die Nahmen einiger Fasanen-Meister gefunden, deren Aufsicht in vorigen Zeiten dieselbe anbefohlen war. Im Jahre 1672 war es Conrad Heinrich, A. 1677 Wenzelaus George, A. 1689 Johann Eberhard Hansemann, A. 1713 Andreas Uhrlebt. Zu des jetzigen Königs Zeilen haben für dieselbigen Sorge getragen … Das        Einfangen und Tödten derselben ist bey schwerer Strafe verbothen. 10) Reiher haben sich in vorigen Zeiten in großer Menge in dem Eichengehölze bei Nedlitz aufgehalten, sie mußten daselbst unges-töret nisten, man findet sie auch noch daselbst, hält aber nicht mehr darauf, daß ihre Nester ungestöret bleiben und die sonst damit angestelleten Reiher-Beitzen ist ietziger Zeit gantz eingestellet. 11) Des Kuckucks muß ich hier doch auch wohl mit ein Paar Worten gedenken. Es ist noch sehr ungewiß ob er seine Eyer selbst ausbrüte oder durch die Grasemücke ausbrüten laße, imgleichen was von dem undankbaren Kuckuck erzählet wird, daß er selbst seine Brüte-Mutter auffresse. So viel will man hier behaupten daß man noch nie ein Kuckucksnest mit jungen Kuckucks gefunden habe, und daß immer jährlich mehr nicht als ein Kuckuck sich hier hören laße. 12) Merkwürdig ist, daß man hieselbst 1775 einen weißen Raben entdecket und erschoßen, der abgemahlet noch bey dem Herrn Geh. Cammerier Zeising zu sehen ist. 13) Die Krähen und Sperlinge sind unsere getreuesten Vögel weil sie niemals von uns ziehen. Sie thuen uns so viel Schaden nicht als insgemein dafür gehalten wird, sie helffen uns vielmehr die Anzahl der Raupen und Würmer vermindern. 14) Einige von weit entlegene fremde Lande hieher gebrachte Vögel zu E. die Calcutische Hühner, Pfauen etc. werden hier ietzo einheimisch. Die Afrikanische Schifffahrt hat uns in vorigen Zeiten viele dieser, sonst nie gesehener Vögel vor Augen gebracht und nicht selten werden uns dergleichen noch durch Leute gezeigt, die damit Geld zu verdienen suchen. In des hochseligen Königs Zeiten wurden auch einige große Adler auf dem Schloße gehalten, d) An Würmern finden wir bey Potsdam eben nicht viele, am wenigsten solche, welche besonders ausgezeichnet zu werden verdienen, e) Von Insecten aber desto mehr, einige derselben sind nutzbar und ich rechne dahin: 1) Die Bienen, auf deren Pflege wegen des Honigs und Wachses sich ietzo viele legen, wobey ihnen die großen Linden-Alleen sehr zu statten kommen. 2) Die Seidenwürmer, welche man auf Veranstaltung des Königs der Seide wegen, die man durch ihr Gespinst erhält, nicht hier allein, sondern im ganzen Lande häuffig zuziehet, sind eine Art von Schmetterlingen. 3) Schädliche, die insgemein auch Ungeziefer genennet werden, weil sie ohne Ziffer, ohne Zahl, in unzählbaren Mengen sich einzufinden pflegen. Es gehören dahin die Käfer, Raupen, Heuschrecken, Mücken, Motten etc. etc.: 1) Die Käfer kommen nur selten einmal zum Vorschein. 2) Die Raupen, welche aus den Eyern gewisser Schmetterlinge entstehen. Die Wickelraupen sind darunter die aller schlimsten. Sie sind erst in neueren Zeiten wie die Sage gehet aus dem Norden zu uns gekommen, und man noch so große Preise auch darauf gesetzet hat, kein Mittel finden können, sie wieder los zu werden. Sie bespinnen gleich die ganzen Bäume, und behindern dadurch das Ausschlagen. Sie bleiben auch nicht bei einem Baum sondern bespinnen ganze Gegenden, so daß alles wie trocken Besenreiß aussiehet. 3) Heuschrecken. 4) Die Mücken, entstehen aus Würmern, welche wie kleine Aale aussehen und sich im Waßer aufhalten. Bey großem Waßer finden sie sich am häuffigsten. 5) Motten.
  2. Was sich hier merkwürdiges zugetragen in regno vegetabili. Wir haben hier einige sehr fruchtbare aber auch einige sehr unfruchtbare Jahre gehabt. 1) Das meiste Korn auf dem Felde ist gewonnen worden in dem Jahre … 2) Das meiste Obst in dem Jahre …  3) Den meisten und besten Wein in dem Jahre …  4) Der Oberbau-Inspector Herr Mang er hat in seinem Garten vor dem Berliner Thore von Körneren die er in einer verragolten Erde Fußbreit von einander gesteckt im Jahre … gewonnen … Metzen und an Körnern …  5) Wir haben hier zum öfftern schon Äpfel aus Äpfel, Birnen aus Birnen, Pflaumen aus Pflaumen, Kirschen aus Kirschen und auch Rosen aus Rosen etc. hervor wachsen gesehen. 6) Auf dem Saarmundschen Felde ist nach des Professor Berchmanns Bericht in einem unbenannten Jahre eine Ähre über 8 Zoll lang aufgegangen, die auf der einen Seite 14 und auf der andern Seite 16 Nebenähren gehabt. Eben daselbst hat man nach seinem Bericht eine mit 4 Reihen großen und 40 kleinen Nebenähren ausgewiesen. In Stolpe habe ich selbst eine mit 14 Nebenähren gesehen, die daselbst auf einem Bauernhofs von einem ausgefallenen Korn aufgewachsen war. 7) Zu des Großen Churfürsten Zeiten ward hinter dem alten Kirchhofs ein Tabacks-Garten angelegt auch eine Tabacks-Scheune erbaut und viel Taback gewonnen. 8) An Erziehung von Maulbeerbäume fieng man schon zu eben dieses Churfürstens Zeiten an zu gedencken. Es hat aber damit eher keinen rechten Fortgang gehabt, bis endlich der ietzige König die Sache mit aller Macht durchgetrieben. 9) Im Sanssouci werden ietzo die vortrefflichsten Indianischen Gewächse zu ihrer Vollkommenheit gebracht, auch viele gantz fermde Bäume im Wachsthum erhalten.
  3. Was sich hier merkwürdiges zugetragen in regno immerali 1) Die Braune- und Gelbe-Erde, welche wie schon Herr Bechmann angemerket hat, auf dem Berge bey dem Königlichen Brauhause gefunden wird, ist ein wirklicher brauchbarer Vmbra, der von den Mahlern zu Farben genutzet wird. 2) Man findet hier herum auch auf dem Brauhaus Berge viele Petrefacta. Herr Lesser führet einen serebratuliten an den er aus der Pots-damschen Heide erhalten, Herr Bremann einen Fungiten und ein Lithoxitor von Eichenholz desgleichen aus dem Mk. des seel. Herrn Plümekens einen Stein eines zinnernen Tellers groß und einer Hand breit hoch, in welchem der vollständige Abdruck einer Muschel, die man hier zu Lande nicht findet, anzutreffen gewesen, und davon die Schneckenzüge gleich als mit einem Zirkel abgemeßen gewesen, in den Stein hinein gewachsen waren. Dieser Stein wurde dem König Friedrich Wilhelm vorgewiesen der ihn der Königl. Societät zuschickte. 3) Der Herr Dr. Lerche gedenkt in seiner Dissertation de Oryetographie Halensi eines bey dem Königlichen Brauhause ausgegebenen Steins, in dessen Mitte er einen eisernen Tabulum von gleicher Größe eines Zolls lang angetroffen, der am Stein fest angewachsen und mit demselben ein continum gemacht. Er hält ihn für gewachsen Eysen. 4) Bufonita oder Krötensteine werden hier nicht selten gefunden, die abergläubischen Leute legen sie den Kindern in die Wiege, wenn dieselben nicht schlaffen können. 5) An Belemniten oder so genannten Donnersteinen fehlt es hier auch nicht, falsch aber ist es, daß sie bei Donnerwettern in der Luft erzeuget werden und das Einschlagen der Gewitter in die Häuser dadurch verursacht werden. 6) Ich und viele andere haben wirkliche Steine mit versteinertem Holz und kleinen Conchilien zusammen gewachsen angetroffen. 7) Auch sind mir Tabatiers vor Augen gekommen, die aus hier gefundenen, durch gesägeten, geschliffenen und wohlausgearbeiteten Feldsteinen verfertiget worden sind, dergleichen eine ich selbst besitze. 8) Die sogenannten Klapper- oder Adlersteine finden sich an dem Brauhaus-Berge viele. Man hat hier aber auch schon bisweilen schöne weiße Kieselsteine gefunden, welche wenn sie von einander geschlagen worden, einen anderen kleinen, einem Diamant ähnlichen Stein in sich enthalten. 9) Auch Bernstein findet man hier und sonderlich in den Bornstedtischen Lehmgruben zum öfftern und selbst in der Stadt bey dem nachgraben der Erde. Ich selbst habe vor einigen Jahren ein ansehnliches Stück einer Faust groß in meinem Weinberge gefunden, der aber unbesonnener Weise von dem Weinmeister, der nicht wußte, was er daraus machen sollte, mit einem Beil von einander gespalten wurde.

Ich komme nun zu reden: auch von dem Wasser. Was an dem Wasser selbst wahrgenommen worden: 1) Wir haben hier bisweilen großes, bisweilen auch sehr kleines Waßer gehabt. 2) Von gar großen Überschwemmungen hören wir hier eben nicht ofte. Da aber Potsdam im Grunde liegt, so that bisweilen auch eine kleine Überschwemmung in den Kellern, Gärten und niedrigen Feldern nicht geringen Schaden. Die größeste ist, wenn man anders dem Prediger Franke auf sein Wort glauben darf, wohl diejenige gewesen, wie ich schon, da ich vom Winde redete, bey dem Jahre 1630 angemerket habe. Sonsten ist auch von dem Jahre 1624 im Kirchenbuche angemerket worden, daß nach dem Gregorien Tag hier so viel Waßer gewesen, daß die Rockensaat, die damals gegen die Niedersaat überlag, alle vertrunken, auf den hohen Feldern aber ward alles ausgekaltet, so daß hernach so wenig Roggen gewonnen wurde als sich kein Mensch erinnern konnte. In dem Jahre 1761 und 63 war hier ebenfalß groß Waßer. 3) Hingegen war A. 1631 daß Waßer um Ostern auch so klein daß man an vielen Orten durch die Havel baden und reiten konnte. 4) Was Franke vom Blutrothem Waßer meldet, das hier zu seiner Zeit gesehen worden, mag seine gute natürliche Ursach gehabt haben. 5) Was Thurnhäuser von der Schädlichkeit des Havelwaßers sagt, ist schon an einem anderen. Orte erledigt worden.

  1. Was hieselbst in dem Waßer oder Flußen aus dem regno animali, vegetabili und minerali besonders angetroffen worden: 1) An Fischen großen und kleinen sehr schmackhaften Fischen hat es uns hier noch nie gefeh-let, bisweilen aber hat man sie auch am Ufer todt gefunden. 2) An Krebsen auch nicht. 3) Doch sind in vorigen Zeiten mehr als ietzo und auch noch ietzo mehr als zu anderen Zeiten gefangen worden. 4) Ein besonderer Krebs mit 2 Schwänzen in 3 Scheeren ist A. 1612 durch hiesige Fischer gefangen worden. 5) Barben sind hier ungewöhnliche Fische, doch hat sich dann und wann auch einer hieher verirrt. 6) Schildkröten finden sich bisweilen in dem Wublitz und Stolpschen See. 7) Die Bieber sind in der Nuthe ausgestorben. 8) Die Fischottern lassen sich dann und wann auch spüren. 9) An Endten, Wasserhühnern, Schwänen fehlt es nicht. 10) Die Wassernixen sind etwas erdichtetes. 11) In dem Waßer sonderlich im Bassain finden sich Waßernüße, die von einigen Leuten mit Appetit gegeßen werden. 12) Von Schnecken und Muscheln bisweilen auch fremden die aus dem Meere hieher geworffen werden, lassen sich hier vile zusammen bringen. 13) Auch findet man, wenn sich das Wasser von den Ufern zurückziehet viele und schöne Steine.
5.1. Königliche Forsten

Forsten nennet man die zum Holzbau bestimmten Gegenden eines Landes. Was hier bei Potsdam von Holzungen befindlich ist, gehöret alles dem Könige und haben die umher angesehenen Edelleute keinen Antheil daran. Die darin befindliche Bäume sind von verschiedener Art und Größe, sie wachsen mehrentheils wild ohne Beyhülfe der Menschen, werden aber doch auch, wo es nöthig und Gelegenheit dazu ist, durch säen und pflanzen angezogen. Mann braucht das Holz davon nicht allein zum Brennen, sondern auch zum Bauen und zu allerhand Handwerkszeugen. Die Früchte, welche sie zum Theil tragen, haben sowohl für den Menschen als für das Vieh einen unbeschreiblichen Nutzen, ich will nicht gedenken der Waßer, der Säfte, des Hartzes, der Öle, der Schwämme, des Mooßes, so,theils zur Artzney, theils zur Farbe gebrauchet werden kan, auch nicht des Geldes, so dafür gelöset werden kann. Solte nicht dies alles den Landesherrn auf die Gedanken bringen, in seinen Landen auch das Forstwesen in gute Ordnung zu bringen?

Wir haben hier bey Potsdam 2 ansehnliche Forst-Reviere, wovon das eine ietzo der Herr Landjäger Luft, das andere der Bornimbsche Förster Herr Zurmögende zu bereiten bestellet ist. Ich bin nicht im Stande, ihre Vorfahren in ihrem Amte alle nahmentlich bekant zu machen. Ich will indessen doch einige nennen. Die Vorfahren des Herrn Luft hießen in alten Zeiten Heidereuter und die, welche mir von ihnen bekannt geworden, sind folgende: Alexander Hohler, welcher A. 1570. Hans Bathe kommt 1616 unter den Gevattern vor. Johann Meyer, deßen Tochter A. 1656 der hiesige Pastor Pfeiffer heyrathete. Christoph Blaurock, der in den Jahren 1671 – 79 einige male vorkomt. … Kleinstüber A. 1714 …Schiedemann… Kienast Luft, welcher 17… hier ankam. Die Vorfahren des Herrn Zurmögende sind mir noch weniger bekannt, und ich weiß von ihnen keinen zu nennen als den Herrn Linstädt, der anfangs den Titel eines Hasenhegers führte, hernach aber Ober-jäger und Teichhauptmann wurde. Herr Zurmögende folgte ihm unter dem Titel eines Försters.

Die beide Forst Reviere, welche sie unter sich haben, waren vormahls mehr als ietzo mit Wildprät angefüllet, und sonderlich im Jahre 1734 derma-ßen mit Eichelmast gesegnet gewesen, daß beinahe 60 Schock Schweine darin gemästet worden sind, die aber ihrer Menge ohnerachtet die Eicheln nicht alle haben consumiren können. Holz war in vorigen Zeiten in Menge darin anzutreffen und zwar von allerlei Art, sonderlich Eichen, Buchen, Fichten, Birken, ist auch vieles zum Schiffbau nach Hamburg etc. hier abgeholt worden, aber sowohl die vielen als gewaltigen Sturmwinde, welche viele tausend der größten und schönsten Bäume umgeworfen, als die ehemalige Glashütte, als auch der große Bau in der Stadt und den umher angelegten Colonisten Häusern und gantze Dörffer haben die Wälder ziemlich dünne gemacht, doch unterlaßen Se. Königliche Majestät nicht, sowohl die alten als neuen Plätze durch allerley Baumsaamen besäen und insonderheit mit jungen Eichen bepflanzen zu lassen, damit es unseren Nachkommen am nöthigen Holze nicht fehlen soll.

Die Herren Förster haben hierüber die Commission und die Aufsicht, sowohl über den natürlichen Anschlag als über die künstliche und gesäeten Schonungen. Verkauft wird anietzo wenig und waß noch an Brennholz zu mißen gewesen hat bis ietzo die Brennholz Compagnie, die das vaterländische Brennholz kauffet und verkauffet, angebothen und überlassen werden müssen, die es uns aber sowohl als was sie aus entfernteren Orten hierhergebracht, theuer genug verkauft hat, und sind darüber alle Waaren, weil doch kein Mensch und also auch kein Handwerksmann den Winter und das ganze Jahr über ohne Holz bestehen kann, im Preise sehr hoch gestiegen. Sie selbst, die Förster, dürffen sich aus guten Ursachen mit keinen Holzfuhren bemengen, auch für sich nichts ausroden. Auf die Holzdiebe müssen sie genau Achtung geben, Feuer müssen sie in den Wäldern nicht leiden und das Kohlenschweelen und Theerbrennen erfordert eine eigene Erlaubniß. Soll dann in den Königlichen Forsten das Holz geschlagen werden, so müßen sie, nunmehro in Schläge eingetheilt, die Schläge abgeholtzet, wieder eingehegt und dann erst nach langen bestimmten Jahren wieder aufgethan werden. Die Holtzungen müßen überhaupt mit Ordnung genutzet werden. Was in diesem Stück die alten Churfürsten vorgeschrieben, will ich hier nicht weitläuftig vortragen, vergeßen aber kann ich nicht, daß seit 1763 das Forstwesen mit vieler Bewegung getrieben worden, daß in Berlin eigene Lehrstunden gegeben worden, und daß A. 1770 ein besonderes Forst Departement bey dem General Finantz Directorio angeordnet worden ist, auch daß seit dem 15. Novbr. 1779 viele Anweisungen von Fortpflanzungen allerhand Bäume durch das General Forst Departement herausgekommen sind.

Die General Aufsicht über die Forsten hat der Oberforstmeister, welcher mit Zuziehung der Amtleute, Unter- und Oberförster, Landjäger und Heydereuter, auch Heydeläuffer und Heydeknechte darauf zu sehen hat, daß in den Forsten auf keinerlei Weise Schaden geschehe, daß die Gehäge, Jagden, Wildfuhren etc. nicht verschmälert, die Wälder an fruchtbaren Mast und Nutzhölzern nicht veröden, mit ausroden nicht verwüstet und das nöthige Bau-, Brenn- und Nutzholz nicht an dem unrechten Ort und zu unrechter Zeit gehauen werden. Zu dem Ende sind die Forsten durch richtige Vermeßung, Begrentzung, Eintheilung in Schläge so eingerichtet, daß es an dem einen jeden nöthigen Art Holtze auch künftig niemals fehlen soll, und die Anflugs- und gesäeten Schonungen und eingepflantzete mancherlei Arten von Bäume müßen den Nachkommen ein Denkmahl werden, daß durch die allergnädigste Landes-Herrschaft schon zum Voraus für sie gesorget worden ist. Vordem hatte auch die Bürgerschaft hieselbst eine eigene Heide, woraus sie, was sie zu ihren Gehegen braucheten, auf geschehene Anweisung, unentgeltlich erhielten. Sie lag hinter unseren Weinbergen auf einem sich ziemlich weit ziehenden Berge und war mit viel und vielen sonderlich alten und starken Eichbäumen besetzet, die letzten hohlete sich der Steinmetzmeister Angermann auf hohe Erlaubniß des Königs, der damit den gantzen Berg einhegen und sich daselbst einen neuen großen Weinberg anlegete, den gantzen übrigen Berg aber mit Maulbeer Bäumen nach dem Befehl des Königs besetzte und zwischen mit allerhand Feldfrüchten besäete. Auch die Rathsheide ist hier nicht zu vergeßen, welche ein Stück von der Pirschheide ausmacht und der Aufsicht des Försters in Bornim mit anvertrauet ist, aber noch immer geschonet wird.

5.2. Jagden

Die Förster und Jäger sind mehrentheils in einer Person mit einander vereiniget und wenn sie als Förster sich die Erhaltung und Beßerung der Forsten angelegen sein laßen, so richten sie als Jäger ihre Augen in den Forsten auf die in denselbigen befindliche wilde Thiere, die sie zum Theil zu vermindern, theils zu vermehren bedacht sein sollen.

Von unsern alten Teutschen schreibet Caesar vita omnis in vena-tionidus, und es scheinet, daß die Lust zu jagen auch zu unseren Zeiten sich bey ihnen noch nicht verlohren hat. Es ist dies insonderheit ein Zeitvertreib großer Herren, wie ich denn schon angemerket, daß auch unsere Churfür-sten von ieher sich hieselbst damit divertiret haben. Wenn die Jagden völlig eingestellet werden sollten, so würde sich das Wild dergestalt vermehren, daß sie denen Menschen von allem was sie säeten nichts übrig laßen und denen selben zum Theil selbst gefährlich werden würden. Wollte man aber auch einem jeden zu Jagen verstatten, so mögten die schönen Wildbraten mit der Zeit sehr rar werden. Die Raubthiere und Raubvögel, insonderheit die Wolfe und Habichte, zu fangen, zu schießen und einzubringen ist einem ieden erlaubt, weil sie gantze Heerden von Schaafe und andere nutzbare Thiere, letztere aber alle Arten von Vögeln, die sie nur zwingen können, so angenehm auch ihr Fleisch und ihr gesang den Menschen ist, hinzurichten pflegen.

Billig aber wird darüber gehalten, daß sich nicht ein ieder die Freiheit mit nutzbares Feld- und Federwildprett nach eigenem Gefallen zu fangen und wegzuschießen, und daß auch diesen vorgeschrieben worden, was, wo und wann sie zu Jagen Erlaubniß haben sollen. Nur wenige, und das sind mehrentheils Edelleute (die wenigsten Magistrate sind damit begnadigt) haben die Jagdgerechtigkeit auf ihren Gütern, aber nicht alle haben die obere, die Mehresten nur die mittlere und untere Jagden, sie müssen auch auf ihren Feldern bleiben, und so lange die Setz- und Brütezeit dauert, mit ihren Jagden einhalten. Sie halten mehrentheils ihre besonders gelernte Jäger, und diese müssen wissen, welch Wild und wie weit es zu schonen, wie es zu erlegen, auch wie die Raubthiere und Vögel zu mindern und auszurotten sind. Auf die Wilddiebe müssen sie genaue Achtung geben und sie gehörigen Orts denunciren. Ziegen werden in den Wäldern nicht gelitten, weil sie die Bäume abschälen und verderben. So erlaubet man auch nicht, daß den Vögeln ihre Eyer ausgenommen und ihre Nester zerstöret werden. An den abgeworffenen Hirschgeweihen und Stangen muß sich keiner vergreiffen, sondern sie müssen der Herrschaft ausgeliefert werden. Bey dem Verpachten der Jagden ist wohl kein sonderlicher Segen für die Eigen-thümer zu hoffen.

6. Postwesen

Briefe und Pacquete von einem Orte zum andern zu bringen ist man schon von alten Zeiten her auf Anstalten bedacht gewesen, die hierzu am dienlichsten erachtet wurden. Man hat dieselbe von Zeit zu Zeit verbessert und es nach gerade dahin gebracht, daß nicht nur Briefe und Pacquete, sondern auch Menschen, die in der Geschwindigkeit nach andere Orte hin wollen durch die auf den dahin führenden Wegen bereit stehenden Pferden und Wagen dahin kommen können. Wir nennen diese Anstalten Posten, weil daselbst Pferde, Wagen, Menschen postiret sind, die uns von einem Orte zum andern bringen sollen, oder auch, weil uns dadurch Posten oder Nachrichten von anderen Orten zugebracht werden. Die Städte und Häuser, wo dazu Anstalten gemachet worden, heißen Post-Stationen, Posthäuser, die dazu bestimmten Pferde Postpferde, die Wagen Postwagen, die Pacquete, die damit fortgeschickt werden Poststücke, die welche Pferde und Wagen regieren Postillons und die Menschen welche durch diese Anstalt weiter gebracht werden, Passagiers. Herodotus meldet, daß die ersten Posten in Persien angelegt worden und Lenephon, daß der König Cyrus der Uhrheber davon gewesen, der an den Landstraßen große Häuser aufbauen laßen, wofür Reisende allezeit Pferde in Bereitschaft gestanden, welches also ohngefehr 500 Jahre vor Christi Geburth geschehen seyn mag. Die Römer, welche schon zu den Burgemeister Zeiten mit den Asiaten bekannt geworden, und den Nutzen, den die Posten stifteten, eingesehen hatten, haben ohne Zweifel nicht lange Bedenken getragen, was sie bey den Persern vor gut befunden hatten, auch in ihrem Lande einzuführen. Wenn nicht eher, so hat Augustus nach dem Bericht Suetonii an den Landstraßen Stationen erbauet, die jede von der andern eine ziemliche Ecke entfernt waren, wo anfangs junge hurtige Leute, hernach aber Pferde und Wa-gen bestellet waren, Briefe und Päcke, vielleicht auch Menschen nach andere Orte hinzubringen. Mit dem Verfall des Römischen Reiches, woran die wander Völker Ursach waren, scheinet auch das Postwesen in Verfall gerathen zu seyn. Etwas den Posten ähnliches findet sich wieder in Frankreich, Deutschland und Italien zu Carls des Großen Zeiten, es scheinet aber, daß unter seinen Nachfolgern, die angefangene Sache wieder ins Stocken gerathen sey, bis endlich Ludwig XI. in Frankreich 1477 und Maximilianus I. in Deutschland mit dem Anfang des 16. seculi die Sache von neuem angefangen und das Postwesen auf einen solchen Fuß gesetzt haben, als es vorher niemals gewesen ist. Weil dieser Kayser die Burgundische Mariam geheyrathet und durch sie die Niederlande an sich gebracht hatte, die Franzosen sowohl aber als die Niederländer viel Händel machten, von welche er aber oft erst spät Nachrichten erhielt um sich denselben gehörig zu wiedersetzen, der Briefwechsel auch von daher und dahin jährl. über viele 1000 thlr. Unkosten verursachte, so erbot sich diese zu vermindern und zugleich für sich durch fortbringung der Posten und Brieffe aus dem einen zum andern Lande einen guten Vortheil zu ziehen, Frantz v. Taxis, dafern ihn der Kayser mit dem Postwesen für sich und seine Nachkommen belohnen wolte, solche Anstalten zu machen, daß des Kaysers Briefe ohne alles Entgeld Postfrey aus Österreich in die Niederlande und von da wieder dorthin, auch wohin er in Teutschland sonsten wolte, gebracht werden solte. Die Sache gieng, da insonderheit die Kaufleute den Nutzen der Posten einsahen, glücklich, und der v. Taxis hatte gegen den gethanen Vorschuß von dem Postwesen einen so großen Überschuß, als kaum ein mäßiges Fürstenthum einbringen mag, das Taxissche Freyherrliche Hauß verdiente sich dabey die Ehre, daß es in den Grafenstand und zuletzt gar Zur Reichsfürsten-Würde erhoben wurde. Als der Kaiser Ferdinand II. den Nutzen davon einsahe, legte er solche Posten in allen seinen Erblanden an, die mit den Reichsposten nichts zu schaffen haben sollten, aber auch die Teutschen Churfürsten hielten sich vermöge ihrer Landeshoheit berechtigt dergleichen in ihren Landen zu veranstalten, obgleich einer immer eher als der andere darauf bedacht war.

Unser Churfürst Johann George hat, wie Leuthinger anmerket, schon zu seiner Zeit das Bothen Wesen in seinen Landen in Ordnung zu bringen gesucht, die rechte Einrichtung der Brandenburgischen Posten aber haben wir dem großen Churfürsten zu danken, der damit 1650 den Anfang gemacht und nach vorhergegangenen Verträgen wurde in verschiedenen benachbarten Staaten und selbst in Sachsen Brandenburgische Posten angelegt, die sich bis auf unsere Zeiten erhalten haben. Über Potsdam ist noch im vorigen seculo keine Post gegangen, und diejenige sind irrig, die Potsdam von einem Damm benennet zu sein vorgeben, der hier der Post wegen angeleget gewesen seyn soll. Die Post von Berlin nach Sachsen und ins Reich gieng bis 1724 über Saarmund. Erst im besagten Jahre ist der Postcours geändert und von und nach Berlin über Potsdam angeordnet worden, so daß wir mit der hier durchgehenden Leipziger, Hallischen und Clevischen Post aller Orten, nach Mittag und Abend hin, und wenn sie nach Berlin durch Potsdam zurückgehen, auch aller Orten nach Mitternacht und Abend hin Brieffe und Waaren schicken und zurück erhalten, und selbsten hin und wieder her, mit fortkommen können. Für die Sicherheit der Posten ist in unseren Landen so gut als vielleicht in keinem anderen Lande gesorget und können diejenige, die mit der Post reisen, versichert seyn, daß sie aller Orten unaufgehalten und unangefochten pas- und repassiren können. Jedes Pferd und Wagen, so ihnen begegnet, muß, damit die Post in ihrem Lauffe nicht aufgehalten werde, sobald der Postillon sich mit seinem Posthorn hören läßet, aus dem Wege weichen und der Post die freye Fahrt laßen. Die Postwagen welches mehrentheils Caleschen auf welche bis 6 Personen bequem sitzen können, sind, so wie sie weit gehen, bedecket, sonst aber offen, auch gut und fest gearbeitet, daß man nicht fürchten muß, wenn es über Stock und Block gehet, daß man damit liegen bleibet, auch die Postpferde, welche groß und stark auch so beschaffen sind, daß man sicher und hurtig damit fortkommen kann. Außerdem sind die Poststationen nicht zu weit, sondern höchstens nur 4 Meilen von einander, welche Tour besagte Pferde allemahl wohl aushalten, wie denn auch die Postillons sich dahin bearbeiten müßen, daß sie ihren Weg in den ihnen gesetzten Stunden gäntzlich vollenden. Wer mit der Post zu reisen entschlossen ist, meldet sich gehörigen Orts im Posthause und zeiget an, wohin er mit der Post zu reisen resolviret sey. Sein Nahme wird aufgeschrieben, er bezahlet wieviel ihm für die erste Station für sich und seine mitgehende Sache abgefordert wird. 30 Pfd. gehen frey mit, was darüber ist, muß nach dem Gewicht bezahlet werden. Von diesem Post- und Frachtgelds ist keiner eximirt gar zu große Packe und Kisten mit zunehmen darf der Post nicht zugemuthet werden. Versiegelte Briefe dürffen mit keiner andern Gelegenheit als mit der Post verschickt werden. Die Passagiers haben Zeit genug, wenn sie nur als dann da sind, wenn die Post abgehet, Brieffe, Gelder, andere Sachen, die mit der Post fortgehen sollen, müßen ein Paar Stunden vorher der Post eingeliefert werden, wo sie nach dem Gewichte und Weite des Weges taxirt werden. Man kann sowohl mit der ordinairen als Extrapost reisen. Für die ordinaire Post wird pro Meile 6 gr., wann aber Extrapost genommen wird für jedes Pferd pro Meile 8 gr. bezahlt. Letztere hat keine gewiße Zeit zur Abfahrt, sondern dependirt von dem Gutbefinden des Reisenden, gehet auch nicht weiter als es von dem Reisenden verlangt wird. Seit dem Jahre …  ist zwischen den Residenzen Berlin und Potsdam noch eine besondere Post angelegt, welche man die Journaliere zu nennen pfleget. Täglich sowohl morgens um 7 als Mittags um 12 Uhr gehet sowohl von Berlin hierher als nach Berlin eine bedeckte Kutsche, worin 6 Personen bequem sitzen können. Wer sich an dem einen oder dem andern Orte kurtz expediren und nicht lange vom Hause bleiben kann, bedient sich dieser Gelegenheit und kann wenn er will von einem Mittag zum andern oder auch in 1 1/2 Tagen alles ausgerichtet haben und sicherlich wieder zu Hause seyn. Diese Tour kostet ihm von einem Orte bis zum andern allemahl 16 gr., die Brieffe aber die mitgehen, einen Groschen. Man hat hier auch die reitende Post, die aber mit keinen weitläufftigen Acten und dicken Briefen beschwert werden muß.

Die ankommenden Posten halten sich hier niemals länger als eine Stunde auf. Die mitgekommene Passagiers treten im Posthause ab und die mitkommende Sachen derer, die Hierbleiben, werden visitirt und nach Befinden veraccisirt. Die Sachen der weiter reisenden werden von einem Postwagen auf den andern gepackt, und sie haben unterdeßen Gelegenheit theils auf der Post eine Erquickung zu sich zu nehmen, theils einen in der Nähe wohnenden Freund aufzusuchen und sich mit ihnen zu besprechen. Wegen der mitgekommenen Briefe werden die Post Charten sobald als möglich ausgehangen, und was nicht in Zeiten abgefordert wird, dem Briefträger zur weiteren Beförderung übergeben, der was nicht frankirt ist, sich bezahlen läßet, sonst aber für seine Mühe nichts praetendiren kann, weil er dafür von der Post ein jährliches Tractament zu genießen hat. Ein eigentlich Königliches Posthaus ist bis ietzo in Potsdam nicht gewesen, sondern der Postmeister hat mit seinem Postschreiber bis ietzo in seinem eigenen Haus wohnen müßen. Das Haus aber ist durch das Königliche Wappen kennbar gemacht und durch eine vorstehende Schildwache gesichert worden. Im vorigen Jahre ist es auf Königlichen Befehl abgerißen und auch auf Königliche Kosten von neuem aufgebauet worden, unterdeßen aber ein anderes Hauß zur Post ….. gemietet worden.
Die bisher in Potsdam gestandenen Postmeister sind gewesen: 1 Herr. Von den Postschreibern sind mir folgende bekannt geworden: 1 Herr, Briefträger, Wagenmeister, Postbothen. Die Posthalterey ist was anbelanget: 1) die ordinaire und extraordinaire Posten; 2) die Jornaliere am Canal in der güldenen Crone. Die vom hiesigen Postamte einkommende Gelder werden an die General-Post-Kasse eingeschickt. Postordnungen finden wir.


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